Paradoxe und verwirrende Gefühle zum Entschluss (Vorfreude, Vergnügen...)

Meinungs- und Erfahrungsaustausch zum Thema Suizid; Berichte über gescheiterte Suizidversuche; suizidales Verhalten; Leben mit Suizidgedanken; Hilfestellungen

Moderatoren: Ludwig A. Minelli, Mediator

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HHanne42
Beiträge: 2
Registriert: Freitag 25. April 2025, 21:20

Paradoxe und verwirrende Gefühle zum Entschluss (Vorfreude, Vergnügen...)

Beitrag von HHanne42 »

Hallo zusammen,

ich bin erstmal sehr froh, dieses Forum gefunden zu haben. Ich habe das dringende Bedürfnis nach Austausch, ohne dass von anderen Forumsusern ausschließlich pauschal versucht wird, einen Suizidwunsch auszureden. Ich hoffe, den finde ich hier.
Ich bin Anfang 30, w und habe eine angeborene Organschädigung, aus der eine starke Unterversorgung von bestimmten Hormonen resultiert. Damit einher gehen d i v e r s e Einschränkungen und Folgediagnosen, ich bin auch schon lange in Rente und habe einen GdB. Ich möchte aus Anonymitätsgründen nicht die Krankheit/ Diagnose nennen (ziemlich selten).

Ich habe zwei halbherzige Versuche und einen, bei dem ich mir naiverweise sicher war, er würde klappen, hinter mir. Nachdem ich die letzten Jahre vergeblich nochmal einige Versuche gestartet und wirklich viel Kraft investiert habe, mich um eine vernünftige medikamentöse Einstellung zu bemühen, um mir ein erstrebenswertes Leben zu ermöglichen (einschl. z.B. überreg. Konsultation von Fachärzten -> seltene Erkrankung), ist meine Lösung ein selbstbestimmtes, humanes Ableben nach diesen, retrospektiv betrachtet, doch ziemlich qualvollen >30 Jahren.

Entsprechend meinen Erfahrungen mit Medikamentenüberdosierungen (nämlich dass mein Körper V I E L mehr wegsteckt, als ich dachte) und vielleicht auch aufgrund der Tatsache, dass ich jetzt -wirklich- der Meinung bin, alles versucht zu haben, gehe ich dieses mal wohlüberlegter und sorgfältiger an die Sache heran. Und da komme ich zu meinem eigentlichen Thema - abgesehen davon, dass ich mir auch einfach mal von der Seele erzählen muss, was in meinem Kopf vorgeht...
Ich habe vor Monaten angefangen, über die wohlüberlegte Selbsttötung zu recherchieren und landete so schlussendlich bei der Chloroquinmethode. Ich habe dieses Dokument (von wooz) immer und immer wieder durchgelesen und seziert, abgewogen, die Wirkzeiten und Verfügbarkeit der Medikamente samt Preisen recherchiert, mir sogar überlegt, ob ich in der Narkose lieber ersticken oder an einem Herzinfarkt sterben möchte uvm...
Dass diese Recherchearbeit mir Spaß bringt, verwundert mich gar nicht SO sehr, auch wenn sich das bei dem Thema auch etwas kontraintuitiv anfühlt^^
Was mich aber echt etwas verwirrt, ist diese gewisse "Vorfreude"... Es fühlt sich an, wie ein "Happening", welches ich bald erleben (haha...) werde. Während ich das so schreibe, hoffe ich, man darf hier überhaupt sowas schreiben. Ich will ja niemanden ermutigen, im Gegenteil ist dieses Gefühl halt auch echt weird und etwas eklig. WoRAUF sollte ich mich denn freuen, zur Hölle?! Macht das irgendwie Sinn??? Klar, ich bin die Last des Lebens los, aber dann kommt halt auch: Nichts mehr. Manchmal glaube ich, in solchen Zeiten spinnt das Gehirn ganz merkwürdige Verknüpfungen oder sowas.
Ganz Vieles in meinen Gedanken, was mit meinem Lebensende zu tun hat, scheint immer wieder akut irgendwelche Glückshormone auszuschütten. Ich habe keine Ahnung, ob irgendjemand versteht und ansatzweise nachvollziehen kann, was ich damit meine, bzw. wie sich das eben für mich anfühlt. Es macht einerseits schon Sinn, schließlich geht damit die Annahme einher, dass alle meine Probleme endlich weg sind. Andererseits spüre ich auch die Traurigkeit darüber, nichts cooles mehr erleben zu dürfen. Die lasse ich aber ehrlicherweise nie lange zu. Es gibt nunmal keine Alternative, außer lange Leidensphasen zwischen den kurzen guten Momenten. Zu lange!
Blöd halt auch, dass man diese positiven Gefühle dazu nicht mal eben mit anderen teilen kann..

Würde mich sehr über Eure Gedanken dazu freuen, oder gerne auch zu sonstigem, was ich geschrieben habe. Wie erwähnt, ich habe echt ein Bedürfnis, das zu teilen und nach Austausch.
Desweiteren hoffe ich sehr, dass nicht demnächst ganz liebe Menschen mit einer weißen Jacke vor meiner Haustür stehen (übertrieben gesagt), weil ich so offen hier schreibe. Ich darf anmerken, ich habe die Medikamente nicht :)

Danke für's Lesen und vielleicht mitreden :D
HansderOlle

Re: Paradoxe und verwirrende Gefühle zum Entschluss (Vorfreude, Vergnügen...)

Beitrag von HansderOlle »

Hallo auch an dich,

willkommen hier im Forum.
Auch ich habe über die Chloroquin Methode nachgedacht,doch mich letztendlich dagegen entschieden.Ich hoffe noch auf den Tag,an dem solche Medikamente wie das Pentobarbital frei zugänglich werden.Meine Hoffnung.

Ich kann jeden/jede verstehen,die aufgrund von persönlichem Leiden nicht mehr kann/nicht mehr will.Niemand darf sich darüber ein Urteil erlauben.
Dass du glücklich bei der Vorstellung daran wirst,kenne ich eher nicht.Mich hat die Vorstellung daran immer traurig gemacht.Ich habe festgestellt,dass ich eigentlich auch am Leben hänge,trotz allem Leid,und ich mich doch immer wieder an die Hoffnung klammere.Ist so.Gleichzeitig würde ich mich wirklich freuen über ein frei zugängliches Medikament wie Pentobarbital.

Ich hoffe du hast dich gut informiert.Ich habe das Buch von Jessica Düber gelesen (Selbstbestimmt sterben - Handreichungen für einen Suizid).
War ganz informativ.

Liebe Grüße
HHanne42
Beiträge: 2
Registriert: Freitag 25. April 2025, 21:20

Re: Paradoxe und verwirrende Gefühle zum Entschluss (Vorfreude, Vergnügen...)

Beitrag von HHanne42 »

Hey, vielen lieben Dank für deine Antwort und auch den Hinweis auf das Buch.

Ja, Pentobarbital wäre natürlich der Maybach der Himmelfahrtskommandos :wink: Ich hätte auch nicht erwartet, dass es das nicht mal international im Darknet gibt (was eh mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in D ankommen würde). Und bei der aktuellen Politik mache ich mir da auch aktuell keinerlei Hoffnung.
Und ich muss auch zugeben, so wirklich würdevoll finde ich die Chloroquinmethode und eigentlich auch alle anderen mit Medikamenten auch nicht, wenn ich eine dreistellige Anzahl an Tabletten regelrecht essen muss. Immerhin weiß ich bereits, wie sich das anfühlt und das war alles andere als würdevoll.
Ich mach mir aktuell auch noch ein paar Gedanken zur Ausführung, weil ich mir noch etwas Sorgen mache, dass ich mich trotz Antiemetika übergeben muss. Ich esse aktuell schon seit einiger Zeit eh fast gar nichts mehr. Wenn ich mir vorstelle, ich gehe so vor wie beschrieben (x Std. vorher nichts essen, dann x Anzahl an Downern zerkleinert in Joghurt + x Anzahl ganze Chloroquin reinschaufeln)...könnte klappen, könnte aber auch nicht klappen. Außerdem vertrage ich allgemein von allem immer ziemlich viel, sodass ich eigentlich geneigt bin, die empfohlenen Dosierungen noch zu steigern oder z.B. Methadon dazuzunehmen. Dann wird die Gefahr des Erbrechens aber noch größer, erst recht bei Opiaten.
Also... so richtig menschenwürdig fühlt sich das alles nicht an.
Darf ich fragen, warum du dich gegen die Methode entschieden hast?

Solange wir uns dagegen entscheiden, das Leben aufzugeben, wünsche ich uns, dass wir es zwischendurch so oft wie möglich genießen können. Gerade scheint hier die Sonne und die Vögel zwitschern fröhlich. Es ist SO grün draußen seit ein paar Tagen. Ich bin da echt ambivalent. Das hat mir jetzt mal 2 Minuten lang Ruhe geschenkt.
Aber die Realität um mich herum hält für mich nichts mehr wirklich bereit. Ich kann aktuell wie gesagt kaum essen, habe entsprechend wenig Kraft und auch langsam Mangelerscheinungen, ich hab mich auch seit Wochen nicht um meine Medikamente kümmern können :roll:

Ich hoffe, das hier ist der richtige Ort, um so schamlos im Selbstmitleid zu baden. Hier kennt mich ja keiner... :oops:
HansderOlle

Re: Paradoxe und verwirrende Gefühle zum Entschluss (Vorfreude, Vergnügen...)

Beitrag von HansderOlle »

Hallo,

Ich finde nicht, dass du im Selbstmitleid badest. Du beschreibst einfach, dass es dir nicht gut geht. Muß ja auch schwer sein, wenn man kaum noch essen kann und immer mehr abbaut.
Ich kenne das ein bisschen von meinem Long Covid. Habe auch Schwäche, Erschöpfung und Apettitlosigkeit. Habe durch die Erkrankung abgenommen. Hinzu kommt eine schwere posttraumatische Störung.

Ich habe mich gegen Chloroquin entschieden, da ich von schweren Symptomen beim Sterben gelesen habe, wie Muskelkrämpfe, epileptische Anfälle und Krämpfe am Herzen. Klang für mich zu brutal. Ich wünsche mir die Möglichkeit, eher sanft gehen zu können.
Ich glaube dass du Recht hast : mit der aktuellen politischen Situation in Deutschland mach ich mir auch keine Hoffnungen auf Hilfen vom fürsorglichen Staat.

Liebe Grüße
wuschelwirr
Beiträge: 13
Registriert: Montag 3. Juni 2024, 17:34

Re: Paradoxe und verwirrende Gefühle zum Entschluss (Vorfreude, Vergnügen...)

Beitrag von wuschelwirr »

Hallo Hanne,

ich finde auch nicht, dass du in Selbstmitleid badest. Auch ich hänge derzeit, nach halbherzigen Strangulationsversuchen, an der Chloroquin-Methode fest.
Deine Gedanken kann ich einerseits sehr gut verstehen, diese Vorfreude darauf, es endlich geschafft zu haben. Nur, dass man ja leider diesen akuten Moment der Freude nicht so erleben wird, selbst wenn es funktioniert. Man quält sich mühevollst damit, die ganzen Tabletten in den Körper zu bekommen, und schläft dann hoffentlich weg, aber in der Angst, wieder aufzuwachen, Schmerzen, Krämpfe etc. zu erleben.
Man hat nie den letzten Moment der Gewissheit und Erleichterung, und das verdirbt mir die "Romantik" leider ganz gewaltig.
Liebe Grüße,
Wuschelwirr
Emely
Beiträge: 357
Registriert: Mittwoch 17. November 2021, 14:03

Re: Paradoxe und verwirrende Gefühle zum Entschluss (Vorfreude, Vergnügen...)

Beitrag von Emely »

Huhu,

in der Suizidtheorie ist das, was Du erlebst, normal. Es wurde bei vielen Menschen beobachtet.
Ist der Entschluss gefasst, stellt sich Erleichterung ein. Alleine schon, weil eine Entscheidung getroffen wurde.
Du bist nicht bescheuert, Dein Hirn ist auch nicht seltsam.
Was Du gerade erlebst, ist die 3. Phase der Suizidtheorie.
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