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Re: 25.Juni 2010 Bundesgerichtshof stärkt Recht auf Sterbehi

Verfasst: Freitag 25. Juni 2010, 12:27
von Plato
vergessen wir nicht den Sohn .. http://tinyurl.com/33tnsqs

Am 5. Januar starb Erika Küllmer an Herzversagen - allein. Einen Zusammenhang mit der Durchtrennung des Versorgungsschlauches konnte der Rechtsmediziner nicht feststellen. Doch Sohn Peter zerbrach an dem Schicksal seiner Mutter. Wenige Wochen nach ihrem Tod nahm er sich das Leben. Elke G. und Wolfgang Putz kamen vor Gericht.

Re: 25.Juni 2010 Bundesgerichtshof stärkt Recht auf Sterbehi

Verfasst: Freitag 25. Juni 2010, 12:49
von Fliesenbourg
Und jetzt? Soll man sich darüber freuen? Was die Richter heute in Karlsruhe aufwändig entschieden haben, gebot der gesunde Menschenverstand seit eh und je. "Die Weisheit der Welt ist Torheit bei Gott" (1. Kor. 3:29). Alles andere auch nur als Provisorium langfristig zuzulassen, war eine unverhohlene Frechheit und gröbliche Missachtung der Menschenwürde. Mal sehen, wie dieses Urteil für psychisch Kranke in der Praxis letztlich wieder ausgehebelt wird.

Fliesenbourg

Re: 25.Juni 2010 Bundesgerichtshof stärkt Recht auf Sterbehi

Verfasst: Freitag 25. Juni 2010, 14:32
von taf
Ich finde dieser Schritt ist ein Kompromiss und eine Grenze zugleich. Vollkommenes Verbot geht nicht. Vollkommenes Gebot birgt zu viele Gefahren und kriminelle Folgen.

Re: 25.Juni 2010 Bundesgerichtshof stärkt Recht auf Sterbehi

Verfasst: Freitag 25. Juni 2010, 16:31
von Ich wittre Morgenluft
So weit ich das bisher überblicke, ist dies bei weitem kein wegweisendes Urteil.
Hier wurde lediglich eine weitere, bislang unscharfe Handlung richterlich in die Definition der "passiven Sterbehilfe" aufgenommen.

So ist es nun Pflicht für die Verantwortlichen dem Willen des Patienten nachzukommen, dass eine Behandlung eingestellt wird.
Es handelt sich hier aber nur um ein Unterlassen der Lebenserhaltung bei einseitiger Willenserklärung des Patienten.

Subsumiert man, wird man feststellen, dass jede Art von aktiver Sterbehilfe weiterhin eine Straftat, nämlich §216 StGB Absatz 1, bleibt und vom Richterrecht hier unberührt bleibt. Für psychisch Kranke, oder anderweitig Sterbewillige hat sich rein nichts geändert.
Die Erlaubnis eine Behandlung, falls es überhaupt eine gibt, einzustellen führt bei ihnen ja nicht zum Tod.

Selbst für Menschen, mit einer unheilbaren Krankheit, die sterben wollen bleibt weiterhin nur der natürliche Tod, der nun richterlich lediglich erleichtert wird.
Eine Möglichkeit den Tod seriös, professionell und begleitet vor einem natürlichen Versagen des Körpers herzuführen bleibt weiterhin unmöglich.

Re: 25.Juni 2010 Bundesgerichtshof stärkt Recht auf Sterbehi

Verfasst: Samstag 26. Juni 2010, 10:50
von ameisenbär
wie ist eigentlich die Situation, wenn einer den Freitod versucht, aber gefunden wird? Nun aber klar Papiere hat, die besagen, KEINE Behandlung?
Ärzte dürfen dem Urteil zufolge auch dann lebensverlängernde Maßnahmen abbrechen, wenn der unmittelbare Sterbevorgang noch nicht begonnen hat. Mitnichten haben die Richter aber die aktive Sterbehilfe freigegeben. Das heißt: Wer eine Giftspritze setzt, macht sich auch weiterhin strafbar.

Der BGH stützte sich in seinem Urteil auf das neue Gesetz zu Patientenverfügungen, das seit 1. September 2009 wirksam ist. Demnach ist bei der Anordnung lebenserhaltender Maßnahmen verbindlich, was der Betroffene in einer Willenserklärung festgelegt hat. Nach dem Gesetz gilt verbindlich, dass man Vorgaben nicht nur für tödlich verlaufende Krankheiten, sondern für jede Art Behandlung machen kann. Gibt es keine schriftliche Patientenverfügung oder betreffen die Festlegungen nicht die aktuelle Situation, muss der Bevollmächtigte unter Beachtung des mutmaßlichen Patientenwillens entscheiden, ob er in eine Untersuchung, eine Behandlung oder einen ärztlichen Eingriff einwilligt.
http://www.spiegel.de/panorama/gesellsc ... 45,00.html

Re: 25.Juni 2010 Bundesgerichtshof stärkt Recht auf Sterbehi

Verfasst: Sonntag 27. Juni 2010, 13:52
von Ich wittre Morgenluft
ameisenbär hat geschrieben:wie ist eigentlich die Situation, wenn einer den Freitod versucht, aber gefunden wird? Nun aber klar Papiere hat, die besagen, KEINE Behandlung?
Mals alles hypothetisch und ohne Rechtsberatung.

Was zunächst unfachlich und rechtlich unproblematisch aussieht, das ist dennoch nicht einfach zu beantworten.
Besonders nach dem höchstinstanzlichen Urteil sollte man annehmen, dass der Mediziner auch in dieser Situation der Patientenverfügung folge zu leisten hat.
Tatsächlich, so scheint es, ist dem weder aus juristischer noch medizinischer Sicht eindeutig zuzustimmen.

Vorraussetzung für die Wirksamkeit einer Patientenverfügung wäre das bestehende Verhältnis von Arzt und Patient.
Sobald der Notfallmediziner eintrifft und den Patienten untersucht müsste dieses Verhältnis gegeben sein. Der Arzt müsste also die Verantwortung für den Patienten übernehmen. Dabei solle er das Leben und die Gesundheit des Patienten nach seinem Hippokratischen Eid schützen. Aus gesetzlicher Sicht müsste er aber auch den Willenserklärungen des Patienten folgen. In dieser Konstellation wäre dies eine Patientenverfügung nach,. Damit eine Patientenverfügung in ihrem Wesen wirksam werden kann, müsste sie formalen Maßstäben entsprechen. Dazu liegt das Augenmerk in der beschriebenen Situation darauf, dass der Wille des Patienten tatsächlich dessen eigener und noch bestehender Wille ist und kein Anzeichen besteht, dass diese Willenserklärung auf Irrtum oder äußeren Druck basiert.

In Anbetracht der charakteristischen Merkmale der Notfallsituation scheint es beinahe unmöglich für den Notarzt die formelle Rechtswirksamkeit der Patientenverfügung zu prüfen. Der Notfallmediziner kann scheinbar nicht sicher sein ob die Willenserklärung tatsächlich vom Patienten stammt, sie sein freier Wille war und auch nicht, ob dies noch den aktuellen Willen darstellt. Zeitdruck und die besondere Verantwortung in der Notfallsituation mit möglicher Todesfolge machen den Notarzt scheinbar besonders schützenswert.

So wird der Notarzt wohl immer nach seinem Hippokratischen Eid, der im übrigen keinen Willen des Patienten kennt,"in dubio pro vita" entscheiden.
Generell scheint das Gesetz zur Patientenverfügung auf eine klinische Konstellation zwischen Arzt und Patient zu zielen, in der der Arzt ausreichend Zeitraum, Informationen und Kenntnisse über den Patienten hat. In der Notfallsituation ist der Patient scheinbar vollkommen Anonym, es gibt wohl keine Informationen und wahrscheinlich keine Krankenakte.

Zusatz:
Der Notfallmediziner ist natürlich angehalten, nur im (mutmaßlichen) Interesse des Patienten zu handeln. Dabei darf er sich aber von augenscheinlichen Gründen (alles sieht nach einem Suizidversuch aus mit einer augenscheinlichen Patientenverfügung) nicht beeinflussen lassen, da er diese Merkmale nie prüfen kann.
Die größte Wahrscheinlichkeit bleibt wohl für den Mediziner im Notfall weiterhin die, dass der Patient leben will.
Angeblich sollen schon Suizidversuche mit Patientenverfügung konstruiert worden sein, um Morde zu begehen.

Re: 25.Juni 2010 Bundesgerichtshof stärkt Recht auf Sterbehi

Verfasst: Sonntag 27. Juni 2010, 15:28
von ameisenbär
Danke, das klingt übel, aber ich weiss das auch der Notarzt sich an die Verfügung halten muss, so z.B wenn einer Bluttransfusionen oder Reanimation ablehnt, das ist Körperverletzung wenn er es doch tut. Sollte jemals ein Arzt mir was antun ohne Einwilligung, werde ich den rechtlich mit allem Mitteln verfolgen.