Stefan hat geschrieben:Klar, ich kann die lästige Oma auch die Treppe runter stoßen oder ihr das Kissen auf's Gesicht drücken, wenn ich sie als Angehöriger töten will. Oder ihr einfach nichts mehr zu trinken geben, dann ist sie dehydriert auch in ein paar Tagen tot. Aber ich fürchte, dass die Hemmschwelle bei Verfügbarkeit eines "nötigen Mittels" da eher sinken könnte. Mag gut sein, dass das ein Vorurteil ist (der Pentobarbital-Bezug wäre ja dokumentiert)... ich kann es nicht erklären, aber: je leichter die Mittel zu beschaffen sind, desto mehr Angst hätte ich als Pflegefall vor meinen Angehörigen. (Vor Ärzten und Pflegeheimpersonal weniger, die verdienen ja zu gut an mir, um mich zu töten, weil ich ihnen lästig bin.)
Das Pentobarbital dürfte also die Hände des Arztes nicht verlassen. Und da frage ich mich wieder, ob es "vom Staat" / von Medizinern verlangt werden kann, dass sie mich töten, obwohl ich körperlich so gesund bin, dass ich das selbst tun könnte. Das kommt für mich dann auch eine ähnliche Schiene wie ganz früher bei der Abtreibungsdiskussion. Ja, der Patient darf. Aber der Arzt muss nicht. Also die "Tourismus"-Lösung, wenn vor Ort kein Arzt dazu bereit ist? Ich weiss es auch nicht.
Achtung: jegliche Lebensverkürzung gegen den Willen des Betroffenen ist juristisch klar als Mord geregelt und wird strafrechtlich verfolgt. Küchenmesser sind ohne Rezept und frei erhältlich. Wenn jemand abgestochen wird, gegen seinen Wilen natürlich

, dann kann das Küchenmesser nichts dafür, sondern derjenige, der es als Mordwaffe einsetzte. Menschen, die mit einem Küchenmesser im Sinne seines 'normalen' Einsatzgebietes nicht umgehen können, werden als unzurechnungsfähig erklärt. Dumm ist nur, dass jeweils zuvor ein Mord passieren muss, aber das gehört zu den allgemein akzeptierten gesellschaftlichen Risiken, so schlimm sie auch sein mögen. Sonst müsste vieles andere auch verboten/kontrolliert werden, was man stillschweigend oder unbewusst in Kauf nimmt. Es entspringt einer sehr naiven Geisteshaltung (heile Welt), nicht wahrnehmen zu wollen, dass täglich Sachen geschehen, die man gefliessentlich verdrängt ode nicht am eigenen Leib erfährt. Ist man plötzlich davon betroffen, fällt es ihnen dann wie Schuppen von den Augen.
Das Problem bei der Abgabe von NaP auf Rezept sehe ich insofern als kein Problem an, als das Rezept nicht verweigert werden kann, und zwar weder durch einen eingeschüchterten Kantonsapotheker noch durch streikende Psychiater (Urteilsfähigkeit). Dort liegt aber im Fall der Psychischkranken aber das Problem. Die Grenze zwischen psychisch krank und unteilsfähig wird offenbar als fliessend erachtet.
Vom Staat eine Sterbehilfebegleitung zu verlangen kann man nicht, der Sterbewillige hat ein Recht, über sein Leben und seinen Tod selbst zu entscheiden. Man kann vom Staat höchstens verlangen, dass er das dazu notwendige Mittel, um eine Sterbegeleitung durchführen zu können, nicht einschränkt. Der Sterbewillige weiss selbst, aus welchen Gründen er sterben möchte und will sich da nicht dreinreden lassen von Leuten, die es besser wissen oder von aussen gesehen den Leidensdruck nicht im Geringsten erahnen können. Jemand mit MS muss nicht im Rollstuhl sitzen, um des Lebens müde zu werden, das Leben kann schon viel vorher zur Hölle werden. Die Psychischkranken haben da ein noch grösseres Rechtfertigungsproblem. Fazit: der Betroffene selbst entscheidet, wann er genug hat, weil nur er damit klarkommen muss.
Ich verstehe das Theater, das die Psychiater bei den Depressiven veranstalten, nicht. Sie schubladisieren den Betroffenen mit seinem Sterbewunsch als Kranken und weigern sich, die Zurechnungsfähigkeit zu attestieren. Der Wille zu leben ist gleichwertig mit dem Willen zu sterben (in meinen Augen). Interessant ist das Strassburger Urteil gerade aus dieser Perspektive. Die Richter stossen sich daran, dass der Kläger nur NaP als Suizidmittel in Betracht zieht. Das steht zwar nicht so direkt Schwarz auf Weiss, de facto bedeutet es aber, dass man sich gefälligst eine andere Methode suchen solle, die Auswahl sei ja gross genug.