Thanatos hat geschrieben:Und ich erlebte einen Fall mit Krebs im Endstadium, wo sich die Patientin noch bist zuletzt etwas vormachte, sogar eine Radtour mit mir zusammen plante.
Womit Benatar wieder mal bestätigt wäre.
Na ja...sie hätte wohl kaum die Tour geplant wenn sie sich wie im Endstadium gefühlt hätte, oder? D.h. sie hatte gewisse empirische und damit rationale Gründe um solches berechtigterweise zu planen (z.B. keine extreme Schmerzen), oder es waren mehr bewusste Träumereien/Spielereien, oder ein Abdriften eines bereits realitätsentrückten Erlebens. Dass man angesichts des Todes mit Abwehr etc. reagiert ist ja generell bekannt (diverse Stadientheorien u.a. jene von Kübler-Ross), wobei der von dir erwähnte `Fall` wohl anders zu deuten ist.
Ob solche als selbsttäuschende Beschönigungen oder doch, der Realität angemessener, als unbewusste Schönmachungen zu umschreiben sind (was empirisch im Einzelfall zu prüfen wäre)? D.h., dass die Frau solches plante, machte das ihr Leben subjektiv und damit faktisch nicht lebenswerter als es ohne solches gewesen wäre? Oder wäre die `Gesamtbilanz` positiver gewesen, hätte sie sich schon vorher aufgegeben und sich in ihr Schicksal gefügt oder dem `Träumen` entsagt? Wo die Hoffnung stirbt, stirbt bekanntlich das Leben...wer solchen subjektiven Umgang mit dem Leben als Täuschung moniert, muss aufzeigen inwiefern subjektiv erlebter Wert/Sinn nicht immer auch faktischer Wert ist (das lässt sich nur auf zwei Arten bewerkstelligen: a) man unterstellt, dass der Betreffende um seine Selbsttäuschung weiss und darum seine Täuschung nicht wirklich glauben und damit geniessen kann...womit aber die Möglichkeit zur Selbsttäuschung negiert wird, womit man das eigene Argument untergraben würde, oder b) man unterstellt, dass solches Schönreden (-machen) irgendwann aufgedeckt werden wird (zumindest in der überwiegenden Zahl der Fälle) und die dann anfallenden `Kosten` den Nutzen überwiegen.
Aber wie auch immer...bei Benatar geht es um etwas ganz anderes, nämlich nicht um Einzelfälle des sich etwas Vormachens (wie immer das dann interpretiert wird...und ebenso gut liessen sich ja umgekehrte Fälle des Schlechtredens nennen) in spezifischen Situationen, sondern um ein fast Allgemeingültigkeit beanspruchendes Gesetz der jeweils subjektiven Beschönigung des Lebens. Nur bei solch behaupteter Allgemeingültigkeit, hat Benatars Argument das Gewicht welches er ihm zuschreibt. So oder so, müsste aber genau eruiert werden, was das für Fälle sind, in welchen Situationen sie mit Vorliebe auftreten (d.h. ob und welche Gesetzmässigkeiten hier existieren), ob es biologisch verankerte Mechanismen sind mit spezifisch lebensdienlichen Funktionen, die jeweils unterhalb der Bewusstseinsschwelle ablaufen (Selbsttäuschungen im Sinne eines sich selber Belügens gibt es nicht...wer das behauptet, hat aufzuzeigen wie solches psychologisch abläuft, d.h. wie man zugleich um die Wahrheit weiss und es zugleich vor sich verbergen kann...und ich kenn keine Theorie die das plausibel darlegt, es wird einfach behauptet, dass dem so sei, am extremsten vielleicht vom Philosophen Sartre, der aber eh an einem realitätsfernen Freiheitswahn litt), ob nicht umgekehrte Verzerrungen zum Schlechten hin überwiegen und letztlich ob solche Verschönerungen eben faktisch das Leben verschönern, sie also nicht lediglich schön reden sind sondern schön machen und dies auch `unter dem Strich` (da Leben immer nur jenen Wert hat den man ihm subjektiv zuschreibt, einen objektiven Wert gibt es nicht...na ja, hier finge die sehr detaillierte Analyse und Differenzierung an, auf die ich hier nicht eingehen werde, aber so oder so an der grundsätzlichen These nichts änderte: erlebter Sinn/Wert ist - existentiell - faktischer Sinn/Wert).
Aber diese Fragen habe ich schon früher gestellt, ohne befriedigendes Resultat (d.h. ohne, dass eine Interpretation im Sinne von Benatar irgendwie legitimierbar erschien). Überhaupt habe ich wohl recht umfassende Klarheit bezüglich der Geltung seiner Hauptargumente erlangt (
)...und in der Form wie er sie formuliert, sind sie unhaltbar, wenn auch partiell nicht völlig unberechtigt (wenn man sie in den entsprechend richtigen Kontext einfügt bzw. davon ableitet).
O.k., leicht off-Topic. Zurück zum thread-Thema...