Depression und Freitod als Comedy-Thema: Eure Meinung?

Es ist nur ein Lesezugriff möglich.

Moderatoren: Ludwig A. Minelli, Mediator

Kai
Beiträge: 602
Registriert: Sonntag 26. Juli 2009, 07:08

Beitrag von Kai »

Lux hat geschrieben:[Du würdest also einen kindlich naiven Menschen, der augenscheinlich Probleme, ja, eine Existenzkriese durchlebt und sich daher mit den ihm zur Verfügung stehende Mitteln artikuliert, nicht für ernst nehmen?

Tja...


ich will dich nicht angreifen, aber ich fürchte, deine Einstellung unterscheidet sich recht wenig von dem hier:
Ich schätze mal, der Autor ist so ein Typ, der sich zu Schulzeiten damit profiliert hat, dass er jedem, der irgendwie "anders" war, den passenden Spruch reindrücken konnte. Und mit diesem Talent verdient der jetzt eben seinen Lebensunterhalt.
Jetzt müsste ich nur noch wirklich verstehen, was dich an der Thematik in der Kommödie an sich so aufregt.
Ich denke, das ist relativ einfach geklärt.

Der Autor bietet seine humoristisch gefilterte, bzw. konzentrierte Version der Wirklichkeit an.
Ich bin da lediglich Konsument.
Mir bleibt nur, den Autor, bzw. das Ergebnis seiner humoristischen Bemühungen entweder zu bejubeln oder nicht.

Und ich habe mich halt entschieden, beides weder zu bejubeln noch an mir abprallen zu lassen. Was soll daran falsch sein?!?
Lux
Beiträge: 239
Registriert: Montag 17. August 2009, 11:53

Beitrag von Lux »

das ist nichts falsch dran. ich fand bloß deine argumentationskette nicht schlüssig. hat sich auch nicht geändert.
außerdem war deine grundsätlich frage und meine frage darauf ja anders gestellt.
pikkemaat
Beiträge: 265
Registriert: Freitag 31. Juli 2009, 15:18

Beitrag von pikkemaat »

Luna hat geschrieben:Stromberg!
wenn ich das schon lese...
soll das comedy sein ? soll das lustig sein ?
Ich finde STROMBERG immer noch absolut großartig und zum Schreien komisch.

In Bezug auf Ernies Suidzid fand ich das nicht besonders witzig, aber geschmacklich ist das völlig im Rahmen. Es ist halt Realsatire und exakt diese schlechten Suizidversuche gibt es ja ständig, nur jeder fünfte unzulässiges Wort klappt ja in Wirklichkeit in Deutschland.

Bei HAROLD&MAUDE schmeisse ich mich bei den unzulässiges Wort weg; im konkreten Fall gibt es sicherlich witzigere Momente in der Folge. Ich würde da jetzt aber gemütlich die Kirche im Dorf lassen. Insbesondere in den USA gibt es viele Comedians, die über ihre (vergangenen) unzulässiges Wort durchaus ernst in ihrem Stand-Up berichten (Craig Ferguson, Drew Carey) und so sicherlich auch ein Gefühl von "Du bist nicht alleine!" vermitteln.

pikkemaat
Leim&Distelöl

@Kai

Beitrag von Leim&Distelöl »

Ihr Beitrag spricht mir sehr aus der Seele, weil ich mir gut vorstellen kann, wenn Sie das, was Sie schreiben auch praktizieren, auf Ihre Mitmenschen ebenso Eindruck macht, wie auf mich, hier.

Andererseits muss ich sagen, dass es im Umkehrfall vielen Menschen mit hochprozentigen Problemen und dem Wissen, mit welcher Kraft sie täglich dieses Leben meistern müssen (denken Sie an krebskranke Patienten, Behinderte, etc.) kaum mit einer z.B. verwöhnte Dame, die auf der Straße eine ebensolche entdeckt, das gleiche Outfit hat wie sie, in Empörung ausbricht und Depressionen bekommt... Verständnis zeigen kann und wird.

Während gerade Menschen mit massiven Problemen ihren Mitmenschen gegenüber sehr viel Empathie entgegenbringen können, scheitern sie dann an diesen - für sie - Kleinigkeiten und sie können das nicht mehr nachvollziehen.

Obwohl ich weder H. Schmid noch Stromberg öfter als einmal gesehen habe, kann ich teilweise die Intuition durchaus verstehen, die dazu führen kann, dass sie solche Menschen zum Thema machen und eine "Karrikatur davon zeichnen" - das machen die meisten Entertainer.

Was bei vielen gutbezahlten Entertainern der Fall ist, wie z.B. auch Stermann und Grissemann, Stefan Rab, etc. der Fall ist, ist zu beachten, dass sie das oft in menschenverachtender Weise tun, und das ist anzuprangern.

Man darf auch über die menschlichen Schwächen lächeln. Nur, zwischen Spott, Verhöhnung und Lächeln ist ein enormer Unterschied.

Wieso sind wir fähig, über unsere eigenen Fehler zu lachen? Das tun wir unter Umständen doch auch, weil wir uns selbst verzeihen, und Verzeihen ist ein wichtiger Bestandteil unseres Gemeinschaftslebens.

lG,
L&D.
Kai
Beiträge: 602
Registriert: Sonntag 26. Juli 2009, 07:08

Beitrag von Kai »

Lux hat geschrieben:das ist nichts falsch dran. ich fand bloß deine argumentationskette nicht schlüssig. hat sich auch nicht geändert.
außerdem war deine grundsätlich frage und meine frage darauf ja anders gestellt.
Also schön, dann versuch ich's nochmal.

1.
Das Talent, bzw. das Bedürfnis, "komische" Marotten anderer gekonnt nachzuäffen, fehlt mir total. Andere können das. Sowas kann ja anscheinend auch ein Lebensinhalt und sogar ein Broterwerb sein. Da kann im Nachhinein noch so viel Pseudo-Philosophie drumherum gesponnen werden. Was in erster Linie zählt, ist, dass Menschen so etwas _können_ und dass sie darum so etwas dann auch _machen_. Und zum dritten, dass keiner groß was dazu sagt.

2.
Dass ich nicht jeden ernst nehme, heißt nicht zwangsläufig, dass ich kein Mitgefühl habe. Ggfs. würde ich wahrscheinlich sogar für jemanden auf die Barrikaden gehen, der drangsaliert wird, nur weil er irgendwie aus dem Rahmen fällt. Aber was uns hier vorgeführt wird, das ist die überzeichnete _Karikatur_ einer solchen Person ... und genauso soll es ja wohl auch rüberkommen. Solche "Ernies" gibt es zweifellos ... aber dem Publikum werden sie überzeichnet und ins Lächerliche gezogen präsentiert.

3.
Wen ein Mensch Probleme hat und äußert, dass er sich umbringen will, dann hat man als Außenstehender drei Möglichkeiten:

- man kann versuchen, in ihm wieder den Wunsch nach Leben zu wecken
- man kann ihm Tipps geben, wie er sich am besten umbringt und
- man kann dafür sorgen, dass er sich noch schlechter fühlt

Von allen drei Möglichkeiten ist Nr.3 die gemeinste.
Kai
Beiträge: 602
Registriert: Sonntag 26. Juli 2009, 07:08

Re: @Kai

Beitrag von Kai »

Leim&Distelöl hat geschrieben:Obwohl ich weder H. Schmid noch Stromberg öfter als einmal gesehen habe, kann ich teilweise die Intuition durchaus verstehen, die dazu führen kann, dass sie solche Menschen zum Thema machen und eine "Karrikatur davon zeichnen" - das machen die meisten Entertainer.

Was bei vielen gutbezahlten Entertainern der Fall ist, wie z.B. auch Stermann und Grissemann, Stefan Rab, etc. der Fall ist, ist zu beachten, dass sie das oft in menschenverachtender Weise tun, und das ist anzuprangern.
Da haben Sie recht.

Was mir offengestanden Angst macht ist, dass die mit ihren Provokationen weiter und weiter gehen können, ohne dass es jemanden groß zu interessieren scheint. Das ist vermutlich ein Fass ohne Boden.
Leim&Distelöl

@Kai

Beitrag von Leim&Distelöl »

Sie können davon ausgehen, dass in den meisten Internetforen, auch hier, viele Menschen unterwegs sind, die mit dieser Art "Humor" kooperieren weil es tatsächlich gesellschaftlich geduldet ist.
Im Gegenteil, je mehr man Menschen herabwürdigen kann, desto größer ist der Beifall.
Dass viele Menschen dann nicht mehr erkennen, wo Heiterkeit aufhört und die dynamische Zerstörung einer gesellschaftlich guten, und daher wichtigen Struktur verloren geht, ist kaum verwunderlich.

TV-Sender und Medien sind federführend für diese Entwicklung. Der Hang zur Gemeinsamkeit der Menschen wird so missbraucht, weil Geld angeblich nicht stinken soll.

Aus diesem Grund wird es immer Außenseiter geben: jene, die gegen eine solche Entwicklung protestieren und Initiativen dagegen ergreifen. Leider benötigt das sehr viel Kraft und Energie und den Willen, zu guten Werten zu stehen, woran durchaus viele Menschen scheitern.

Viele von den Standhaften und wirklich engagierten werden Sie auch hier finden, und das ist das Fatale. Diese Menschen können zweifelsohne sagen: "Sie sind die Gesellschaft - und ich bin hier."

Mit freundlichen Grüßen
L&D.
Kai
Beiträge: 602
Registriert: Sonntag 26. Juli 2009, 07:08

Beitrag von Kai »

*lol*

"Ernie" soll ja wohl von Herrn Husmann voll zum Underdog aufgebaut werden, was?

1.
Der blöde Ernie ist depressiv und schmeißt undefinierbares Zeuch gegen die Scheibe, das er dann auch noch aufleckt. Alle Kollegen sind ratlos. Klar, das ist natürlich das gängige Verhaltensmuster, wenn jemand an Depressionen erkrankt ist. Wer keine Ahnung von Depressionen hat, der glaubt's am Ende auch noch.

Merke:
Wer depressiv ist, ist in der Klappse eigentlich am besten aufgehoben.

2.
Der blöde Ernie hat eine Packung Psychopharmaka vor sich, liest aus dem Beipackzettel vor, dass dieses Medikament das Reaktionsvermögen beeinträchtigen kann, und will das Medikament darum nicht einnehmen.

Merke:
Ernie ist blöd ... NATÜRLICH hilft es, JEDES Medikament einzunehmen, das vom Arzt verschrieben wurde! Egal, was auch immer es beeinträchtigt.

Wahrscheinlich wird "Stromberg" insgeheim auch noch von irgendeinem Pharma-Unternehmen mitgesponsort. Einige renommierte Firmen sind da ja auch schon mit im Boot. Nur sind die wenigstens so ehrlich, ihre Spots separat zu schalten.

Gut, mit einem haben die recht:

3. Ernie vermutet, seine düstere Stimmung könnte damit zusammenhängen, dass er zu oft allein ist.

Wer dabei aber an sowas denkt,

http://www.youtube.com/watch?v=5FH-At9AZ14

der hat sich geschnitten: Um einen Underdog wie Ernie müssen sich ausschließlich Polizeibeamte, Psychologen und Sozialpädagogen kümmern. Und zwar ganz im steril-professionellen Rahmen. Das ist nämlich GESUND und erzeugt LEBENSQUALITÄT. Jaahaaa. Komisch nur, dass es anscheinend immer mehr Patienten werden. Stimmt da etwa was mit der Therapie nicht oder mit der Welt an sich?
Zuletzt geändert von Kai am Samstag 14. November 2009, 06:59, insgesamt 4-mal geändert.
Kai
Beiträge: 602
Registriert: Sonntag 26. Juli 2009, 07:08

Re: @Kai

Beitrag von Kai »

Leim&Distelöl hat geschrieben:Viele von den Standhaften und wirklich engagierten werden Sie auch hier finden, und das ist das Fatale. Diese Menschen können zweifelsohne sagen: "Sie sind die Gesellschaft - und ich bin hier."
Keine Ahnung, ob ich standhaft bin.
Auf jeden Fall bleibe ich hier.
Die sogenannte Gesellschaft ekelt mich nämlich von Tag zu Tag mehr an.
Kai
Beiträge: 602
Registriert: Sonntag 26. Juli 2009, 07:08

Beitrag von Kai »

Um Robert Enke trauerte gestern, so wie es aussah, halb Deutschland.

Über "Ernie" wird dann aber am Dienstag wieder herzlich gelacht.

Erkläre mir einer menschliche Logik.
android
Beiträge: 275
Registriert: Montag 10. August 2009, 21:04

Beitrag von android »

tja kai, so ist die welt... es wird echt zeit für die apokalypse :twisted:

ernie ist ja sooo typisch für depressive leute.. schon klar. wenn alle depressiven mal jeden tag irgendwas undefinierbares an die scheibe schmeißen würden usw. ... dann würden alle anderen mal merken, wie viele depressive es eigentlich gibt. ganz deutschland hätte keine einzige saubere scheibe mehr!

nur nichtbetroffene, die keine blasse ahnung haben, können über den "trottel-ernie" lachen... mich macht es wütend. v.a. wie sich stromberg dann noch über die dilettantische durchführung von ernies versuch lustig macht -.-

und die abschiedsrede von diesem fußballkader an enkes frau... ich könnt kotzen! was hat sie denn "geleistet"? sie hat jahrelang jeden tag direkt mit nem schwer depressiven mann zusammengelebt und nix gemerkt? oder es nicht sehen wollen? es so lange verdrängt, bis es zu spät war? was ist das bitte für ne leistung? das kann doch jeder -.-

mir kommt es so vor, als wolle man enke nachträglich schuldgefühle einreden, und da man es öffentlich macht, allen suizidenten, die es noch nicht geschafft haben. schuldgefühle halten vllt so manchen zukünftigen suizidenten am leben, aber schuldgefühle machen das leben nicht gerade leichter. danke christliches abendland...

enke sollte, wie jeder andere, der jahrelang gegen depressionen gekämpft hat, dafür nen orden bekommen.
daß er verloren hat, dafür kann er nur ansatzweise was. das ist eben krieg...
Kai
Beiträge: 602
Registriert: Sonntag 26. Juli 2009, 07:08

Beitrag von Kai »

android hat geschrieben:tja kai, so ist die welt... es wird echt zeit für die apokalypse :twisted:
Das hast jetzt du geschrieben.
ernie ist ja sooo typisch für depressive leute.. schon klar. wenn alle depressiven mal jeden tag irgendwas undefinierbares an die scheibe schmeißen würden usw. ... dann würden alle anderen mal merken, wie viele depressive es eigentlich gibt. ganz deutschland hätte keine einzige saubere scheibe mehr!
Was ich mir im nachhinein überlegt habe: Vielleicht war das auch nur wegen der Pillen, die Ernie in der Geschlossenen schlucken musste. Manche Antidepressiva haben ja in der Tat recht überraschende Nebenwirkungen.
Kai
Beiträge: 602
Registriert: Sonntag 26. Juli 2009, 07:08

Beitrag von Kai »

Man frage mich besser nicht, was ich in meiner Fantasie mit gewissen Leuten am liebsten anstellen würde. Ich könnte mich in einer schwachen Stunde dazu hinreißen lassen, Rede und Antwort zu stehen.
tintenherz
Beiträge: 439
Registriert: Sonntag 15. November 2009, 21:08
Wohnort: 123 Fakestreet

Beitrag von tintenherz »

als ich das damals im fernsehen sah, dachte ich mir vorallen.. wieso haben sie den jetzt nich gleich in die geschlossene gesperrt, wie sie das sonst immer zu tun pflegen. und notarzt stand da auch nich °-° wär wohl zu viel realität für ne realsatire.
sabbersack
Beiträge: 184
Registriert: Dienstag 30. September 2008, 14:54

Beitrag von sabbersack »

Ein absolutes Vorzeigebeispiel ist die Serie "Ein Käfig voller Helden" (Hogan's Heros). Eine sehr kurzweilige Unterhaltung! Hier ein interessanter Einblick in die Biografie der Schauspieler-> http://www.stalag13.de/german/hauptd.php

Regelrecht begeistert bin ich von der neuen Serie -auf Sky (SciFi)- "so gut wie tot": hier der Anfang der Geschichte->
http://www.youtube.com/watch?v=RZVyVY6E ... re=related

LG
Gesperrt