Sich professionelle Hilfe suchen? Gar nicht so einfach
Moderatoren: Ludwig A. Minelli, Mediator
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Sich professionelle Hilfe suchen? Gar nicht so einfach
Kennt ihr das? Ihr vertraut euch Leuten an und bekommt zu hören "Such dir professionelle Hife, das geht ganz einfach." Solchen Leuten möchte ich spätestens ab heute in die Fresse treten.
Vor einiger Zeit habe ich irgendwo mal geschrieben, dass ich mir professionelle Hilfe suchen will. Diese Woche hatte ich nun meinen Termin. Ich bin mehr als enttäuscht. Noch nichtmal eine halbe Stunde habe ich im Sprechzimmer gesessen. Das Ergebnis war neben eines Rezepts für ein Antidepressivum ein neuer Termin in absehbarer Zeit.
Dass von jetzt auf gleich irgendetwas passiert hätte ich nicht erwartet, aber irgendwie komme ich mir trotzdem ziemlich allein gelassen vor. Auf meine Einwände hin, dass ich keine Psychopharmaka nehmen möchte, da ich mir ziemlich sicher bin, dass ich keine richtigen Depressionen habe, sondern unter Burnout leide, meinte er, dass das eher beruflich ist und ich damit ja nichts zu tun habe. Klar, er ist der Experte, aber auch ein Experte kann wohl kaum in einer knappen halben Stunde eine Diagnose stellen. Zumal Depressionen und Burnout zwei grundverschiedene Dinge sind und auch komplett anders behandelt werden müssen, auch wenn die Symptome sehr ähnlich sind.
"Vertrau dich deinem Hausarzt an" wurde mir gepredigt. Das tat ich irgendwann und ich bekam von ihm zu hören "Was soll ich machen, ich bin Internist." - "Ja, aber Sie sind auch mein Hausarzt." - "Ja, hier haben sie die Karte von jemanden."
Schönen Dank auch. Und heute nun das.
Das Rezept habe ich weggeschmissen. Es ist möglich, dass diese Tabletten Wirkung gezeigt hätten, aber ich weiß hundertpro, dass ich mich innerlich gegen eine Behandlung à la "Jede Woche 'ne Schachtel Pillen fressen und alle zwei Wochen zu 'ner Stunde quatschen vorbei kommen" gewehrt hätte.
Ich brauche intensive Hilfe, zur Not mit stationärer Behandlung. Aber eben nicht auf Medikamentenbasis. Ich habe ernsthafte Probleme im Leben, da bringen mir Tabletten nicht weiter. Ich muss lernen, wie ich mit diesen Problem fertig werde. Das lerne ich nicht, indem ich alle paar Wochen in irgendeine Praxis latsche.
Ich hatte echt viel Hoffnung gehabt, dass es was werden könnte. Vielleicht war ich zu naiv. Momentan ist mir einfach nur danach, mir übelst einen hinter die Binde zu kippen und dann mit 'ner Schachtel Schlaftebletten in der Tasche in den Wald zu gehen. Auch in Deutschland haben wir nachts Minusgrade im zweistelligen Bereich, das sollte reichen.
Kann mir irgendwer helfen? Sagen, an wen ich mich wenden soll? Ich war bei einem Psychiater, wäre ein Psychologe besser? Wie läuft das mit privaten Kliniken, muss man da hin überwiesen werden oder "bewirbt" man sich da? Kennt wer eine gute in der Bundesrepublik, egal wo? Wäre für alles und jeden Ratschlag sehr dankbar.
Vor einiger Zeit habe ich irgendwo mal geschrieben, dass ich mir professionelle Hilfe suchen will. Diese Woche hatte ich nun meinen Termin. Ich bin mehr als enttäuscht. Noch nichtmal eine halbe Stunde habe ich im Sprechzimmer gesessen. Das Ergebnis war neben eines Rezepts für ein Antidepressivum ein neuer Termin in absehbarer Zeit.
Dass von jetzt auf gleich irgendetwas passiert hätte ich nicht erwartet, aber irgendwie komme ich mir trotzdem ziemlich allein gelassen vor. Auf meine Einwände hin, dass ich keine Psychopharmaka nehmen möchte, da ich mir ziemlich sicher bin, dass ich keine richtigen Depressionen habe, sondern unter Burnout leide, meinte er, dass das eher beruflich ist und ich damit ja nichts zu tun habe. Klar, er ist der Experte, aber auch ein Experte kann wohl kaum in einer knappen halben Stunde eine Diagnose stellen. Zumal Depressionen und Burnout zwei grundverschiedene Dinge sind und auch komplett anders behandelt werden müssen, auch wenn die Symptome sehr ähnlich sind.
"Vertrau dich deinem Hausarzt an" wurde mir gepredigt. Das tat ich irgendwann und ich bekam von ihm zu hören "Was soll ich machen, ich bin Internist." - "Ja, aber Sie sind auch mein Hausarzt." - "Ja, hier haben sie die Karte von jemanden."
Schönen Dank auch. Und heute nun das.
Das Rezept habe ich weggeschmissen. Es ist möglich, dass diese Tabletten Wirkung gezeigt hätten, aber ich weiß hundertpro, dass ich mich innerlich gegen eine Behandlung à la "Jede Woche 'ne Schachtel Pillen fressen und alle zwei Wochen zu 'ner Stunde quatschen vorbei kommen" gewehrt hätte.
Ich brauche intensive Hilfe, zur Not mit stationärer Behandlung. Aber eben nicht auf Medikamentenbasis. Ich habe ernsthafte Probleme im Leben, da bringen mir Tabletten nicht weiter. Ich muss lernen, wie ich mit diesen Problem fertig werde. Das lerne ich nicht, indem ich alle paar Wochen in irgendeine Praxis latsche.
Ich hatte echt viel Hoffnung gehabt, dass es was werden könnte. Vielleicht war ich zu naiv. Momentan ist mir einfach nur danach, mir übelst einen hinter die Binde zu kippen und dann mit 'ner Schachtel Schlaftebletten in der Tasche in den Wald zu gehen. Auch in Deutschland haben wir nachts Minusgrade im zweistelligen Bereich, das sollte reichen.
Kann mir irgendwer helfen? Sagen, an wen ich mich wenden soll? Ich war bei einem Psychiater, wäre ein Psychologe besser? Wie läuft das mit privaten Kliniken, muss man da hin überwiesen werden oder "bewirbt" man sich da? Kennt wer eine gute in der Bundesrepublik, egal wo? Wäre für alles und jeden Ratschlag sehr dankbar.
Re: Sich professionelle Hilfe suchen? Gar nicht so einfach
Momentan ist mir einfach nur danach, mir übelst einen hinter die Binde zu kippen und dann mit 'ner Schachtel Schlaftebletten in der Tasche in den Wald zu gehen.
Mir auch
Aber sonst keine ahnung ich wurde mit tabletten gefüttert
Mir auch

Aber sonst keine ahnung ich wurde mit tabletten gefüttert
Re: Sich professionelle Hilfe suchen? Gar nicht so einfach
Hallo Crying Angel,
ich schließe mich Uschi an. Der Weg zu einem Psychologen ist erstmal der richtige. Neben dem Verfahren das Uschi vorschlägt (also Liste machen und abtelefonieren) kannst Du auch - gerade wenn es eilig ist dass Du Hilfe bekommst - bei Deiner KK oder bei der kassenärztlichen Vereinigung anrufen und fragen, ob sie in Deiner Nähe Psychologen wissen, welche derzeit mit kurzer Wartezeit oder sogar ohne Patienten aufnehmen können.
Wenn Du das Gefühl hast dass es im Moment gar nciht mehr geht dann kannst Du auch in eine Klinik zur Krisenintervention oder zur stationären Therapie gehen. Viele Kliniken haben extra Stationen dafür (nicht verwechseln mit Akut-Psychiatrie, das ist was anderes). Muss es eine private Klinik sein?
Ich bin nicht privat sondern Kassenpatientin, aber ich schreib mal wie das bei mir bisher immer gelaufen ist: Wenn ich klar hatte in welche Klinik ich möchte habe ich dort angerufen, Vorgespräch ausgemacht (dafür muss man dann ne Überweisung mitbringen), geguckt ob es paßt, auf Warteliste nehmen lassen. Klinik meldet sich dann wenn man kommen kann und man geht mit Einweisung da hin. Eigentlich ganz einfach. Die Kliniken geben aber auch Auskunft, was man tun muss um bei ihnen Patient zu werden, einfach dort anrufen und man wird geholfen.
Mit der Klinikempfehlung tu ich mich ehrlich gesagt schwer. Bist Du Dir sicher mit dem Burnout? (Ist ja nicht abgeklärt, richtig? Oder hast Du bereits ne Diagnose?)
Aus der Ecke Trauma, DIS und Borderline könnte ich jetzt einige Kliniken empfehlen, aber bei Burnout hab ich keine Erfahrung.
Es gibt viele Wege, aber leider sind sie manchmal nicht so leicht zu finde.
Ich wünsche Dir ganz viel Erfolg bei Deinem nächsten Schritt in Richtung Hilfe-Suche.
Liebe Grüße
Sadness
ich schließe mich Uschi an. Der Weg zu einem Psychologen ist erstmal der richtige. Neben dem Verfahren das Uschi vorschlägt (also Liste machen und abtelefonieren) kannst Du auch - gerade wenn es eilig ist dass Du Hilfe bekommst - bei Deiner KK oder bei der kassenärztlichen Vereinigung anrufen und fragen, ob sie in Deiner Nähe Psychologen wissen, welche derzeit mit kurzer Wartezeit oder sogar ohne Patienten aufnehmen können.
Wenn Du das Gefühl hast dass es im Moment gar nciht mehr geht dann kannst Du auch in eine Klinik zur Krisenintervention oder zur stationären Therapie gehen. Viele Kliniken haben extra Stationen dafür (nicht verwechseln mit Akut-Psychiatrie, das ist was anderes). Muss es eine private Klinik sein?
Ich bin nicht privat sondern Kassenpatientin, aber ich schreib mal wie das bei mir bisher immer gelaufen ist: Wenn ich klar hatte in welche Klinik ich möchte habe ich dort angerufen, Vorgespräch ausgemacht (dafür muss man dann ne Überweisung mitbringen), geguckt ob es paßt, auf Warteliste nehmen lassen. Klinik meldet sich dann wenn man kommen kann und man geht mit Einweisung da hin. Eigentlich ganz einfach. Die Kliniken geben aber auch Auskunft, was man tun muss um bei ihnen Patient zu werden, einfach dort anrufen und man wird geholfen.
Mit der Klinikempfehlung tu ich mich ehrlich gesagt schwer. Bist Du Dir sicher mit dem Burnout? (Ist ja nicht abgeklärt, richtig? Oder hast Du bereits ne Diagnose?)
Aus der Ecke Trauma, DIS und Borderline könnte ich jetzt einige Kliniken empfehlen, aber bei Burnout hab ich keine Erfahrung.
Es gibt viele Wege, aber leider sind sie manchmal nicht so leicht zu finde.
Ich wünsche Dir ganz viel Erfolg bei Deinem nächsten Schritt in Richtung Hilfe-Suche.
Liebe Grüße
Sadness
Re: Sich professionelle Hilfe suchen? Gar nicht so einfach
ich versteh nicht warum du die Medikamente nicht probierst. es gibt da viele unterschiedliche und manche davon wirken bei manchen
es ist übrigens extrem schwierig einen echt guten Psychologen zu finden. gute Psychos verlangen in der regel viel geld, mind so um die 60€/h, also zumindest hab ich ein mal diese erfahrung gemacht

es ist übrigens extrem schwierig einen echt guten Psychologen zu finden. gute Psychos verlangen in der regel viel geld, mind so um die 60€/h, also zumindest hab ich ein mal diese erfahrung gemacht
Re: Sich professionelle Hilfe suchen? Gar nicht so einfach
Crying Angel hat geschrieben:Kennt ihr das? Ihr vertraut euch Leuten an und bekommt zu hören "Such dir professionelle Hife, das geht ganz einfach." Solchen Leuten möchte ich spätestens ab heute in die Fresse treten.
Vor einiger Zeit habe ich irgendwo mal geschrieben, dass ich mir professionelle Hilfe suchen will. Diese Woche hatte ich nun meinen Termin. Ich bin mehr als enttäuscht. Noch nichtmal eine halbe Stunde habe ich im Sprechzimmer gesessen. Das Ergebnis war neben eines Rezepts für ein Antidepressivum ein neuer Termin in absehbarer Zeit.
Dass von jetzt auf gleich irgendetwas passiert hätte ich nicht erwartet, aber irgendwie komme ich mir trotzdem ziemlich allein gelassen vor. Auf meine Einwände hin, dass ich keine Psychopharmaka nehmen möchte, da ich mir ziemlich sicher bin, dass ich keine richtigen Depressionen habe, sondern unter Burnout leide, meinte er, dass das eher beruflich ist und ich damit ja nichts zu tun habe. Klar, er ist der Experte, aber auch ein Experte kann wohl kaum in einer knappen halben Stunde eine Diagnose stellen. Zumal Depressionen und Burnout zwei grundverschiedene Dinge sind und auch komplett anders behandelt werden müssen, auch wenn die Symptome sehr ähnlich sind.
"Vertrau dich deinem Hausarzt an" wurde mir gepredigt. Das tat ich irgendwann und ich bekam von ihm zu hören "Was soll ich machen, ich bin Internist." - "Ja, aber Sie sind auch mein Hausarzt." - "Ja, hier haben sie die Karte von jemanden."
Schönen Dank auch. Und heute nun das.
Das Rezept habe ich weggeschmissen. Es ist möglich, dass diese Tabletten Wirkung gezeigt hätten, aber ich weiß hundertpro, dass ich mich innerlich gegen eine Behandlung à la "Jede Woche 'ne Schachtel Pillen fressen und alle zwei Wochen zu 'ner Stunde quatschen vorbei kommen" gewehrt hätte.
Ich brauche intensive Hilfe, zur Not mit stationärer Behandlung. Aber eben nicht auf Medikamentenbasis. Ich habe ernsthafte Probleme im Leben, da bringen mir Tabletten nicht weiter. Ich muss lernen, wie ich mit diesen Problem fertig werde. Das lerne ich nicht, indem ich alle paar Wochen in irgendeine Praxis latsche.
Ich hatte echt viel Hoffnung gehabt, dass es was werden könnte. Vielleicht war ich zu naiv. Momentan ist mir einfach nur danach, mir übelst einen hinter die Binde zu kippen und dann mit 'ner Schachtel Schlaftebletten in der Tasche in den Wald zu gehen. Auch in Deutschland haben wir nachts Minusgrade im zweistelligen Bereich, das sollte reichen.
Kann mir irgendwer helfen? Sagen, an wen ich mich wenden soll? Ich war bei einem Psychiater, wäre ein Psychologe besser? Wie läuft das mit privaten Kliniken, muss man da hin überwiesen werden oder "bewirbt" man sich da? Kennt wer eine gute in der Bundesrepublik, egal wo? Wäre für alles und jeden Ratschlag sehr dankbar.
Was meinst du denn unterscheidet eine Depression von einem Burn out?
Re: Sich professionelle Hilfe suchen? Gar nicht so einfach
Das ändert sich. Im Laufer deiner Psycho-Karriere wirst du merken, dass es genau diese Leute sind, die dir helfen. Die anderen, verständnisvollen, die glauben, psychische Probleme wären mit Liebe, Zuwendung und guten persönlichen Ratschlägen zu behandeln... die wirst du später noch viel mehr hassen als die, die dir offen sagen: "geh' zum Arzt, davon verstehe ich nichts." Weil du dich von denen schrecklich unverstanden fühlen wirst. Und noch viel schlimmer: sie werden auch dich hassen, weil sie ja alles versucht haben, aber vergeblich, und du wirst sie mit in deinen Abgrund ziehen.Crying Angel hat geschrieben:Kennt ihr das? Ihr vertraut euch Leuten an und bekommt zu hören "Such dir professionelle Hife, das geht ganz einfach." Solchen Leuten möchte ich spätestens ab heute in die Fresse treten.
Ich habe seit 30 Jahren Depressionen. Meine Frau hatte die ähnlich lange. Wir waren über 20 Jahre zusammen. Wir haben uns das erste Jahrzehnt zerfleischt an diesem Thema, und Therapie der Krankheit mit Liebe, Zuneigung und Fürsorge verwechselt. Das muss schief gehen. Ab wann wir damit halbwegs gut leben konnten: als uns klar war, dass wir in Krise für den anderen nicht mehr tun können, als ihn bei der Hand zu nehmen und ihm zu Arzt zu fahren. Notfalls gegen seinen Willen. Und damit die Zuständigkeit an die delegiert haben, die zuständig sind: Experten.
30 Min. sind für einen Facharztbesuch sehr viel. Und, ja: ein Experte kann da in 5-10 Min. eine Diagnose stellen. Du bist bei dem Arzt nämlich nicht der erste Patient mit solchen Problemen. Du bist der 100. oder 1.000. So individuell, wie dir dein persönliches Leid scheint, ist es nicht.Noch nichtmal eine halbe Stunde habe ich im Sprechzimmer gesessen.
(...)
auch ein Experte kann wohl kaum in einer knappen halben Stunde eine Diagnose stellen.
Aber was interessiert dich das? Du kennst doch deine Diagnose schon - nicht Depris, sondern burnout. Was willst du da vom Arzt? Du kennst deine Diagnose schon, du kennst auch schon die "falschen" (Medikamente, ambulante Psychotherapie) und "richtigen" (stationär, dringend, aber ohne Medikamente) Therapien für dich.
Auf den Arzt bist du jetzt sauer, weil er deine Meinung nicht teilt. Merkt der Penner nicht, dass Depressionen und Burnout zwei grundverschiedene Dinge sind und auch komplett anders behandelt werden müssen? Kapiert der nicht, dass ich keine Pillen will? Also wegwerfen, den Mist. Zwar noch nie eigene Erfahrungen mit Antidepressiva gemacht, aber die felsenfeste Überzeugung:
Ich kann dich gut verstehen. Mir ging es bei meinem ersten Psychiater-Termin genau so. Ich war auch sauer. Aber so, Jahrzehnte später, überlege ich mir immer öfter: Könnte es nicht sein, dass diese Enttäuschung Wut daher kommt, dass es mir damals unendlich schwer gefallen ist, den Schritt zum Facharzt zu gehen? Und es das Schlimmste für mich war, dass er _trotzdem_ meine Meinung über mich und meine Krankheit, Diagnose, richtige Behandlung nicht umgehend geteilt hat? Und wie konnte ich mir damals eigentlich anmaßen, nicht nur zu wissen, wie ich mich fühle (das weiss niemand besser als ich, ist ja klar) - sondern nach ein bischen Googlen auch gleich, welche Krankheit es ist und welche Therapie erfolgversprechend ist?Ich brauche intensive Hilfe, zur Not mit stationärer Behandlung. Aber eben nicht auf Medikamentenbasis. Ich habe ernsthafte Probleme im Leben, da bringen mir Tabletten nicht weiter. Ich muss lernen, wie ich mit diesen Problem fertig werde. Das lerne ich nicht, indem ich alle paar Wochen in irgendeine Praxis latsche.
Ja, völlig. Du bist zu einem Facharzt gegangen, obwohl du nach deiner Meinung gar keinen Arzt brauchst. Du kennst deine Diagnose, du kennst die Therapien - die richtigen und die falschen -, du weisst ganz klar, was du hast und was du willst. Und bist sauer, weil der Psychiater nicht geantwortet hat: "Ach, wie schön, endlich mal ein Patient, der schon alles über sich weiss, da muss ich ja nur noch die Einweisung zur stationären Psychotherpaie unterschreiben. Welche Wunschklinik hätten sie denn gerne?"Vielleicht war ich zu naiv.
Du willst keinen Arzt, sondern einen Erfüllungsgehilfen für deine Ansprüche, der dir bitteschön nicht widersprechen soll. Als Arzt würde ich dir sagen (nein, würde ich natürlich nicht, sowas gehört sich nicht): "Wenn sie das schon alles wissen, dann sind sie hier verkehrt. Machen sie halt, was sie für richtig halten, aber mnachen sie es ohne mich. Ich kann und werde das nicht einfach so absegnen."
Und du wirst dich umgucken und dir diesen Arzt mit seinen blöden Pillen noch zurückwünschen, wenn du wirklich erstmal das erlebt hast, was du dir als Lösung vorstellst: Stationäre Psychotherapie, intensiv, plane mal mindestens ein Vierteljahr dafür ein. Eine Station dafür gibt es in jeder psychiatrischen Klinik, kein Problem. Irgendwer wird dir schon eine Einweisung schreiben. Das ist lustig, ich habe das des öfteren hinter mir. Weil ich natürlich auch damals keine bösen Psychopharmaka nehmen wollte, sondern wie du "lernen, wie ich mit diesen Problem fertig werde". Gerade mal das gute, pflanzliche Johanniskraut durfte es sein. Wirkte leider nicht.
Naja, das ist lange, lange her, und ich lebe immer noch. Aber nicht dank intensiver psychotherapeutischer Behandlung. Sondern dank täglich hochdosiertem Venlafaxinhydrochlorid.
Sorry für die klaren Worte, die dir hart erscheinen mögen. Aber: du hast in deiner jetzigen Situation einfach eine völlig falsche Vorstellung davon, was Aufgabe eines Facharztes ist und was der für dich tun kann. Du willst keinen Arzt, sondern jemanden, der deine eigene Meinung über dich abnickt. Das ist OK und für "Anfänger" im Psycho-Betrieb auch völlig normal. Aber es ist auch irreal. Tipps zum "wie weiter" hast du ja schon bekommen. Aber erwarte nicht in einer intensiven ambulanten Psychotherapie (ob 2 mal die Woche oder alle 2 Wochen) dein Lebensheil. Damit wirst du sehr wahrscheinlich richtig böse auf die Nase fallen.
Viele Grüße,
Stefan
Re: Sich professionelle Hilfe suchen? Gar nicht so einfach
Das werden VIELE anders sehen, besonders solche, die nicht permanent Medikamente nehmen.Touched hat geschrieben:
Ich würde auf gar keinen Fall Medikamente nehmen, und ich bin überzeugt davon, dass der ein oder andere nicht hier sein würde, wenn er nicht permanent Medikamente nehmen würde.
Medikamente können zunächst ein mal Leben retten und auf der Suche nach Hilfe unterstützen.
Ob man diese ein Leben lang nimmt, steht auf einem anderen Blatt.
Re: Sich professionelle Hilfe suchen? Gar nicht so einfach
Jup, genau. Das würde ich meinen Erfahrungen nach auch jedem empfehlen, auch wenns nervig sein kann.irgendwas hat geschrieben:Es lohnt sich, sich umzuhören und einen weiteren Psychiater aufzusuchen, oder auch drei, wenn's sein muss.
Es gibt zu viele schwarze Schafe, vlt. auch weil vieles in der klinischen und klassichen Psychiatrie eigentlich längst ins Gestern gehört.
Ich beobachte mich was das angeht genau, und ich halte auch Medis nicht für das ultima ratio. Aber ich denke manchmal können manche -je nachdem - einem schon helfen.
Ich merke zB. dass meine Medis mir zumindest helfen dass ich nicht so schnell bei dem ganzen Dauerstress und Belastungen depressiv werde (auch wenn ich trotzdem exorbitant leide) was mir nämlich hinderlich wäre weiter für meine Gesundung zu kämpfen.
Und ich hab noch nicht alle Möglichkeiten durch und möchte eigentlich erst dann finito machen, und nicht vorher, weil sich plötzlich meine Welt dunkelgrau färbt und ich davon überzeugt bin das es das Sinnvollste und Beste für mich wäre tot zu sein.
Zuletzt geändert von Nachtaktiva am Sonntag 5. Dezember 2010, 17:32, insgesamt 1-mal geändert.
Re: Sich professionelle Hilfe suchen? Gar nicht so einfach
Och, geh' mal in die Klapsmühle und unterhalte dich auf der Aktustation mit Mitpatienten. Das Thema "weswegen bist du denn hier?" sorgt unter "Kollegen" immer für viele herzhafte Lacher, wenn man sich gegenseitig seine Diagnosen erzähltTouched hat geschrieben:Ich habe von 3 verschiedenen Psychiatern 3 verschiedene Diagnosen erhalten, und ich war bei jedem 1 Stunde.

Mit "in 10 Min. Diagnose treffen" meinte ich nicht unbedingt das, was als ICD-Code dann auf dem gelben Zettel steht. Da muss einfach irgendwas stehen, damit die Kasse die Kosten übernimmt. Sondern, dass der Arzt den Patienten einordnen kann. Wie das dann formal genannt wird, ist m.E. nur insofern von Bedeutung, als manche Diagnosen langfristig stigmatisierend sein können. Und wer in die Klapsmühle kommt und eine "Vorgeschichte" hat... da spielt die Einweisungsdiagnose evtl. durchaus eine Rolle. Auf welcher Station landet man und wie wird man da behandelt, wenn sich der stationäre Psychiater auf den ambulanten verläßt.
Weswegen ich meinem Psychiater recht dankbar bin, dass er mir seit Urzeiten grundsätzlich eine "vegetative Dystonie" attestiert. Ich habe ihn mal gefragt, warum. Und er antwortete: "Das ist halt eine unauffällige Allerweltsdiagnose, die geht immer und überall ohne Nachfragen durch."
Mein Respekt vor jedem, der es ohne kann. Muss jeder selbst rausfinden, was ihm gut tut. Aber der Alleinglaube an Psychotherapie bei schweren psychischen Erkrankungen kann mitunter halt tödlich enden.Ich würde auf gar keinen Fall Medikamente nehmen, und ich bin überzeugt davon, dass der ein oder andere nicht hier sein würde, wenn er nicht permanent Medikamente nehmen würde.
VerjährtMeine Mutter war mal bei einem Psychiater (vor 35 Jahren).

Viele Grüße,
Stefan
Re: Sich professionelle Hilfe suchen? Gar nicht so einfach
Ich hoffe da verjährt noch so Einiges, da ist Nachholbedarf.Verjährt
Ich könnte hier Stories of Failures erzählen... Aber lieber nicht gerade

Re: Sich professionelle Hilfe suchen? Gar nicht so einfach
Das ist sicher alles richtig.DMLMS2 hat geschrieben:Das werden VIELE anders sehen, besonders solche, die nicht permanent Medikamente nehmen.
Medikamente können zunächst ein mal Leben retten und auf der Suche nach Hilfe unterstützen.
Ob man diese ein Leben lang nimmt, steht auf einem anderen Blatt.
Wobei ich mittlerweile erstmal jeden, der sich dazu äußert, fragen möchte: jemals Psychopharmaka genommen? Und auch den Unterschied zwischen Tranquilizern und Antidepressiva kapiert? Oder nur auf Vorurteilsbasis (ach nee, die machen doch besoffen, da wird man abhängig, da bin ich ja gar nicht mehr ich selbst, das ist ja nur die Krücke, die bei der Suche nach "wahrer" Hilfe unterstützt, usw. usf.) geschwätzt?
Oder anders gefragt: weisst du aus eigener Erfahrung, wovon du redest? Oder argumentierst du theoretisch-dogmatisch? Mal ehrlich, bitte.
Ich habe großen Respekt vor "Medikamenten-Hassern", die aus Erfahrung sprechen. Z.B. diejenigen, die einen Benzo-Entzug hinter sich haben. Oder denen, die vor Jahrzehnten endlos in der Klapsmuhle hospitalisiert und mit Haldol abgefüllt wurden, so dass sie heute vor lauter Spätdyskinesien kaum noch laufen können. Doch, solche Leute kenne ich, und ich bin ein bekennender Fan der Irrenoffensive.
Ich kenne privat und aus meiner "Psycho-Karreire" genug Leute, die an schweren Depressionen leiden. Oder litten, weil sie sich inzwischen umgebracht haben. Und ich kenne einige, die dank Antidepressiva recht gut (d.h. mit Lebensqualität) leben können. Aber ich kenne - und das ist sicher meine subjektive Erfahrung - niemanden, der langfristig schwere Depressionen ohne Psychopharmaka überlebt hat.
Wer das geschafft hat: allerhöchsten Respekt. Wobei ich bitte, schwere Depressionen richtig zu verstehen. Nach klinischer Diagnostik. So mal in einem Forum anmelden, weil man mit Suizidgedanken kokettiert und gerne drüber quatscht, ob nun doch Erhängen oder Kabelbinder um den Hals, oder doch lieber den Grill im Bad anzünden, falls man mal wirklich soweit wäre...
Wer das noch kann und sich trotzdem für akut schwer krank hält, hat das wirkliche Elend noch nicht erlebt. Wird er hoffentlich auch nie müssen.
Viele Grüße,
Stefan
Re: Sich professionelle Hilfe suchen? Gar nicht so einfach
@ Cyrying Angel:
Es ist verdammt schwierig, die "für einen richtige" Hilfe (Psychiater und Psychotherapeuten) zu finden... das kann dauern, leider, und es ist anstrengend. Aber die Suche ist ein Versuch wert, wenns beim ersten, zweiten, dritten usw. nicht klappt, suche weiter, so lang es geht.
An deiner Stelle würde ich die Medikamente mal "bis auf weiteres" nehmen (sofern du sie verträgst und sie helfen), bis du Hilfe gefunden hast. Absetzen kannst du sie immer noch. Betrachte es doch einfach als vorübergehende Gehhilfe aus der Suche nach Hilfe.
PS: sei auf der Hut vor Tiefenpsychologen und Psychoanalytikern. Die kognitive Verhaltenstherapie ist das einzige wissenschaftlich als wirksam bewiesene Therapieverfahren.
Es ist verdammt schwierig, die "für einen richtige" Hilfe (Psychiater und Psychotherapeuten) zu finden... das kann dauern, leider, und es ist anstrengend. Aber die Suche ist ein Versuch wert, wenns beim ersten, zweiten, dritten usw. nicht klappt, suche weiter, so lang es geht.
An deiner Stelle würde ich die Medikamente mal "bis auf weiteres" nehmen (sofern du sie verträgst und sie helfen), bis du Hilfe gefunden hast. Absetzen kannst du sie immer noch. Betrachte es doch einfach als vorübergehende Gehhilfe aus der Suche nach Hilfe.
PS: sei auf der Hut vor Tiefenpsychologen und Psychoanalytikern. Die kognitive Verhaltenstherapie ist das einzige wissenschaftlich als wirksam bewiesene Therapieverfahren.
Re: Sich professionelle Hilfe suchen? Gar nicht so einfach
Aus langjähriger eigener Erfahrung und intensiver wissenschaftlicher Studie.Stefan hat geschrieben: Wobei ich mittlerweile erstmal jeden, der sich dazu äußert, fragen möchte: jemals Psychopharmaka genommen? Und auch den Unterschied zwischen Tranquilizern und Antidepressiva kapiert? Oder nur auf Vorurteilsbasis (ach nee, die machen doch besoffen, da wird man abhängig, da bin ich ja gar nicht mehr ich selbst, das ist ja nur die Krücke, die bei der Suche nach "wahrer" Hilfe unterstützt, usw. usf.) geschwätzt?
Oder anders gefragt: weisst du aus eigener Erfahrung, wovon du redest? Oder argumentierst du theoretisch-dogmatisch? Mal ehrlich, bitte.
Zuletzt geändert von DMLMS2 am Sonntag 5. Dezember 2010, 17:56, insgesamt 1-mal geändert.
Re: Sich professionelle Hilfe suchen? Gar nicht so einfach
Ja und es ist zu unterscheiden und eingehend zu prüfen, ob sdie Depression auf der Lebensituation /und/ oder (traumatischen) Erlebnisschen gründet, oder wirklich "nur" ihre rein chemische Ursache hat.Aber ich kenne - und das ist sicher meine subjektive Erfahrung - niemanden, der langfristig schwere Depressionen ohne Psychopharmaka überlebt hat.
Im ersten Fall sollten natürlich einer Verbesserung der Lage und einer Therapie -welche helfen kann Erlebnisse zu verarbeiten- einen viel, viel höhren Stellenwelt beigemessen werden.
Dazu hätte ich gern Quellen. Eine verhaltenstherapeutische Station hat bei _mir_ zB. exorbitant gefailedDie kognitive Verhaltenstherapie ist das einzige wissenschaftlich als wirksam bewiesene Therapieverfahren.


Für mich wäre dies ersteinmal NICHT das Richtige. Es gibt ja nicht nur Medikamente, Psychoanalyse und Verhaltenstherapie welche einem weiterhelfen können.
Ich zB. möchte gerne eine Traumatherapie machen.
Mich hat das derart gestört, das mein damaliger Therapeut jede Frage nachem "warum" unterbinden wollte. Ich bin der Meinung das es helfen kann Dinge zu verstehen um sie zu ändern und verarbeiten zu können. Manchen hats geholfen, mir nicht, mir hat der Aufenthalt und die Behandlung dort eher sehr geschadet.
(Diese tollen Verhaltenspsychiater und Therapeuten haben dort übrigens galant 4 Fehldiagnosen hingelegt

Ich denke man solllte immer eingehend abwägen oder der Nutzen (Linderung der Beschwerden) den Schaden (Neben- und Langzeitwirkung) überwiegt.Absetzen kannst du sie immer noch.
Zuletzt geändert von Nachtaktiva am Sonntag 5. Dezember 2010, 17:59, insgesamt 1-mal geändert.
Re: Sich professionelle Hilfe suchen? Gar nicht so einfach
Musst du nicht. Ich war im neuen Jahrtausend noch mal länger in einer Landesklinik in der ehemaligen DDR, wo Ober- und Chefärzte wie das meiste Personal noch die selben waren wie schon zu DDR-Zeiten. Die fanden das Klasse, wie es vor 1989 lief: der Patient ist grundsätzlich dumm zu halten, darf nichts wissen, sich nicht wehren. Tut er das, gilt das als Renitenz (schon eine simple Nachfrage über die Medikation) und wird mit einer Extradosis Neuroleptika bestraft. Solange, bis der Patient endlich die Klappe hält, weil er seinen eigenen Namen nicht mehr buchstabieren kann.Nachtaktiva hat geschrieben:Ich hoffe da verjährt noch so Einiges, da ist Nachholbedarf.Verjährt
Ich könnte hier Stories of Failures erzählen... Aber lieber nicht gerade
Klapsmühle im Osten war für Patienten schon Horror. Wer morgens um 8 nicht täglich pünktlich unzulässiges Wort konnte, dem wurde das Abführmittel / Klistier zwangsverabreicht. Und erst wieder vom Topf aufstehen, wenn der Darm vorschriftsmäßig entleert ist. Kann man kaum glauben, war aber so. Und "Reste" dieser Mentalität gibt es heute sicher auch noch. Aber zum Glück sterben die alten Ärzte und Pfleger langsam aus, bzw. gehen in Pension und werden durch fortschrittlichere Kräfte ersetzt.
Viele Grüße,
Stefan