Nur eine falsche Entscheidung

Themenbezogene Diskussionen, die sich nicht nur auf eine Person beziehen; Ursachen und Auslöser für Depressionen und Daseins-Ängste; Bewältigungsstrategien bei Lebensmüdigkeit; psychische Krankheitsformen; Suchtkrankheiten; Alkohol-, Drogen- und Medikamenten-Abhängigkeit; Beziehungsprobleme

Moderatoren: Ludwig A. Minelli, Mediator

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Erloesung
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Nur eine falsche Entscheidung

Beitrag von Erloesung »

Hey,

wisst ihr, was ich am Leben auch so fies finde. Wenn man nur einen einzigen "Fehler" macht, kann das ganze Leben schwer eingeschränkt sein.
Ich finde das halt so krass, dass selbst, wenn man vorsichtig im Leben ist, dass dann ein Fehler passiert, z.B. beim Skifahren ein Unfall. Und vorher hat man nachgedacht, "Soll ich die rote Piste nehmen oder die schwarze?" Dann entscheidet man sich für die schwarze Piste und hinterher denkt man, "Hätte ich doch nur die rote Piste genommen.."
Wenn man danach z.B. querschnittsgelähmt ist, dann würde ich mir immer denken "verdammt, warum hab ich damals nur "falsch" entschieden".

Geht das euch auch so, dass ihr dadurch extrem vorsichtig lebt?
glycerine

Re: Nur eine falsche Entscheidung

Beitrag von glycerine »

Ich habe früher leider schon ein paar falsche Entscheidungen getroffen, ich bin schon schwer behindert deswegen, aber irgendwann denkt man sich, man muss jetzt wirklich mal vorsichtiger sein, bevor man ein Leben lang in einem Pflegeheim dahinvegetiert. Ich habe noch ein Fünkchen Hoffnung durch zu kommen, aber alles ist eben nicht mehr drin in meiner Situation.

Wenn man wirklich immer auf größtmögliche Vorsicht aus ist, dann wird man ganz schön eingeschränkt, also da dürfte man ja gar nicht mehr vor die Türe gehen, es könnte einem ja was zustoßen, aber wenn man sich sozial komplett einkapselt, dann kann einem auch ganz schön viel passieren, zum Beispiel Depressionen und völlige Hoffnungslosigkeit. Der Mensch ist ein soziales Wesen und man darf einfach nicht aufhören es zu versuchen, egal ob man jetzt Autismus hat oder Schizophrenie. Ein gewisses Risiko abgelehnt zu werden besteht genau so wie ein gewisses Risiko besteht von einem Auto angefahren zu werden, wenn man die Straße überquert.

Bei Angststörungen gibt es oft nichts anderes als Benzos, wenns nicht anders geht eben ein Leben lang.
Peterchen
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Registriert: Freitag 30. Januar 2015, 13:02

Re: Nur eine falsche Entscheidung

Beitrag von Peterchen »

Wäre der Suizid keine Option für mich, dann würde ich wohl genauso empfinden. Es ist mir ein Rätsel, wie Menschen, die einen Freitod aus ideologischen Gründen ablehnen oder gar nicht in Betracht ziehen, dermaßen sorglos vor sich hinleben und keine Angst haben vor den vielen Übeln, die spätestens im Alter auf sie warten.

Das nennt man wohl optimism bias.

Aber da mein Leben schon ruiniert ist und der Suizid für die nächsten Jahre fest eingeplant, habe ich keine große Angst vor weiteren Katastrophen. Wenn sich mein Suizid dadurch noch etwas beschleunigen würde, dann wäre das kein Drama.

Natürlich gibt es Unfälle, die handlungsunfähig machen und dazu verurteilen, noch Jahrzehnte als Gemüse weiterzuleben. Aber das ist im Vergleich zu anderen Übeln extrem unwahrscheinlich. Selbst ein Schlaganfall oder Gehirnschaden muss dich nicht handlungs- und suizidunfähig machen.

Wie gesagt: Könnte ich noch mal als gesunder Mensch neu anfangen, dann würde ich mir trotzdem Nembutal besorgen und in die Schublade legen, damit ich den Ausgang aus dem Leben jederzeit griffbereit habe.
Erloesung
Beiträge: 281
Registriert: Montag 26. Januar 2009, 00:00

Re: Nur eine falsche Entscheidung

Beitrag von Erloesung »

Selbst wenn ich theorethisch neu anfangen könnte, würde ich aus Überzeugung (!) das Leben ablehnen.

Es gab da ja mal einen, der hat in seinem Abschiedsbrief geschrieben: "ich bin diesen Schritt nicht aus Depression heraus gegangen, sondern aus Überzeugung, weil das Leben doch nicht so toll ist, wie viele sagen."

Wie gesagt, ich kann diesem Typen nur zustimmen.

Und ausserdem: Das, was wir hier haben, haben wir uns nicht freiwillig ausgesucht, sondern wir wurden hier in das Leben reingeworfen (ohne vorherige Gehnehmigung ;) )
Und alles, was mit Zwang zu tun hat, finde ich eher schlecht.
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