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Psychiater verklagen?

Verfasst: Montag 10. August 2009, 19:46
von Celinde
Hallo zusammen, ich habe heute einmal eine etwas andere Frage an euch, zu einer Geschichte, die mir passiert ist. Ich muss etwas weiter ausholen.
Vor einiger Zeit war ich mal wieder in einem absoluten Tief. Ich hatte so schlimme Angstzustände, dass ich nicht mehr alleine in einer Wohnung bleiben konnte und bei einer Freundin gewohnt habe. Zu diesem Zeitpunkt nahm ich Kontakt zu einem Psychiater auf. Bei unserem 2. oder 3. Kontakt fragte er mich, ob ich mir vorstellen könnte, alleine in einem Zimmer zu wohnen, wenn nebenan eine alte Dame von einem Pflegedienst versorgt würde. Tagsüber wäre also immer jemand da, nachts wäre nur die alte Dame da, die in ihrem Bett im Zimmer nebenan läge. Ich verneinte dies und erklärte, es mir nicht vorstellen zu können, so dass er seinen Vorschlag gar nicht weiter erläuterte. Naja, dann ging es mir so schlecht, dass ich die Ehre hatte, sechs Monate Psychiatrieaufenthalt zu genießen. Während dieser Zeit hatte ich keinen Kontakt zu dem Psychiater, den nahm ich erst nach der Entlassung wieder auf. Zu diesem Zeitpunkt wohnte ich bei einer Mitpatientin - meine Angstzustände waren nicht mehr so schlimm, aber noch immer vorhanden. Der Psychiater wiederholte sein Angebot - dieses Mal zeigte ich Interesse, so dass er es näher erklärte. Die alte Dame war demenzkrank und seine Mutter. Das Zimmer, das er mir versprochen hatte, war in seinem Haus, in dem er selber auch wohnte. Er machte mir die Zusage, mir eine Wohnung, die ihm ebenfalls gehörte und die zwei Häuser weiter lag, zum Nebenkostenpreis zu vermieten, wenn ich mich entsprechend ans alleine wohnen gewöhnt hatte. Er betonte, dass sein Angebot selbstlos sei um mir zu helfen und an keine Bedingungen geknüpft. Ich ging darauf ein und zog in sein Haus. Selbstverständlich war der Anfang und die Gewöhnung an einen neuen Stadtteil, eine neue Umgebung, ein neues Zimmer sehr schwierig und stressgeladen für mich. Ich ging Abends zu der Mutter des Psychaiters um die Windel zu wechseln und half tagsüber gelegentlich bei Kleinigkeiten in der Pflege - freiwillig. Die Wohnung die der Psychiater mir versprochen hatte, hatte er inzwischen an jemand anders vermietet; die alte Dame starb nach kurzer Zeit. Sie lag noch im Totenbett, da suchte der Psychiater ein Gespräch mit mir und verlangte von mir, mir innerhalb von 14 (!) Tagen eine neue Wohnung zu suchen, mit dem Zusatz: "Sie sind das Wandern ja gewohnt". Fazit: Das ? hat mich belogen, es hat seine Grenzen als Arzt überschritten, ich habe etwa zwei Monate da gewohnt und musste, als ich dort einigermaßen angstfrei zurechtkam, wieder umziehen. Wobei er immer betont hatte, dass mein Aufenthalt nicht an die Pflege seiner Mutter gebunden sei - dies war auch eine Lüge, im Prinzip hat er mich ausgenutzt und mich rausgeschmissen, als ich nicht mehr von Nutzen war.
Hätte eine Klage eurer Meinung nach Erfolg? Ich kann nachweisen, dass ich da gewohnt habe, aber nicht die einzelnen Worte, die er zu mir gesagt hat. Mir fehlt eigentlich die Kraft für so etwas, aber meine Wut verringert sich nicht.
Herr Minelli, ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie vielleicht eine kurze Stellungnahme abgeben könnten. Vielen Dank schon mal.

Gruß
Celinde

Re: Psychiater verklagen?

Verfasst: Montag 10. August 2009, 20:37
von justice
Celinde hat geschrieben:
Die alte Dame war demenzkrank und seine Mutter. Das Zimmer, das er mir versprochen hatte, war in seinem Haus, in dem er selber auch wohnte. Er machte mir die Zusage, mir eine Wohnung, die ihm ebenfalls gehörte und die zwei Häuser weiter lag, zum Nebenkostenpreis zu vermieten, wenn ich mich entsprechend ans alleine wohnen gewöhnt hatte. Er betonte, dass sein Angebot selbstlos sei um mir zu helfen und an keine Bedingungen geknüpft. Ich ging darauf ein und zog in sein Haus.
(...)
Ich ging Abends zu der Mutter des Psychaiters um die Windel zu wechseln und half tagsüber gelegentlich bei Kleinigkeiten in der Pflege - freiwillig.
Ich antworte einfach mal ungefragt: So leid es mir tut, ich sehe hier keinerlei Ansatz für eine Klage. Es wurde "selbstlos" ein Zimmer zur Verfügung gestellt, und du hast dann "freiwillig" bei der Pflege geholfen. Das ist nicht mal ein so ganz ungewöhnlicher Deal. Selbstlos war es natürlich nicht von dem Herrn Psychiater, aber andererseits hat er gegen keine Pflichten verstoßen. Insbesondere kann er leider sein Angebot des Zimmers wieder zurückziehen, und auch die angebotene Wohnung muss er nicht an dich vermieten, wenn es da keinen Vertrag gibt.

Verfasst: Montag 10. August 2009, 21:47
von Celinde
Hallo Justice,

danke für deine Antwort, natürlich kommt sie nicht ungefragt, sonst hätte ich diesen Beitrag nicht erstellt. Ich möchte wissen, wie es sich für einen neutralen Zuhörer anhört.
Ich habe natürlich von deiner Situation gelesen und kann mir vorstellen, dass dir dieses Thema nicht behagt.

Ich weiß nicht, ob private Kontakte inklusive Vertrauensmissbrauch zwischen Psychiater und Patient nur unschön oder strafbar sind. Zumindest war ich damals in einer denkbar schlechten psychischen Verfassung und das Verhalten des Arztes hat meinen Zustand verschlimmert. Natürlich kann ich keine mündliche Zusage einklagen, aber vielleicht eine Klage auf Vertrauensmissbrauch, denn als Psychiater hat er versagt, seine Grenzen überschritten und mir geschadet und meine weitere Therapie erschwert.

Verfasst: Dienstag 11. August 2009, 01:27
von DarkKnight
Hallo Celinde,

erstmal, alleine aufgrund einer subjektiven Geschichte sich eine Meinung zu bilden ist schwer. Aber die Frage die sich mir stellt - worauf willst du ihn verklagen? Was erhoffst du dir?

Es wird auf jeden Fall noch mehr Stress auf dich zukommen, dessen musst du dir bewusst sein. Aber wenn du das wirklich durchziehen willst - dann such dir eine Rechtsanwalt der dich berät und dir hilft.
Klar ist diese Geschichte nicht koscher - aber die Frage - was willst du? - bleibt bestehen.

Verfasst: Dienstag 11. August 2009, 01:48
von tamquam
Schliesse mich der Meinung von Darknight an.

Such dir einen neuen Psychologen/Psychiater und hinterfrage mal,
wieso Du auf ein so mysteröses Angebot eingegangen bist.
Hinterfrage, wieso du die Warnzeichen ausser acht liessest!
Du warst ja eigentlich von anfang an skeptisch.
Trotzdem hast Du dich eingelassen auf etwas, das nicht konform ist
mit dem Beruf eines Psychiaters.
Warum tatest Du das?
Lass dich therapieren dahingehend, dass dir das kein zweites Mal passiert.

Verfasst: Dienstag 11. August 2009, 02:09
von Herzblatt
Hallo Celinde, ich denke auch, dass man aus Fehlern lernen und möglichst nach vorne schauen sollte. Es gehören immer zwei Personen zu einer Abmachung. Gut, er hat dich ausgenutzt und dein Vertrauen missbraucht. Aber du solltest dich fragen ob sich der Aufwand lohnt irgendwelche Forderungen zu stellen oder ob du diese Energie nicht besser für dein Wohlbefinden einsetzen kannst.

Verfasst: Dienstag 11. August 2009, 08:29
von Celinde
Danke für eure Antworten, ihr habt recht, ich habe wohl keine Chance und wäre wohl auch psychisch nicht in der Lage das durchzuziehen.
Es ist nur unglaublich frustrierend das Menschen, die professionell helfen sollen ebenso verlogen sind wie der Großteil der restlichen Welt und die Situation des psychisch Kranken ausnutzen.

Da kann man nur sagen Goodbye
Kämpfen lohnt sich nie

Verfasst: Dienstag 11. August 2009, 09:49
von justice
Celinde hat geschrieben:
Ich weiß nicht, ob private Kontakte inklusive Vertrauensmissbrauch zwischen Psychiater und Patient nur unschön oder strafbar sind. Zumindest war ich damals in einer denkbar schlechten psychischen Verfassung und das Verhalten des Arztes hat meinen Zustand verschlimmert. Natürlich kann ich keine mündliche Zusage einklagen, aber vielleicht eine Klage auf Vertrauensmissbrauch, denn als Psychiater hat er versagt, seine Grenzen überschritten und mir geschadet und meine weitere Therapie erschwert.
Der einschlägige Strafrechtsparagraph lautet:
§ 174c Sexueller Mißbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses
(1) Wer sexuelle Handlungen an einer Person, die ihm wegen einer geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung einschließlich einer Suchtkrankheit oder wegen einer körperlichen Krankheit oder Behinderung zur Beratung, Behandlung oder Betreuung anvertraut ist, unter Mißbrauch des Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer Person, die ihm zur psychotherapeutischen Behandlung anvertraut ist, unter Mißbrauch des Behandlungsverhältnisses vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt.
(3) Der Versuch ist strafbar.


Mir scheint aber, deinem Psychiater ging es nicht um sexuellen Missbrauch, sondern er hat dich als billige Pflegekraft missbraucht. Sobald seine Mutter dann tot war, hat er dich rausgeschmissen. Das spricht gegen sexuellen Missbrauch (der es wohl auch nicht war).

Dass man so nicht mit einem Menschen umgeht, der zudem noch Patient ist, ist eine andere Sache. Es ist aber äußerst schwer, ihm hier etwas anzuhängen.

Zur Klarstellung: Einem Psychiater / Psychotherapeuten ist es während eines bestehenden Therapieverhältnisses und 6 Monate danach streng untersagt, eine intime Beziehung mit einer Patientin einzugehen. Wenn es also das ist (ich habe es nicht so verstanden) dann kann man dagegen natürlich vorgehen.

Verfasst: Dienstag 11. August 2009, 10:53
von Herzblatt
Celinde hat geschrieben:Es ist nur unglaublich frustrierend das Menschen, die professionell helfen sollen ebenso verlogen sind wie der Großteil der restlichen Welt und die Situation des psychisch Kranken ausnutzen.

Da kann man nur sagen Goodbye
Kämpfen lohnt sich nie
Skrupellose Personen gibt es quer durch alle Berufe, auch bei denen die sich eigentlich um unser Wohl kümmern sollten. Blindes Vertrauen ist halt immer ein Fehler, den wir vor allem dann oft machen wenn wir Hilfe bitter nötig haben.

Verfasst: Donnerstag 13. August 2009, 03:30
von zombie
Celinde hat geschrieben: Kämpfen lohnt sich nie
Außer sag niemals nie, kommt es einfach darauf an, welchen Lohn man für seinen "Kampf" erwartet[/b]

aufgeben gilt nicht

Verfasst: Donnerstag 13. August 2009, 10:29
von pida
zombie hat geschrieben:
Celinde hat geschrieben: Kämpfen lohnt sich nie
Außer sag niemals nie, kommt es einfach darauf an, welchen Lohn man für seinen "Kampf" erwartet[/b]
hej zusammen,


kaempfen loht sich immer - das ist der grund , warum ich HIER bin !

schoen' tach, pida

Verfasst: Donnerstag 13. August 2009, 13:41
von zuizid
Kämpfen lohnt sich immer? Kämpfen lohnt sich nie?

Strategisch gesehen lohnt kämpfen immer genau dann, wenn der Aufwand dem Nutzen entspricht ;)