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Hartz IV

Verfasst: Mittwoch 5. August 2009, 18:00
von justice
Ich mach den Thread hier neu auf, obwohl er eigentlich nicht direkt etwas mit Suizid zu tun hat. Und immer mehr Menschen sind davon betroffen und werden auch durch Vereinsamung und Armut in den Suizid getrieben.

Es gibt aber auch Hilfen, auch einige gute und spezielle Foren.

Jarrestadt ist besonders betroffen, weil er regelmäßig teure Medikamente braucht. Auch andere kämpfen mit diesem Problem. Aber hier lässt sich mit den Krankenkassen verhandeln - es gibt sogar einen Rechtsanspruch auf Befreiung.

Dabei spielt es keine Rolle, ob das Medikament nun rezeptpflichtig ist oder frei verkäuflich. Wichtig ist nur, dass das Medikament notwendig ist und zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehört. Es gibt leider auch Medikamente, die auf keinen Fall zu Lasten der GKV verordnet werden dürfen.

http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenue ... en9833.php

Jeder kann sich bei seiner Krankenkasse von weiteren Zuzahlungen (§ 61 SGB V) zu Medikamenten, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhauskosten etc. befreien lassen, wenn er seine Belastungsgrenze erreicht hat (§ 62 SGB V). Die Belastungsgrenze gilt für die gesamte Familie (Ehepaare+Kinder), nicht nur pro Person und errechnet sich vom Jahresbruttoeinkommen der Familie. Die Höhe der Belastungsgrenze beträgt 2% der Jahresbruttoeinkommens, bei chronisch Kranken 1%. Bei ALG II Beziehern wird die Belastungsgrenze auf der Grundlage des am 01.01. des jeweiligen Jahres geltenden Eckregelsatzes berechnet, derzeit 351€. Das Jahresbruttoeinkommen eines ALG II Beziehrs beträgt also: 12 Monate x 351€ = 4212€, davon 2% sind 84,24€, 1% sind 42,12€.

Zu den Zuzahlungen zählen:
- Praxisgebühr (10€ pro Quartal),
- Eigenanteil bei stationärer Krankenhausbehandlung (10€/Tag für max. 28 Tage pro Kalenderjahr),
- Eigenanteil bei stationärer Reha (10€/Tag für max. 42 Tage pro Kalenderjahr),
- Heilmitteln und häuslicher Krankenpflege (10€ pro Verordnung + 10% der Kosten),
- Eigenanteil bei Medikamenten und Hilfsmittel (10% des Abgabepreises, min. 5€, max. 10€ je Medikament),
- Eigenanteil bei Haushaltshilfe (10% der Tageskosten, min. 5€, max. 10€),
- Fahrkosten (10% der Kosten, min. 5€, max. 10€).


Das klingt doch ganz gut, und so kenne ich es auch. 42,13 Euro für chronisch Kranke pro Jahr (!) maximal sind zwar auch noch viel, aber immerhin besser als -zig Euros pro Monat.

Wenn ein Medikament aber nicht verordnungsfähig ist (weil seine Wirkung zweifelhaft ist oder aber nur zur Heilung von Befindlichkeitsstörungen wie z.B. Nasenspray) dann wird es schwieriger. Auch hier lässt sich u.U. mit verständigen Ärzten und Krankenkassen eine Lösung finden. Es bietet sich dann auch die Einschaltung des medizinischen Dienstes der Krankenkasse an (MDK).

Verfasst: Mittwoch 5. August 2009, 19:19
von zombie
ich finde der Thread hat sehr wohl eine Berechtigung gerade in diesem Forum. Und Hartz-IV ist keineswegs, wie hier wiederholt fälschlicherweise hingewiesen wird, ein rein deutsches Problem!
In Japan, bzw. generell in Asien begehen sehr viele Menschen Suizid, nachdem sie ihren Job verlieren. Viele beantragen nicht mal Arbeitslosengeld und verheimlichen ihre Arbeitslosigkeit. Mir sind allein für dieses Jahr Fälle bekannt, wo Menschen in ihrer eigenen Wohnung verhungert sind. Sicherlich nicht, weil sie sich nichts zu essen besorgen hätten können, aber eben aus Scham und anderen Gründen, wählten sie den Tod anstatt in eine Armenküche zu gehen oder zum Amt. Natürlich kommt noch der kulturelle Unterschied dazu - Suizid wird in Asien generell nicht ganz so negativ aufgefasst, wie in Europa. Während hier die Kirche ihre Sündenmärchen früher mit dem Höllenfeuer verbreiten ließ, war Suizid in vielen Teilen Asiens eine Frage der Ehre.
Aber man muss auch nicht das Kontinent wechseln. Wenn wir schon in einem Schweizer Forum sind. Allein der Name Hartz-IV oder in der Schweiz die IV-Bezüge lassen sich sehr wohl vergleichen.

Ich muss aber dazu sagen, dass ich selber bislang noch nie zu den Betroffenen zählte und daher nicht wirklich behaupten kann in dieser Lage zu stecken.
Jeder Mensch hat halt sein eigenes Kreuz zu schleppen und seinen eigenen Grund, warum er sterben oder zumindest nicht so weiterleben will.

Hungern oder Medikamente selber bezahlen

Verfasst: Mittwoch 5. August 2009, 20:00
von Brückenpfeiler
gelöscht

Re: Hungern oder Medikamente selber bezahlen

Verfasst: Mittwoch 5. August 2009, 20:43
von justice
Brückenpfeiler hat geschrieben:Das Problem sind die "nicht verschreibungspflichtigen" Medikamente, hier insbesondere bei Jarrestadt Augentropfen/ Augensalben. Diese Medikamente werden auch bei Hartz-IV Empfängern NICHT von den Krankenkassen bezahlt und daher stellt sich bei Jarrestadt und vielen anderen Hartz-IV Empfängern nur die Frage: Hungern oder Medikamente selber bezahlen.

Ciao

Brückenpfeiler
Ich sehe, die Problematik hat sich tatsächlich weiter verschärft. Es gibt aber Ausnahmen bei "schweren Krankheiten" und Medikamenten, die dabei zum Therapiestandard zählen. Aber die Hürden sind hoch.

Wörtlich heißt die Vorschrift:


Nichtverschreibungspflichtige Arzneimittel sind durch Gesetz von der Verordnung ausgeschlossen. Sie sind für Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr verordnungsfähig. Für nichtverschrei-bungspflichtige Arzneimittel in dieser Übersicht finden sich in der dritten Spalte Hinweise aus der AM-RL auf ein besonderes Gefährdungs-potential bzw. auf eine unwirtschaftliche Verordnung bei Kindern bis zum vollendeten 12. Lebensjahr und für Jugendliche mit Entwicklungsstö-rungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr.
Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in der AM-RL fest, welche nichtverschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt / von der Vertragsärztin ausnahmsweise verordnet werden können.


Abkürzungen:
AM-RL = Arzneimittel-Richtlinien

Verordnungsfähige Arzneimittel sind in der Anlage I definier

Verfasst: Mittwoch 5. August 2009, 20:57
von justice
@ Jarrestadt:

Es gibt klar definierte Ausnahmen, bei denen die Verordnung von nicht-verschreibungspflichtigen Medikamenten doch zu Lasten der Krankenkasse möglich ist. Die Fundstelle ist offiziell, vielleicht hilft sie dir weiter.

(Anlage I zu den Arzneimittel-Richtlinien)

http://www.g-ba.de/downloads/38-254-17/ ... -06-25.pdf

40. Synthetischer Speichel nur zur Behandlung krankheitsbedingter Mundtro-ckenheit bei rheumatischen oder onkologischen Erkrankungen.

41. Synthetische Tränenflüssigkeit bei Sjögren-Syndrom mit deutlichen Funkti-onsstörungen (trockenes Auge Grad 2), Epidermolysis bullosa, occulärem Pemphigoid, Fehlen oder Schädigung der Tränendrüse, Fazialispare-se oder bei Lagophthalmus.