Abschied nehmen: ehrlich oder heimlich?
Moderatoren: Ludwig A. Minelli, Mediator
Abschied nehmen: ehrlich oder heimlich?
Meine Geschichte kommt bald zum Ende. Nach vielem Erlebnissen und Erkenntnissen ist nun Zeit.
Generell sind einem die anderen Menschen ziemlich egal. Nun gibt es da immer diese spezielle Person, welche einem das Gewissen irgendwie berührt.
Wie kann man es anstellen? Wenn dieses Herz das einzige ist, was das Leben noch zu ertragen macht.
Briefe, Verschwinden, Reden, Simulieren,...?
Generell sind einem die anderen Menschen ziemlich egal. Nun gibt es da immer diese spezielle Person, welche einem das Gewissen irgendwie berührt.
Wie kann man es anstellen? Wenn dieses Herz das einzige ist, was das Leben noch zu ertragen macht.
Briefe, Verschwinden, Reden, Simulieren,...?
Abschied nehmen: ehrlich oder heimlich?
Ich denke, wer mich und meine Geschichte und meine Leiden kennt, für den muss logisch sein, dass ich so nicht mehr kann/konnte und nicht mehr will/wollte. Da ist ein Abschied unnötig; es kommt kaum darauf an, wann genau man dann stirbt, sondern der/die Andere muss bei jedem Kontakt damit rechnen, dass das nun der letzte war; versteht das, hofft und wünscht mit mir, dass es bald und gut gelingt, das Leiden zu beenden, freut sich dann darüber dass es gelungen ist (das Leiden beendet ist, der Wunsch des Anderen erfüllt wurde), und will mich nicht nur für sich egoistisch noch weiter "haben". Und man kann ja sowieso nie genau voraussagen, wann es dann wirklich fertig ist (Selbsttötungsversuche können auch immer noch scheitern), also wann genau sollte denn ein bestimmter "Abschied" sein? Und wer meinen Sterbe-Wunsch, meinen Ende-Wunsch (der automatisch auch das Ende aller Beziehungen ist, auch wenn es dabei noch nette gab, aber man lebt ja nicht nur für Andere bzw. kann das gar nicht mehr, zuletzt), mein unerträgliches Leiden usw. nicht verstehen/wissen wollte/will, der/die ist mir auch nicht wichtig; der/die lebt eh in seiner eigenen Fantasiewelt und hat mit mir wirklich und innerlich nichts zu tun.
"Ehrlich oder heimlich" beantwortet sich also längst vorher, meine ich. Wenn aber aus einem Schauspiel ("mir geht es gut", wenn es nicht stimmt) noch Ehrlichkeit werden soll, und die Chance auf Verständnis und Abschiednehmen besteht, dann würde ich reden oder schreiben (mit der Möglichkeit zu antworten - einen nur letzter Brief finde ich nicht wirklich fair, weil der/die Andere dazu nichts mehr antworten oder nachfragen kann).
Ich hätte es z. B. schön gefunden, wenn meine eine Großmutter, die sich dann mit Schlaftabletten (als es die noch mit Barbituraten gab) das Leben nahm, mir beim letzten Besuch gesagt hätte, sie plane/versuche so etwas, und vielleicht/hoffentlich würden wir uns also nie mehr sehen. So war es ein Abschied fast wie sonst (eine kleine Änderung des Abschiedsrituals, der Abschiedsworte, fiel mir erst im Nachhinein in seiner Bedeutung auf), "bis nächste Woche" (was dann nicht mehr stattfand und sie dieses letzte Mal auch nicht mehr sagte - aber es schien sowieso klar, dass es wiederum der nächste Dienstag sein würde mit dem nächsten Besuch), obwohl es ja wichtiger war als sonst. Wenn wir uns aber scheinbar definitiv voneinander verabschiedet hätten und sie hätte dann doch überlebt und wir hätten uns erneut getroffen, wie wäre ich dann mit dieser wieder Umstellung umgegangen? Auch nicht wirklich gut. Dennoch: Ich bedaure, dass es keinen eigentlichen Abschied gab. Obwohl mir ihr gewollter Tod durchaus verständlich ist.
Mein Zweifel war/ist also eher der Zeitpunkt des Abschieds, des letzten Kontakts, weil man das nie so ganz genau voraus wissen kann - aber nicht, dass man erst kurz vor dem Tod jemanden darüber informieren würde, dass man das relativ bald vor sich hat, obwohl man das schon länger weiss; sich das schon länger auf diesen Punkt zugespitzt hat. Aber wenn man es nicht vorher besprochen/erzählt hat und noch was offen ist, man von diesem Menschen noch berührt ist/wird und ein irgendwie schlechtes "Gewissen" hat (wieso? Weil man nicht ehrlich war?) - oder das Bedürfnis nach Verstehen auch in dieser letzten Phase -, so würde ich das noch versuchen; eben, reden (Treffen, Telefonieren) oder Schreiben. Und ich wünsche dir, dass dann die Reaktion so ist wie erhofft (also Verständnis, Mitfühlen).
"Ehrlich oder heimlich" beantwortet sich also längst vorher, meine ich. Wenn aber aus einem Schauspiel ("mir geht es gut", wenn es nicht stimmt) noch Ehrlichkeit werden soll, und die Chance auf Verständnis und Abschiednehmen besteht, dann würde ich reden oder schreiben (mit der Möglichkeit zu antworten - einen nur letzter Brief finde ich nicht wirklich fair, weil der/die Andere dazu nichts mehr antworten oder nachfragen kann).
Ich hätte es z. B. schön gefunden, wenn meine eine Großmutter, die sich dann mit Schlaftabletten (als es die noch mit Barbituraten gab) das Leben nahm, mir beim letzten Besuch gesagt hätte, sie plane/versuche so etwas, und vielleicht/hoffentlich würden wir uns also nie mehr sehen. So war es ein Abschied fast wie sonst (eine kleine Änderung des Abschiedsrituals, der Abschiedsworte, fiel mir erst im Nachhinein in seiner Bedeutung auf), "bis nächste Woche" (was dann nicht mehr stattfand und sie dieses letzte Mal auch nicht mehr sagte - aber es schien sowieso klar, dass es wiederum der nächste Dienstag sein würde mit dem nächsten Besuch), obwohl es ja wichtiger war als sonst. Wenn wir uns aber scheinbar definitiv voneinander verabschiedet hätten und sie hätte dann doch überlebt und wir hätten uns erneut getroffen, wie wäre ich dann mit dieser wieder Umstellung umgegangen? Auch nicht wirklich gut. Dennoch: Ich bedaure, dass es keinen eigentlichen Abschied gab. Obwohl mir ihr gewollter Tod durchaus verständlich ist.
Mein Zweifel war/ist also eher der Zeitpunkt des Abschieds, des letzten Kontakts, weil man das nie so ganz genau voraus wissen kann - aber nicht, dass man erst kurz vor dem Tod jemanden darüber informieren würde, dass man das relativ bald vor sich hat, obwohl man das schon länger weiss; sich das schon länger auf diesen Punkt zugespitzt hat. Aber wenn man es nicht vorher besprochen/erzählt hat und noch was offen ist, man von diesem Menschen noch berührt ist/wird und ein irgendwie schlechtes "Gewissen" hat (wieso? Weil man nicht ehrlich war?) - oder das Bedürfnis nach Verstehen auch in dieser letzten Phase -, so würde ich das noch versuchen; eben, reden (Treffen, Telefonieren) oder Schreiben. Und ich wünsche dir, dass dann die Reaktion so ist wie erhofft (also Verständnis, Mitfühlen).
Re: Abschied nehmen: ehrlich oder heimlich?
Die „Abschieds-Frage“ wurde zwar schon öfter im Forum behandelt, aber da ging es überwiegend darum, ob oder wie man selbst von anderen oder der Welt Abschied nimmt. Die Sicht als Hinterbliebene/r ist ja genauso interessant, wie mir gerade auffällt.Chron hat geschrieben:...
Ich hätte es z. B. schön gefunden, wenn meine Großmutter, die sich dann mit Schlaftabletten (als es die noch mit Barbituraten gab) das Leben nahm...
Mich betraf das bisher zweimal. Eine der beiden Personen nahm „ehrlich und offen“ Abschied von mir, bevor sie sich den Tod schenkte – und ich akzeptierte ihre Entscheidung. Die zweite Person nahm nicht von mir Abschied.
Wie wirkte sich das emotional auf mich aus? Die erste Person fehlt mir heute noch, mit dem Ableben der zweiten hatte ich weniger Probleme.
Die unterschiedlichen Ergebnisse lassen sich wohl kaum verallgemeinern, aber vielleicht kann ein Leser aus dem Beitrag Nutzen ziehen (und sei es nur, um seinem Kritikbedürfnis zu frönen

Es grüßt,
Thanatos
Re: Abschied nehmen: ehrlich oder heimlich?
Ja, stimmt; ich habe mich ein wenig darüber gewundert, dass ich nochmals darüber nachgedacht habe und mir etwas zu schreiben dazu einfiel, aber vermutlich über das Wort "Gewissen" im Eröffnungsbeitrag ist das Thema hier etwas anders als die bisherigen ähnlichen.Thanatos hat geschrieben:Die „Abschieds-Frage“ wurde zwar schon öfter im Forum behandelt, aber da ging es überwiegend darum, ob oder wie man selbst von anderen oder der Welt Abschied nimmt. Die Sicht als Hinterbliebene/r ist ja genauso interessant, wie mir gerade auffällt.
Das bestätigt meine Meinung, dass zu einer inneren Nähe (die man nach dem Tod des/der Andern dann vermisst) auch die Offenheit/Mitfühlbarkeit des Sterbens und/oder Sterben-Wollens bei dem andern Menschen gehört (die der/die Sterbende also auch ermöglichen sollte).Thanatos hat geschrieben:Mich betraf das bisher zweimal. Eine der beiden Personen nahm „ehrlich und offen“ Abschied von mir, bevor sie sich den Tod schenkte – und ich akzeptierte ihre Entscheidung. Die zweite Person nahm nicht von mir Abschied.
Wie wirkte sich das emotional auf mich aus? Die erste Person fehlt mir heute noch, mit dem Ableben der zweiten hatte ich weniger Probleme.
Der "offizielle" Abschied war dazu für mich aber nicht nötig. Jene Großmutter hätte ich manchmal noch gern da - ich möchte aber nicht, dass sie noch lebt, für sie, denn für sie war es nicht mehr schön gewesen. Andere Suizide gab es in meinem Umfeld nicht, aber auch ein "natürlicher" Tod hat oft etwas von einem Aufgeben des Lebens in sich. Der Mann jener Großmutter z. B., der 2 Jahre vorher gestorben war, hatte einen Herzinfarkt, davon hatte er sich noch einigermaßen erholt, war wieder zuhause, ich dort auf Besuch - und mich wunderte seine Art, wie er plötzlich nicht mehr rauchte, irgendwie innerlich abwesend wirkte. Ich fragte nach; wie/warum er aufgehört habe zu rauchen (da ich auch rauche, brauchte ich diese Frage nicht weiter zu begründen) - er machte eine wegwischende Handbewegung, sagte nichts, aber drückte aus "ist doch egal - ich mag nicht mehr mit den Leuten darüber streiten". Dann noch eine Lungenentzündung und tot war er. Ich wusste schon vorher, dass er sich seit seiner Pensionierung gelangweilt hatte. Er hatte aufgegeben. Oder ein Angestellter in einem Tabakladen, ein sehr spezieller Mensch, ein weit herum bekanntes Original - plötzlich tot, mit etwa 45. Ich erfuhr von seinem Chef, dass er Herzprobleme hatte, die aber nicht behandeln lassen wollte; keine Lust hatte auf Arztbesuche oder Krankenhaus. Was für mich auch heisst: Er wollte nicht mehr leben. Oder eine Bergtour bei Lawinengefahr - wobei meine Mutter dann starb. Auch eine Art von indirektem Suizid. Nach so einem Tod war es für mich immer nachvollziehbar. Vermissen aber tue ich die Leute, die mir lebend etwas bedeuteten (und wozu z. B. meine Mutter nicht gehörte).
Vielleicht sollte man beim eigenen Sterben einfach das tun, was Einem egoistisch am besten gefällt und was man am meisten möchte. Das kann ein tiefergehendes Gespräch über Leben/Sterben sein, oder ein "heile Welt spielen", ein letztes lustiges Zusammensein mit Verdrängung des Ende-Gedankens.
Dass man nach dem Tod von Manchen vermisst wird, kann man so oder so einordnen: Schön, dass sie Einen mochten - oder schade, dass sie nun leiden/vermissen. Das kann man aber vermutlich nicht beeinflussen. Ich finde das Vermissen schöner - weil es eine gute, nahe Zeit beinhaltet.
Re: Abschied nehmen: ehrlich oder heimlich?
"Sich den Tod schenken"...auf solche Ausdrücke muss man erst mal kommen (im Einzelfall möglicherweise sogar irgendwie zutreffend, in den meisten Fällen aber ein purer Euphemismus).
ps: Hinter meinem "Kritikbedürfnis" steckt doch in der Regel eine substanzielle Frage oder Kritik...dass du darauf nicht eingehst: das ist dann deine Sache (du lässt dich ganz augenscheinlich dort auf Diskussionen ein wo du sicheren Boden unter deinen Füssen vermutest, ansonsten nicht...siehe meine Kritik an Benatars Buch um nur eines zu nennen).
Ebenso wenig wie einem das Leben geschenkt wird, wird einem der Tod geschenkt...das ist nicht nur kleinliche oder falsche Kritik an einem als Metapher gedachten Ausdruck oder ein rein logischer Einwand, sondern Kritik an einer Tendenz zum Schönreden wo es meist nur Unschönes gibt.
ps: Hinter meinem "Kritikbedürfnis" steckt doch in der Regel eine substanzielle Frage oder Kritik...dass du darauf nicht eingehst: das ist dann deine Sache (du lässt dich ganz augenscheinlich dort auf Diskussionen ein wo du sicheren Boden unter deinen Füssen vermutest, ansonsten nicht...siehe meine Kritik an Benatars Buch um nur eines zu nennen).
Ebenso wenig wie einem das Leben geschenkt wird, wird einem der Tod geschenkt...das ist nicht nur kleinliche oder falsche Kritik an einem als Metapher gedachten Ausdruck oder ein rein logischer Einwand, sondern Kritik an einer Tendenz zum Schönreden wo es meist nur Unschönes gibt.
Re: Abschied nehmen: ehrlich oder heimlich?
Ich kann mich erinnern, dass wir uns mal halbwegs verstanden und auf sachlicher Ebene miteinander diskutieren konnten. Ich könnte nur mutmaßen, warum das nicht mehr so ist.Deadly Snowflake hat geschrieben:"...
ps: Hinter meinem "Kritikbedürfnis" steckt doch in der Regel eine substanzielle Frage oder Kritik...dass du darauf nicht eingehst: das ist dann deine Sache (du lässt dich ganz augenscheinlich dort auf Diskussionen ein wo du sicheren Boden unter deinen Füssen vermutest, ansonsten nicht...siehe meine Kritik an Benatars Buch um nur eines zu nennen).
...
Wie dem auch sei, bei Diskussionen bin ich ein höfliches Miteinanderumgehen gewöhnt. Wo ich das nicht gewährleistet sehe, gehe ich nicht mehr darauf ein. Wenn ich also auf etwas nicht antworte, liegt es nicht daran, dass ich mich vor einer Antwort drücken wollte.
Überdies sollte man bei einer Diskussion bereit sein, eine von der eigenen Meinung abweichende Meinung gegebenenfalls stehen zu lassen, anstatt dogmatisch auf der universalen Gültigkeit des eigenen Weltbildes zu bestehen. Das nur mal am Rande.
Vielleicht liegt es auch an der unterschiedlichen „Sprache“. Ich war früher recht oft in der Schweiz, hatte aber gelegentlich gewisse Schwierigkeiten damit.

Eine eher wahrscheinliche Möglichkeit könnte auch mein gewöhnungsbedürftiger Humor sein. Es gibt Leute, die finden ihn fabelhaft, während andere - die deutlich in der Minderheit sind - nicht damit umgehen können, so dass es zu Missverständnissen kommen kann.
Such dir etwas davon aus, wenn du magst.

Einen schönen Tag noch,
wünscht Thanatos
Re: Abschied nehmen: ehrlich oder heimlich?
Sehr schön gesagt. Das hat mich berührt und trifft auf meine Emotionen hinsichtlich der oben erwähnten Person zu, die sich von mir verabschiedetet, bevor sie durch eigene Hand starb...Chron hat geschrieben:.. Ich finde das Vermissen schöner - weil es eine gute, nahe Zeit beinhaltet.
Es grüßt,
Thanatos
Re: Abschied nehmen: ehrlich oder heimlich?
Bezüglich Weltbild: was Leid/Glück, lebenswert/nicht lebenswert angeht, gibt es für mich nur eine legitime Bewertungsinstanz: das jeweilige Individuum (hier könnte/müsste man noch über den Begriff "wohlverstandenes/aufgeklärtes Eigeninteresse" diskutieren).Thanatos hat geschrieben: Ich kann mich erinnern, dass wir uns mal halbwegs verstanden und auf sachlicher Ebene miteinander diskutieren konnten. Ich könnte nur mutmaßen, warum das nicht mehr so ist.
Wie dem auch sei, bei Diskussionen bin ich ein höfliches Miteinanderumgehen gewöhnt. Wo ich das nicht gewährleistet sehe, gehe ich nicht mehr darauf ein. Wenn ich also auf etwas nicht antworte, liegt es nicht daran, dass ich mich vor einer Antwort drücken wollte.
Überdies sollte man bei einer Diskussion bereit sein, eine von der eigenen Meinung abweichende Meinung gegebenenfalls stehen zu lassen, anstatt dogmatisch auf der universalen Gültigkeit des eigenen Weltbildes zu bestehen. Das nur mal am Rande.
Vielleicht liegt es auch an der unterschiedlichen „Sprache“. Ich war früher recht oft in der Schweiz, hatte aber gelegentlich gewisse Schwierigkeiten damit.![]()
Eine eher wahrscheinliche Möglichkeit könnte auch mein gewöhnungsbedürftiger Humor sein. Es gibt Leute, die finden ihn fabelhaft, während andere - die deutlich in der Minderheit sind - nicht damit umgehen können, so dass es zu Missverständnissen kommen kann.
Such dir etwas davon aus, wenn du magst.![]()
Einen schönen Tag noch,
wünscht Thanatos
Du wirst keinen Beitrag von mir finden wo ich diesbezüglich etwas anderes schreibe. Von Weltbild welches ich anderen aufstülpen wolle, kann da also keine Rede sein, im Gegenteil: alles was Wert- und Sinnbereiche betrifft, vertrete ich eine extrem subjektivistische Position. Vielleicht erklärst du mir aber diesen Punkt noch genauer...
David Benatar missachtet aber in seinem Buch diese Ansicht, indem er meint die je subjektive Einschätzung des Lebens relativieren zu können (ein Vorgehen welches nicht mit Aufklärung im wohlverstandenen Eigeninteresse zu verwechseln ist...letzteres will/soll dem Interesse des Betreffenden dienen, Benatars Ansatz im Grunde das Gegenteil).
Wenn ich deine recht oft gebrauchten "Heroisierungen", "Euphemismen" bezüglich Suizid kritisiere, dann auf obigem Boden stehend: dass nur das je einzelne Individuum für sein Leben eine Bewertung vornehmen kann/darf (und jede verallgemeinernde Aussage schlicht nicht akzeptabel ist, es sei denn es ist explizit als subjektive Wahrnehmung/Einschätzung gekennzeichnet, aber: selbst dann muss es eben begründet sein, ansonsten es argumentativ irrelevant ist und näher bei Aussagen des Typs Predigt/(Auto-)Suggestion/(Selbst-)hypnose anzusiedeln ist) . Wer vertritt hier nun ein dogmatisches Weltbild? Evtl. müsstest du dich an deine eigene Nase fassen...
Im übrigen begründe ich meine jeweiligen Ansichten, was du ja des Öfteren (auf Nachfragen/Nachhaken) nicht tust (ob das nun unter "eine andere Meinung stehen lassen müssen" fällt oder doch eher unter "Regeln einer Diskussion missachten durch Abbruch wo's gerade gefällt" sei dahingestellt). Wer sich weigert eine Stellungnahme zu begründen, darf sich aber eigentlich nicht wundern, wenn Sticheleien kommen die eben jene Begründung erzwingen wollen (mir geht es nicht darum, dass du meiner Meinung bist, sondern dass du deine hinreichend begründest).
Ob du nicht unzulässiger Weise Unhöflichkeit mit der Weigerung verwechselst unbegründete Aussagen einfach zu schlucken? Gerade Gruppierungen welche ein überhöfliches Miteinander pflegen, tendieren dazu alles was irritieren könnte schon gar nicht aufkommen zu lassen (weil es sich nicht gehört, nicht nett wäre...jeder Konflikt könnte ja ein Hinweis sein, dass der heilige Geist nicht anwesend ist etc.). Das kennzeichnet ja fast alle Religionen: das Erkenntnisinteresse wird dem Erlösungsinteresse untergeordnet (vielleicht hat dein früherer Umgang da auf dich abgefärbt). Da du aber Benatars Vorgehen offenbar goutierst, müsstest du mein Nachhaken ebenso willkommen heissen...freilich liegen aber seine Ansichten den deinen näher als meine (wobei ich evtl. zum selben Schluss kommen würde wie er, allerdings auf dem Boden gänzlich anderer Prämissen).
Dein Humor nervt mich lediglich in dem Masse wie es Exempel erwähnten "Schönredens" ist.
Wie auch immer: werde mich zusammenreissen und künftig deine (manchmal zu beobachtende) Art eine Diskussion zu beenden mit mehr Toleranz begegnen.
ps: Für jegliche andersartig motivierte Nörgeleien entschuldige ich mich hiermit (genau genommen, kann ich mich natürlich nicht selbst entschuldigen, das kann nur jener gegenüber dem man schuldig wurde...).
Zuletzt geändert von Deadly Snowflake am Samstag 12. Oktober 2013, 21:49, insgesamt 1-mal geändert.
Re: Abschied nehmen: ehrlich oder heimlich?
hmm - gute frage...
ich überlege auch, mich vom einzigen menschen im heutigen umfeld, der mir mal sehr nahe stand, persönlich & bewusst zu verabschieden. weil - in meinen gedanken ist das vertraute nie verloren gegangen (wobei ich nicht weiss, ob dies beidseitig so ist). meinem gefühl nach ist es aber eher so, dass ich das zu brauchen gaube, um gehen zu können - vielleicht, um mir zu "beweisen", dass meine existenz mal für irgendjemanden eine bedeutung hatte. es wäre evtl. eher eine klarer abschied aus der mal existierenden beziehung (die die person wortlos & schleichend hat "auslaufen" lassen). vielleicht ´ne selbstmitleidige legitimation für mich, a la "so, nun gibt es wirklich niemanden mehr, der um mich trauert" ?
auf der anderen seite - wenn ich dann doch noch ewig kneife...komische situation.
@ Deadly - es gibt doch durchaus leute, die es so formulieren, dass sie ihr leben (& das damit verbundene individuelle gefühl von liebe) als geschenk betrachten. wie verklärt das mglw. ist, darüber mag ich kein urteil abgeben. für mich ist es klar - genau umgekehrt. ich habe durch hass & ablehnung das gefühl vermittelt bekommen, dass es eine gnade sei, dass ich überhaupt existieren darf (inkl. eines latenten bedrohungsgefühls, dass man es mir jederzeit nach gutdünken nehmen könnte). in diesem sinne - speziell im verbleiben der körperlichen qualen hatte ich durchaus auch schon gedanken, ob ich den tod nicht schicksal-akzeptierend als geschenk betrachten sollte, darf - sprich ´ne art vorfreude auf die erlösung vom somatischen schmerz.
ich überlege auch, mich vom einzigen menschen im heutigen umfeld, der mir mal sehr nahe stand, persönlich & bewusst zu verabschieden. weil - in meinen gedanken ist das vertraute nie verloren gegangen (wobei ich nicht weiss, ob dies beidseitig so ist). meinem gefühl nach ist es aber eher so, dass ich das zu brauchen gaube, um gehen zu können - vielleicht, um mir zu "beweisen", dass meine existenz mal für irgendjemanden eine bedeutung hatte. es wäre evtl. eher eine klarer abschied aus der mal existierenden beziehung (die die person wortlos & schleichend hat "auslaufen" lassen). vielleicht ´ne selbstmitleidige legitimation für mich, a la "so, nun gibt es wirklich niemanden mehr, der um mich trauert" ?
auf der anderen seite - wenn ich dann doch noch ewig kneife...komische situation.
@ Deadly - es gibt doch durchaus leute, die es so formulieren, dass sie ihr leben (& das damit verbundene individuelle gefühl von liebe) als geschenk betrachten. wie verklärt das mglw. ist, darüber mag ich kein urteil abgeben. für mich ist es klar - genau umgekehrt. ich habe durch hass & ablehnung das gefühl vermittelt bekommen, dass es eine gnade sei, dass ich überhaupt existieren darf (inkl. eines latenten bedrohungsgefühls, dass man es mir jederzeit nach gutdünken nehmen könnte). in diesem sinne - speziell im verbleiben der körperlichen qualen hatte ich durchaus auch schon gedanken, ob ich den tod nicht schicksal-akzeptierend als geschenk betrachten sollte, darf - sprich ´ne art vorfreude auf die erlösung vom somatischen schmerz.
Re: Abschied nehmen: ehrlich oder heimlich?
Ich habe ja nicht ausgeschlossen, dass es für einzelne Personen irgendwie stimmig sein kann den Tod als Geschenk zu betrachten. Problematisch wird's wenn man es verallgemeinert oder über eine andere Person aussagt (ich habe auch schon Leute gekannt wo ich dachte: irgendwie ist es das Beste gewesen, dass sie sterben konnten...aber es blieb immer auch ein Gefühl, dass das Geschehene nur partiell in solchen Wertungen seine Wahrheit hat, wohl weil ich es war der so dachte und nicht notwendigerweise auch der Betroffene. Das war dann auch mein erster Eindruck: ein Schönreden von etwas nicht-Schönem (bzw. von etwas was seine Positivität nur als Negation des Negativen hat).And hat geschrieben:@ Deadly - es gibt doch durchaus leute, die es so formulieren, dass sie ihr leben (& das damit verbundene individuelle gefühl von liebe) als geschenk betrachten. wie verklärt das mglw. ist, darüber mag ich kein urteil abgeben. für mich ist es klar - genau umgekehrt. ich habe durch hass & ablehnung das gefühl vermittelt bekommen, dass es eine gnade sei, dass ich überhaupt existieren darf (inkl. eines latenten bedrohungsgefühls, dass man es mir jederzeit nach gutdünken nehmen könnte). in diesem sinne - speziell im verbleiben der körperlichen qualen hatte ich durchaus auch schon gedanken, ob ich den tod nicht schicksal-akzeptierend als geschenk betrachten sollte, darf - sprich ´ne art vorfreude auf die erlösung vom somatischen schmerz.
Dass ein Mensch nach langem Leiden endlich sterben kann, evoziert fast schon natürlicher Weise Ausdrücke wie "Geschenk", "Gnade" oder ähnliches.
Der Philosoph Ernst Tugendhat meinte, dass er im Grunde einen Gott nötig hätte, damit seine Dankbarkeit für sein gelungenes Leben eine Adresse hätte. Er empfindet es als nicht auflösbaren Widerspruch zwar so gestimmt zu sein, aber für dieses kein Adressat zu haben. Aber solchen Widerspruch muss nicht jeder erleben.
Natürlich muss ich es einfach zur Kenntnis nehmen und so stehen lassen, wenn jemand sein Leben oder Sterben können als Geschenk kennzeichnet, selbst dann wenn ich Gegenargumente hätte (ja, hätte ich die, könnte ich sie haben?).
Der Aufweis, dass "Geschenk" oftmals euphemistischer Lug ist (bzw. ein Fall von aus der Not eine Tugend machen), liegt dennoch irgendwie auf der Hand, womit man einem Betroffenen aber sehr unangemessen (d.h. unmenschlich) begegnen würde. Denn was könnte für den Menschen besser sein als Leben und Tod als Positives zu erfahren.(Dies steht freilich im Widerspruch zum Motto "Wahrheit um jeden Preis"...was man dann ja ohne Restriktionen bei sich selber testen und ausführen kann. Und diese Grenzziehung ist für einen Skeptiker nicht ganz problemlos immer durchzuhalten).
Re: Abschied nehmen: ehrlich oder heimlich?
das finde ich - egal, ob sich´s um positiv oder negativ empfundenes handelt, eine gut formulierte aussage - geht mir (unter anderen vorzeichen) ähnlich. wen fragen - nach dem warum, zweck u.ä...Deadly Snowflake hat geschrieben: Der Philosoph Ernst Tugendhat meinte, dass er im Grunde einen Gott nötig hätte, damit seine Dankbarkeit für sein gelungenes Leben eine Adresse hätte. Er empfindet es als nicht auflösbaren Widerspruch zwar so gestimmt zu sein, aber für dieses kein Adressat zu haben. Aber solchen Widerspruch muss nicht jeder erleben.
ich habe mich auch etwas unklar ausgedrückt. selbst ich habe, so ich mal für kurze augenblicke nichts belastendes fühle, mitunter kleine, stille, intensive momente, in denen ich das wunder oder die schönheit des lebens / der erde sehe-spüre. diese sekunden, max. minuten sind in sich ein geschenk (nicht nur aufgrund der abwesenheit von schmerz) - gleich einem tiefen mini-einblick, wie sich das dasein eigtl. anfühlen MÜSSTE. wie muss es erst leuten gehen - so es solche gibt - die das ganze leben derart empfinden...(?)
der tod nach einem unerfüllten leben steht da freilich auf ´nem ganz anderen blatt. im grunde kann man sich ihn wohl nur "schönreden" - die erlösung als geschenk betrachten, wenn die vorstellung einzig der flucht aus einer hölle dient. besonders klar ist mir das kürzlich beim anschauen einer doku über ME/CFS (chron. erschöpfugssymdrom) geworden - ne hyperheimtückische krankheit ohne absehbares ende, weit gruseliger, als es der name impliziert. leuten mir einer schweren form - z.t. jahrzehntelang an´s bett gefesselt - kann man mit etwas mitgefühl eigtl. nur einen friedlichen tod wünschen (so sie es selbst so sehen). umso schlimmer, dass er nach dem willen all der selbsternannten halbgötter nicht einmal jenen gestattet ist. DAS ist mehr als dummheit - es ist pure grausamkeit.
bei menschen, die ihr leben rückblickend jederzeit als glück betrachten, mag der irdische abschied evtl. ganz anders fundiert sein.
sorry, ich bekenne mich schwerer off-topisierung schuldig

Re: Abschied nehmen: ehrlich oder heimlich?
Gut, ich akzeptiere das. Ich werde bei nächster Gelegenheit auf die einzelnen Punkte deines Beitrages eingehen. Auch werde ich mich in Zukunft bemühen, keinen deiner Beiträge mehr zu „überlesen“, jedenfalls diejenigen nicht, die sich auf meine Beiträge beziehen.Deadly Snowflake hat geschrieben:...n zu beenden mit mehr Toleranz begegnen.
ps: Für jegliche andersartig motivierte Nörgeleien entschuldige ich mich hiermit (genau genommen, kann ich mich natürlich nicht selbst entschuldigen, das kann nur jener gegenüber dem man schuldig wurde...).
Nur ein Punkt, der mir besonders am Herzen liegt, schon heute: Das höfliche Miteinander. Zwar kenne ich auch heftige Diskussionen, da ich nicht nur in „christlichen Kreisen“ (da hast du übrigens Recht, dass man alles, was irritieren könnte, dort erst gar nicht aufkommen lässt) verkehre, aber die bleiben denoch auf der Sachebene; und falls einmal nicht, erlaube ich mir auch dort zu schweigen. Ich bin nun mal nicht gewillt, mich zu streiten. Dazu habe ich einfach keine Lust, weil ich im täglichen Leben schon genug Ärger um die Ohren habe. Wenn ich mich im Internet streiten wollte, würde ich mich bei einem „sozialen Netzwerk“ anmelden.

Sei's drum, bis demneulich,
Thanatos
Re: Abschied nehmen: ehrlich oder heimlich?
Kurz zu diesem Benatar-Thema zurück, das dich offenbar noch immer beschäftigt:Deadly Snowflake hat geschrieben: ...
David Benatar missachtet aber in seinem Buch diese Ansicht, indem er meint die je subjektive Einschätzung des Lebens relativieren zu können (ein Vorgehen welches nicht mit Aufklärung im wohlverstandenen Eigeninteresse zu verwechseln ist...letzteres will/soll dem Interesse des Betreffenden dienen, Benatars Ansatz im Grunde das Gegenteil).
...
Ich mache mir jetzt nicht die Mühe, die alten Beiträge zum Thema noch einmal zu lesen. Soweit ich mich allerdings erinnere, war aus meiner Sicht alles dazu gesagt. Ich pflichte Benatars Ausführungen bei und sehe auch keine Unstimmigkeiten in seiner Analyse. (Benatar ist analytischer Philosoph und hat in seinem Buch so gearbeitet, wie er es gelernt hat.) - Es steht jedem frei, das anders zu sehen. - Selbstverständlich bleibt es dennoch die subjektive Einstellung jedes Einzelnen, ob er sein Leben als sinnvoll und lohnenswert betrachtet, ob er sein Leben liebt und meint, glücklich zu sein. - Ist nicht alles letztendlich subjektiv? Ein radikaler Skeptiker würde jedenfalls jede „Objektivität“ bestreiten (und damit seine eigene Behauptung). - Dennoch macht man sich in vielem (oder in allem?) etwas vor. Wenn man sich etwas Zeit zum Nachdenken nimmt, wird man das beim einen oder anderen Punkt merken (und wenn man lange genug nachdenkt, vielleicht bei allen). Damit aber eben das nicht geschieht, sind die meisten Menschen, die ich kenne, eifrig damit beschäftigt, selbst ihre oftmals knapp bemessene Freizeit noch mit unzähligen Aktivitäten vollzustopfen (um sich gleichzeitig zu beklagen, dass sie ach so viel Stress haben). Bloß nicht denken! - Es sei ihnen gegönnt....
Was „meine“ „Heroisierungen“ und „Euphemismen“ bezüglich Suizid betrifft, so liegt das schlicht und ergreifend an meinem Weltbild. Wer seit seinem 14. Lebensjahr suizidal ist, bekommt logischerweise ein anderes Weltbild als ein „Normaler“. Meiner Schätzung nach bin ich nur wenige Jahre jünger als du. Da kannst du dir also ausrechnen, wie lange dieses Weltbild Gelegenheit hatte, sich bei mir zu verfestigen. Ich lebe allerdings ganz gut damit.
Die „Euphemismen“, an denen du Anstoß nimmst, sind also Begleiterscheinungen meines Weltbildes. Dieses Weltbild will ich gewiss niemandem überstülpen. Falls dieser Eindruck entstanden sein sollte, bedauere ich das.
Die meisten, vermutlich fast alle Menschen haben Angst vor dem Tod. Deshalb ist es verständlich, dass Euphemismen bezüglich Suizid, oft schon die bloße Erwähnung des Begriffes „Suizid“, bei ihnen angstauslösend wirken.
Allerdings: Wo befinden wir uns hier eigentlich? In einem Forum, wo sich weniger „normale“ als viel häufiger suizidale Menschen aufhalten. Mich dünkt, dass ich hier richtig bin und deshalb die „Begleiterscheinungen meines Weltbildes“ bedenkenlos äußern darf. Im Forum für Goldhamsterfreunde würde ich mich damit selbstverständlich zurückhalten.

Wie mir gerade auffällt, hat dieser Beitrag wenig bis gar nichts mit dem Thema des Threads zu tun. Beim nächsten Beitrag werde ich mich bemühen, aufs Thema zurückzukommen.
Es grüßt,
Thanatos
Re: Abschied nehmen: ehrlich oder heimlich?
Ich denke, es kann so sein oder so sein. Wenn es Einem gut geht, kann man Leben als Geschenk empfinden (das ist zwar vermutlich eher eine religiöse Zuordnung, aber man kann es auch als Geschenk der Zeuge-Eltern ansehen, oder als ein Glück im Laufe der Entwicklung aus Sternenstaub zu ... wieder Sternenstaub), und wenn es Einem schlecht geht, wird es zur Last (und was von "Geschenk" ist dann höchst zynisch). Der Tod kann ein Geschenk sein (als Ende des Leidens) oder ein höchst unerwünschter Abbruch eines Lebens, das man noch wollte.Deadly Snowflake hat geschrieben:"Sich den Tod schenken"...auf solche Ausdrücke muss man erst mal kommen (im Einzelfall möglicherweise sogar irgendwie zutreffend, in den meisten Fällen aber ein purer Euphemismus).
[...]
Ebenso wenig wie einem das Leben geschenkt wird, wird einem der Tod geschenkt
Wobei "einem das Leben geschenkt wird" für mich nicht aufgeht: Ohne Leben ist man (noch) nicht (bzw. nicht mehr). Wer ist der "einem", dem (vorher tot?) "das Leben geschenkt" wird?
Das hat vielleicht auch etwas mit Abschied zu tun. Ich kann nicht mein Leben (und die Leute, die darin mal eine Rolle spielten oder so) verabschieden, denn das/mein Leben bin ja ich. Es gibt wiederum kein Ich und (m)ein Leben (das ich von mir verabschieden könnte - und wie ich ohne Leben weiterleben könnte).
Ein Abschied ist vielleicht eher eine Hoffnung als eine Tatsache. Wirklich verabschiedet werden Tote von den weiter Lebenden oft erst an der Totenfeier, oder sogar erst lange danach.
Re: Abschied nehmen: ehrlich oder heimlich?
Ich kenne - bzw. kannte - das Gefühl, nicht zu wissen wohin mit meiner Freude/Dankbarkeit. Dass ich scheinbar bald platze davon. An einen Gott dachte ich dabei nie - ich habe es quasi in den Sternenraum hinaus"geschrien" (aber eben nicht wirklich geschrien, bis ich Halsschmerzen gehabt hätte). Da macht irgendwie der Körper die Seele nicht mehr mit, ermöglicht ihr nicht den passenden Ausdruck (was sind schon Glückstränchen ...).Deadly Snowflake hat geschrieben:Der Philosoph Ernst Tugendhat meinte, dass er im Grunde einen Gott nötig hätte, damit seine Dankbarkeit für sein gelungenes Leben eine Adresse hätte. Er empfindet es als nicht auflösbaren Widerspruch zwar so gestimmt zu sein, aber für dieses kein Adressat zu haben. Aber solchen Widerspruch muss nicht jeder erleben.
Es entstand dann aber auch ein Bedürfnis, die Freude mit Menschen zu teilen, ihnen etwas davon zu erzählen (ohne Erwartung, dass sie sich ebenso mitfreuen würden - aber vielleicht das Bedürfnis, es in Wörter umzusetzen oder so).
Vielleicht ist ein Bedürfnis nach einem Abschied das Bedürfnis, noch ein Mal, oder erstmals, seine Dankbarkeit gegenüber guten Freunden auszudrücken? Dankbarkeit nicht für sie, sondern für die guten Zeiten mit ihnen, oder so?
Ich denke aber, da sollte man seine Freude nicht erst zuletzt zeigen, sondern immer wieder. Das freut dann auch die Anderen.
Abschiede gelten generell als traurig (was sie aber nicht unbedingt sein müssen - manchmal ist man auch froh, jemanden oder etwas nie mehr wiedersehen zu müssen). Und das will man ja wohl nicht wirklich ... oder doch; wenn Ja warum?