Abstruse Gedanken

Themenbezogene Diskussionen, die sich nicht nur auf eine Person beziehen; Ursachen und Auslöser für Depressionen und Daseins-Ängste; Bewältigungsstrategien bei Lebensmüdigkeit; psychische Krankheitsformen; Suchtkrankheiten; Alkohol-, Drogen- und Medikamenten-Abhängigkeit; Beziehungsprobleme

Moderatoren: Ludwig A. Minelli, Mediator

Antworten
Scotti
Beiträge: 913
Registriert: Donnerstag 3. Juni 2010, 10:34

Abstruse Gedanken

Beitrag von Scotti »

Mir ist in den letzten Wochen etwas aufgefallen, was ich total paradox finde und nicht genau weiß, wie ich das einschätzen soll, daher stell ich diese Gedanken einfach mal zur Diskussion und bin sehr auf eure Meinung gespannt :D :

Ich saß letztens abends mit einem Buch auf der Couch und kam so in Gedanken an den Punkt "Letzter Tag deines Lebens" und dann kam so das "Wie, wo und wann..." das war ja alles noch so logisch aufgebaut (wenn man das überhaupt so nennen kann, aber Bilanzsui ist halt doch recht rational) und ich bekam auf einmal folgenden Gedanken, der mein Konstrukt irgendwie, nun ja, sprengte :D "Wenn du den letzten Weg gehst.. machst du das so, dass die auf Arbeit noch die Chance haben, für deine Schicht nen anderen zu organisieren? Nicht, dass deine Schicht dann offen bleibt oder so..."
Dabei könnte mir ja gerade dieser Punkt wirklich sch*** egal sein, oder nicht?
Für mich irgendwo ein Zeichen, dass ich zwar auf der einen Seite gehen möchte, aber eben auf der anderen Seite noch so sehr hier im Leben stehe, dass ich "typisch deutsch" noch an den Arbeitgeber denke! Was für eine Zwickmühle :lol:
Hurlinger
Beiträge: 412
Registriert: Donnerstag 19. Oktober 2017, 19:41

Re: Abstruse Gedanken

Beitrag von Hurlinger »

Ooohhh. Das kenne ich auch nur zu gut. (Pflicht? Verantwortung? Angst)? k.A. was da die gröte Rolle spielt.
Ich hatte mir auch schon mal einen Zeitraum ausgesucht, und just ein paar Tage davor hieß es, dass ich jemanden zu einem bestimmten Termin vom Flughafen abholen muss, weil der ursprüngliche Fahrer ausfiel. Den Termin habe ich natürlich pflichtbewußt wahrgenommen.
Andererseits leistet das Verschieben aber auch der Angst vor dem tatsächlichen Schritt Vorschub.
Ich gehöre auch zu den Leuten, die vehement gegen Schinensuizid sind, wegen der Folgen für andere.
Daher frage ich mich auch oft, woher jetzt noch soviel Verantwortungsgefühl für die Nachwelt? Aber es ist einfach da.
Gruß
Hurlinger
enough
Beiträge: 594
Registriert: Sonntag 7. November 2021, 00:15

Re: Abstruse Gedanken

Beitrag von enough »

Hallo,
:wink:

ich finde das sind irgendwie gute Eigenschaften, die ihr habt und gar nicht abstrus und es ist schön, noch an andere zu denken, selbst wenns einem so schlecht geht. Das hab ich gar nicht überhaupt nicht. Manchmal denke ich auch so böse, dass es mir sogar egal ist, wenn meine Eltern mich tot finden und ich ihr Leben versau, eigentlich freu ich mich sogar drauf, weil sie meins versaut haben.

Nur um meinen Sohn tut es mir Leid, und um meine Freunde/Bekannten, aber das ist mir manchmal auch egal. Ich lebe sowieso nur noch, weil ich einen Sohn habe, den ich nie seh. Aber wenns mir richtig schlecht geht, muss ich einfach nur noch raus aus diesem ekelhaften Leben. :|
Scotti
Beiträge: 913
Registriert: Donnerstag 3. Juni 2010, 10:34

Re: Abstruse Gedanken

Beitrag von Scotti »

Schön zu lesen, dass ich nicht allein mit solchen Gedankenspielen zu tun habe :D hätte mich aber auch sehr gewundert.
Ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen, aber familiär ist es bei mir so, dass meine Eltern (wurde als Baby adoptiert) beide Ü80 sind, von meinen Problemen und Sorgen wissen und beide mich auch verstehen können, mein Vater allerdings mehr, als meine Mutter.

Die einzige, die ich damit wirklich "kalt" erwischen würde, wäre meine Schwester, die so gar nix davon ahnt, aber ich denke, das ist auch besser so.
Ich sag ja, typisch deutsch, dass man sich über solche Dinge eigentlich noch Gedanken macht, vor allem, da es doch viel wichtigeres gibt, als ob der AG eine Schicht besetzen kann oder eben nicht :lol: denke mal, das ist dann das kleinste Problem von allem.

Traurig genug, dass wir in einer Gesellschaft leben müssen, die sich so entwickelt hat und wo der Druck immer mehr wird und es kein Maß und keine Mitte mehr gibt, egal ob in der Justiz oder in der Politik und schon gar nicht in der Gesellschaft, die sich ja fröhlich in den "social medias" zerfleischt und sich gleichzeitig eine heile Welt auf Insta und Co vorspielen muss :roll: da kommt mir mein Essen von vorgestern ja wieder zu Besuch, wenn ich dran denke.
enough
Beiträge: 594
Registriert: Sonntag 7. November 2021, 00:15

Re: Abstruse Gedanken

Beitrag von enough »

Hallo, ja das mit der Gesellschafft stimmt schon. Ich könnte mich aber gerade so damit abfinden, wenn es privat und gesundheitlich besser wäre, aber wenn alles zusammen kommt, ist Feierabend.

Mit deiner Schwester und deinen Eltern...das wär natürlich doof, aber was solls.. :|

lg
Kuckuck
Beiträge: 60
Registriert: Montag 11. April 2022, 12:39

Re: Abstruse Gedanken

Beitrag von Kuckuck »

Ich hatte solche Gedanken an die Folgen für andere durch meinen Suizid nicht. Durch das lesen hier im Forum entwickle ich es etwas.
Ich hab keine Nachkommen oder Angehörige. Bloss meinen Freund. Er versteht es.
enough
Beiträge: 594
Registriert: Sonntag 7. November 2021, 00:15

Re: Abstruse Gedanken

Beitrag von enough »

das ist doch gut kuckuck dann hast du ein paar Sorgen weniger. :)

mir ist es langsam einfach egal alles.....

viele Grüße
Scotti
Beiträge: 913
Registriert: Donnerstag 3. Juni 2010, 10:34

Re: Abstruse Gedanken

Beitrag von Scotti »

Kuckuck hat geschrieben: Samstag 30. April 2022, 18:13 Ich hatte solche Gedanken an die Folgen für andere durch meinen Suizid nicht. Durch das lesen hier im Forum entwickle ich es etwas.
Ich hab keine Nachkommen oder Angehörige. Bloss meinen Freund. Er versteht es.
Dieses Verständnis ist es, was wirklich wichtig ist in solchen Situationen. Dadurch wird uns indirekt gezeigt, dass unser Wunsch nicht völlig irrational und unlogisch, sondern verständlich ist und von unseren Freunden/Familien nachvollzogen werden kann.
Ich habe gestern einen interessanten Satz gelesen, den ich wirklich passend finde "Das Leben hat uns einen einzigen Eingang geboten, aber bietet uns unzählige Türen um es wieder zu verlassen". Es heißt ja nicht umsonst bei vielen Philosophen, dass der Suizid schon immer ein durchaus nicht völlig verrufener Ausweg aus dem Leben ist.
Antworten