Die Schwachen in unserer Gesellschaft

Themenbezogene Diskussionen, die sich nicht nur auf eine Person beziehen; Ursachen und Auslöser für Depressionen und Daseins-Ängste; Bewältigungsstrategien bei Lebensmüdigkeit; psychische Krankheitsformen; Suchtkrankheiten; Alkohol-, Drogen- und Medikamenten-Abhängigkeit; Beziehungsprobleme

Moderatoren: Ludwig A. Minelli, Mediator

Erloesung
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Die Schwachen in unserer Gesellschaft

Beitrag von Erloesung »

Hallo,

ich habe heute einen Satz entdeckt, der so wahr ist.
Zitat:
"Wer sich mangels Kraft keinen Respekt mehr verschaffen bzw. sich zur Wehr setzen kann, ist in unserem Gesundheitssystem, genau wie in dem uns umgebenden profitorientieren Gesellschafts- und Wirtschaftssystem, verloren."
(Zitat-Quelle: eine Textzeile aus einer Amazon Kundenrezension )

Ich kann diesen Satz nur 100% zustimmen. Ich erlebe es selber fast täglich, wie ich mir "Respekt" verschaffen muss gegenüber anderen Menschen. Da ich zum Glück noch relativ körperlich gesund bin, kann ich mich auch noch relativ gut zur Wehr setzen. Aber wenn ich da so an andere, chronisch kranke Menschen denke, dann kann ich mir sehr gut vorstellen, dass diese oft sehr schlecht von den Mitmenschen behandelt werden.

Und deshalb begehen wohl auch viele "Schwache" in unserer Gesellschaft Suizid. Weil sie eben die harten Mechanismen des menschlichen Zusammenlebens nicht mehr ertragen wollen.
Es ist so schade, dass die Menschen so sind. Gerade die schwachen, sensiblen Menschen bräuchten Unterstützung, Empathie etc. Aber meistens ist genau das Gegenteil der Fall. Wenn ein Mensch sich nicht mehr richtig zur Wehr setzen kann, nutzen die meisten Menschen dies aus. Vermutlich um mehr Macht zu haben oder weil sie ihren Frust ablassen wollen.
Ich bin jedenfalls von der Spezies Homo sapiens (Mensch) sehr enttäuscht. Ja, wahrscheinlich liegt es in den Genen, aber ein Mensch kann sich doch auch ändern in seinem Verhalten.

Jedenfalls, was mich betrifft, werde ich mich mental und körperlich weiter "aufrüsten", denn es kommen immer wieder "Angriffe" von Menschen und auch Menschen, die einen niedermachen wollen, etc.
Ich würde gerne einfach in Frieden leben, ohne mich "aufrüsten" zu müssen, aber leider funktioniert das in unserer Gesellschaft nicht.
Und mit "aufrüsten" meine ich nicht mit Waffen, sondern mit körperlicher Fitness und weitere psychologische Tipps erlernen, im Umgang mit Menschen.

Wie seht ihr dies?
Hier im Forum sind ja einige chronisch kranke und auch sensible Personen. Habt ihr auch den Eindruck, dass -wenn man sich mangels Kraft keinen Respekt mehr verschaffen kann, bzw. sich nicht mehr richtig zur Wehr setzen kann, dass man dann "verloren" ist in unserer Gesellschaft?
Riesenschnauzer
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Re: Die Schwachen in unserer Gesellschaft

Beitrag von Riesenschnauzer »

Erloesung hat geschrieben:Und mit "aufrüsten" meine ich nicht mit Waffen, sondern mit körperlicher Fitness und weitere psychologische Tipps erlernen, im Umgang mit Menschen.
Aber würdest du damit nicht dasselbe tun, was du kritisierst? Dass man sich bewusst vornimmt, irgendwelche psychologischen Kniffe zu lernen, halte ich nicht für eine so gute Idee. Es sei denn, man ist jetzt Verhörspezialist oder sowas. Denn das Unauthentische wird von den meisten Menschen wohl bemerkt und geht nach hinten los, so würde ich jedenfalls vermuten. Es sei denn, man ist ein extrem guter Schauspieler (was mir aber auch nicht grade erstrebenswert vorkommt).

Grundsätzlich sehe ich es aber auch so, dass "Schwäche zeigen" oder besonders sensibel zu sein nicht unbedingt honoriert wird. Es erweckt im günstigsten Fall Misstrauen oder Mitleid. Es gibt aber bestimmt auch Berufe und Bereiche, in denen so etwas eher honoriert wird.
SSchluSS2
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Re: Die Schwachen in unserer Gesellschaft

Beitrag von SSchluSS2 »

Da hast du echt recht! da hilft nur Bier kohlenhydrate schaffen Kraft und Selbstvertrauen
glycerine

Re: Die Schwachen in unserer Gesellschaft

Beitrag von glycerine »

Es stimmt schon was du sagst, ich gehe einfach nicht unter Menschen, im Supermarkt bin ich selten schwach angemacht worden, Diskos oder Bars sind Minenfelder, dort kämpfe ich schon lange nicht mehr mit.

Ganz krass ist das in Japan, scheitern is für viele ein Grund sich umzubringen, aber im Prinzip gibt es das überall auf der Welt
Peterchen
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Re: Die Schwachen in unserer Gesellschaft

Beitrag von Peterchen »

Unter dem dünnen Firnis von Sozialstaatlichkeit und geheuchelter Gleichheit sind wir eben immer noch eine sozialdarwinistische Gesellschaft. "Opfer" ist nicht umsonst eine Beleidigung unter Jugendlichen.

Ist einer der Gründe, wieso ich dieser Welt den Rücken kehren möchte und auf keinen Fall zum Fortbestand unserer Affenart beitragen werde.
Lovecraft
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Re: Die Schwachen in unserer Gesellschaft

Beitrag von Lovecraft »

...ich würde da sogar noch einen Schritt weiter gehen: wenn ich die Fähigkeit hätte, diesen Planeten zu zerstören - dann würde ich es tun - ohne zu zögern...ich würde ihn in die Sonne stürzen lassen, einen Asteroiden draufknallen lassen, oder ihn mit so einer Planetenzerstörer-Waffe wie bei "Star Wars" zu Staub zerblasen...ich habe endgültig die Faxen fett von dem Theater hier, von den "dressierten Affen" und ihrer scheinheiligen Doppelmoral...da wäre wirklich die Endlösung die einzige noch denkbare Lösung, diese Spezies ist nicht reformierbar...
Riesenschnauzer
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Re: Die Schwachen in unserer Gesellschaft

Beitrag von Riesenschnauzer »

Ich provoziere mal etwas:

Wegen grundsätzlicher philosophischer Erwägungen zum Leben bringt sich niemand um. Es geht immer um das persönliche Leid.

Oder gibt es hier jemanden, der quasi "alles hat" und aus philosophischen Gründen sterben will?
Lovecraft
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Re: Die Schwachen in unserer Gesellschaft

Beitrag von Lovecraft »

Riesenschnauzer hat geschrieben:Ich provoziere mal etwas:

Wegen grundsätzlicher philosophischer Erwägungen zum Leben bringt sich niemand um. Es geht immer um das persönliche Leid.

Oder gibt es hier jemanden, der quasi "alles hat" und aus philosophischen Gründen sterben will?
Das persönliche Leid mag der Auslöser sein, ja...aber, um das Ganze mal umzudrehen: wenn man, abgesehen von diesem persönlichen Leid - alles andere, was außerhalb von einem selbst geschieht, ganz toll finden würde: würde man sich auch dann noch umbringen wollen...? reicht das persönliche Empfinden allein aus - oder bedarf es doch zusätzlich dazu einer negativen Bewertung der Gesamtsituation...? Ich denke, das persönliche Leid ist eigentlich eher der Funke, der nötig ist, um das Pulver zu zünden...jemand, der die "Welt" um sich herum durch die rosarote Brille sieht, der wird immer einen - vorgeschobenen - Grund zum Weiterleben finden, auch wenn es ihm objektiv gesehen noch so beschissen geht...weil er es eben nicht objektiv sieht und sich etwas vormacht...
Riesenschnauzer
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Re: Die Schwachen in unserer Gesellschaft

Beitrag von Riesenschnauzer »

Das ist nun natürlich eine Vermutung: Aber ich glaube, es würde wahrscheinlich dem einen oder anderen genügen, um nicht sterben zu wollen, wenn er zumindest eine "kleine Welt" um sich herum hätte, die ihm zusagt. Oder mit anderen Worten: ein soziales Umfeld. Also die ganze Welt müsste jetzt nicht so kritikunwürdig sein oder perfekt, sondern es würde weniger genügen. Aber da schließe ich jetzt von mir auf andere...ich glaube aber schon, dass es hier bei vielen an der unmittelbaren Einsamkeit liegt. Wäre diese behoben, würde "man" die Welt wegen der eigenen Erfahrungen wahrscheinlich immer noch kritisch sehen, aber der Sterbewunsch würde wohl erstmal zurücktreten.
Peterchen
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Re: Die Schwachen in unserer Gesellschaft

Beitrag von Peterchen »

Riesenschnauzer hat geschrieben:Ich provoziere mal etwas:

Wegen grundsätzlicher philosophischer Erwägungen zum Leben bringt sich niemand um. Es geht immer um das persönliche Leid.
Das ist für mich keine Provokation. Natürlich ist das eigene Leid der Grund für einen Suizidwunsch. Aber ich weiß ja auch, dass ich nicht der einzige bin, der leidet, sondern dass es Millionen gibt, die noch schlimmer dran sind.

Nehmen wir an, ich könnte immer abwechselnd eine Woche als der glücklichste Mensch der Welt leben und danach eine Woche größtmögliches Leid ertragen. Alternativ könnte ich schmerzlos sterben. Da würde ich mich auf jeden Fall für den Tod entscheiden.
Zuletzt geändert von Peterchen am Dienstag 17. April 2018, 06:54, insgesamt 1-mal geändert.
Riesenschnauzer
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Re: Die Schwachen in unserer Gesellschaft

Beitrag von Riesenschnauzer »

Peterchen hat geschrieben: Nehmen wir an, ich könnte immer abwechselnd eine Woche als der glücklichste Mensch der Welt leben und danach eine Woche größtmögliches Leid ertragen. Alternativ könnte ich schmerzlos sterben. Da würde ich mich auf jeden Fall für den Tod entscheiden.
Ich wahrscheinlich auch. Anders wäre es, wenn ich genau wüsste, nur eine gewisse Zeit zu leiden zu müssen. Ohne eine Perspektive würde vermutlich auch niemand mehr in irgend einen Krieg ziehen oder ähnliche Entbehrungen auf sich nehmen. Aber so ein hin- und her wäre schwer erträglich.
Peterchen
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Re: Die Schwachen in unserer Gesellschaft

Beitrag von Peterchen »

Riesenschnauzer hat geschrieben:
Ich wahrscheinlich auch. Anders wäre es, wenn ich genau wüsste, nur eine gewisse Zeit zu leiden zu müssen.
Ich bin radikaler. Selbst für ein glückliches Leben würde ich zum Beispiel nicht das Erlebnis, bei lebendigem Leib zu verbrennen, auf mich nehmen, sondern mich direkt für die Nichtexistenz entscheiden. Ich denke, dass großes Leid durch kein Glück der Welt aufgewogen werden kann.

Dass Leute in Kriege ziehen, muss nichts heißen. Das ist das Ergebnis von gesellschaftlicher Abrichtung.
Riesenschnauzer
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Re: Die Schwachen in unserer Gesellschaft

Beitrag von Riesenschnauzer »

Peterchen hat geschrieben:Dass Leute in Kriege ziehen, muss nichts heißen. Das ist das Ergebnis von gesellschaftlicher Abrichtung.
Stimmt. Zumindest in den Weltkriegen galt es ja sogar als Ehre, an der Front zu fallen. Allerdings waren die Leute damals auch noch ziemlich gläubig, das heißt, nach dem Tod ging's weiter...

Ja, das mit dem Verbrennen...kann einem wenn es dumm läuft auf der Autobahn passieren. Man darf gar nicht dran denken.
Lovecraft
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Re: Die Schwachen in unserer Gesellschaft

Beitrag von Lovecraft »

Riesenschnauzer hat geschrieben:Das ist nun natürlich eine Vermutung: Aber ich glaube, es würde wahrscheinlich dem einen oder anderen genügen, um nicht sterben zu wollen, wenn er zumindest eine "kleine Welt" um sich herum hätte, die ihm zusagt. Oder mit anderen Worten: ein soziales Umfeld. Also die ganze Welt müsste jetzt nicht so kritikunwürdig sein oder perfekt, sondern es würde weniger genügen. Aber da schließe ich jetzt von mir auf andere...ich glaube aber schon, dass es hier bei vielen an der unmittelbaren Einsamkeit liegt. Wäre diese behoben, würde "man" die Welt wegen der eigenen Erfahrungen wahrscheinlich immer noch kritisch sehen, aber der Sterbewunsch würde wohl erstmal zurücktreten.
Zum Teil deckt sich diese Sichtweise mit meiner eigenen Erfahrung: wenn es zumindest einen "Mikrokosmos" innerhalb dieser "Welt" gäbe, in dem ich mich wohlfühlen und zumindest halbwegs nach meinen Vorstellungen leben könnte - dann wäre mein Sterbewunsch zumindest nicht so akut, übermächtig und unmittelbar präsent wie er es jetzt ist...er wäre als Option aber nach wie vor vorhanden - um bei Bedarf reaktiviert - nämlich dann, wenn sich die persönlichen Lebensumstände deutlich verschlechtern, was früher oder später ja doch eintritt, spätestens dann, wenn einen Freunde und schließlich auch der eigene Körper im Stich gelassen haben...

...Autofahren tue ich aus Prinzip nicht, Flugzeuge hasse ich noch mehr, nicht zuletzt aus Angst davor, dass das Ding in Flammen aufgehen könnte...ich kann mir auch nicht vorstellen, daß Millionen von Menschen tagtäglich in solchen fliegenden Kerosinbomben unterwegs sind - oder noch schlimmer, Formel-1 Rennen fahren..auch wenn einige buddhistische Märtyrer gerade diesen unschönen Tod als Protest gegen politische Unterdrückung und Fremdherrschaft gewählt haben, so würden die meisten Menschen doch alles tun, um dem zu entgehen...man hat es ja gesehen, als das World Trade Center in Flammen Stand...da sind die meisten lieber gesprungen als lebendig gegrillt zu werden...hätte ich in der Situation genauso gemacht, gar keine Frage....
Abendstern
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Re: Die Schwachen in unserer Gesellschaft

Beitrag von Abendstern »

Erloesung hat geschrieben:"Wer sich mangels Kraft keinen Respekt mehr verschaffen bzw. sich zur Wehr setzen kann, ist in unserem Gesundheitssystem, genau wie in dem uns umgebenden profitorientieren Gesellschafts- und Wirtschaftssystem, verloren."
Siehe: https://www.welt.de/politik/deutschland ... ndeln.html
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