materielle Sorgen als Auslöser

Themenbezogene Diskussionen, die sich nicht nur auf eine Person beziehen; Ursachen und Auslöser für Depressionen und Daseins-Ängste; Bewältigungsstrategien bei Lebensmüdigkeit; psychische Krankheitsformen; Suchtkrankheiten; Alkohol-, Drogen- und Medikamenten-Abhängigkeit; Beziehungsprobleme

Moderatoren: Ludwig A. Minelli, Mediator

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erfolglos
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Registriert: Samstag 6. Mai 2023, 18:27

materielle Sorgen als Auslöser

Beitrag von erfolglos »

Ich weiß selbst nicht so genau, warum ich dieses Thema anfange, aber geht es jemand hier auch so, dass der akute Auslöser für den Todeswunsch große materielle Sorgen sind?

Ich hatte die Gedanken an einen möglichen Suizid immer schon im Hintergrund und bin auch psychisch krank, aber jetzt bin ich durch Arbeitslosigkeit, Mieterhöhung und noch einiges mehr in eine so starke finanzielle Schieflage geraten, dass ich einfach nicht mehr weiter weiß. Die Gedanken daran martern mich ständig. Ich weiß einfach nicht, wie ich aus der Situation herauskommen soll und kassiere wegen meinen psychischen Problemen zusätzlich laufend Absagen auf Jobs.
Zusätzlich will mir jetzt auch noch das Jobcenter wahrscheinlich ein Geldgeschenk eines Angehörigen anrechnen, das ich aus purer Not bekommen habe. Und wenn die das machen bin ich endgültig ruiniert, werde meine Miete nicht mehr zahlen können und keine Lebensmittel mehr kaufen können.

Ist jemand irgendwie selbst mal in so einer Situation gewesen und da wieder raus gekommen? Ich wünsche sowas niemandem :(
Scotti
Beiträge: 917
Registriert: Donnerstag 3. Juni 2010, 10:34

Re: materielle Sorgen als Auslöser

Beitrag von Scotti »

Ich habe einige Zeit von diesem menschenunwürdigen Jobcenter leben müssen und weiß, wovon du redest! :evil: Es ist einfach menschenverachtend bis ins Letzte! Wie Heiner Geißler mal sagte "dort wird der 50 jährige Maurer mit 30 Jahren Berufserfahrung mit einem 25 jährigen Alki gleichgesetzt..." unfassbar!

Deine Gedanken kann ich verstehen und ja, ich hatte auch das große Glück, dass mich jemand monatlich mit kleinen Beträgen unterstützt hat, allerdings nie so in der Größe, als dass ich es hätte angeben müssen.
Puh, gute Frage, ich würde dir aber erstmal raten, dir einen Rechtsberatungsgutschein zu holen und damit einen guten Anwalt für Sozialrecht zu suchen, der dich vertritt/berät.
Evtl. gibt es ja da Möglichkeiten, dass dir dieses Geschenk anders angerechnet wird und du es nicht zurückzahlen musst.

Ich bin nach Jahren dann mit viel Glück in meinen alten Beruf zurückgekommen und das trotz meiner psychischen Erkrankungen, was für mich heute noch ein Wunder ist. Ich bin deutlich geringer belastbar, als noch mit 25 oder 30, keine Frage, mir gehts auch oft schlecht und ich muss mich wirklich anstrengen, dass keiner was merkt, aber es geht durchaus!
Natcha
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Registriert: Montag 7. August 2023, 13:44

Re: materielle Sorgen als Auslöser

Beitrag von Natcha »

Natürlich ist das ein Auslöser, Angst Obdachlos zu werden, Angst anderen zur last zu fallen, Angst vor der Zukunft. Ich glaube wenn der Mensch für sich keine Zukunft mehr sieht, ob aus gesundheitlichen oder anderen Gründen beginnt die Verzweiflung vielleicht nicht bei jedem aber sicher bei vielen! Steckt man erst mal in dieser Verzweiflung fest sieht man keinen Ausweg mehr. Ohne Zukunft ist das Leben vorbei! Lg
Scotti
Beiträge: 917
Registriert: Donnerstag 3. Juni 2010, 10:34

Re: materielle Sorgen als Auslöser

Beitrag von Scotti »

Natcha hat geschrieben: Sonntag 20. August 2023, 11:28 Natürlich ist das ein Auslöser, Angst Obdachlos zu werden, Angst anderen zur last zu fallen, Angst vor der Zukunft. Ich glaube wenn der Mensch für sich keine Zukunft mehr sieht, ob aus gesundheitlichen oder anderen Gründen beginnt die Verzweiflung vielleicht nicht bei jedem aber sicher bei vielen! Steckt man erst mal in dieser Verzweiflung fest sieht man keinen Ausweg mehr. Ohne Zukunft ist das Leben vorbei! Lg
Das hast du wirklich schön gesagt. Ich kann mich nur anschließen. Man kann eine gewisse Zeit mit der Ambivalenz leben, keine Frage, aber irgendwann, nach Monaten oder Jahren, ist der Punkt halt erreicht, an dem man keine Kraft zu kämpfen, keine Hoffnung mehr und kein Licht am Ende des Tunnels hat. All dies führt über kurz oder lang unweigerlich zu der alles entscheidenden Frage: Wie lange tu ich mir dieses Leben, diese Existenz in diesem Körper noch an?! Wie lange kämpfe ich noch, bevor ich endlich aufgeben und nach Hause gehen kann.
Natcha
Beiträge: 64
Registriert: Montag 7. August 2023, 13:44

Re: materielle Sorgen als Auslöser

Beitrag von Natcha »

Hallo schick mir gerne eine pn! Zu dem Thema kann ich viel sagen! Bin immer am Austausch interessiert! Halt nicht alles öffentlich!,m
saraw
Beiträge: 4
Registriert: Donnerstag 2. November 2023, 14:19

Re: materielle Sorgen als Auslöser

Beitrag von saraw »

Es ist so wichtig, dass wir über diese Gefühle reden und nicht alleine damit bleiben. Gerade in schwierigen Lebensphasen ist der Austausch mit anderen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, unheimlich wertvoll.

Sich in einem geschützteren Rahmen austauschen können ist wirklich gold wert. Es gibt immer einen Weg, auch wenn er manchmal nicht gleich sichtbar ist, und gemeinsam können wir vielleicht ein paar Schritte auf diesem Weg gehen.
Stummfilm
Beiträge: 159
Registriert: Freitag 16. August 2013, 13:38

Re: materielle Sorgen als Auslöser

Beitrag von Stummfilm »

Jobcenter ist furchtbar. Ich müsste aus gesundheitlichen Gründen nicht mal arbeiten, will aber mit dem Versagerhaufen nichts zu tun haben. Denn, wie überall im Sozialbereich, versammelt sich dort der unvermittelbare Abschaum. Problem für mich ist nicht deren Unvermittelbarkeit, sondern ihr benehmen und die sich daraus ergebenden Gründe, dass diese Leute halt im Jobcenter arbeiten. Ich hatte meistens verständnisvolle Berater, habe aber schon ganz schräge Dinge gehört, bei denen ich mich schon gefragt habe, wo der Berater mit Anlauf ang'rennt ist. Bin trotz meiner Erfahrungen froh, wenn in naher Zukunft eine KI diese Leute auf die andere Seite des Tisches befördert. Das, was einen Menschen ausmacht, nämlich Empathie und handeln nach Augenmaß, bringen die meisten nicht mit. Und das, was sie tun, könnte schon jetzt eine KI.
Gesetze sind dazu gemacht um gebrochen zu werden. Wie ist das Jobcenter überhaupt dahintergekommen?
Ich gebe nichts an.
Übrigens empfehle ich dir auch, den Bescheid zu beeinspruchen. Weiß nicht, wo du wohnst, aber in den meisten Rechtsstaaten dieser Welt gibt es kostenfreie Rechtsvertretung auf Antrag und bei vorliegen bestimmter Voraussetzungen. Selbst ohne Rechtsbeistand ist ein Einspruch klüger als alles einfach zu schlucken. Was du schilderst, klingt nach Deutschland. Sorry, dass ich das so schreibe, aber dieses Land ist mir sowas von unsympatisch. Asozial bis ins Mark und trotzdem die ganze Welt nerven mit der Herrenmentalität. Naja. Die Urlauber reichen mir völlig und bevor ich ein Land bereise, google ich erst mal, wo deutschenfreie Zonen sind. Ist leider auch in der EU zu beobachten. Sobald es um substanzielle Verbesserungen für Benachteiligte geht, tritt Deutschland am stärksten auf die Bremse. Muss ja alles vorher noch belabert werden und "Bewusstseinsbildung" betrieben werden,, sagte ein massiv übergewichtiger Sesselfurzer, wie auch die letzten Jahrzehnte zuvor.

Absagen sind ganz normal, bekommen auch völlig Gesunde mit einem geraden Lebenslauf. Es liegt öfter daran, dass man sich ziellos bewirbt und dem AG auch das vermittelt. War auch jahrelang arbeitslos, obwohl ich jeden Job genommen hätte. Da kam aber nichts, bis ich lernte, mich nicht mehr zu verstecken. Aber das kann man leider nicht einfach wollen.
Und ja. Ich kann das ganz gut verstehen. Finanziell aussichtslose Lage ist für mich ein absolut legitimer Suizidgrund wie eine Behinderung.
MelC
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Registriert: Sonntag 29. Dezember 2019, 17:59
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Re: materielle Sorgen als Auslöser

Beitrag von MelC »

Ich denke dass eine Abwärtsspirale ist die sich aus allen „lebensnotwendigen“ Bereichen zusammensetzt.
Die Gesundheit die einen daran hindert nicht voll erwerbsfähig zu sein, das demütigende Gefühl auf das Jobcenter angewiesen zu sein… und dann geht es weiter immer weiter runter …
enough
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Re: materielle Sorgen als Auslöser

Beitrag von enough »

ich stimme MelC voll zu, so ist es bei mir auch :cry:
Carta
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Registriert: Freitag 1. März 2024, 00:01

Re: materielle Sorgen als Auslöser

Beitrag von Carta »

Bei mir auch mal eben die Kurz-Zusammenfassung.

Anständige Lehre gemacht, also Gesellenbrief, dann Mobbing von Chefs und Kollegen, soweit dann langsam mit 19 Jahren die Depression anfing. Dann mit 28 Jahren noch geschafft Abi nach zu holen und wollte noch studieren. Dann kam Depression wieder, auch weil mein Vater dann an Parkinson verstarb. Studium war dann gegessen.

Jetzt würde mir sogar Teilzeit auf 20 Stunden Woche reichen, aber durch Depression und kaputte Lunge eben dann leider auch existenz Ängste.

Alles in allem geht es mir eigentlich soweit gut, weil ich freiwillig auf mein Erbe verzichtet habe und das Eigenheim meiner Mutter gehört und ich dort auch günstig Wohne, aber sobald sie stirbt (ist schon über 74 und ich hoffe sie wird es noch mindestens 10 Jahre machen), aber dann darf ich das Haus verkaufen, weil ja kein Anspruch auf SGII Leistungen mehr.

Naja das Ganze würde ich dann eh nicht verkraften und mir direkt den Strick besorgen. Halt blöd wenn man mit 20 Stunden Teilzeit gut über die Runden kommen würde, wegen Krankheit aber noch nichtmal das schafft. Im Mai nächsten Termin beim Pneumologen in der Hoffnung mal ins CT gesteckt zu werden.

Eigentlich hoffe ich auf 2 Dinge:
1) Entweder wieder fit werden und Arbeiten können.
2) Bitte Krebs im Endstaduim mit schnell wachsenden Methastasen (Ihr wisste was ich meine).
Oder:
3) Vll. wirklich so krank zu werden das Frührente drin wäre.

Nur dieser sch**ß Schwebezustand wegen Schmerzen nicht arbeiten zu können (wollen), aber für das Amt noch gesund genug auszusehen, das die denken man könnte ja arbeiten. Im Moment schaffe ich es aber noch die Jobcom von mir fern zu halten. Mal schauen wie lange das noch funzt.
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