Sadness hat geschrieben:@Chron:
Multiple Persönlichkeit, wäre da meine Diagnose.

Ist das so offensichtlich?

*duck und weg*
Ja, für mich schon (ich habe so jemanden in der Verwandtschaft, bin selber wohl nur knapp daran vorbeigekommen, und es hat mich dann psychologisch interessiert und mittlerweile gibt es ja auch recht viel Literatur dazu, von Autobiografien bis Fachbücher); danke für die Bestätigung. Aber für mich kein Grund für

oder weg: Dafür, dass es so werden und kommen musste, kannst du ja nichts. Die Schuld dafür liegt ausschliesslich bei den Verursachern, also Eltern & Co. Und die multiple Persönlichkeit ist eine (Extrem-)Fähigkeit, so etwas überhaupt überlebt zu haben. Also eine persönliche (und psychologische, entwicklungsgeschichtliche) Stärke, und in vielen Fällen führt diese sogar zu einem beruflich erfolgreichen und/oder öffentlich anerkannten Berufs-Leben (Mediziner, insbesondere Psychiater, Politiker usw.). Aber wie sich solche Menschen innerlich fühlen (müssen), ist dann wiederum eine andere Geschichte - und eine Leidensgeschichte. Bei der die Opfer die Konsequenzen von dem tragen, irgendwie zu ertragen/erleben/überleben versuchen (müssen), was Andere verbrochen und ihnen angetan haben. Oder es dann auch mal kaum noch ertragen können, entweder auch nicht verteilt auf alle Persönlichkeiten oder dann nicht in einzelnen der Persönlichkeiten; ich vermute, dass bei allen multiplen Persönlichkeiten mindestens eine unglücklich bis depressiv/todeswillig/zerstörungswillig ist, bzw. geworden sein muss, während andere endlich frei und glücklich leben können möchten und weiter darum kämpfen, sich darum bemühen, darauf hoffen, sich dazu im besten Fall auch Hilfe suchen und sie bekommen (der größere Teil outet sowas nicht und hofft wohl, lebenslang nie erkannt zu werden - was aber dann eher Täterschutz ist ...).
Ein Beispiel für das ausserordentliche Können, das Wissen, die Einsicht, die Weisheit und Logik usw. von multiplen Persönlichkeiten ist für mich z. B.:
Sadness hat geschrieben:zu erklären, dass manche Ratschläge eher Schläge sind als Hilfe....
keine Ahnung, ich verlier grad den Faden. Aber selbst schuld...damit machen es sich die Leute zu einfach. Und belügen sich selbst auch am Allermeisten. "Selbst schuld" spiegelt auch irgendwo die Illusion einer Kontrolle vor....reduziert die Angst...
,,, "mir passiert das nicht, denn ich mache alles besser", scheint eine häufige angstverdrängende Lebensstrategie/-einstellung zu sein. Umso schlimmer dann, wenn auch solchen Leuten mal was "passiert", was sie nicht kontrollieren/abwehren konnten - die stürzen dann mehr ab als Solche, die vorher schon die Unkontrollierbarkeit des Lebens (zu dem auch böse Leute gehören, nicht nur "wilde Tiere" früher mal draussen lebend) erkannt/erfahren haben.
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Seelenschmerz hat geschrieben:Ich stimme dir voll zu!
Allerdings, mit den Folgen sind in der Regel nur die Opfer konfrontiert, nicht die Verursacher.
Von daher ist das vielleicht doch nicht so nützlich.
Ja, leider. Dennoch zeigen die Opfer auf, dass es Täter/-innen überhaupt gibt, gegeben hat.
Seelenschmerz hat geschrieben:Wenn jemand sein Leben nicht in den Griff bekommt, wird doch in der Gesellschaft niemals der richtige Zusammenhang hergestellt.
ich meine, da hat sich viel geändert. Gerade in letzter Zeit z. B. wieder viele Medien-Berichterstattungen über Missbräuche und Gewalt in kirchlichen Einrichtungen. Und dabei wird dann schon auch gesagt, gezeigt, interviewt und damit, meine ich, auch logisch Jedem verständlich gemacht, dass das alles Folgen hatte, oft lebenslange für die Opfer (Berufsunfähigkeit usw.).
Was früher noch "Eltern haben die elterliche Gewalt über ihre Kinder" hiess, heisst jetzt "elterliches Sorgerecht". Das Schlagen von Kindern wird immer mehr geächtet, verboten, angezeigt. Weil es eben Folgen hat(te). Dazu immer mehr Berichte und Begriffe wie z. B. emotionaler Missbrauch.
Es stimmt, dass wohl immer noch zuerst den Opfern die Schuld/Verantwortung zugeschoben wird. Das zeigen z. B. Begriffe wie "Störungen", "Persönlichkeitsstörungen" usw. (diese Menschen WURDEN gestört, in ihrer natürlichen Entwicklung, aber sonst haben Störungen allenfalls Fernseher oder Computer, aber doch nicht Menschen! Meine ich ...). Ebenso die wie ich (emp)finde Abschiebungen im Stil von "mach doch eine Therapie - aber lass mich damit in Ruhe". Damit die Heile-Welt-Vorstellung (mit u. a. "alle Eltern lieben ihre Kinder, wollten nur das Beste für sie" [wobei mir die Aussage mal in einem TV-Talk einfällt: "Sie wollten mein Bestes - aber das kriegen sie nicht!"]) dann wieder hergestellt sei, bestätigt werde, die manche Leute haben (wollen). Aber eben: Einerseits leider (für die Betroffenen), andererseits zum Glück (allgemein gesehen und für die allfällige Vorbeugung weiterer Täter/Opfer/Schäden an kommenden Generationen), ist nicht alles einfach "wegtherapierbar", was (tatsächlich) geschehen ist, oft über Jahre, unzählige Male, ...
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berlinichbins hat geschrieben:einen Beitrag zu chrons Ansicht:
psychotherapie kann auch noch heute nachweislich gehirnstrukturen verändern, es kann einiges, was damals nicht stattfand nachgeholt werden. es ist ein älterer stand, dass das gehirn nur in der kindheit so flexibel funktioniert, so lernte ich es auch. das hielt mich jahrelang von einer therapie ab, weil ich dachte, die sache sei gegessen und nicht mehr heilbar.
Da bringst du wohl einiges durcheinander.
Was du vermutlich meinst, ist, dass eine Zeit lang die Lehrmeinung herrschte, dass sich nach der Kindheit keine Hirnzellen mehr neu bilden. Das wurde mittlerweile widerlegt.
Was ich gemeint habe, sind neue Forschungsergebnisse und betreffen die Grundstrukturen/-Einteilungen des Gehirns. Also dass eben z. B. Gehirne multipler Persönlichkeiten nachweislich (Computerbilder der Hirn-Aktivitäten, wie es sie früher rein technisch gar nicht geben konnte) tatsächlich, organisch, in getrennten Arealen funktionieren.
So ist es dann zwar möglich, die Teil-Persönlichkeiten (bzw. Hirnareale) zu verbinden, mit viel Übung/Therapien, so dass es z. B. keine Zeitlücken (wenn eine andere Persönlichkeit aktiv war) mehr geben kann und sich die "Innenpersönlichkeiten" gegenseitig kennen können, nicht aber ist es möglich, alle bis zu über 100 Teilpersönlichkeiten zu einer zu vereinen, wie es bei "Normalos" der Fall ist (und was auch alle Psychotherapien von entsprechenden Spezialisten/-innen immer wieder gezeigt haben, s. z. B. [Bücher von] Michaela Huber).
Es ist auch ganz logisch, dass es später nicht mehr geht, die komplette Hirnstruktur/-einteilung zu verändern. Das wäre nicht lebbar, während der Veränderungsphase, und so ein Mensch hätte dann wohl riesige Zeitlücken in seiner Vergangenheit, mehrere zeitlich versetzte Leben/Persönlichkeiten usw. - das kann nicht sein, sondern wir sind darauf angelegt, ein fortsetzendes Leben von Zeugung bis Tod zu leben, bei dem immer wieder Neues mit den bisherigen Erfahrungen verknüpft wird.
Man kann - allerdings wohl nicht immer (also nicht auch in allen schlimmsten Fällen jahrelanger Misshandlungen/Missbräuche/Vernachläßigungen und entsprechend ausgleichender Hirn-Fehlentwicklungen) -, allen Erfahrungsberichten (älterer Menschen) nach, lernen, mit den Schäden zu leben, und man kann seine Erinnerungen bewusst bekommen, so dass Einem nicht immer wieder mal unbewusst-unerkannt was "einen Stein in den Weg legt". Aber auch wenn man weiss warum, und was alles war, ändert das letztlich nichts daran, dass man mit den Folgen, hirnorganisch, sonstwie organisch (körperliche Misshandlungsschäden) und biografisch leben muss und das nicht in ein glücklicheres Leben mit glücklicheren Fortsetzungen einfach umtauschen kann oder so etwas.
berlinichbins hat geschrieben:"Um genau das zu tun, zu erleben, durchzuziehen.
Es ist leider nicht so, dass nur geliebte Kinder geboren werden, und es dann darum ginge, dass es den Kindern gut gehen würde. Eltern machen ihre Kinder in erster Linie für sich selber." schreibt chron
ja, sie machen ihre kinder um endlich in ihrem leben bedingungslose liebe zu erfahren, weil auch die Eltern ganz verdurstet sind und es das ist, was jeder mensch braucht.
Zwischen einem (allenfalls dann unerfüllten/unerfüllbaren) Wunsch/Bedürfnis und aktiven, bewussten Handlungen wie Misshandlungen, Gewalt/Vergewaltigung usw. von/an schwächeren Menschen/Kindern, ist für mich noch ein riesiger Unterschied. Bedürfnisse, ehrlich geäussert, wären vielleicht erfüllbar, mindestens aber verstehbar. Wo der eigene Frust (der Eltern) aber in Gewalt/Racheaktionen gegen Unschuldige mündet, geht mir jedes Verständnis ab und ich will und kann das weder verstehen noch verzeihen noch interessieren mich solche Täter(-innen)-Typen dann in irgendeiner noch mitleidsvollen Weise (auch wenn ich weiss, Täter/-innen waren wohl immer zuerst auch mal Opfer, aber längst nicht alle Opfer werden zu Täter/-innen; das liegt in der Entscheidung jedes Einzelnen).
berlinichbins hat geschrieben:ein kleines baby liebt erstmal bedingungslos.
Das mag vielleicht der Wunschtraum von Eltern sein, ist aber tatsächlich natürlich keineswegs so. Geliebt wird, was liebenswert ist - und gehasst/verachtet, was es dementsprechend verdient. Und wenn es gar nichts Liebenswertes/Lebenswertes gibt, kann sich ein Kind auch verabschieden (manche Fehlgeburten und "plötzlichen Kindstode" scheinen solche Ursachen zu haben; belegt ist, dass Kinder, die nur körperlich versorgt wurden, aber keinerlei Zuwendung erhielten, gestorben sind, in einem franz. Waisenhaus zu Napoleons Zeiten, der so ein Experiment befohlen hatte. Man sollte auch Berühmtheiten mal hinterfragen, richtig stellen - auch dass z. B. nicht Columbus Amerika "entdeckt" hat, sondern die Indianer längst vorher da waren, und Kriegshelden wie Napoleon waren eben keine Helden, sondern waren ähnlich sadistisch wie später die Nazis).
Nicht zu verwechseln damit, dass ein für sein Überleben von Erwachsenen abhängiges Kleinkind vielleicht manchmal so tut als ob, als ob es die Bedingungen seiner Eltern erfüllen würde (
Stockholm-Syndrom usw.).
berlinichbins hat geschrieben:und es gibt menschen, die aus diesem leid aussteigen und ganz klar dazu beitragen ihre kinder liebender großziehen zu können, obwohl sie einst das gegenteil erfahren haben.
Ja, die gab es wohl immer schon. Ebenso wie Leute, denen es (zu) gut ging (verwöhnte/bevorzugte. egoistisch-narzisstische Kinder) und die dann eine oft Generationen übergreifende Täterschaft am jeweiligen Nachwuchs begannen. Nicht nur "Adam und Eva", sondern eben auch "Kain und Abel", oder ein "Abraham", der sein Kind verbrennen wollte, u. Ä. (egal ob man das als Tatsachenberichte, Gleichnisse oder sonstwas auffasst, was über alte Schriften überliefert wurde: Es zeigt, das sind alles keine neueren Erfindungen/Phänomene, und die Menschheit ist offenbar nicht willens oder in der Lage, ein wirklich gutes Zusammenleben zu praktizieren).
Wir waren, im (ersten) Alltagsleben über Jahre, Kinder unserer Eltern und ihnen ausgeliefert. Glück oder Pech ... woran man kaum was ändern konnte. Gegenwart und Zukunft hingegen sind freier gestaltbar; wir sind nicht auch die Erwachsenen oder Spiegelbilder unserer Eltern, bzw. müssen es nicht sein. Aber auch dieser Freiheit sind Grenzen gesetzt, wenn man gleichzeitig mit den Folgen/Prägungen der Vergangenheit leben muss.