An sowas hatte ich nicht gedacht. Ich kenne die Geschlossene in der Klapsmühle auch von innen, aber jetzt bin ich Zuhause und kann da frei planen und tun, was ich will. Hatte nur nicht überlegt, dass es nicht jedem so geht.Neverendingwar hat geschrieben:Ich lebe in einer Einrichtung, habe schon x Suizidversuche hinter mir (wurde jedes Mal "gerettet" oder mein Körper hat's halt einfach überlebt)
Puh... da verlangst du den anderen aber was ab. Als ich "offen" war, hat jemand (dem ich das niemals zugetraut hätte) die Polizei gerufen, und ich wurde des nachts in die Klapsmühle zwangseingewiesen. "Offen und ehrlich" wird da m.E. nicht klappen. Die Menschen haben soviel angst vor dem Thema, dass man besser die Klappe hält und nicht drüber spricht. Ist traurig, auch für mich das schwerste - ich werde einsam sterben, weil es viel zu gefährlich ist, vorher darüber zu sprechen.Man kann offen gehen und in Würde. Die Mitmenschen und man selbst hat die Möglichkeit sich zu verabschieden. Alle haben die Möglichkeit, sich auf den Sterbezeitpunkt vorzubereiten.
Und nach meiner Erfahrung kannst du von anderen, die nicht am eigenen Leib erfahren haben, was schwer psychisch krank bedeutet, niemals erwarten, dass sie deine Entscheidung billigen oder gar "Abschied nehmen" und sich auf "den Sterbezeitpunkt vorbereiten". Reine Illusion. Die werden das niemals verstehen.
Das war sogar bei meiner Frau so, die an Krebs gestorben ist. Metastasen wuchsen, Chemo erfolglos, sie wollte nur noch zum Sterben nach Hause und von Freunden und Familie Abschied nehmen. Ich musste mir in der Zeit ein neues Handy kaufen... eines, dass "blacklists" unterstützt. Um die vielen Leute, die mich vollgeschwallt haben nach dem Motto "Ja, aber da darf man die Hoffnung doch nicht verlieren!" - "Und letztens habe ich gelesen, dass es da noch Therapie xy gibt, probiert das doch mal." - "Ich kenne Professor x an Klinik y, der ist ganz super, da sollte deine Frau schnell hin" - "Was, sie will keine künstliche Ernährung? Da verhungert sie doch, das kann sie uns doch nicht antun (sic!)" - usw. usf, dergleichen hilflose Tipps mehr.
Solche Leute habe ich dann einmal verwarnt und im Wiederholungsfall auf die schwarze Liste gesetzt. Die bekamen dann sofort den AB, ohne dass das Telefon geklingelt hat. Anders waren die Besserwisser und (im schlimmsten Fall noch christlichen) "Hofnungsträger" und Gesundbeter einfach nicht abzuhalten. Und das bei einer physischen Krankheit, bei der sonnenklar war, dass meine Frau die nächsten Monate nicht überleben wird.
Du als psychisch Kranker Mensch dagegen darfst keinerlei Verständnis erwarten. (Ausser von ähnlich Betroffenen - meinen Segen hast du, ich wollte mich vor 30 Jahren zum ersten mal umbringen, seither alle paar Jahre auf's Neue. Ich kenne sämtliche Hilfsangebote, ambulant und stationär, Psychiatrie und Psychotherapie, Psychopharmakologie... und ich will nicht mehr, ich bin "austherapiert".) Denn für die "anderen", die das nicht kennen, hast du ja "eigentlich" gar nichts. Ach, Depressionen, SVV, Borderline, was auch immer... da gibt es doch Hilfe, schmeiss dein Leben nicht weg... oder (der Hammer, immer wieder gerne hervorgeholt) willst du vielleicht gar nicht, dass es dir besser geht ?!?!
Du wirst in unserer Gesellschaft fast nirgendwo Verständnis für dein Anliegen finden. Auch hier oft nicht. Wenn ich so einige "lebensbejahende" threads hier lese, wird mir ganz anders. Ach, depressiv, dafür gibt es doch Ärzte, Medikamente, Psychotherapien - du musst das nur wollen. Mit soviel eigener Erfahrung kann jede Schildkröte über das Fliegen philosophieren. Ich glaube nicht, dass du mit dieser Krankheit offen und in Würde Abschied nehmen kannst. Das überfordert die meisten Menschen, sie verstehen es einfach nicht - wie sollten sie auch?
Die wollen nicht Abschied nehmen, die wollen dich _retten_

Viele Grüße,
Stefan