Stummfilm hat geschrieben:Philosophische Haarspalterei, das Betrieb Benatar zum Glück nicht.
Ich halte die Betrachtung aus evolutionärer Perspektive für sehr sinnvoll. Selbst wenn man die Unterschiede zw. Mensch und Tier bejaht, so nur unter dem Gesichtspunkt, dass evolutionär gegen die Fortpflanzung des Individuums nachteilige Entscheidungen unwahrscheinlicher werden. Ja, der Mensch kann sich suizidieren genau so wie ein Vogel fliegen kann. Ein Vogel hat nun einmal die Anlagen dazu und ob es das tut, hängt für ihn wahrscheinlich genauso von seinem "Willen" ab wie für uns der Suizid oder der Griff zum Fernsehapparat. Im Traum glaube ich auch immer, Herr der Situation zu sein und weiß hinterher, dass ich nichts zu melden hatte. Vielleicht wache ich ja auch einmal aus diesem Alptraum auf und bin froh, davongekommen zu sein.
Tatsache ist: Es passiert so selten, dass hier eine evolutionäre Betrachtung angebracht ist statt irgendwelche absurden Theorien über den Willen anzustellen.
Der Wahrnehmungsfehler, naja, darüber kann man streiten, ist aber sinnlos. Viele Autofahrer schätzen sich weit besser ein, deshalb sind sie es nicht und dies lässt sich objektiv festmachen. Auch das Schönreden könnte man an objektiven Werten messen. So unterschiedlich ticken die Leute auch nicht, um zumindest eine Übereinstimmung über eine Mindestlebensqualität zu finden. Die Unterschiede kommen nur dadurch zustande, dass für die Meisten die Träume nun einmal nicht in erfüllung gehen und man, aufgrund der Tatsache, das Leben nicht auf Knopfdruck beenden zu können, eine Anpassungsleistung erbringen musste. Warum sonst sollte man doch Arbeit gut finden, Leid für nötig erachten, wieso werden Faulpelze nicht gewürdigt, obwohl in der unbelebten Natur völlig die Norm? Warum sollte man überhaupt etwas wollen? Das Sein erfordert es nicht. Der Mensch muss wollen, weil er sonst nicht wäre. Punkt.
Ich finde es ja schon seltsam, ein anderes Lebewesen verspeisen zu müssen und dass es mir schmeckt. Ich finde es nicht toll und würde das gern eher heute als morgen abstellen.
Lohnt es sich zu antworten? Mit Gedanken? Mit Argumenten? Wer unfähig und/oder unwillens ist, meine Argumente mit Gründen zu widerlegen oder auf entsprechende Mängel hinzuweisen, dafür `Haarspalterei`unterstellt, der sollte vielleicht besser einfach nicht antworten...
Zur Sache: Benatar hat schlicht viel Müll geschrieben (wenn man es genau wissen will), was ich hinsichtlich des Asymmetrie-Argumentes detailliert dargestellt habe (dass viele `Leser` ihre diffusen Dogmen diffus bestätigt sehen wollen, dürfte womöglich seinen Grund im (möglicherweise adaptiv erworbenem) Wohlgefallen an automatisierten Kopfnickbewegungen haben. Ja, ja, nicht lustig.
Leider war es mir unmöglich zu verstehen, was du geschrieben hattest hinsichtlich der Relevanz von Unterschieden bei Mensch und nicht-menschlichen Tieren hinsichtlich dem Suizid. Vielleicht kannst du etwas verständlicher formulieren?
Bezüglich dem Schönreden (dass je eigenes Leben nicht nur schlechter sei als vom jeweiligen Subjekt beurteilt, sondern, dass noch das beste Leben `very bad` sei) habe ich eine ebenso lange und stringente Kritik verfasst, wie hinsichtlich des Asymmetrie-Argumentes (und einigen weiteren, dem Antinatalismus zugehörige Themen). Aber solches hier zu posten werde ich mir und den `Lesern` wohl besser ersparen. Aber bereits in der Kritik des Asymmetrie-Argumentes habe ich ja die relative Irrelanz der von Benatar genannten, angeblich `objektiv` zu erfüllenden Kriterien für ein lebenswertes Leben kritisiert. (Der Kritik am Asymmetrie-Argument vorausgehend, habe ich ein ganzes `Kapitel` der Frage gewidmet, worauf ideal `objektive` und bedingt auch je real gefällte je subjektive Bewertungen eigenen Lebens gründen (sollten).
Im übrigen scheinen mir evolutionäre Spekulationen oftmals trivial und/oder vorhersehbar (alles MUSS adaptiv nützlich gewesen sein und entsprechend interpretiert werden. Ich frage mich da, ob das Denkvermögen darunter nicht grundsätzlich Schaden erleiden muss. Man nehme das Axiom `adaptive Nützlichkeit` und interpretiere alles entsprechend seiner Kompatibilität damit. Autsch.) An praktischen Folgerungen lässt sich dabei bedingt praktisch Relevantes ableiten. Dann aber unter Umständen auch Gemeingefährliches (man lese diesbezüglich S. Perrys abwegige Spekulation vor allem hinsichtlich der praktischen Forderungen, die sie damit zu stützen versucht. Das ist auch die einzig plausible Erklärung, warum sie eine so schwachsinnige These vortragen würde. Denn so dumm kann sie eigentlich gar nicht sein. Weit eher aber so `verblendet` im Bemühen kognitive Dissonanzen aufzulösen. Wobei solches wilde Herumspekulieren mir schon auch eine allgemeine Versuchung zu sein scheint im Bereich soziobiologischer `Erklärungen`.)
Apropos dem gar nicht haarspalterischen Fleisch essen
müssen (?!) und meiner Argumentation, dass kein indeterminiert-selbstbestimmter Wille existieren kann. Absurder, wie auch ethisch bedenklicher und einer entsprechend empörten Reaktion würdig (freilich wer nicht frei wählen kann, verdient weder Lob noch Tadel, es sei denn als bewusst eingesetzte Manipulationswerkzeuge), scheint mir da weit eher die Tatsache, dass ein Mensch, der sich zum Leid (der Tiere) seine Gedanken macht, nicht fähig ist auf Fleisch zu verzichten. Vergleichsweise scheint mir eine absolut unwiderlegbar-stringente Argumentation zu verfassen, konsistent und ergo intelligent zu sein, wie auch ethisch weniger bedenklich... keiner MUSS irgendetwas lesen und schon gar nicht verstehen. (Aber womöglich ist der Verzicht auf Fleisch so sehr anti-adaptiv - zumindest für bestimmte Personen ? - wie es der Suizid womöglich ist, obwohl es mehr Vegetarier/Veganer gegen dürfte als Suizide. Ja, der Mensch taugt offenbar nur sehr bedingt zur Ethik, auch das wohl adaptiv unvermeidlich. Seufz.)
Übrigens hat sich der Soziobiologe Wuketits hinsichtlich solcher Illusion (es wird ja nicht die Existenz des Wollens negiert, solches würde z.B. ein Epiphänomanalismus implizieren, sondern ein indeterminiert-selbstbestimmtes Wollen), sich seine adaptiv-nützlichen Gedanken gemacht...lol. Dass solche Spekulation auf eben solchem (oder mehr spekulativen, sprich: neurobiologischen) argumentativem Aufweis der Unmöglichkeit (sprich: Absurdidät!) der Existenz eines solchen Wollens beruht, dürfte klar sein.
Man vergleiche das Ernst nehmen des Sachverhalts, dass ein solches indeterminiert-selbstbestimmte freie Wollen nicht existieren kann (es wäre absurd ein solches Wollen als existierend anzunehmen...und du sprichst von absurd!) auf seine praktischen Konsequenzen. Zumindest was die Justiz und deren Strafpraxis angeht, hätte es potentiell als sensationell aufgeklärt-human zu bezeichnende Implikationen.
Freilich stehen dem Denk-und Reaktionsweisen entgegen, die den Mensch als schlicht `unverbesserlich` stigmatisieren. Ob diese adaptiv erworben wurden oder nicht, ist bezüglich der Frage ob der Mensch sein Denken, Fühlen, Wollen diesbezüglich radikal ändern kann, so gut wie irrelevant (da solcher Sachverhalt jedem an sich selber und anderen täglich x-fach demonstriert wird, wie auch der Unfähigkeit solches zu verändern. Vergleichsweise wäre der Fleischverzicht ebenso viel einfacher als ein Heroinentzug. D.h. relevant ist ob der Mensch sein Verhalten ändern kann oder nicht, und dazu braucht es keine adaptiven Thesen, die ja letztlich nur, deren Genese betreffend, bestätigen können, was man so und nicht anders erlebt).