Depression und Freitod als Comedy-Thema: Eure Meinung?

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Kai
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Depression und Freitod als Comedy-Thema: Eure Meinung?

Beitrag von Kai »

Viele deutsche Fernsehzuschauer dürften wissen, worauf ich anspiele. Wie seht ihr das? Haltet ihr es für wichtig, dass das Thema überhaupt in der Öffentlichkeit präsent ist - egal in welcher Form? Oder seid ihr der Meinung, dass man der Tragweite des Themas nicht gerecht wird, indem man es ins Lächerliche zieht? Heitert es euch auf, "euer" Thema in komödiantisch verzerrter Bearbeitung zu sehen? Oder zieht es euch eher noch weiter runter, etwa weil ihr euch nicht ernst genommen fühlt? Was, glaubt ihr, ist die Intention eines Autors, das Thema komödiantisch aufzuarbeiten?
Luna
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Beitrag von Luna »

also ich bin kein deutscher fernsehzuschauer und habe keine ahnung, wovon du redest
ist es dir irgendwie möglich, beispiele zu zeigen oder so ?
Kai
Beiträge: 602
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Beitrag von Kai »

Luna hat geschrieben:also ich bin kein deutscher fernsehzuschauer und habe keine ahnung, wovon du redest
ist es dir irgendwie möglich, beispiele zu zeigen oder so ?
Bitte sehr!

(Der Link funktioniert vermutlich nur zeitlich begrenzt, bis Dienstag oder so.)
Luna
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Beitrag von Luna »

Stromberg!
wenn ich das schon lese...
soll das comedy sein ? soll das lustig sein ?
also deutsche comedy ist heutzutage eh der letzte dreck und einfach nur noch traurig
wenn da jmd drüber lachen kann, mein gott, soll er doch. also ich kanns nicht. ich sehe da nichts, dass auch nur entfernt an witze oder humor erinnert.

ich finde da auch nichts verwerflich dran, ich mein, wo würden wir hinkommen, wenn sich blondinen über blondinenwitze beschweren würden etc. ?

wie darf ich stromberg eigentlich verstehen ?
da ist so ein (ehemaliger ?) chef, der mit ner kamera verfolgt wird (mehr oder weniger reality-show) ? dann haben die ja ne ausrede für ihre schlechte schauspielerei
hel
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Beitrag von hel »

Was um alles in der Welt ist denn das. Sage mal, guckt sich das irgendjemand an? Nicht bloß, daß das schlecht gemacht ist, da kann man ja auch absolut nicht drüber lachen.Aber es hat ja jeder eine andere Art von Humor. Na ja ,ich überlege, wann ich eigentlich das letzte Mal gelacht habe, aber so was...Leute, die keine Ahnung haben, könnten ja denken, wir gucken alle so was.
Ich überlege gerade, wo mir das Lachen im Hals stecken bleibt, vielleicht bei Monty Python. Ich weiß nicht, wenn da ein paar Leute über ihre Krankheite diskutieren?, über Suizidmethoden darf man ja im Fernsehen nicht reden. Ich muß da wohl noch mal drüber nachdenken.
hel
Kai
Beiträge: 602
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Beitrag von Kai »

Luna hat geschrieben:ich finde da auch nichts verwerflich dran, ich mein, wo würden wir hinkommen, wenn sich blondinen über blondinenwitze beschweren würden etc. ?
Also, ich denke, es kommt darauf an, WER solche Witze reißt.

Ein Jude z.B. hat jedes Recht, Judenwitze zu erzählen, wenn er das möchte ... durchaus auch zynische. Das Recht dazu hat er sich aber nicht ausgesucht. Höchstwahrscheinlich würden viele Juden solche Witze liebend gern dafür eintauschen, dass es den Anlass für solche Witze niemals gegeben hätte..

Wenn hingegen ein Nichtjude sich auf die Bühne stellt und meint, unbedingt zynische Judenwitze erzählen zu müssen, dann gilt das - m.E. zu Recht - als geschmacklos und "unter aller Sau". Umso mehr, wenn das ein Deutscher macht, bei dessen Vorfahren solche Witze womöglich unter Adolf Hitler durchaus gern gesehen waren ... je mehr desto besser. Das gilt insbesondere für Harald Schmidt, und das gilt aber auch für seinen Autor Ralf Husmann, der sowohl Gags für Schmidt geschrieben hat als auch für Drehbücher der Serie "Stromberg" verantwortlich zeichnet (vgl wikipedia - der Typ ist Jahrgang 1964, hat also "ganz unbefangen" auch in Sachen Judenwitze anscheinend doch schon wieder "gut Lachen" und kostet das dann natürlich auch voll aus. Er kriegt - von woher auch immer - ja auch sein Geld dafür.)

Es gibt hier ja mehrere Threads, die sich humoristisch-bissig mit dem Thema "Freitod" beschäftigen. Diese kann ich aber akzeptieren, wenn sie von Teilnehmern stammen, die betroffen sind sich auch ernsthaft damit auseinandersetzen.

Beiträge oder Anmeldungen, die auf einen User namens "Ralf Husmann" hinweisen, habe ich hier allerdings nicht gefunden. Womöglich hat Her Husmann also einen Decknamen benutzt oder aber einfach nur zu Recherchezwecken ohne Anmeldung mitgefrühstückt. Die in der "Stromberg"-Folge erwähnte Problematik mit dem Katalysator und den Autoabgasen stimmt ja immerhin. Die wurde hier ja auch schon thematisiert.

Auf das Blondinenbeispiel bezogen heißt das: Wenn eine Blondine sich über eine andere lustig macht ... kein Problem. Wenn aber ein Akademiker sich auf eine dumme Blondine stürzt und deren Blödheit der Öffentlichkeit nach Herzenslust und ohne Hemmungen vorführt ... dann werden manche Adressaten wahrscheinlich losbrüllen vor Lachen. Andere werden nachdenklich werden.

Im Internet finde ich bei den Angaben zu Ralf Husmann keinerlei Hinweis auf Depression oder Suizidalität. Stattdessen finde ich eine Riesen-Erfolgsgeschichte. Also wirkt Husmanns Elaborat (die "Stromberg"-Folge mit dem suizidalen Vollidioten "Ernie") letztlich auf mich so, als wenn einer, der im Leben voll angekommen ist, sich seinen Spass daraus macht, anderen, die es zufälligerweise nicht so gut getroffen haben, gezielt auf den Kopf zu pinkeln.

Genau diese Verhaltensweise der lieben Mitmenschen ist es aber, die manche Teilnehmer erst hierhergeführt hat. Sich über Schwächere lustig zu machen und diese vorzuführen, ist keine Kunst. Im Gegenteil. Es zeugt von emotionaler Armut. Mich drückt sowas jedenfalls umso tiefer in den Wunsch hinein, diese Welt zu verlassen.
pida
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Registriert: Mittwoch 15. Juli 2009, 05:45

comedy

Beitrag von pida »

hallo kai,

wenn man sieht, wie kontrovers das thema freitod selbst hier im forum behandelt wird ist klar, dass wir es mit schwerer materie zu tun haben.

ich wuesste jetzt auch nicht, ob man den themen depression und freitod jeweils eine eigene reihe gewaehren sollte ; trotz des zusammenhangs von ursache und auswirkung.

comedy ist sooo vielschichtig und individuell ;

mein fazit : jeder beitrag in der oeffentlichkeit zaehlt .

noch ist freitod ein tabu - thema ;

aber das waren katholisch/evangelische eheschliessungen, homosexualitaet, missbrauch jeglicher art und die scheibenform der erde ja auch lange zeit ;-))

ich fuer meinen teil bleib' dran, soweit es meinem umfeld zumutbar ist - und gelegentlich darueber hinaus ; durch verstecken und schweigen wird'd nicht besser.

also : weitermachen.

und stromberg ?

es lebe die fernbedienung !

allerdings die mit dem schnellvorlauf fuer fernsehsender.

bis spaeter, pida
Kai
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Beitrag von Kai »

@pida

Genau genommen finde ich die Sendung gar nicht schlecht. Im Gegenteil: Das gehört m.E. so ziemlich zum Besten und qualitativ Hochwertigsten, was Deutschland derzeit in Sachen Comedy zu bieten hat.

Aber gerade darum regt mich die Darstellung ja so auf.
Weil sie die Behauptung aufstellt, Depressive/Suizidale seien im Grunde genommen allesamt Weicheier, Lachnummern oder Volltrottel.

Jede Wette: In dieser schönen Welt da draußen gibt es genug Spinner, die glauben, es verhalte sich tatsächlich so, und die durch solche Sachen noch in ihrer Meinung bestärkt werden.
Und Foren wie dieses müssen solche Spinner und deren Beiträge dann verkraften ... zusätzlich zu den eigenen Problemen der Teilnehmer.
Da kann man doch mal herzlich "Danke" sagen für diese Form der "Unterstützung", oder?
Lux
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Beitrag von Lux »

Aber gerade darum regt mich die Darstellung ja so auf.
Weil sie die Behauptung aufstellt, Depressive/Suizidale seien im Grunde genommen allesamt Weicheier, Lachnummern oder Volltrottel.
Ehrlich gesagt habe ich die Intension gar nicht so begriffen.
Ich fand es auf eine strange weise traurig, ernie dabei zuzusehen, wie er immer mehr verzweifelt, wie seine "hilferufe", seine erklärugen, seine gedaken völlig untergehen. er ist ja eh "anders", da muss sich keiner sorgen machen...
Ich konnte dieser folge durchaus etwas abgewinnen.
Genau genommen finde ich die Sendung gar nicht schlecht. Im Gegenteil: Das gehört m.E. so ziemlich zum Besten und qualitativ Hochwertigsten, was Deutschland derzeit in Sachen Comedy zu bieten hat.


sehe ich auch so!
Black fallen Angel
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Registriert: Donnerstag 17. September 2009, 08:17

Beitrag von Black fallen Angel »

Also mir persönlich ist es völlig egal, wenn sich andere, sei es in Comedysendungen oder sonst wer, über Leute mit Depressionen oder solche mit Suizidgedanken lustig machen.
Ich denke das kommt daher, dass ich mich selber nicht so wichtig und ernst nehme.
Ausserdem ist man als Goth einigen Attacken ausgesetzt, wie einer der neueren Beiträge hier im Forum sehr gut aufzeigen ;-) Es beweist einem nur, wie beschränkt das Denken einiger Menschen ist.
Das macht einem sowieso resistent. Im gegenteil, das Beste ist, wenn man einfach auch darüber lacht! Nur nicht immer alles zu persönlich nehmen!
Kai
Beiträge: 602
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Beitrag von Kai »

Lux hat geschrieben:Ehrlich gesagt habe ich die Intension gar nicht so begriffen.
Ich fand es auf eine strange weise traurig, ernie dabei zuzusehen, wie er immer mehr verzweifelt, wie seine "hilferufe", seine erklärugen, seine gedaken völlig untergehen. er ist ja eh "anders", da muss sich keiner sorgen machen...
Lux, deine Empathie und dein Mitgefühl in allen Ehren ... aber jemanden, der mir erzählen würde "Mama hat an Weihnachten Wirsing gemacht" ... den könnte ich auch IRL beim besten Willen nicht ernst nehmen.

Ich schätze mal, der Autor ist so ein Typ, der sich zu Schulzeiten damit profiliert hat, dass er jedem, der irgendwie "anders" war, den passenden Spruch reindrücken konnte. Und mit diesem Talent verdient der jetzt eben seinen Lebensunterhalt.
Lux
Beiträge: 239
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Beitrag von Lux »

Lux, deine Empathie und dein Mitgefühl in allen Ehren ... aber jemanden, der mir erzählen würde "Mama hat an Weihnachten Wirsing gemacht" ... den könnte ich auch IRL beim besten Willen nicht ernst nehmen.


Was weißt du den über meine Empathie und mein Mitgefühl, kai ;-) ?

dieser ernie, diese figur, der ist die essenz, die reduktion einer menschengruppe, die es wirklich gibt.
natürlich wird alles toal auf die spitze getrieben, am ende ist es schließlich ja noch Kommödie. Aber eben eine mit nem wahren kern.

(überspitze Charaktäre zu zeichen ist doch ein Prinzip der Kommödie. Und Kommödie / Satire darf mehr als Drama oder sonstiges Genre. Das ist meine Meinung. Kommödie versucht, den humoristischen Blickwinkel auf alle Baustellen des Lebesn zu richten. IMHO das ist legitim.

übrigens: ich würde jemandem, der mir das mit traurigem blick sagt (das mit dem wirsing) durchaus zuhören... also doch mitgefühl ^^
Kai
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Beitrag von Kai »

Black fallen Angel hat geschrieben:Also mir persönlich ist es völlig egal, wenn sich andere, sei es in Comedysendungen oder sonst wer, über Leute mit Depressionen oder solche mit Suizidgedanken lustig machen.
Ich denke das kommt daher, dass ich mich selber nicht so wichtig und ernst nehme.
Dann solltest du dir selbst jetzt zu deinem dicken Fell gratulieren.
Manch anderer hat das nicht.
Mancher kann das auch gar nicht.
Und mancher will das vielleicht auch nicht mal ... und sei es, um für die Stimmungen in dieser Welt sensibel zu bleiben.
Kai
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Beitrag von Kai »

Lux hat geschrieben:übrigens: ich würde jemandem, der mir das mit traurigem blick sagt (das mit dem wirsing) durchaus zuhören... also doch mitgefühl ^^
Sag ich doch! :wink:
Lux
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Beitrag von Lux »

Kai hat geschrieben:
Dann solltest du dir selbst jetzt zu deinem dicken Fell gratulieren.
Manch anderer hat das nicht.
Mancher kann das auch gar nicht.
Und mancher will das vielleicht auch nicht mal ... und sei es, um für die Stimmungen in dieser Welt sensibel zu bleiben.
und:
Lux, deine Empathie und dein Mitgefühl in allen Ehren ... aber jemanden, der mir erzählen würde "Mama hat an Weihnachten Wirsing gemacht" ... den könnte ich auch IRL beim besten Willen nicht ernst nehmen.
...finde den Fehler.

Du würdest also einen kindlich naiven Menschen, der augenscheinlich Probleme, ja, eine Existenzkriese durchlebt und sich daher mit den ihm zur Verfügung stehende Mitteln artikuliert, nicht für ernst nehmen?

Tja...


ich will dich nicht angreifen, aber ich fürchte, deine Einstellung unterscheidet sich recht wenig von dem hier:
Ich schätze mal, der Autor ist so ein Typ, der sich zu Schulzeiten damit profiliert hat, dass er jedem, der irgendwie "anders" war, den passenden Spruch reindrücken konnte. Und mit diesem Talent verdient der jetzt eben seinen Lebensunterhalt.
Jetzt müsste ich nur noch wirklich verstehen, was dich an der Thematik in der Kommödie an sich so aufregt.
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