Peterchen hat geschrieben:Der Ausnahmecharakter des Freitods beruht nicht darauf, dass fast alle Menschen vom Leben begeistert sind, sondern auf den großen Widerständen, die überwunden werden müssen, um es zu beenden.
Angenommen, wir hätten nicht diesen Überlebenstrieb, der ja nur ein biologischer Automatismus ist und keine bewusste Wertschätzung des Lebens. Nehmen wir außerdem an, man bräuchte für einen Suizid keine Hilfsmittel, sondern könnte sich einfach hinlegen und durch einen bloßen Willensakt für immer einschlafen... dann wäre der Suizid ein Massenphänomen in ganz anderer Größenordnung.
Sehr schön gesagt, danke dafür!
Peterchen hat geschrieben:Diese Gedankenlosigkeit führt aber vielleicht auch dazu, dass sie es sich nicht eingestehen würden, wenn ihr Leben doch nicht so toll wäre.
Es gibt außerdem psychische Mechanismen wie das Pollyanna Principle, die dazu beitragen, dass Menschen sich für glücklicher halten als sie eigentlich sind. Die Evolution hat sich manches einfallen lassen, um die Leute bei der Stange zu halten.
Peterchen hat geschrieben:Warum sollten Ärzte darüber bestimmen, ob jemand sterben darf? Es ist doch keine medizinische Frage, ob ein Leben lebenswert ist. Außerdem würde damit etwas, das ein einklagbares Recht sein sollte, wieder von der Willkür einer exklusiven Personengruppe abhängen.
Besser wäre es, man könnte einen Antrag stellen und nach einer Wartefrist das NaP aus der Apotheke beziehen.
Auch hier meine volle Zustimmung!
Lovecraft hat geschrieben:und es bringt deutlich mehr Gewinn, wenn die meisten einfach "leben wollen"... der Tod - insbesondere der Tod der gesamten Menschheit - so sie sich denn irgendwann aus freien Stücken für die Beendigung ihrer Existenz entscheiden sollte, was wünschenswert wäre - wäre ein ziemliches Minusgeschäft...
Ja!
Starless Aeon hat geschrieben:Es liegt vielleicht daran dass ich eine sehr glückliche Kindheit hatte. Ich weis dass echtes Wohlbefinden möglich ist. Seit ich erwachsen bin sehe ich zwar nur schwarz. Aber ich kenne auch das Gegenteil und es fühlt sich, wenn man es erlebt, genau so echt und unwiderlegbar an wie jetzt der Weltschmerz.
Das kann ich gut nachvollziehen und ich finde, dieser Kontrast, zwischen der sorglosen Kindheit und der folgenden stressigen Realität, mit dem man ständig konfrontiert ist, verschlimmert die Gesamtsituation noch zusätzlich. Denn ich kann keinen Wert darin sehen, in eine Richtung zu leben während man sich nur in die andere sehnt. Das Positive kann das Negative in dieser Reihenfolge nicht ausgleichen, weil man von dem Positiven nur noch mehr Negatives bekommt, sobald die negative Zeit beginnt. Es müsste umgekehrt sein. Wenn das Leben sich stetig verbessern würde, wir immer gesünder und kräftiger und glücklicher würden, würde sich das Leben viel zielgerichteter anfühlen. Vielleicht soll das auch eigentlich so sein, aber wir zögern es durch die moderne Medizin unnötig lange hinaus. Vielleicht wäre es besser, wenn niemand älter als 35 würde und jeder, der ein Kind haben möchte, einen Antrag stellen und unterschreiben muss, dass er das Leben des Kindes auf humane Weise wieder nimmt, wenn das Kind es so wünscht. Nur so hätte man wirklich die Verantwortung für ein Leben, das man erschafft und das Kind dürfte entscheiden, ob es bleiben möchte oder nicht. Das Leben wäre kein Zwang, sondern ein Geschenk, das man auch zurück geben darf. Und so soll es doch eigentlich sein, oder nicht?
Starless Aeon hat geschrieben:"Vielleicht lebt Keiner, der nicht schon seinem Leben ein Ende gemacht hätte, wenn dies Ende etwas rein Passives wäre, ein plötzliches Aufhören des Daseyns. - Allein es ist etwas Aktives dabei: die Zerstörung des Leibes. Diese scheucht zurück (...)"
Die Version ist für mich auch auf jeden Fall verständlicher, aber ich bin noch nicht ganz im Bilde: Meint er damit, dass wir eher der passive Teil von uns sind und es darum quasi nicht in unserer Hand liegt, unser Dasein über den aktiven Teil zu beenden, was aber die Bedingung ist? Sodass wir bestenfalls hoffen können, dass es hilft wenn wir ganz viel daran denken den aktiven Teil zu überzeugen, bis er nicht mehr davor zurück scheucht? Bzw. unsere Artgenossen zu überzeugen, die nicht davor zurück scheuchen, dass es fair wäre unseren Leib zu zerstören?