So, und jetzt hab ich’s auch geschafft mein eigentliches Anliegen in Worte zu fassen :
Wie schon in meinem Begrüßungsthread kurz gesagt komme ich aus einer Familie mit auffallend vielen psychisch Kranken. Ich war deshalb auch schon sehr früh mit Psychologen, Sozialpädagogen etc. vertraut. Als Kind war ich aufgrund der häusl. Situation im Internat (das Jugendamt zahlte damals dafür noch Zuschüsse – kaum zu glauben), dem ich es zu verdanken habe, dass ich das Abi machen konnte. Anschließend habe ich Soz.Päd. studiert, um die Abläufe in meiner Familie auch logisch zu begreifen. Ich habe jedoch nach Abschluss des Studiums nie in diesem Bereich gearbeitet, da ich merkte, dass mich das psychisch überforderte, weil ich mich immer mit meiner eigenen Situation konfrontiert fühlte. Bin dann nach dem Studium in den Verkaufsaussendienst gegangen, wo ich seither die letzten 20 Jahre mehr oder weniger erfolgreich (je nach „Geisteszustand“) tätig bin bzw. war.
Ich habe vor 9 Jahren meinen ersten Suizidversuch gestartet, indem ich mit dem Firmenwagen gegen einen Brückenpfeiler raste. Wie ihr seht, haben die Airbags damals ihre Aufgabe voll erfüllt und ich habe – obwohl ich nicht angeschnallt war- das ganze leider mit diversen Blessuren überlebt. Die Zeitungen sprachen damals von einem Wunder, für mich war es seienrzeit einfach nur Pech.
Auf die vielen Gründe, welche mich damals diesen Entschluss fassen ließen möchte ich nicht in aller Ausführlichkeit eingehen (Ehe, Job, Depression......). Ich war nach dem „Unfall“ ca. 1 Jahr in Reha und psych. Behandlung und wurde auf Antidepressiva eingestellt. Mit Hilfe eines Freundes bekam ich auch wieder einen Job im Aussendienst, meine Ehe wurde geschieden, ich bekam meinen Führerschein wieder und anfänglich war alles wieder „Friede, Freude, Eierkuchen“ in meinem zweiten Leben. Mein Unterfangen wurde von meinem sozialen Umfeld als Kurzschlussreaktion auf die Ehekrise angesehen, wofür auch die Tatsache sprach, dass ich zum Unfallzeitpunkt alkoholisiert war (1,1 Prom., den Alkohol hatte ich aber nur getrunken, damit es eben wie ein Unfall aussah und meinem damaligen Mann nicht das Stigma der „Unfähigkeit mir zu helfen“ angehängt werden konnte).
Aber seit dieser Zeit führe ich zwei Leben nebeneinander : Das eine, wo ich ganz „normal“ bin, meinen Job nachgehe, Bekannte treffe und sogar wieder einen traumhaften, liebenswerten Mann geheiratet habe und dann das andere Leben, indem sich alles gegen mein erstes Leben sträubt, in dem ich nur immer denke „ich will nicht mehr, ich kann nicht mehr“, welches mich tagelang in tiefste Depressionen stürzt, wo ich nur noch grundlos heulend auf dem Sofa liege und einfach nur sterben möchte – unfähig zu handeln, unfähig, zur Arbeit zu gehen, unfähig, auf meine Mitmenschen zu reagieren und vor allem unfähig, Hilfe in Anspruch zu nehmen - ich will das in diesen Tagen einfach nicht ! Wie gesagt, ich bin eigentlich ganz gut auf mein Antidepressivum eingestellt (wurde zwischenzeitlich zweimal wegen Nebenwirkungen umgestellt), diese Phasen lassen sich jedoch dadurch nicht ausschalten. Und jetzt kommt eigentlich das, was mich an und für sich langsam wahnsinnig werden lässt :
Mein „dunkles“ Leben gewinnt mehr und mehr die Oberhand, d.h. diese Phasen kommen in immer kürzeren Abständen. Mein Mann ist schon total verzweifelt, er liebt mich wirklich und kann es nicht ertragen, dass er mir nicht helfen kann. An den dunklen Tagen nehme ich ihn und seine Bedürfnisse kaum war, aber wenn ich meine normale Phase habe tut es mir unendlich leid, vergöttere ich ihn und ich wünsche mir, dass er mich niemals getroffen hätte, weil ich ihn mit in meinen Abgrund ziehe. Ich habe im Herbst letzten Jahres meinen letzten Job gekündigt, weil ich einfach keine Kraft mehr hatte. Ich bin oft morgens ins Auto gestiegen – auch an normalen Tagen - und plötzlich stülpte sich eine Glocke über mich, ich bin dann einige Stunden heulend auf dem Parkplatz gestanden und hatte keine Kraft mehr für irgendwas – häufig ausgelöst nur durch irgendwelche Lappalien (wie z.B. den Anruf des Vorgesetzten). Hab mich dann wieder zurück in die Wohnung geschleppt und eigentlich nur gewartet, dass die dunkle Zeit wieder vorbei geht. Und dann habe ich gekündigt, bevor man mir kündigt – denn da stand ich kurz davor, um mir die Schmach und den Frust über eine Kündigung von Firmenseite aus zu ersparen. Ist doch einfach irre, oder ?
Mein Nervenarzt hat gemeint, diese Häufung meiner dunklen Phase könne evtl. mit den bevorstehenden Wechseljahren zusammenhängen (bin jetzt 46) und mir zusätzlich einen Tranquilizer verschrieben. Dadurch kann ich zwar besser schlafen, die dunklen Phasen werden jedoch nicht beeinflusst. Und mittlerweile ist es so, dass ich meine „normalen“ Tage dazu nutze um zu planen, wie ich am Besten dieser Sch....situation ein Ende setze, ohne dass sich mein soziales Umfeld für den Rest ihres Lebens Vorwürfe machen wird. Ich weiss auch genau, wenn ich gehe, dann wird es an einem normalen Tag sein, denn wenn ich in meiner Depression stecke bin ich nicht mal mehr zum unzulässiges Wort fähig. Ist doch pervers, oder ? Da steht man quasi neben sich, betrachtet seine beiden „Ich“ ganz nüchtern als ob man nicht dazugehört, kann die eigene Situationen analysieren, wirkt auf andere zwischenzeitig absolut normal,hat trotzdem eine unzulässiges Wort vor dem Dasein und einen Hass auf sich selbst. Ich habe mittlerweile jegliche Selbstachtung vor mir verloren, weil ich im Prinzip keine wirkliche Kontrolle mehr über mich habe und dabei anderen Leuten immer mehr Schmerz zufüge. Ich will das nicht, aber ich kann es auch nicht abstellen.
Wenn ich das meinen Arzt erzähle habe ich manchmal das Gefühl, er versteht nicht, was ich damit meine, das mein Problem darin liegt, dass ich wissenden und sehenden Auges mich und meine Lieben ins Abseits manövriere und sogar ganz nüchtern darüber sprechen kann, aber nichts dagegen unternehmen kann. Dass ich weiß, dass ich mich – sobald Probleme auftauchen- in meine dunkle Hälfte zurückziehe, die sich dann nur noch in Selbstmitleid ergeht, vom anderen „Ich“ verachtet und trotzdem handlungsunfähig ist. Dass ich spüre, wenn es kommt und trotzdem nichts dagegen machen will und dadurch jede Hilfe ablehne. Dass ich an den normalen Tagen mir genau deswegen immer und immer wieder Vorwürfe mache, die mich dann letztendlich wieder in Selbstmitleid und Depression verfallen lassen. Es ist einfach ein Teufelskreis, der wahrscheinlich letztendlich nur durch den Tod unterbrochen werden kann.
Wenn jemand von Euch ähnliche Erfahrungen gemacht hat würde mich interessieren, wie ihr Eure Partner/Eltern/Kinder vor Euch selbst „schützt“ bzw. wie man diese stärken kann. Außerdem will ich auch irgendwie noch für meinen Lebensunterhalt sorgen, so dass mein Mann nicht alleine für mich aufkommen muss. Vielleicht hat da jemand einen Tip, in welchen Bereich Leute wie ich noch eine Chance zum Geldverdienen haben.
Nochmal Hallo und meine Situation
Moderatoren: Ludwig A. Minelli, Mediator
Liebe Regine.
Ich bin zwar auch erst neu hier, aber ich kann deine Situation gut nachvollziehen, da die meine sehr ähnlich ist.
Wegen deiner Versorgung mach dir mal keine Gedanken, denn wir sind unheilbar psychisch KRANK und dafür können wir nichts.
Meine Familie zu schützen ist unsagbar schwer, fast unmöglich. Sie bekommt meine ständigen Stimmungsschwankungen ja mit, es lässt sich nicht verbergen, auch wenn man versucht "den ? zusammenzukneifen". Meiner Ehefrau fällt es zunehmend schwerer mit mir umzugehen, denn die Schübe kommen in immer kürzeren Abständen und ihr fehlt oftmals die Kraft um darauf adäquat zu reagieren.
Ich bin jetzt 53 Jahre alt und lebe seit 35 Jahren mit bipolaren Störungen. Jetzt ist ein Punkt erreicht, an dem alle Beteiligten nicht mehr weiter können.Ich muss einsehen dass ich mir selbst und anderen zur Last geworden bin.Darum ist die letzte Reise der einzige Ausweg.
Ich bin zwar auch erst neu hier, aber ich kann deine Situation gut nachvollziehen, da die meine sehr ähnlich ist.
Wegen deiner Versorgung mach dir mal keine Gedanken, denn wir sind unheilbar psychisch KRANK und dafür können wir nichts.
Meine Familie zu schützen ist unsagbar schwer, fast unmöglich. Sie bekommt meine ständigen Stimmungsschwankungen ja mit, es lässt sich nicht verbergen, auch wenn man versucht "den ? zusammenzukneifen". Meiner Ehefrau fällt es zunehmend schwerer mit mir umzugehen, denn die Schübe kommen in immer kürzeren Abständen und ihr fehlt oftmals die Kraft um darauf adäquat zu reagieren.
Ich bin jetzt 53 Jahre alt und lebe seit 35 Jahren mit bipolaren Störungen. Jetzt ist ein Punkt erreicht, an dem alle Beteiligten nicht mehr weiter können.Ich muss einsehen dass ich mir selbst und anderen zur Last geworden bin.Darum ist die letzte Reise der einzige Ausweg.
Hallo Regine,
jetzt sitz ich hier und denke mir, welches Recht habe ich, da jetzt einen Rat zu versuchen.
Aber was Du beschreibst, da bin ich selbst schon durchgegangen. Zusammengerissen, um das Kind zu versorgen, die Arbeit mit eingemeißeltem Lächeln überstanden und innen drin war alles tot und leer.
Gehört aber alles nicht hier hin. Ich habe versucht, Medikamente und ärztliche Hilfe zu bekommen, gab es nicht für mich. Dafür wirkte ich wohl zu professionell freundlich und gefaßt.
Ein paarmal hat die Dunkelheit noch nach mir gegriffen und es ist meist im Winter passiert, also handelt es sich offenbar um eine klassische sogenannte Winterdepression. Ich mache ein bisschen Sport und gehe alle paar Wochen ein paar Minuten ins Solarium, dazu gönne ich mir fast jeden Tag zur Mittagszeit, wenn es richtig hell ist, einen kleinen Spaziergang. Das klingt jetzt wahrscheinlich alles sehr banal, aber mir hat es soweit geholfen, dass ich jetzt den zweiten Winter keine derartigen Beschwerden habe. Ich komme bestens aus dem Bett, brauche nicht übermäßig Schlaf (so fing es immer an bei mir) und kann die unendlichen Grübeleien, wenn sie anfangen, von mir aus stoppen.
Ich will das nicht als Allheilmittel anpreisen, aber diese Methoden haben wenig bis gar keine Nebenwirkungen. Vielleicht kann es Deine medikamentöse Therapie unterstützen.
Arbeit ... ohje, das kenne ich selbst.
Als SozPäd hast Du aber doch viele Möglichkeiten zu arbeiten, vielleicht auch in der Erwachsenenbildung? Du musst ja nicht unbedingt an die Front.
Je nachdem, in welchen Bereichen Du im Außendienst gearbeitet hast, kannst Du vielleicht mit Deiner Erfahrung im Innendienst wertvolle Hilfe bei realistischer Koordination sein?
Aber bevor ich da im Trüben stochere, was würdest DU denn gerne tun?
Das war jetzt mein kleiner Beitrag. Glaub mir, ich kann so gut nachfühlen, wie es in Dir aussieht. Vielleicht kannst Du zumindest Deinen Partner zu einem Verbündeten machen, statt ihn nur als Opfer zu sehen? Zu zweit in die Dunkelheit zu leuchten macht es ein Stückchen leichter.
Lieber Gruß
Paula
jetzt sitz ich hier und denke mir, welches Recht habe ich, da jetzt einen Rat zu versuchen.
Aber was Du beschreibst, da bin ich selbst schon durchgegangen. Zusammengerissen, um das Kind zu versorgen, die Arbeit mit eingemeißeltem Lächeln überstanden und innen drin war alles tot und leer.
Gehört aber alles nicht hier hin. Ich habe versucht, Medikamente und ärztliche Hilfe zu bekommen, gab es nicht für mich. Dafür wirkte ich wohl zu professionell freundlich und gefaßt.
Ein paarmal hat die Dunkelheit noch nach mir gegriffen und es ist meist im Winter passiert, also handelt es sich offenbar um eine klassische sogenannte Winterdepression. Ich mache ein bisschen Sport und gehe alle paar Wochen ein paar Minuten ins Solarium, dazu gönne ich mir fast jeden Tag zur Mittagszeit, wenn es richtig hell ist, einen kleinen Spaziergang. Das klingt jetzt wahrscheinlich alles sehr banal, aber mir hat es soweit geholfen, dass ich jetzt den zweiten Winter keine derartigen Beschwerden habe. Ich komme bestens aus dem Bett, brauche nicht übermäßig Schlaf (so fing es immer an bei mir) und kann die unendlichen Grübeleien, wenn sie anfangen, von mir aus stoppen.
Ich will das nicht als Allheilmittel anpreisen, aber diese Methoden haben wenig bis gar keine Nebenwirkungen. Vielleicht kann es Deine medikamentöse Therapie unterstützen.
Arbeit ... ohje, das kenne ich selbst.
Als SozPäd hast Du aber doch viele Möglichkeiten zu arbeiten, vielleicht auch in der Erwachsenenbildung? Du musst ja nicht unbedingt an die Front.
Je nachdem, in welchen Bereichen Du im Außendienst gearbeitet hast, kannst Du vielleicht mit Deiner Erfahrung im Innendienst wertvolle Hilfe bei realistischer Koordination sein?
Aber bevor ich da im Trüben stochere, was würdest DU denn gerne tun?
Das war jetzt mein kleiner Beitrag. Glaub mir, ich kann so gut nachfühlen, wie es in Dir aussieht. Vielleicht kannst Du zumindest Deinen Partner zu einem Verbündeten machen, statt ihn nur als Opfer zu sehen? Zu zweit in die Dunkelheit zu leuchten macht es ein Stückchen leichter.
Lieber Gruß
Paula