ameisenbär hat geschrieben:wie ist eigentlich die Situation, wenn einer den Freitod versucht, aber gefunden wird? Nun aber klar Papiere hat, die besagen, KEINE Behandlung?
Mals alles hypothetisch und ohne Rechtsberatung.
Was zunächst unfachlich und rechtlich unproblematisch aussieht, das ist dennoch nicht einfach zu beantworten.
Besonders nach dem höchstinstanzlichen Urteil sollte man annehmen, dass der Mediziner auch in dieser Situation der Patientenverfügung folge zu leisten hat.
Tatsächlich, so scheint es, ist dem weder aus juristischer noch medizinischer Sicht eindeutig zuzustimmen.
Vorraussetzung für die Wirksamkeit einer Patientenverfügung wäre das bestehende Verhältnis von Arzt und Patient.
Sobald der Notfallmediziner eintrifft und den Patienten untersucht müsste dieses Verhältnis gegeben sein. Der Arzt müsste also die Verantwortung für den Patienten übernehmen. Dabei solle er das Leben und die Gesundheit des Patienten nach seinem Hippokratischen Eid schützen. Aus gesetzlicher Sicht müsste er aber auch den Willenserklärungen des Patienten folgen. In dieser Konstellation wäre dies eine Patientenverfügung nach,. Damit eine Patientenverfügung in ihrem Wesen wirksam werden kann, müsste sie formalen Maßstäben entsprechen. Dazu liegt das Augenmerk in der beschriebenen Situation darauf, dass der Wille des Patienten tatsächlich dessen eigener und noch bestehender Wille ist und kein Anzeichen besteht, dass diese Willenserklärung auf Irrtum oder äußeren Druck basiert.
In Anbetracht der charakteristischen Merkmale der Notfallsituation scheint es beinahe unmöglich für den Notarzt die formelle Rechtswirksamkeit der Patientenverfügung zu prüfen. Der Notfallmediziner kann scheinbar nicht sicher sein ob die Willenserklärung tatsächlich vom Patienten stammt, sie sein freier Wille war und auch nicht, ob dies noch den aktuellen Willen darstellt. Zeitdruck und die besondere Verantwortung in der Notfallsituation mit möglicher Todesfolge machen den Notarzt scheinbar besonders schützenswert.
So wird der Notarzt wohl immer nach seinem Hippokratischen Eid, der im übrigen keinen Willen des Patienten kennt,"in dubio pro vita" entscheiden.
Generell scheint das Gesetz zur Patientenverfügung auf eine klinische Konstellation zwischen Arzt und Patient zu zielen, in der der Arzt ausreichend Zeitraum, Informationen und Kenntnisse über den Patienten hat. In der Notfallsituation ist der Patient scheinbar vollkommen Anonym, es gibt wohl keine Informationen und wahrscheinlich keine Krankenakte.
Zusatz:
Der Notfallmediziner ist natürlich angehalten, nur im (mutmaßlichen) Interesse des Patienten zu handeln. Dabei darf er sich aber von augenscheinlichen Gründen (alles sieht nach einem Suizidversuch aus mit einer augenscheinlichen Patientenverfügung) nicht beeinflussen lassen, da er diese Merkmale nie prüfen kann.
Die größte Wahrscheinlichkeit bleibt wohl für den Mediziner im Notfall weiterhin die, dass der Patient leben will.
Angeblich sollen schon Suizidversuche mit Patientenverfügung konstruiert worden sein, um Morde zu begehen.