Gedanken zu 'Anne Will'
Verfasst: Mittwoch 28. November 2007, 19:00
Guten Abend Forum,
ich habe mir heute zum dritten Mal die Aufzeichnung der Sendung vom letzten Sonntag angesehen. Eine Fernsehsendung wirkt zwar auf Zuschauer immer sehr objektiv, man hat den Eindruck dabei gewesen zu sein und selbst gehört zu haben, was denn nun 'wirklich' gesagt wurde. Die Feinheiten sind aber häufig erst in der Wiederholung erkennbar.
Zunächst ist mir wieder deutlich geworden, wie wichtig es ist, die Begrifflichkeiten von aktiver, indirekter und passiver Sterbehilfe sauber von dem abzusetzen, was DIGNITAS und Andere tatsächlich tun, nämlich einem Menschen bei der Umsetzung seines freien, bei klarem Verstand geäußerten Willens zu helfen. Das hat auch Frau Rütting, die ich ansonsten sehr überzeugend und glaubhaft empfand, eher etwas vermischt. Dadurch hat der anwesende Politiker Bosbach die Chance erhalten, Ängste zu schüren, indem er auf die so genannten 'Lebensverfügungen' hinweisen konnte, welche angeblich in den Niederlanden viele ältere Menschen bei sich tragen sollen. So etwas ist für unser Anliegen kontraproduktiv. Menschen, die sich nicht täglich mit dieser Thematik befassen, müssen wir immer wieder deutlich machen, dass niemand gegen seinen Willen aus dem Leben befördert werden soll, sondern dass genau umgekehrt der Betroffene es selbst aktiv tut, wenn er es möchte. Der Herr Bosbach weiss das natürlich genau, aber schürt dieses Missverständnis schamlos, um seine eigenen Ziele zu erreichen.
Ein wesentlicher Aspekt war auch in dieser Sendung wieder die so genannte 'Kommerzialisierung', der gleich zu Beginn von Herrn Bosbach unvermittelt eingeführt und moniert wurde. Hier hätte ich mir gewünscht, dass Herr Minelli sofort und entschieden interveniert hätte. Das ist nämlich ein Gesichtspunkt, der in der laufenden Debatte hier in Deutschland eine wesentliche Rolle spielt. Es hätte doch ein Leichtes sein müssen, dass unbeschadet einiger juristischer Unterschiede auch in der Schweiz ein Verein nicht als gemeinnützig (dort heißt es ideale Zwecke) anerkannt wird, wenn er eine Gewinnabsicht verfolgt. Die Satzung von DIGNITAS ist doch auch in dieser Hinsicht für jeden einsehbar! Ich weiß aus vielen Gesprächen, dass diesem Gesichtspunkt in Deutschland große Aufmerksamkeit gewidmet wird. Deshalb sollten wir alles tun, um den von interessierter Seite immer wieder geäußerten Unterstellungen und Verdächtigungen durch klare Veröffentlichungen in finanziellen Angelegenheiten entgegen zu treten. Hier ist wohl noch einiges zu tun.
Erst nach der wiederholten Ansicht der Sendung wurden mir auch die Ausführungen der von Frau Will präsentierten 'Zeugin', die ehemals bei DIGNITAS gearbeitet hat, deutlich. Nur nach mehrmaligem genauen Zuhören wird einem klar, dass hier jemand lediglich Behauptungen und Mutmaßungen aufstellt, die auch nach über einjähriger juristischer Prüfung durch die Schweizer Behörden nicht zu einem nachweislichen Schuldvorwurf geführt haben. Die journalistische Zielrichtung von Frau Will, die dies im Gespräch doch wahrgenommen haben müsste, ist mir unklar geblieben. War das nach dem Motto, 'irgendetwas wird schon hängen bleiben'?
Was bleibt nun in der Bilanz der Sendung? Mein Eindruck war, abgeleitet vom Applaus des Publikums, dass eine große Zahl von Menschen dem Anliegen einer gesetzlichen Neuregelung in Deutschland durchaus zustimmend gegenüber steht. Dies gilt es zu nutzen. Ob eine schnelle Schaffung eines juristischen Präzedenzfalls hierbei hilfreich ist, bin ich mir nicht sicher. Ich würde eher auf verstärkte Überzeugungsarbeit unter Beteiligung der Medien setzen, dazu gehört die bereits angeführte Notwendigkeit der begrifflichen Klarstellung, eine saubere Klärung der finanziellen Aspekte und immer wieder der Hinweis, dass es allein um die Selbstbestimmung von freien und entscheidungsfähigen Menschen geht. Vielleicht ist es jetzt an der Zeit (damit ein Herr Bosbach nicht wieder maliziös darauf verweisen kann, dass alle Zeugen tot seien!), dass ein selbst Betroffener in die Öffentlichkeit tritt - und zwar nicht bei 'arte' um 0:15 Uhr, sondern auf einem Hauptsendeplatz -, um am eigenen Beispiel die menschlichen Nöte und Konfliktlagen deutlich zu machen, die sich eben nicht durch Schmerzmittel oder kirchlichen Beistand lösen lassen.
Ich wünsche einen nachdenklichen Abend
jonathan
ich habe mir heute zum dritten Mal die Aufzeichnung der Sendung vom letzten Sonntag angesehen. Eine Fernsehsendung wirkt zwar auf Zuschauer immer sehr objektiv, man hat den Eindruck dabei gewesen zu sein und selbst gehört zu haben, was denn nun 'wirklich' gesagt wurde. Die Feinheiten sind aber häufig erst in der Wiederholung erkennbar.
Zunächst ist mir wieder deutlich geworden, wie wichtig es ist, die Begrifflichkeiten von aktiver, indirekter und passiver Sterbehilfe sauber von dem abzusetzen, was DIGNITAS und Andere tatsächlich tun, nämlich einem Menschen bei der Umsetzung seines freien, bei klarem Verstand geäußerten Willens zu helfen. Das hat auch Frau Rütting, die ich ansonsten sehr überzeugend und glaubhaft empfand, eher etwas vermischt. Dadurch hat der anwesende Politiker Bosbach die Chance erhalten, Ängste zu schüren, indem er auf die so genannten 'Lebensverfügungen' hinweisen konnte, welche angeblich in den Niederlanden viele ältere Menschen bei sich tragen sollen. So etwas ist für unser Anliegen kontraproduktiv. Menschen, die sich nicht täglich mit dieser Thematik befassen, müssen wir immer wieder deutlich machen, dass niemand gegen seinen Willen aus dem Leben befördert werden soll, sondern dass genau umgekehrt der Betroffene es selbst aktiv tut, wenn er es möchte. Der Herr Bosbach weiss das natürlich genau, aber schürt dieses Missverständnis schamlos, um seine eigenen Ziele zu erreichen.
Ein wesentlicher Aspekt war auch in dieser Sendung wieder die so genannte 'Kommerzialisierung', der gleich zu Beginn von Herrn Bosbach unvermittelt eingeführt und moniert wurde. Hier hätte ich mir gewünscht, dass Herr Minelli sofort und entschieden interveniert hätte. Das ist nämlich ein Gesichtspunkt, der in der laufenden Debatte hier in Deutschland eine wesentliche Rolle spielt. Es hätte doch ein Leichtes sein müssen, dass unbeschadet einiger juristischer Unterschiede auch in der Schweiz ein Verein nicht als gemeinnützig (dort heißt es ideale Zwecke) anerkannt wird, wenn er eine Gewinnabsicht verfolgt. Die Satzung von DIGNITAS ist doch auch in dieser Hinsicht für jeden einsehbar! Ich weiß aus vielen Gesprächen, dass diesem Gesichtspunkt in Deutschland große Aufmerksamkeit gewidmet wird. Deshalb sollten wir alles tun, um den von interessierter Seite immer wieder geäußerten Unterstellungen und Verdächtigungen durch klare Veröffentlichungen in finanziellen Angelegenheiten entgegen zu treten. Hier ist wohl noch einiges zu tun.
Erst nach der wiederholten Ansicht der Sendung wurden mir auch die Ausführungen der von Frau Will präsentierten 'Zeugin', die ehemals bei DIGNITAS gearbeitet hat, deutlich. Nur nach mehrmaligem genauen Zuhören wird einem klar, dass hier jemand lediglich Behauptungen und Mutmaßungen aufstellt, die auch nach über einjähriger juristischer Prüfung durch die Schweizer Behörden nicht zu einem nachweislichen Schuldvorwurf geführt haben. Die journalistische Zielrichtung von Frau Will, die dies im Gespräch doch wahrgenommen haben müsste, ist mir unklar geblieben. War das nach dem Motto, 'irgendetwas wird schon hängen bleiben'?
Was bleibt nun in der Bilanz der Sendung? Mein Eindruck war, abgeleitet vom Applaus des Publikums, dass eine große Zahl von Menschen dem Anliegen einer gesetzlichen Neuregelung in Deutschland durchaus zustimmend gegenüber steht. Dies gilt es zu nutzen. Ob eine schnelle Schaffung eines juristischen Präzedenzfalls hierbei hilfreich ist, bin ich mir nicht sicher. Ich würde eher auf verstärkte Überzeugungsarbeit unter Beteiligung der Medien setzen, dazu gehört die bereits angeführte Notwendigkeit der begrifflichen Klarstellung, eine saubere Klärung der finanziellen Aspekte und immer wieder der Hinweis, dass es allein um die Selbstbestimmung von freien und entscheidungsfähigen Menschen geht. Vielleicht ist es jetzt an der Zeit (damit ein Herr Bosbach nicht wieder maliziös darauf verweisen kann, dass alle Zeugen tot seien!), dass ein selbst Betroffener in die Öffentlichkeit tritt - und zwar nicht bei 'arte' um 0:15 Uhr, sondern auf einem Hauptsendeplatz -, um am eigenen Beispiel die menschlichen Nöte und Konfliktlagen deutlich zu machen, die sich eben nicht durch Schmerzmittel oder kirchlichen Beistand lösen lassen.
Ich wünsche einen nachdenklichen Abend
jonathan