Das suizidale Selbst integrieren
Verfasst: Dienstag 19. September 2017, 21:10
Hallo,
ich habe phasisch und episodisch verlaufende Depressionen. Das heißt, es kann heute alles verdammt schei*e sein, und morgen schon wieder viel besser, innerhalb depressiver Episoden. Die Stimmungslagen sind extrem und können schnell ineinander umschlagen. Manisch bin ich jedoch nicht.
Ich habe gerade wohl eines der schlimmsten Jahre mal wieder hinter mir (oder stecke noch drin, ich weiß es nicht), das durchzogen war von einem Studienabbruch wegen Depressionen, familiären massiven Konflikten und einer konfliktreichen, schließlich geendeten Beziehung die mir eigentlich viel Halt gegeben hatte und jetzt nur Liebesschmerz bereitet. Ich stand daher in den letzten zwei Monaten fast permanent davor, mich umzubringen. Selbst in zwei Wochen Urlaub und Ablenkung ging es mir fast nur schlecht, und als die Ablenkung wegfiel, verging kein Tag, an dem ich nicht die meiste Zeit geweint habe. Ich habe jeden Tag aufs Neue gehofft, mich selbst darum gebeten, mich endlich umzubringen. Habe alles vorbereitet und war bis vor einer Woche jeden Tag drauf und dran, loszugehen. Habe mir alles dafür besorgt und alle Abschiedsbriefe geschrieben, was ich so noch nie getan hatte. Ich hatte wegen geplantem Umzug alles in Kartons geworfen, bin aber nicht umgezogen, sondern habe verharrt und für meine "Hinterbliebenen" alles vorbereitet, damit sie so wenig wie möglich Umstände mit mir oder der Wohnung haben sollten. Ich saß auf einem vollkommen zusammengepackten Leben, in der Erwartung, es endlich zu beenden. Eine Woche lang. Habe sämtliche Kontakte verweigert und auf ein Wunder gehofft oder auf den Mut, es zu schaffen, auf einen Impuls.
Es ist jetzt das erste mal das ich das erzähle. Seit dem ist viel passiert. Ich bin schließlich doch umgezogen, in eine neue WG, habe mir viel Zeit dabei gelassen. Mein Zimmer gestrichen und an manchen Tagen oder Nächten derartige Schmerzen vor Trauer und Verlust um die Beziehung, meinen Freund, gehabt, Schmerzen vor Hoffnungslosigkeit und erlebter Sinnlosigkeit, dass ich dachte, sie hält kein Mensch aus. Jetzt habe ich hier aber einfach tolle Menschen in der WG, die ihr Leben toll auf die Reihe bekommen und mich mitreißen, die sehr lieb und sozial sind und mich geistig serh anregen. Es geht mir von Tag zu Tag besser und an unzulässiges Wort habe ich seit einigen Tagen nicht mehr gedacht. Jetzt geht es erstmal weiter, ob es gelingt werde ich ja sehen. Gerade geht es mir unglaublich gut wieder. Ich bin voller Zuversicht und freue mich, diese weitere Chance nochmal wahrzunehmen.
Für mich ist es gerade total unglaubwürdig, dass ich noch vor 1, 2 Wochen jeden Tag aufs Neue gehoffte habe, mich endlich umzubringen und alles dafür bereit lag. In meiner neuen WG bin ich wie ausgewechselt und keiner würde so etwas bei mir vermuten. Mein Leben ist ein Kippbild, und jetzt sehe ich wieder nur den Kampf um ein gutes Leben und die Aussicht darauf.
Wie macht ihr das? Diejenigen unter euch, die auch solche kippenden Stimmungen haben - wie könnt ihr das in euer Selbstbild integrieren? Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Meine beiden Ichs passen nicht zusammen. Das eine kämpft, das andere will sich um jeden Preis erhängen. Wer bin ich denn nun? Was soll ich mit der Erinnerung an das tagelange Weinen und mein Flehen es zu beenden anfangen? Wie kann ich denn jetzt wieder so motiviert und redefreudig sein, wenn ich vor einer Woche noch fast durch meine eigene Hand gestorben wäre?
Viele Grüße,
Fin
ich habe phasisch und episodisch verlaufende Depressionen. Das heißt, es kann heute alles verdammt schei*e sein, und morgen schon wieder viel besser, innerhalb depressiver Episoden. Die Stimmungslagen sind extrem und können schnell ineinander umschlagen. Manisch bin ich jedoch nicht.
Ich habe gerade wohl eines der schlimmsten Jahre mal wieder hinter mir (oder stecke noch drin, ich weiß es nicht), das durchzogen war von einem Studienabbruch wegen Depressionen, familiären massiven Konflikten und einer konfliktreichen, schließlich geendeten Beziehung die mir eigentlich viel Halt gegeben hatte und jetzt nur Liebesschmerz bereitet. Ich stand daher in den letzten zwei Monaten fast permanent davor, mich umzubringen. Selbst in zwei Wochen Urlaub und Ablenkung ging es mir fast nur schlecht, und als die Ablenkung wegfiel, verging kein Tag, an dem ich nicht die meiste Zeit geweint habe. Ich habe jeden Tag aufs Neue gehofft, mich selbst darum gebeten, mich endlich umzubringen. Habe alles vorbereitet und war bis vor einer Woche jeden Tag drauf und dran, loszugehen. Habe mir alles dafür besorgt und alle Abschiedsbriefe geschrieben, was ich so noch nie getan hatte. Ich hatte wegen geplantem Umzug alles in Kartons geworfen, bin aber nicht umgezogen, sondern habe verharrt und für meine "Hinterbliebenen" alles vorbereitet, damit sie so wenig wie möglich Umstände mit mir oder der Wohnung haben sollten. Ich saß auf einem vollkommen zusammengepackten Leben, in der Erwartung, es endlich zu beenden. Eine Woche lang. Habe sämtliche Kontakte verweigert und auf ein Wunder gehofft oder auf den Mut, es zu schaffen, auf einen Impuls.
Es ist jetzt das erste mal das ich das erzähle. Seit dem ist viel passiert. Ich bin schließlich doch umgezogen, in eine neue WG, habe mir viel Zeit dabei gelassen. Mein Zimmer gestrichen und an manchen Tagen oder Nächten derartige Schmerzen vor Trauer und Verlust um die Beziehung, meinen Freund, gehabt, Schmerzen vor Hoffnungslosigkeit und erlebter Sinnlosigkeit, dass ich dachte, sie hält kein Mensch aus. Jetzt habe ich hier aber einfach tolle Menschen in der WG, die ihr Leben toll auf die Reihe bekommen und mich mitreißen, die sehr lieb und sozial sind und mich geistig serh anregen. Es geht mir von Tag zu Tag besser und an unzulässiges Wort habe ich seit einigen Tagen nicht mehr gedacht. Jetzt geht es erstmal weiter, ob es gelingt werde ich ja sehen. Gerade geht es mir unglaublich gut wieder. Ich bin voller Zuversicht und freue mich, diese weitere Chance nochmal wahrzunehmen.
Für mich ist es gerade total unglaubwürdig, dass ich noch vor 1, 2 Wochen jeden Tag aufs Neue gehoffte habe, mich endlich umzubringen und alles dafür bereit lag. In meiner neuen WG bin ich wie ausgewechselt und keiner würde so etwas bei mir vermuten. Mein Leben ist ein Kippbild, und jetzt sehe ich wieder nur den Kampf um ein gutes Leben und die Aussicht darauf.
Wie macht ihr das? Diejenigen unter euch, die auch solche kippenden Stimmungen haben - wie könnt ihr das in euer Selbstbild integrieren? Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Meine beiden Ichs passen nicht zusammen. Das eine kämpft, das andere will sich um jeden Preis erhängen. Wer bin ich denn nun? Was soll ich mit der Erinnerung an das tagelange Weinen und mein Flehen es zu beenden anfangen? Wie kann ich denn jetzt wieder so motiviert und redefreudig sein, wenn ich vor einer Woche noch fast durch meine eigene Hand gestorben wäre?
Viele Grüße,
Fin