Dann mal...

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saturnin
Beiträge: 14
Registriert: Mittwoch 16. Dezember 2009, 04:29

Dann mal...

Beitrag von saturnin »

...zu mir.
Ich lese jetzt schon seit einigen Wochen eher unregelmäßig mit und möchte daher mich, mein Leben und meine Situation hier nun einmal kurz vorstellen:

Ich bin knapp über 20 und habe eine degenerative (fortschreitende) Erbkrankheit, in deren Verlauf sich sozusagen mein Bewegungsradius immer weiter einschränkt und an der ich wohl auch eines ("leider") noch recht fernen Tages so oder so sterben werde. Etwa seit meinem 14. Lebensjahr bin ich an den Rollstuhl gebunden. Konkret suizidale Gedanken treiben mich mal mehr, mal weniger intensiv seit circa 10, vielleicht auch erst seit 9 Jahren um. Bisher habe ich allerdings noch keinen Versuch in dieser Hinsicht gestartet, weil der Suizid all die Jahre quasi mein "Plan B" geblieben ist, im Sinne einer im Hintergrund und immer zur Verfügung stehenden "exit strategy". Also zu sagen, ich sei seit meinen frühpubertären Zeiten depressiv oder gar suizidal gewesen, ginge vielleicht etwas zu weit. Genau weiß das allerdings auch niemand, da ich in meinem Leben bisher erst ein einziges Mal bei einem Psychologen gewesen bin - will sagen, eine "Sitzung" a 45 oder 60 Minuten. Ist auch schon länger her; es war ein Kinder- und Jugendpsychologe. Soweit ich mich erinnern kann, hat dieser Psychologe "nichts Ernsthaftes" diagnostizieren wollen oder können.
Wie auch immer, meine Pubertät verlief einigermaßen typisch unschön: kaum Freunde, keine Freundin, wenig Freude insgesamt. Aber auch keine Katastrophen. Ich hab’ irgendwann sogar Abitur gemacht, ein Stipendium eingesackt und angefangen, zu studieren. Da sind wir auch schon fast in der Jetzt-Zeit angekommen; da haben die Probleme erst "richtig" angefangen: Stipendium weg (Trägheit), Motivation weg (Stipendium), Studium weg (Motivation). Innerhalb des vergangenen Jahres hat sich wegen all dem so ganz nebenbei zum altbekannten, längst schon vertrauten und irgendwie liebgewonnenen Weltschmerz-Selbstmitleid-Minderwertigkeits-Komplex eine wahrscheinlich ziemlich ausgewachsene Depression hinzugesellt. Denk ich mal. War nämlich immer noch nicht beim Psycho-Doktor. Das familiäre und betreuerische Umfeld und die wenigen (in Worten: eindreiviertel) Freunde unterstützen mich im Grunde von oben bis unten und soweit den jeweiligen Personen das möglich ist, Geldsorgen habe ich ebenfalls (noch) keine (Stipendium, bin zwar dumm und träge, aber sparsam...), allerdings hat natürlich niemand in meinem näheren oder weiteren Umfeld - es sei denn, man legt "weit" sehr weit aus - eine Ahnung, wie ich momentan wirklich ticke. Nämlich wie meine ganz persönliche Zeitschaltuhr.

"Und sonst so?"

Tja, ich schreibe dumme Lyrik & Prosa, öffne keine Briefe mehr, gehe eher selten ans Telefon, war seit etwa einer Woche nicht mehr draußen, verbringe 90% meiner wachen Zeit an Rechner oder Glotze und 10% davon betrunken, schlafe absolut unregelmäßig sowie meistens tagsüber, verhalte mich also ganz allgemein unproduktiv-parasitär, schwerst soziophob und bin auf der Suche nach einer Methode, mit der sich effektiv Gelähmte ohne viel Aufhebens und größtenteils schmerzlos abmurksen können.



PS: Und jetzt geht’s ins Bett...
trulla

Beitrag von trulla »

Chloroform und Tüte waren die Mittel des Users RollOn, der im Rollstuhl saß.
Thorsten3210
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Beitrag von Thorsten3210 »

Ist schon ein ziemlich einsames Leben, was Du da führst. Trotzdem scheint mir, dass Du VOR der Depression einigermaßen damit zurecht gekommen bist ? Wohnst Du bei deinen Eltern? Vielleicht solltest Du noch einen letzten Versuch starten, die Depression loszuwerden, ehe Du die "Letzte aller Möglichkeiten" wahrnimmts ? Die Situation (Rollstuhl, keine Arbeit, Einsamkeit) wird kaum einer ändern können, aber den UMGANG damit.
Achilles
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Einige Gedanken

Beitrag von Achilles »

Das ist ja wirklich eine dramatische und traurige Situation.

Mein Rat:

Geh zum "Psychodoktor" und lass dir etwas verschreiben dass dir den ganzen Schmerz ein wenig erleichtert und dich ein wenig auf Vordermann bringt. Wozu unnoetig leiden, es werden bei schmerzvollen Krankheiten sofort Analgetika verwendet, aber wenn die Psyche leidet oder erkrankt ist meint man immer es durchstehen zu muessen, warum eigentlich?

Mir ging es vor einiger Zeit aehnlich, habe mich dann doch ueberreden lassen, zumindest mal "hinzugehen" und nach einigen Medis die nix gebracht haben hat mich dann eines sofort aus dem Tief geholt. In meinem Fall war es das Venlafaxin (Trevilor), meine Depri war wie weggeblasen, ich konnte es gar nicht glauben. Also mach doch einfach das gleiche, es kann doch eigentlich nur besser werden!

Dann zu Plan B:

Dignitas wurde wegen aussichtslosen Faellen wie deinem doch ins Leben gerufen. Du solltest auf jeden Fall mit Ihnen Kontakt aufnehmen, dich als Mitglied eintragen, und was sonst noch erforderlich ist.

Auch wenn du vielleicht im Moment nicht weisst wie du das finanzieren, bzw. da hinkommen sollst...es findet sich meisst doch eine Loesung und in besonders schweren Faellen werden manchmal auch alternative Wege gefunden was die Kostendeckung angeht. Ausserdem handelt es ja um einen Plan B, der in Kraft treten soll wenn es irgendwann einfach nicht mehr geht. Dann hast du aber keine Kraft/Moeglichkeiten mehr, diese Gespraeche ueberhaupt noch einzuleiten und bist auf 'Selbstversuche" angewiesen. Und wenn du jetzt die noetigen Schritte einleitest, wird sich das sicher auf beruhigend auf dich auswirken, da die Sache (so langsam es scheinen mag) in Gang gesetzt wird und die Hoffnung auf einen wuerdevollen Abschied steigt.


Lass dir das mal durch den Kopf gehen, alles Gute von mir!
Kai
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Registriert: Sonntag 26. Juli 2009, 07:08

Re: Einige Gedanken

Beitrag von Kai »

Achilles hat geschrieben: In meinem Fall war es das Venlafaxin (Trevilor), meine Depri war wie weggeblasen, ich konnte es gar nicht glauben. Also mach doch einfach das gleiche, es kann doch eigentlich nur besser werden!
Seltsam ...

Jahrelang las ich über dieses Trevilor eigentlich nur Horrorberichte, insbesondere was die Absetzprobleme betrifft, die fast einem Drogenentzug gleichkommen sollen (ich selbst habe das Zeug glücklicherweise nie genommen und habe es auch nicht vor).

Unabhängig von diesem Beitrag stoße ich in letzter Zeit auf auffallend viele Lobeshymnen. Sollte das Medikament in letzter Zeit wirklich so verbessert worden sein? Oder wird da vielleicht gezielt etwas PR betrieben ... ?
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