Guten Tag liebe Menschen im Forum
Ich möchte mich mitteilen hier, weil mir das gut tut, wenn ich mich mitteile. Ich war mir die letzten Tage oder Wochen sehr sicher, dass ich gehen will, einfach weil ich keine Lust habe und mir eingestehen musste, dass die Angst vom Tod, das wohl unbegründetste Angst überhaupt ist. Noch unbegründeter als etwa die Angst vor Spinnen. Ich hab mich dann sozial isoliert, weil es mir unmöglich war, mit jemandem zu sprechen oder die Wohnung zu verlassen. Ich hatte Angst vor allem. Alles ist so gross und böse und wüst und gewalttätig. Schon nur der Gedanke an Gesellschaft und all das hat mich ganz wirr gemacht. Die Unmöglichkeit sozialer oder systemischer Interaktion irgendwie. Und wie gesagt, ich war mir sehr sicher es zu tun und hab mir Chloroform bestellt (was ja anscheinend doch nicht klappen soll) und getestet, wie es ist, unter einer Tüte (Man fängt an schneller zu atmen und bekommt zunehmend weniger Luft, es wird Adrenalin ausgeschüttet und das Bewusstsein konzentriert sich auf einen Punkt, als würde sich die zerstreute Matschbirne plötzlich fokussieren können! Es fühlt sich an wie ein "zusammenziehen" Und ja, dann hat man Panik und irgendwann zieht man die blöde Tüte weg. Es ist zwar wirklich schlimm und wüst, aber an sich "schlimm" ist es eben doch nicht. Es ist notwendig, um zu sterben. Autofahren oder mit dem Flugzeug abheben ist auch nicht viel angenehmer und eben doch notwendig, um von A nach B zu kommen. Und da die Angst vor dem Tod eben sehr unbegründet ist... naja) Irgendwann musste ich feststellen, dass es mir sehr gut geht, dass ich an sich mit meiner Existenz keine Probleme habe. Die Probleme kommen nur, wenn ich an den Rest der Welt denke, wenn ich daran denke, dass ich doch ein Theaterstück schreiben möchte und es nicht schaffe, dass ich einen Job finden muss, Essen und Miete bezahlen etc. dass wieder die ganzen "konkreten Aufgabestellungen" kommen werden. Aber mit mir selbst....
Und dann: ein «Ach-unzulässiges Wort-doch-drauf-Erlebnissmoment» Das geht in beide Richtungen. Dieses Mal wieder in die andere: unzulässiges Wort doch auf den Tod. Die Angst vor dem Leben ist in keiner Weise berechtigt. Dann wird alles sehr, sehr klein, die grossen, bösen Dinge, sie sind so lachhaft klein, die Angst vor den Menschen und überhaupt wird ganz klein. Die Menschen! So klein und jämmerlich, dass es niedlich, ja liebenswert wird, die ganze Emotionalität und die Träume und die Ängste und Pläne etc. Die Emotionen werden ganz klein, man fühlt zwar noch, durchaus, aber irgendwie nicht überfordernd, es einfach da und weiter nichts, als wäre nichts dabei. Abstumpfung auf eine wache, bewusste Art, nicht im Sinne von einer dicken Haut oder so.
Und dann denke ich wieder, warum sich nicht hineinstürzen, sich unzulässiges Wort lassen und auch mal unzulässiges Wort und lachen und weinen und grunzen, sich verbrüdern und verfeinden und all das. Es ist doch nur die Existenz! Es sind nur Nervenbahnen, Botenstoffen, ein Tanz um Nichts und wieder Nichts. Es ist nur(!!!) das Leben!
Und eigentlich weiss man ja doch: Wenn man jetzt wieder anfängt, die Objektivität wieder verliert, wieder "ganz in/bei sich" ist, wird alles wieder gross, gross und böse und hässlich gewalttätig und kaputt, dann ist da wieder die betonverliebte Welt und ihr tragisches Gewimmel aus brennenden Augen, geschwollenen Kniegelenke, wunden ?, gebürsteten Haaren, verpickelten Dekolletés, ausgestellten Menschen, die hässlich sind und ihren geplatzten Träumen hinterherjagen und glauben, sie schaffen es eines Tages und selbst nicht wissen, wem oder was sie da hinterherjagen, die Enttäuschungen und die unmöglichen Sehnsüchte, die verlogenen Weisheiten und elenden, immergleichen Lieder: You can get it if you really want! Und man saugt wie ein Esel an der noch so verdorrtesten Brust und saugt sich voll mit den schönen Sätzen und der falschen Grösse und fremden Wichtigkeit und steckt dann wieder in den dümmsten Emotionen fest und ist überfordert und überfordert und fängt wieder an mit Narzissmus und Selbstmitleid und ist blockiert und dreht sich im Kreis und im Kreis und im Kreis und verbrennt wie ein Büschel Haar im Strohfeuer und wundert sich noch über den Gestank.
... aber es ist schon zu spät, wie die Motte ins Licht fliegt man wieder ins Leben. Fliegt hinein um sich die durchsichtigen Flügel zu verkohlen und wieder abzustürzen und am Boden zu Zappeln und irgendetwas von Sehnsucht und Unmöglichkeit zu schwafeln und von Hoffnung und Angst und Chloroform und man lebt wieder weiter, wie ferngesteuert, wartet und wartet, auf das Morgen und das Dann und das Überhaupt, gibt Gegenwart für eine inexistente Vergangenheit oder eine fiktive Zukunft auf und tut, als wäre da vorne irgendetwas, wo man ankommen könnte, als wäre da nicht einfach das weisse oder hellblaue Nichts oder die graue Wand aus Beton. Und man lacht bestenfalls wieder über sich selbst und seine Infantilität und sagt eben trotzdem unzulässiges Wort: Mir fällt zu all dem nichts mehr ein.
Jedenfalls hab ich auch so einen «An die, die noch da sind»-Text geschrieben, den hab ich vorher auch jemandem vorgelesen und das heisst also, dass ich es jetzt wirklich nicht tun werde. Wobei man ich das fast wieder bereuen möchte.
Ich weiss nicht, warum ich das hier reinposten möchte, aber ich möchte es einfach. Ist halt der elende Narzissmus, das Mitteilungsbedürfnis oder was.
also:
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Die Welt kann aufgrund ihrer (momentanen?) Situation nicht zulassen, dass wir das sein können, was wir in Wirklichkeit sind (zu sein glauben, sein wollen, zu sein wollen glauben usw.) Wir selbst können wiederum nicht zulassen, dass wir die Rolle annehmen, die uns die Welt zuteilt.
Das mag sich wie eine Zwickmühle anfühlen, muss es aber nicht sein.
Erstens: Wir können uns anpassen, Kompromisse eingehen, metaphorisch töten, was wir sind, damit wir (irgendwann ohne allzugrosse Schmerzen) sein können, was die Welt uns zutraut. Dann sind wir nur nicht mehr uns. Dann sind wir angepasste Ware, die nichts mehr mit der ursprünglichen Idee unserer Menschenexistenz zu tun hat.
Zweitens: Wir können es der Welt verbieten, aus uns etwas zu machen, das wir nicht sind (niemals wirklich sein können), sprichwörtlich töten, was wir, seit es uns als Menschen gibt, sind.
Andere Lösungen gibt es nicht. Als Mensch kommt niemand um Kompromisse herum. Es ist eine Frage nach Sein oder Nichtsein. Wer Mensch sein will, muss akzeptieren, dass er nicht sich selbst sein kann. Wer den Freitod wählt, muss akzeptieren, dass er kein Mensch mehr ist. Ein bisschen Zwickmühle vielleicht schon.
Wenn man sich bewusst dafür entscheidet, sich zu verraten, das zu verleugnen und zu verkaufen, was man im Innersten ist, damit einem nach Möglichkeit irdisches Glück widerfährt, muss das gar nicht unbedingt fies sein. Wie viele Menschen haben nicht schon vor uns ihre Träume aufgegeben, wie viele haben sich nicht verraten! Es sind Milliarden hoch Milliarden. Und sie waren – zumindest teil- und zeitweise – irgendwo doch noch glücklich, haben noch Bücher geschrieben und Sinn erfahren, sich ausgelebt, mit hübschen Mädchen geschlafen und sich die Welt angesehen usw. Es hat zweifelsfrei Fälle gegeben, wo sich der Verrat gelohnt hat.
Es ist mir bewusst, dass mein Leben nicht unbedingt eine Qual werden muss, dass das Glück mich finden wird und vielleicht Anerkennung und Liebe und all das. Aber mich wirklich auszuleben, mich zu erkennen und an-zu-erkennen, kompromisslos, der zu sein, der ich bin, wird mir verwehrt bleiben – und für mich wäre das der einzig denkbare Grund, am Leben zu bleiben. Alles andere kommt mir wie Kreisdrehen vor, wie ewiges, unerträgliches Erfahren des Immergleichen.
Auch wenn ich von einem Optimum ausgehe, was mein zukünftiges Leben betrifft, sogar dann. Was ist damit gewonnen? Ich kann was ausleben? Mich selbst? Diese zufällige Anhäufung von Informationen aus vielleicht Erbgut und Erlebnissen und Büchern und Gesprächen und Botenstoffen etc; die sich in ein unübersichtliches Wirrnis von sich gegenseitig ablehnenden, bekriegenden und widersprechenden Meinungen und Ansichten, Ängsten, Überzeugungen, Hoffnungen, Eigenschaften und Charakterzügen etc. verwandelt haben? Das soll dann ich sein? Ich soll glauben, dass ICH das bin? Das ist lachhaft. Der Glaube oder die Vorstellung, das der Mensch zu so etwas wie "Persönlichkeit" oder "Charakter" kommen kann, ist an sich lachhaft. Menschen haben nur eine Eigenschaft: Sie sind leer; leeres Gefäss, das allen möglichen Blödsinn aufzunehmen bereit ist, und kaum ist etwas im Gefäss, glaubt es: Das bin ich. So bin ich. Menschen haben nicht an sich eine Persönlichkeit. Das ist ein grober Irrtum und eine Lüge. Was wir als Persönlichkeit oder Charakter bezeichnen, wird uns in keiner Weise gerecht und überfordert uns dennoch – oder gerade deswegen – ohne Unterbruch. Bei manchen vielleicht mehr und bei manchen weniger. Grundsätzlich aber immer, es sei denn, man ist ein totaler Holzkopf.
Ich bin nicht verrückt. Mir ist bewusst, dass ich ein spezifischer Mensch mit Eigenheiten und Eigenschaften und Neigungen usw. Bin, jedoch komme ich nicht dazu, mich damit zu identifizieren, auch wenn gerade sie vermutlich der Grund sind, warum ich jetzt so denke oder handle.
Ich sehe wenig Grund, weiterhin "das Leben zu machen". Keinen Grund mehr tapfer zu sein, zu kämpfen, durchzuhalten, zu versuchen. Erstens, weil ich an einen Punkt gekommen bin, wo ich einsehen muss, dass das gar nicht so einfach ist, dass immer wieder etwas kommt, dass einem niederstreckt und überfordert, dass die anspruchslosesten Träume nicht zu verwirklichen sind, mit den allergrössten Anstrengungen nicht, und zweitens – vorallem zweitens – weil es kein ICH gibt, wofür es sich zu kämpfen lohnte. Alles nur Narzissmus und Zufall.
Ich weiss, dass es zwei Menschen gibt, für die mein Nichtvorhandensein wirklich sehr schmerzvoll ist und die meinen Entschluss zwar nicht überraschen wird, es aber doch nicht wirklich verstehen möchten. Irgendwie tut es mir leid, dass ich einfach so aussteige. Aber schlimm wäre es für sie wohl auch, wenn ich in vierzig oder fünfzig Jahren sterbe. Also wäre es ja doch dumm, es aus einem (auf Narzissmus begründetem) Mitleid heraus nicht zu tun. Auch mit mir wäre das schliesslich nichts geworden!
Mit diesem Text möchte ich sicherstellen, dass ich nicht missverstanden werde, mit meiner "Tat", ich bin nicht verzweifelt. Aber ich will es auch nicht werden. Meine Selbsttötung sehe ich als Prophylaxe für viele Dinge, die mir schon seit ich denken kann, tagtäglich drohen und die ich auch schon oft genug zu spüren bekam. Ich gehe – aber ich gehe nicht kriechend, nicht verbittert, nicht geknickt und nicht gebrochen. Ich gehe – und das ist alles. Einfach so. So banal und harmlos ist das.
Und ja, seltsam. Da hat man plötzlich so ein Leben, weiss gar nicht wie es dazu kommt oder was vorher war, und dann lebt man einige Jahre und denkt, das ist also die Existenz und irgendwann beschliesst man, wieder zu gehen. Einfach so. Weil es einem nicht wirklich entspricht, weil man genug von all den Anstrengungen und Emotionen und Kämpfen und Zuständen hat. Weil man nicht mehr kann und nicht mehr will. Und weil man nicht wollen kann. Und ja, tragisch, mag sein. Aber irgendwann ist auch gut. Es ist mein Recht zu sterben, wann ich will.
Ich wünsche euch eine schöne Zeit. Wirklich. Lebt, oder lasst es bleiben.
Bis bald.
XXXX
ps. kein Begräbnis, kein Grabstein, keine Zeremonie. Körper nicht der Wissenschaft zur Verfügung stellen. Sollte es schief gehen: keine Lebensverlängenden -erhaltenden Massnahmen. Und sollte es so schief gehen, dass ich einen Hirnschaden habe, verlange ich, dass jemand von Dignitas eingeschaltet wird, der vor Gericht mein Recht auf Sterbehilfe durchsetzt.
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Ja, das wars eigentlich. Und gerade weiss ich auch nicht. Ich bin total leer, leeres Gefäss eben, aber leider so geformt, dass nur noch bestimmte Sachen hineinpassen werden. Ich werde mich noch so lange zurückziehen, bis ich wirklich genug Wille habe, da raus zu gehen um unzulässiges Wort zu fressen und mir Chloroform beschaffen, damit es das nächste Mal schneller geht. Ich gebe ehrlich zu, dass mein Leben von aussen betrachtet nicht unbedingt schlimm sein muss. Ich finde es schön, dass hier (von den meisten jedenfalls) keine Bedingungen an den Wunsch zu sterben gestellt werden
Danke fürs lesen!!!
Danke
CC
mich mitteilen und vorstellen
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Ich sehe das auch eher pessimistisch.
Da kommt mir eine Stelle aus Zündels Abgang von Markus Werner in den Sinn. Ein sehr gutes, schönes Buch
Es ist übrigens nicht religiös oder so, auch wenn hier gerade von Maria geredet wird. Kann es sehr empfehlen..
Da kommt mir eine Stelle aus Zündels Abgang von Markus Werner in den Sinn. Ein sehr gutes, schönes Buch
Es ist übrigens nicht religiös oder so, auch wenn hier gerade von Maria geredet wird. Kann es sehr empfehlen..
CCEs gehört zur Strategie der Niedertracht, die Betrübten soweit zu bringen, dass sie für ihr Unglück die Beschaffenheit ihrer Haut verantwortlich machen und statt der Welt sich selber verfluchen. Sie sollen sich begreifen lernen als Jammertanten, und sie sollen sich ihrer Traurigkeit schämen. Aussterben sollen sie, damit die Wölfe endlich unter sich sind. Wenn aber die Traurigen sterben, stirbt nicht nur Maria die Trösterin, sondern es strirbt auch das Gespür für das Falsche. Wenn die Kranken folgsam verenden, verscharrt man auch die Todesursachen. Wenn die Leidenden untergehen, die Schwächeren sich zurückziehen, die Verrückten eingelocht sind, dann ist die Welt im Lot, dann herrscht das Positive, dann hört man nur noch das dröhnende und pausbackige Hallelija der Tauglichen
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Re: mich mitteilen und vorstellen
Hallo Kotton Krown,
du hast in beeindruckender Weise geschildert, was du für einen Standpunkt hast. Lass mich dir einzigst an folgender Stelle widersprechen:
...doch mein Lob hast du dir damit verdient!
Grüße!
du hast in beeindruckender Weise geschildert, was du für einen Standpunkt hast. Lass mich dir einzigst an folgender Stelle widersprechen:
Das ist ein gutes Stichwort - aber es ist der Idealismus von Leuten wie dir und mir, der uns treibt (hier zu posten) um etwas zu zerstören, das im Grunde eigentlich schon kaputt ist: Die Heile-Welt-Lüge! Wir protestieren wie Überzeugungstäter. "Narzissmus" ist eine Verunglimpfung dafür! Anerkennung oder Widerspruch - das ist uns egal. Das ist für uns weder anspornend noch demotivierend. Meiner Meinung nach, schreibt man um den Kopf freizukriegen. Ob jemand mitliest oder nicht ist fast egal; dies geht wiederum über Mitteilungsbedürfnis hinaus.Kotton Krown hat geschrieben:Ich weiss nicht, warum ich das hier reinposten möchte, aber ich möchte es einfach. Ist halt der elende Narzissmus, das Mitteilungsbedürfnis oder was.
...doch mein Lob hast du dir damit verdient!
Grüße!