Conium hat geschrieben:Ich habe zunächst nur sehr knapp beschrieben. Ich stimme mit dir volkommen überein, das wir nur "scheinbar" frei entscheiden. Deinen Ausführungen kann man voll zustimmen.
Im Falle des German Wings Co-Piloten hat die Gesamtsituation an dem Tag einfach so gut zusammengepasst das es einfach passieren musste. Hätte irgendwas nicht gepasst, so wäre es sicher auf einem anderen Flug passiert. Vielleicht aber auch nicht, weil er in ärtzlicher Behandlung gegangen wäre oder oder oder....
Ja, die hinreichenden und notwendigen Bedingungen müssen natürlich gegeben sein, aber dann passiert es eben. Welche genauen Faktoren bei ausbleiben oder hinzukommen, dann tatsächlich das Resultat relevant beeinflusst hätten, ist unmöglich zu sagen. Es hätte ein richtiges Wort sein können, welches etwas getriggert hätte, ein falsches...wer will das wissen (nicht mal der Pilot selber konnte es mit Sicherheit wissen, also auch nicht, dass sein Entscheid in Stein gemeisselt war).
Schuld ist er im juristischen Sinne schon. Aber ist er auch schuldfähig? Die Frage ist letztendlich sinnlos da er ja nicht mehr lebt. Er kann nicht mehr "betraft" werden.
Zur Schuldfähikgeit (sehr komprimiert):
http://www.rechtswoerterbuch.de/recht/s ... fähigkeit/
Da wären dann die zuständigen forensischen Psychiater und deren Gutachten massgebend um zu klären ob und inwiefern seine Schuldfähigkeit eingeschränkt war oder nicht.
Du verwechselst, glaube ich, dann Schuldfähigkeit mit Straffähigkeit. Wer schuldfähig ist, ist wohl auch straffähig (möglicher Weise ausgenommen gesundheitliche Einschränkungen, aber rein rechtlich bedingt Strafe Schuld). Wäre er hingegen als nur eingeschränkt schuldfähig eingestuft worden, wäre wohl zusätzlich, begleitend oder sie (teilweise) ersetzend eine psychiatrische Massnahme erfolgt.
Die Tat wurde letztlich durch sein Gehirn verursacht, welches eben nicht so funktionierte wie bei "normalen" Menschen. Per Definition war er also "krank". Wäre er Lokführer gewesen, hätte er womöglich einen ICE mit Karacho in einen Kopfbahnhof hineinrauschen lassen.
Na ja, soweit ist man in der Regel noch nicht, dass man Hirnscans benutzt um Hirnanomalitäten festzustellen um damit rechtliche Aspekte einer Handlung dann anders zu bewerten. Er war depressiv oder hatte solche Episoden etc., das aber ist nicht notwendig eine hinreichende Bedingung für mangelnde Zurechnungsfähigkeit. Siehe:
http://www.wikipedia.org/wiki/Schuldunf%C3%A4higkeit
Ich würde ihn nicht als Massenmörder bezeichnen, es ging ihm ja wohl in erster Linie darum sich selbst ins jenseits zu befördern. Mit einem Flugzeug war das dann wohl sein Wunschtraum. Vielleicht hätte er das gleiche gemacht wenn die Maschine leer gewesen wäre.
Leider alles Spekulation, solange keine nachgelassenen expliziten Aussagen von ihm gefunden würden (und selbst dann, könnte seine Absicht Täuschung sein). Wie gesagt: Mord impliziert für mich (wie jede Untat) einen freien Willen (es also auch unterlassen haben zu können). Da ein solcher reine Illusion ist, ist die ganze moralische Zuschreibungspraxis wohl pragmatisch sinnvoll und unerlässlich (für eine Gesellschaft die an ihrem eigenen Weiterbestehen ein Interesse hat), aber basiert auf Annahmen aus dem Bereich der Fantasie. Kompatibilistisch kämen dann andere Kriterien ins Spiel (seine Absicht, dass er wusste was er tat und welches die Konsequenzen sein würden, das Planen der Tat etc. etc.) deren Vorliegen oder Fehlen dann seine Schuldfähigkeit innerhalb eines determinierten Geschehens (was Richter so kaum je explizit zugeben würden) bestimmen lassen.
Für die Passagiere der Maschine war das natürlich tragisch. Man kann so eine Tat nicht verhindern. Für die Insassen war das einfach Pech. Klingt hart ist aber so. Hätte ein technischer Defekt den Absturz verursacht wäre sie trotzdem tot.
Vielleicht waren eh alles unbewusste Suizidale (denen ihre Religion aber Suizid verbot), insofern hätten sie Glück gehabt...nein, schlechter Geschmack...so was getrauen sich allenfalls Esoteriker zu denken (selbst sie würden aus Klugheit schweigen).
Was ich damit sagen will ist folgendes: Eine bestimmte Situation "zwingt" uns (mit unserer einprogrammierten Hirnschaltung) zu immer den gleichen Entscheidungen, bzw. Handlungen. Denen gehen andere Situationen oder Zustände vorraus, die den Nährboden des Nachfolgenden bilden, usw.
Wenn unser Leben immer wieder unter den exakt gleichen bedingungen ablaufen würde, kämen wir immer wieder zu den gleichen Entscheidungen und Handlungen. Man kann zwar viel "wollen" aber "tut" dann doch das was quasi "vorprogrammiert" bzw. vorbestimmt ist.
Du erklärst das auf der Basis von neuronalem kausal-determinierten Geschehen im Hirn. Einige Wissenschaftler haben schon damit argumentiert, dass das Gehirn durchaus nicht physisch kausal geschlossen sein könnte (Eccles/Popper `Das Ich und sein Gehirn`), d.h. zufällige Ereignisslücken bestehen könnten, die eben jene Ansatzpunkte/Scnittstellen bilden könnten für mentales Eingreifen bzw. mental-kausale Wirkmächtigkeit. Auf dieser Ebene geht es nur darum zu erklären inwiefern Mentales auf nicht Mentales überhaupt einwirken könnte (also eine Abwehr des sog. Epiphänomenalismus). Will man hier empirisch einen Determinismus beweisen, ist man allerdings auf verlorenem Posten, da ein solcher nie zu beweisen ist. Deshalb favorisiere ich die philosophische Argumentations-Ebene die völlig unabhängig von Annahmen zum allfälligen Determiniert sein des physischen Geschehens ist. Philosophisch bzw. rein gedanklich ist inkompatibilistische Freiheit nicht denkbar/erklärbar, wohl aber ist seine Intention verstehbar (und wird zumindest gemäss P. Bieri in seinem Buch `Handwerk der Freiheit` in jedem Entscheidungsprozess von jedem implizite schon vorausgesetzt, d.h. etwas Illusionäres muss hier als Reales angenommen werden).
Falls im Hirn auch zufällige Prozesse eine Rolle spielen (oder auch in der Welt, die auf unsres Psychische/Physische Einfluss hätten), dann wäre der Ablauf vermutlich nie zweimal ein identischer, aber das würde natürlich genauso wenig einen freien Willen ermöglichen wie ein reiner Determinismus.