Ich bin wieder da...
Verfasst: Dienstag 26. Oktober 2010, 13:07
Hallo meine lieben
Ich bin wieder/noch da. Vor etwa einem Jahr war ich hier, in festen Absichten. Manche Dinge haben sich geändert, so dass ich alles nochmal überdenken konnte. Naja, Dinge haben sich geändert. Im Rückblick kann ich allerdings nicht sagen, dass sie sich verbessert haben. Vieles ist eher schlimmer geworden. Ganz vorn dabei, die Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit, mit der ich irgendwie zurecht kommen muss. Aber ich werde mehr und mehr müde und mutlos, je weiter das fortschreitet.
Die Träume, die ich platzen lassen muss und für die es nicht wirklich einen Ersatz gibt. Zumindest nicht in meiner Vorstellung. Wobei ich jetzt hier mal unterscheide zwischen punktuellem Traum und lagfristigen. Klingt blöd, ich weiß, aber ich denke es wird klar was ich meine.
Langfristiger Traum war oder ist immer die Familie mit eigenen Kindern. Nach zwei Fehlgeburten, langen und nervenaufreibenden Untersuchungsphasen, Streit und großen Vertrauensbrüchen scheiterte meine Ehe und die Diagnose des Arztes lautete in etwa, dass ich quasi unfruchtbar bin. Das ließe sich zwar eventuell mit Spritzen und starken Medikamenten einigermaßen in den Griff bekommen, wenn man denn dann in die (für mich erneute) Familiengründungsphase kommt, jedoch liegt das Zeitfenster bei 6 Monaten (da danach das Krebsrisiko ungemein in die Höhe schießt) und selbst wenn es klappt, bleibt da noch ein sehr hohes Fehlgeburtsrisiko. Ob ich das nochmal durchstehen würde? Ich weiß es nicht. So trage ich mich mit dem Gedanken, dass dieser für mich essenziellste Teil meines Lebens einfach unwiederbringlich weggebrochen ist. Ein Symptom meiner Erkrankung liegt in einem äußerst schmerzhaftem Eisprung. Die Frauen werden mich verstehen, wenn ich sage, der Schmerz ist schlimmer als der Periodenschmerz und er strahlt aus, seitlich bis zur Wirbelsäule und runter bis zu den Knien. Nur, mein Eisprung funktioniert nunmal nicht wie er soll und somit werde ich Monat für Monat an die Tatsache erinnert, niemals Familie zu haben. Der psychische Schmerz dieser immer wiederkehrenden Erkenntnis ist schlimmer als der körperliche.
Ein punktueller Traum ist für mich zum Beispiel das Fallschirmspringen. Seit Jahren trage ich mich damit, endlich die Lizenz zu machen. Bevor Vermutungen aufkommen: Nein, nicht um mich zu töten. Suizidgedanken verbinde ich mit diesem Sport überhaupt nicht, auch wenns für den ein oder anderen vielleicht verlockend wäre (und ganz so einfach übrigens auch nicht). Es ist dieses unglaubliche Gefühl von Freiheit. Ein nicht zu beschreibendes Gefühl, in 4000m Höhe in einer offenen Flugzeugtür zu sitzen. Allein der Ausblick... Für einen Moment steht die Zeit still, dann schließt man die Augen und lässt sich nach vorn fallen. Mit 180km/h der Erde entgegenrasen, der Wind im Gesicht, der Wind, der am Overall zerrt mit gewaltiger Kraft und der einem gleichzeitig die nötige Stabilität gibt. Dann die Schirmöffnung. Und wo vorher ein solcher Lärm in den Ohren hallte, dass man sein eigenes Schreien nicht mehr hört, ist jetzt nur noch Stille. Man sieht die Autos irgendwo unter einem und die Industrie und die Städte, allerdings schwebt man noch zu weit oben, um deren Geräusche zu hören. Alles was man hört, ist zwischendurch ein sanftes Flattern des Schirms. Es ist dieses Wechselspiel zwischen absolutem körperlichen (positiven) Stress und absoluter Ruhe und Entspannung. Allerdings, um für die Ausbildung zugelassen zu werden, benötigt man ein ärztliches Zeugnis. Insbesondere über die Psyche. Depressionen, ggf Medikamente, teilweise Suizidgedanken sind da wohl ein definitiver Ausschlussgrund. Streichen wir also den nächsten Traum.
Und dann mein aktuelles Leben? Meine Diagnose damals lautete auf mittelschwere Depression und generalisierte Angststörung. Ob meine Antriebslosigkeit ein Symptom eines oder beider Krankheitsbilder sind oder ein eigenes, weiß ich nicht.
Jedenfalls, soweit ich mich erinnere, hab ich oft versucht, Problemen eher aus dem Weg zu gehen. Leider auch denen, die ich selbst herbeigeführt habe. Dazu gehört auch meine finanzielle Lage. Ich kümmer mich um nichts mehr.
An der Stelle, wo die Antriebslosigkeit aufhört, fängt quasi die Angststörung an. Ein Beispiel: Ich bezahle eine Rechnung nicht, einfach weil es mir viel zu lästig ist, das Online Banking anzumachen und den Mist einzugeben. Ich verschiebe das auf später. Anfangs verschiebe ich es auf nach dem Kaffee aufsetzen, dann auf den Abend, dann auf Morgen. Irgendwann kommen Briefe, die ich nicht öffne. Ich kann einfach nicht. Als würde etwas herausspringen und mich verletzen. Als wären meine Hände einbetoniert. Als würde ich mich daran verbrennen. Und wenn eine gewisse Zeit verstrichen ist, habe ich dann Angst vor dem Gerichtsvollzieher.
Dann klingelt es hier, meist ist es der Paketbote oder auch mal die ZJ, und ich greife zur Lorazepam, weil ich schüttelfrostähnliche Zustände bekomme. Meine Hände zittern, meine Beine zittern, mein Körper bebt. Die Atmung und der Herzschlag rasen. Letzens hat mich der Postbote gefragt, ob er nen Arzt rufen soll.
Alles in allem kann man natürlich sagen, da biste alles selbst dran Schuld. Und wenn du den Antrieb hast, dir irgendwas zu bestellen, dann doch auch wohl den, die Überweisung fertig zu machen. Ja, wenn ich mich objektiv betrachte, ist das auch so. Subjektiv gesehen liegt der Antrieb, etwas zu bestellen (btw, keine Sachen zum Anziehen oder irgendwas) oder zu kaufen, in einer kurzen Phase hm ich nenn das mal Ersatzbefriedigung? Aber das trifft es eigentlich auch nicht. Letztlich kann ich es gar nicht so wirklich erklären. Ich weiß nur, dass es so ist bzw war. Denn irgendwas online bestellen oder so, mach ich ja nicht mehr. Aber die Nachwehen der letzten Jahre türmen sich eben hier auf. Schulderberater war ich schon, nachdem mich ein Freund dorthin begleitet hat. Das ging auch soweit alles gut (und einen Teil meiner Schulden konnte ich begleichen) durch diese kurzfristige Motivation: Bald ist es vorbei und dann wird manches wieder gut.
Bis *patsch*, die Hälfte meines Monatseinkommens wegfiel. Prompt stand ich wieder vor diesem Berg, mit all meiner Hilflosigkeit und all meiner Angst, insbesondere mit dem Wissen, das jetzt nicht mehr zahlen zu können. Und wo es wieder unangenehm wird, dreh ich mich um. Mein Schuldnerberater kennt die neue Situation gar nicht und ich bin nicht in der Lage, ihn darüber aufzuklären.
So läuft alles wieder den alten Gang ins Nichts.
Und so stehe ich auch wieder vor dieser Überlegung, mir das Leben zu nehmen. Die Todessehnsucht wird größer. De Erkenntnis, dass ich eben kein Glück haben soll, dass ich Menschen, die mit zu tun haben, Schaden zufüge. Dass mir Schaden zugefügt wird. Von irgendeiner höheren Macht, was weiß ich. Ich bete oft zu Gott, er möge mich doch erlösen. Ein alkoholisierter Autofahrer, ein sehr unglücklicher Sturz, eine unheilbare Krankheit. Und nichts passiert. Die einzige Krankheit, die mich überfällt, raubt mir auch noch den letzten Lichtblick.
Und die Depression, die schon seit frühester Kindheit da ist (mit 5 hab ich mir schon den Tod gewünscht, mit 12 den ersten Suizidversuch, mit 15 den nächsten und seitdem immer wieder drüber nachgedacht und in Erwägung gezogen) hängt sich mir noch viel stärker ans Bein. Vielleicht gibt es ja Hoffnung und die Depression wird letztlich die tödliche Krankheit sein, wenn auch nicht kurz und schmerzlos, aber tödlich...
So, ich denke, ich hab euch jetzt lang genug aufgehalten. Auch euer Leben geht irgendwie weiter. Aber es tut gut, das einfach mal so gesagt zu haben. Alles in allem nur ein kleiner Teil meiner Sorgen und Probleme. Aber genug und vielleicht auch schon zu viel, um überhaupt von irgendjemandem zu verlangen, das alles zu lesen.
Bis dahin
Möwchen
Ich bin wieder/noch da. Vor etwa einem Jahr war ich hier, in festen Absichten. Manche Dinge haben sich geändert, so dass ich alles nochmal überdenken konnte. Naja, Dinge haben sich geändert. Im Rückblick kann ich allerdings nicht sagen, dass sie sich verbessert haben. Vieles ist eher schlimmer geworden. Ganz vorn dabei, die Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit, mit der ich irgendwie zurecht kommen muss. Aber ich werde mehr und mehr müde und mutlos, je weiter das fortschreitet.
Die Träume, die ich platzen lassen muss und für die es nicht wirklich einen Ersatz gibt. Zumindest nicht in meiner Vorstellung. Wobei ich jetzt hier mal unterscheide zwischen punktuellem Traum und lagfristigen. Klingt blöd, ich weiß, aber ich denke es wird klar was ich meine.
Langfristiger Traum war oder ist immer die Familie mit eigenen Kindern. Nach zwei Fehlgeburten, langen und nervenaufreibenden Untersuchungsphasen, Streit und großen Vertrauensbrüchen scheiterte meine Ehe und die Diagnose des Arztes lautete in etwa, dass ich quasi unfruchtbar bin. Das ließe sich zwar eventuell mit Spritzen und starken Medikamenten einigermaßen in den Griff bekommen, wenn man denn dann in die (für mich erneute) Familiengründungsphase kommt, jedoch liegt das Zeitfenster bei 6 Monaten (da danach das Krebsrisiko ungemein in die Höhe schießt) und selbst wenn es klappt, bleibt da noch ein sehr hohes Fehlgeburtsrisiko. Ob ich das nochmal durchstehen würde? Ich weiß es nicht. So trage ich mich mit dem Gedanken, dass dieser für mich essenziellste Teil meines Lebens einfach unwiederbringlich weggebrochen ist. Ein Symptom meiner Erkrankung liegt in einem äußerst schmerzhaftem Eisprung. Die Frauen werden mich verstehen, wenn ich sage, der Schmerz ist schlimmer als der Periodenschmerz und er strahlt aus, seitlich bis zur Wirbelsäule und runter bis zu den Knien. Nur, mein Eisprung funktioniert nunmal nicht wie er soll und somit werde ich Monat für Monat an die Tatsache erinnert, niemals Familie zu haben. Der psychische Schmerz dieser immer wiederkehrenden Erkenntnis ist schlimmer als der körperliche.
Ein punktueller Traum ist für mich zum Beispiel das Fallschirmspringen. Seit Jahren trage ich mich damit, endlich die Lizenz zu machen. Bevor Vermutungen aufkommen: Nein, nicht um mich zu töten. Suizidgedanken verbinde ich mit diesem Sport überhaupt nicht, auch wenns für den ein oder anderen vielleicht verlockend wäre (und ganz so einfach übrigens auch nicht). Es ist dieses unglaubliche Gefühl von Freiheit. Ein nicht zu beschreibendes Gefühl, in 4000m Höhe in einer offenen Flugzeugtür zu sitzen. Allein der Ausblick... Für einen Moment steht die Zeit still, dann schließt man die Augen und lässt sich nach vorn fallen. Mit 180km/h der Erde entgegenrasen, der Wind im Gesicht, der Wind, der am Overall zerrt mit gewaltiger Kraft und der einem gleichzeitig die nötige Stabilität gibt. Dann die Schirmöffnung. Und wo vorher ein solcher Lärm in den Ohren hallte, dass man sein eigenes Schreien nicht mehr hört, ist jetzt nur noch Stille. Man sieht die Autos irgendwo unter einem und die Industrie und die Städte, allerdings schwebt man noch zu weit oben, um deren Geräusche zu hören. Alles was man hört, ist zwischendurch ein sanftes Flattern des Schirms. Es ist dieses Wechselspiel zwischen absolutem körperlichen (positiven) Stress und absoluter Ruhe und Entspannung. Allerdings, um für die Ausbildung zugelassen zu werden, benötigt man ein ärztliches Zeugnis. Insbesondere über die Psyche. Depressionen, ggf Medikamente, teilweise Suizidgedanken sind da wohl ein definitiver Ausschlussgrund. Streichen wir also den nächsten Traum.
Und dann mein aktuelles Leben? Meine Diagnose damals lautete auf mittelschwere Depression und generalisierte Angststörung. Ob meine Antriebslosigkeit ein Symptom eines oder beider Krankheitsbilder sind oder ein eigenes, weiß ich nicht.
Jedenfalls, soweit ich mich erinnere, hab ich oft versucht, Problemen eher aus dem Weg zu gehen. Leider auch denen, die ich selbst herbeigeführt habe. Dazu gehört auch meine finanzielle Lage. Ich kümmer mich um nichts mehr.
An der Stelle, wo die Antriebslosigkeit aufhört, fängt quasi die Angststörung an. Ein Beispiel: Ich bezahle eine Rechnung nicht, einfach weil es mir viel zu lästig ist, das Online Banking anzumachen und den Mist einzugeben. Ich verschiebe das auf später. Anfangs verschiebe ich es auf nach dem Kaffee aufsetzen, dann auf den Abend, dann auf Morgen. Irgendwann kommen Briefe, die ich nicht öffne. Ich kann einfach nicht. Als würde etwas herausspringen und mich verletzen. Als wären meine Hände einbetoniert. Als würde ich mich daran verbrennen. Und wenn eine gewisse Zeit verstrichen ist, habe ich dann Angst vor dem Gerichtsvollzieher.
Dann klingelt es hier, meist ist es der Paketbote oder auch mal die ZJ, und ich greife zur Lorazepam, weil ich schüttelfrostähnliche Zustände bekomme. Meine Hände zittern, meine Beine zittern, mein Körper bebt. Die Atmung und der Herzschlag rasen. Letzens hat mich der Postbote gefragt, ob er nen Arzt rufen soll.
Alles in allem kann man natürlich sagen, da biste alles selbst dran Schuld. Und wenn du den Antrieb hast, dir irgendwas zu bestellen, dann doch auch wohl den, die Überweisung fertig zu machen. Ja, wenn ich mich objektiv betrachte, ist das auch so. Subjektiv gesehen liegt der Antrieb, etwas zu bestellen (btw, keine Sachen zum Anziehen oder irgendwas) oder zu kaufen, in einer kurzen Phase hm ich nenn das mal Ersatzbefriedigung? Aber das trifft es eigentlich auch nicht. Letztlich kann ich es gar nicht so wirklich erklären. Ich weiß nur, dass es so ist bzw war. Denn irgendwas online bestellen oder so, mach ich ja nicht mehr. Aber die Nachwehen der letzten Jahre türmen sich eben hier auf. Schulderberater war ich schon, nachdem mich ein Freund dorthin begleitet hat. Das ging auch soweit alles gut (und einen Teil meiner Schulden konnte ich begleichen) durch diese kurzfristige Motivation: Bald ist es vorbei und dann wird manches wieder gut.
Bis *patsch*, die Hälfte meines Monatseinkommens wegfiel. Prompt stand ich wieder vor diesem Berg, mit all meiner Hilflosigkeit und all meiner Angst, insbesondere mit dem Wissen, das jetzt nicht mehr zahlen zu können. Und wo es wieder unangenehm wird, dreh ich mich um. Mein Schuldnerberater kennt die neue Situation gar nicht und ich bin nicht in der Lage, ihn darüber aufzuklären.
So läuft alles wieder den alten Gang ins Nichts.
Und so stehe ich auch wieder vor dieser Überlegung, mir das Leben zu nehmen. Die Todessehnsucht wird größer. De Erkenntnis, dass ich eben kein Glück haben soll, dass ich Menschen, die mit zu tun haben, Schaden zufüge. Dass mir Schaden zugefügt wird. Von irgendeiner höheren Macht, was weiß ich. Ich bete oft zu Gott, er möge mich doch erlösen. Ein alkoholisierter Autofahrer, ein sehr unglücklicher Sturz, eine unheilbare Krankheit. Und nichts passiert. Die einzige Krankheit, die mich überfällt, raubt mir auch noch den letzten Lichtblick.
Und die Depression, die schon seit frühester Kindheit da ist (mit 5 hab ich mir schon den Tod gewünscht, mit 12 den ersten Suizidversuch, mit 15 den nächsten und seitdem immer wieder drüber nachgedacht und in Erwägung gezogen) hängt sich mir noch viel stärker ans Bein. Vielleicht gibt es ja Hoffnung und die Depression wird letztlich die tödliche Krankheit sein, wenn auch nicht kurz und schmerzlos, aber tödlich...
So, ich denke, ich hab euch jetzt lang genug aufgehalten. Auch euer Leben geht irgendwie weiter. Aber es tut gut, das einfach mal so gesagt zu haben. Alles in allem nur ein kleiner Teil meiner Sorgen und Probleme. Aber genug und vielleicht auch schon zu viel, um überhaupt von irgendjemandem zu verlangen, das alles zu lesen.
Bis dahin
Möwchen