Thanatos hat geschrieben:Um nebenbei mal wieder zum Thema das Threads zurückzukommen: Wer oder was sollte denn eigentlich „danach“ bestraft werden?
Im Titel wird "Angst vor Strafe, ..." und "..., das 'Danach'" nicht direkt verknüpft. Und "Strafe" steht vor "Danach".
Im Leben, also quasi im "Davor" (auf den Todeszeitpunkt bezogen), z. B. nach einem gescheiterten Selbsttötungsversuch, erfolgt tatsächlich eine Art Strafe, mit oftmals einer Einweisung in eine geschlossene psychiatrische Anstalt. Das wird dann zwar falsch "Hilfe" genannt (zum vom Opfer gar nicht mehr gewünschten weiter Leben, und wie könnte Zwangshilfe je "Hilfe" im Wortsinne sein?), "Klinik", "fürsorgerischer Freihzeitsentzug" (FFE, in der CH - seit dem neuen "Erwachsenenschutzgesetz" heisst es glaub' irgendwie anders, aber immer noch sinngemäß gleich, und "Für-Sorge", für jemanden sorgen der das möchte, und/oder "Schutz" für jemanden der das möchte/braucht usw. auch verfälscht) u. Ä., und nicht "Strafe", "Gefängnis" oder "Zuchthaus" (letzteres war oder ist in der CH die strafrechtliche Bezeichnung für Strafen ab 2 Jahren Gefängnis). Dennoch mag diese Nichtakzeptanz bis Bestrafung des nicht mehr leben Wollens in einer "Angst vor Strafe" mit drin stecken. Und das "Danach" kann auch alles nach dem inneren Abschliessen mit dem Leben sein, egal ob man den Selbsttötungsversuch dann überlebt (und sich erstmal wundert, was ist das, wo bin ich, warum bin ich) oder nicht (womit meiner Meinung nach das "Danach" nur noch für Andere existiert, die den/die Tote/-n dann noch "entsorgen" müssen/wollen).
Bezogen auf "das Danach" nach dem Tod, für den/die Gestorbene/-n selber, würde ich die Frage "wer oder was" spontan mit "die Seele" beantworten. Und weil das ein etwas diffuser eher altmodischer Begriff ist (mit der Zwei-Teilung physisch/psychisch oder materiell/immateriell "Leib und Seele"), ist das wohl etwa dasselbe wie "das Ich", das Denken, das "ich" - und deshalb kann das so nicht sein; das "ich" (denken können) stirbt mit dem Bewusstsein, mit dem Hirn, mit dem Gesamttod des Lebewesens. Oder wenn ich den nichtmateriellen Teil mit Energie benenne, wird es noch seltsamer: Wie könnte man Energie "bestrafen"?
Thanatos hat geschrieben:Ich denke, es wäre zunächst ein schlüssiger Beweis erforderlich, dass „danach“ noch etwas existiert, bevor man sich Sorgen um eine eventuelle Strafe macht.
Ganz unreligiös und ungläubig meine ich durchaus, dass nach dem Tod noch einiges existiert: Materiell die Leiche (anschliessend das, was aus ihr wird, durch Verfaulen oder Verbrennen, wie das wieder weiter umgesetzt wird usw. usw.), immateriell die Energie, die Art, die Erinnerungen usw.; des/der Gestorbenen bzw. (bei Erinnerungen) an das gestorbene Lebewesen.
Aber "etwas" genügt nicht.
Bestrafen kann man - wen oder was? Körper. Oder das Denken ("Gehirnwäsche" fällt mir dazu spontan ein - oder Redeverbote u. ä.).. Oder Fühlen (emotionale Verletzungen, Ängste, ... womit das Ganze irgendwie zum Schwanzbeisser wird, von wegen Angst vor dem "Danach").
All das wird aber vom Hirn wahrgenommen - und mit totem Hirn nicht mehr. Da können die Andern noch so bestrafen (Selbst-mörder ausserhalb von Friedhöfen begraben oder was noch alles), das merkt der/die Tote nicht mehr.
Nur ist es schwierig, sich dieses "nichts" mit noch lebendem Hirn vorzustellen.
Thanatos hat geschrieben:Nach meiner Erfahrung mit meinen christlichen Bekannten sind deren Jenseitshoffnungen – Pardon, meine Freunde, euer „unumstößliches Wissen“ ums Jenseits natürlich - reines Wunschdenken, weil sie den Gedanken, dass „danach“ wirklich nichts sein sollte, weder nachvollziehen noch ertragen können.
Also wird diese Unvorstellbarkeit von "nichts" durch Hoffnungen, Wünsche, Fantasien oder Ängste gefüllt. Und sich doch wieder etwas Weiteres vorgestellt. Grundlage aller Religionen, bzw. deren Ursache, Zweck, evtl.?
Auch bei scheinbar Ungläubigen, wie in meiner Herkunftsfamilie, gab es Testamente und Bestattungswünsche. Dazu muss sich ja jemand vorher vorstellen, wie es nach seinem Tod sei - und glauben, dass er darauf noch einen Einfluss habe; über seinen/ihren Tod hinaus noch das Handeln anderer Menschen bestimmen könne.
Ich habe aus dem Spruch "nach mir die Sintflut" für mich "nach mir die Schuttmulde" gemacht - und das heisst, manchmal denke ich daran, und also an etwas im "Danach", an etwas nach mir. Im Wissen darum, das werde ich nicht mehr mitbekommen (also wie alles, was mir mal was bedeutete, weggeworfen wird, weil es nun eben keine Bedeutung mehr hat). Und doch "weiss" ich irgendwie, es wird so sein - weil es immer so ist, wenn jemand gestorben ist (wobei es vielleicht nicht immer die Schuttmulde ist, aber ausgeräumt/umgeräumt wird auf jeden Fall). Ein Glaube so ähnlich wie der, es wird auch morgen noch eine Sonne geben. Oder - zumindest für Andere - weiter Jahreszeiten, usw.. Aber nichts in der Zukunft ist real, Tatsache; es ist immer nur Fantasie; (Denk-)Fortsetzung der Vergangenheit.
Also führt auch irgendeine Vergangenheit zu den Zukunftängsten "nach dem Tod", Angst vor Strafe, ...
Welche, ist individuell verschieden, oder religiös genormt, oder ... wo kommt das ursprünglich her?
Oder die umgekehrte Frage: Wer oder was kann/darf/will bestrafen?
Thanatos hat geschrieben:@ Chron: Da du ja „gern mehr“ über meine Erfahrungen mit Christen hören möchtest: Letzthin musste ich fast zwei Stunden mit alten Bekannten aus diesen Kreisen verbringen. Es wurde wieder einmal eine ihrer absurden Behauptungen ins Gespräch gebracht, nämlich dass Glaube gleich Wissen sei.
Ich hatte lange Mühe mit der Unterscheidung des gebräuchlichen "glaub'" bzw. "ich glaube, dass" (ich gestern Spaghetti gegessen habe - oder war es vorgestern?) und dem religiös-gläubigen "Glauben an", dem ich zum ersten Mal bei der Osterhasenlüge begegnet bin, aber kein anderes gleichaltriges Kind konnte mir das mit dem "Glauben" erklären. Es kursierte die Frage: "Glaubst du noch an den Osterhasen"? War die Antwort Nein, wusste man, das andere Kind hatte die Lüge auch enttarnt. War die Antwort nichts, Verwirrung, maximal ein verwirrtes "ja" (weil offenbar auch Christenkindern "glauben an" kein Begriff war!), kamen überhebliche Auslacher dem noch dummen andern Kind gegenüber. Womit das dann auch merkte, da stimmt doch wohl was nicht - und zuletzt wussten dann alle, dass (Oster-)Hasen keine Eier legen und EIN Hase nicht überall gleichzeitig sein kann usw..
Bis dann zum Internet-Zeitalter, als ich wo las, Glauben heisse "für wahr halten". Mal noch nachgesehen, in Wikipedia glaub' (!!

), und so weit kann ich mein übliches "glaub'" ja durchaus zuordnen, erklären, aber was ist mit "Glauben an"; wo passt dieses "an" in "für wahr halten"?
Wissen hingegen ist für mich das, was wahr ist = das, was war; Tatsache und NUR Vergangenheit. Erst dann ist es wirklich geschehen, wirklich wahr (alles andere ist wieder die Weiterführung, weil es gestern so war, müsste es morgen auch noch so sein - das ist aber nie sicher). Das aber meinen die meisten Menschen nicht so.
"Für wahr halten" gilt auch für wissenschafliche Theorien, "wissenschaftlich" enthält wiederum das Wort "Wissen" - ich glaube (= halte für wahr, oder stelle als kleine eigene Mini-Theorie vorübergehend auf), dass das nicht weiter hilft, Glaube und Wissen zu unterscheiden.
Wohl aber haben religiöse Glauben das Wort "an" drin. Auch von den Gläubigen selber: Sie glauben z. B. AN (einen männlichen, menschenähnlichen) Gott. Und das ist nun mal klar - rein sprachlich - nicht dasselbe wie "ich weiss, dass ..." (was?).
Weiteres Problem (und ich habe lange gebraucht, darauf zu kommen, und damit zu verstehen, warum Gläubige so wenig über ihr Glauben mit Ungläubigen reden mögen): Glauben hat bei Religiösen/Gläubigen viel mit (ihren) Gefühlem zu tun. Mit Hoffnungen, Ängsten, manchmal auch mit Liebe und vielem mehr ... Und solche Gefühle/Gedanken gibt es, auch meiner Meinung nach (sind also Wissen um etwas, was geschehen ist)! Das Wissen um Ängste (die jemand hatte/hat), z. B., ist = Glauben an (Drohungen von Höllen usw.) ...?? So irgendwie.
Thanatos hat geschrieben:Dummerweise konnte ich mich nicht beherrschen, sondern versuchte sachlich und nüchtern zu erklären,
Ich kann - oder will - mich da auch nur selten beherrschen. Wenn schon bei den ersten (Teil-)Sätzen Widerspruch aufkommt, rattert mein Hirn los, und das muss dann auch raus, bevor's mir überläuft ... Und wohl eher nicht dummerweise, sondern intelligenterweise, nur, gerade diplomatisch ist das nicht, und war für mich auch nicht dazu dienlich, mehr zu erfahren von so ganz anders Denkenden (Glaubenden). Bis es dann doch mal gelang, mit jemandem, den ich länger kannte (von einer "Freikirche"). Als mir klar wurde, dass "Gott" irgendwie Gefühle bezeichnet/vereint (auch an religiösen Zeremonien, Gruppenerlebnissen, aber nicht nur), war mir auch klar, dass dagegen sachlich-sprachliche Argumente keine Chance haben können. Wenn ich traurig bin, will ich auch keine Abhandlung über angebliche Depressionen hören - so als Beispiel.
Klarer wurde mir dieses Phänomen wohl beim Islam. Vielleicht auch von dort her dann endlich beim Christentum (einer Umgebungsreligion, von der man kaum was merkt, die aber so überall drin ist ... Und bis heute habe ich mir manche Ausdrücke/Flüche nicht abgewöhnt, die eigentlich christlich sind. Weil man Sprache ja eben von der Umgebung lernt, ohne jedes Wort zu hinterfragen). Ich war interessiert daran, mehr zu erfahren, mein Gegenüber daran, mir mehr zu erzählen (was eher selten ist, aber der zufällig kennen Gelernte war besonders aktiv, leitete irgendein islamisches Zentrum o. Ä.; aber kein Fundamentalist der kriegerischen Sorte) - also haben wir eine Nacht "über Gott und die Welt" bzw. Nein, eben über "Allah und die Welt" geredet. Er hatte versucht, mir Allah als so ähnlich wie "Gott" zu erklären - was bei bei mir Nicht-Christ aber ja keine Vernetzung ergab. Also einigten wir uns auf Allah. Und das ist, fing er an aufzuzählen, Liebe, Licht, ... Es waren etwa 7 Wörter, dann brach er ab. Alles Immaterielle. Auch: Schicksal / Zufall (Beispiel: Nach einer Abmachung "inschallah" = "so Gott will" eher falsch übersetzt, aber den Spruch gibt's auch im Christentum, und meint: "wenn nichts dazwischenkommt"). Es führt zu einer gewissen Demut, wenn das immer wieder gesagt wird (und man endlich kapiert hat, das heisst NICHT, die Abmachung ist nicht sicher/gewollt und "wenn nichts dazwischen" kommt enthält die Hoffnung, es komme dann was dazwischen und man komme eben doch nicht; Nein, das ist genau so eine fixe Abmachung wie ohne diesen Zusatz, aber): Man kann nicht alles beeinflussen/steuern.
Allah hat aber keinen Artikel; es gibt kein der/die/das Allah (weil es im Arabischen keinen Artikel gibt). Mit "das Gott" könnte ich mich ja auch noch einverstanden erklären. Aber nicht mit einem Mann im Himmel - da fand ich mit 10, als ich erstmals so etwas mitbekam, 'das kann nicht sein; dann hätten ihn die Astronauten gesehen'. Der Meinung bin ich immer noch. Und wenn es diesen Mann im Himmel, der runterschaut wie ein Richter und bestrafen will, nicht gibt (was Allah = Alles Immaterielle nicht ausschliesst) - dann gibr es auch keine "jenseitigen" Strafen.
Thanatos hat geschrieben:Bitte zu beachten: Ich beziehe mich hier auf meine christlichen Bekannten, möchte diese Erfahrung also nicht verallgemeinernd für alle Christen geltend machen.
Sehr aktive/gläubige Christen (ebenso in allen andern Religionen vermutlich) zeigen wahrscheinlich besser, was "dahinter" steckt, als die, die es irgendwann als Kind halbverstanden aufgenommen und später scheinbar nur abgelegt haben (ein Kirchenaustritt genügt dazu z. B. bei weitem nicht, es wirklich loszuwerden). Ich glaube schon, dass das Titelthema mit Christentum zu tun hat (in andern Religionen kann ich das so nicht finden - ausser man wolle den Glauben, bei schlecht geführtem Leben würde man als z. B. Ratte wiedergeboren, als Straf-Angst auffassen. Aber was ist gegen Ratten einzuwenden? Denen geht's vielleicht besser als manchen Menschen ...).
Thanatos hat geschrieben:Einen halbwegs erträglichen Rest vom Tag,
wünscht Thanatos
Danke für den für mich passenden Wunsch

(der Gesunden vermutlich zu wenig wäre - gar nicht so einfach, einen allgemeingültigen zu finden, merke ich immer mal wieder, und hab z. B. mittlerweile erfolgreich den Spruch "bleiben Sie gesund!" einer "Gesundheits-" bzw. Krankheitssendung am TV bemängelt, jetzt kommt dort "schöne Woche" oder sowas; auch noch nicht wirklich passend, wenn es nicht mehr für Alle noch schön sein KANN ... Auch ohne Ängste).