Sterbehilfe in Deutschland

Themenbezogene Diskussionen, die sich nicht nur auf eine Person beziehen; Ursachen und Auslöser für Depressionen und Daseins-Ängste; Bewältigungsstrategien bei Lebensmüdigkeit; psychische Krankheitsformen; Suchtkrankheiten; Alkohol-, Drogen- und Medikamenten-Abhängigkeit; Beziehungsprobleme

Moderatoren: Ludwig A. Minelli, Mediator

Thanatos
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Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von Thanatos »

Auch nicht schlecht, finde ich, ist Folgendes:
http://www.giordano-bruno-stiftung.de/m ... lobbyismus
Mediator
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Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von Mediator »

Peterchen
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Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von Peterchen »

Girlxxx

Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von Girlxxx »

Peterchen hat geschrieben:Und verboten:

http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 61527.html
Was wäre nicht-geschäftsmässige SH, oder wäre das ein Widerspruch in sich?
Mediator
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Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von Mediator »

Die Entscheidung des Deutschen Bundestags, die Frage der Beihilfe zum Suizid als Form der Sterbehilfe nach dem fraktionsübergreifenden Gruppenantrag Brand/Griese mit strafrechtlichen Mitteln zu regeln, verstösst sowohl gegen das Grundgesetz als auch die Europäische Menschenrechtskonvention.

DIGNITAS ruft deshalb den deutschen Bundespräsidenten auf, dem von ihm verkündeten Prinzip von Freiheit und Verantwortung zu folgen und dem Gesetz seine Zustimmung zu verweigern. Sollte er es in Verletzung des Grundgesetzes und seines Amtseids dennoch unterzeichnen, wird DIGNITAS diese gegen den Willen einer Mehrheit von über 80% der Bevölkerung getroffene und somit undemokratische Entscheidung beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe anfechten.


Unter dem Namen DIGNITAS – Menschenwürdig leben – Menschenwürdig sterben bestehen zwei gemeinnützige Vereine; der eine in der Schweiz, gegründet am 17. Mai 1998, der andere in Deutschland, gegründet am 26. September 2005. Beide setzen sich ein für Palliativ-versorgung, Suizidversuchsprävention, Patientenverfügung und das vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg durch Urteil vom 20. Januar 2011 bestätigte Menschenrecht ein, selber entscheiden zu dürfen, wann und wie jemand stirbt.
Peterchen
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Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von Peterchen »

Mediator hat geschrieben: DIGNITAS ruft deshalb den deutschen Bundespräsidenten auf, dem von ihm verkündeten Prinzip von Freiheit und Verantwortung zu folgen und dem Gesetz seine Zustimmung zu verweigern.
Das ist wohl psychologisch unwahrscheinlich, um nicht zu sagen abwegig. Herr Gauck redet zwar ständig von "Freiheit", aber wie bei allen Neoliberalen hat das nur eine ökonomische Bedeutung. Bei existenziellen Fragen sind diese "Liberalen" die härtesten Paternalisten.

Bin also gespannt auf den Ausgang der Verfassungsbeschwerde.
Girlxxx

Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von Girlxxx »

Peterchen hat geschrieben:
Mediator hat geschrieben: DIGNITAS ruft deshalb den deutschen Bundespräsidenten auf, dem von ihm verkündeten Prinzip von Freiheit und Verantwortung zu folgen und dem Gesetz seine Zustimmung zu verweigern.
Das ist wohl psychologisch unwahrscheinlich, um nicht zu sagen abwegig. Herr Gauck redet zwar ständig von "Freiheit", aber wie bei allen Neoliberalen hat das nur eine ökonomische Bedeutung. Bei existenziellen Fragen sind diese "Liberalen" die härtesten Paternalisten.

Bin also gespannt auf den Ausgang der Verfassungsbeschwerde.
Vor allem ist der Bundespräsident doch letztlich nur ein Pappkamerad, der Moral in harmlosen Reden proklamiert. Oder würde sich ein Bundespräsident öffentlich gegen eine Regierung äussern (Afghanistan-Einsatz z.B.)? Schwer vorstellbar. Aber Neoliberalist? Kaum, er ist (zumindest wenn man glaubt was er sagt) durchaus auch für staatliche Regulierungsmassnahmen (aber auch für Harz IV, wo er die richtige `Haltung` der Bezüger fordert...Eigenverantwortung :twisted: ). Zudem steht er dem Christentum nahe...was bezüglich SH wohl schon mal einiges implizieren würde.
elleP
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Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von elleP »

Lebensmüde hat geschrieben: An dieser Stelle nochmals vielen Dank an die Damen und Herren Politiker.
Hoffentlich dürfen Sie das einmal am eigenen Leib erfahren.
Das wird leider niemals passieren. Denn die haben jemanden dafür der das für sie diskret " erledigt "
Die Politiker werden von den Lobbyisten der Mediziner und Pharmaverbände geschmiert , weil zuviele Raffzähne am langsamen und qualvollen Tod der Menschen verdienen wollen.

Mein Beileid zum Tod Ihrer Mutter.
Thanatos
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Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von Thanatos »

elleP hat geschrieben:...
Die Politiker werden von den Lobbyisten der Mediziner und Pharmaverbände geschmiert , weil zuviele Raffzähne am langsamen und qualvollen Tod der Menschen verdienen wollen.
....
Klar, mit Kranken, besonders mit Schwerkranken lässt sich in der Pharma- und Pflegebranche eine Menge Geld verdienen, mit Toten jedoch nicht. Deshalb vermute ich auch, dass solche Kreise hinter der Vermeidung eines vernünftigen Sterbehilfegesetzes stehen. Jedoch ist mir keinerlei Beweis für eventuelle Bestechung bekannt.
Vielleicht sind die Hauptursachen dieser schrägen Entscheidung des Deutschen Bundestags eher Halbwissen oder Fehlinformation und schlicht und ergreifend die Angst vor dem Tod – und dadurch die Vermeidung sachlicher Diskussion. Weiterhin mag es sein, dass ein Großteil der Abgeordneten noch derart christlich geprägt ist, dass das Du-darfst-dir-nicht-das-Leben-nehmen zumindest unbewusst ihre Entscheidung beeinflusste. Und selbstverständlich die deutsche Vergangenheit, die immer gerne als Totschlagargument verwendet wird, wenn es um Sterbehilfe geht, zumal die meisten Leute immer noch nicht wissen, was der Begriff „Euthanasie“, der in eben dieser Vergangenheit missbraucht wurde, wirklich bedeutet. Vermutlich wissen das viele Abgeordnete auch nicht.
Frage an den Mediator: Inwiefern verstößt die Entscheidung des Deutschen Bundestags gegen das Grundgesetz und die Europäische Menschenrechtskommission?
Es grüßt,
Thanatos
Mediator
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Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von Mediator »

Thanatos hat geschrieben:
elleP hat geschrieben:...
Frage an den Mediator: Inwiefern verstößt die Entscheidung des Deutschen Bundestags gegen das Grundgesetz und die Europäische Menschenrechtskommission?
Es grüßt, Thanatos
In der Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestages ist von namhaften Experten erklärt worden, die Formulierung von § 217 StGB gemäss dem Vorschlag Brand/Griese, der dann mit 360 gegen 233 angenommen worden ist, verletze das Bestimmtheitsgebot, wie es Artikel 103 Absatz 2 für Strafbestimmungen verlange; insbesondere sei nicht klar, ob auch Ärzte unter diese Bestimmung fallen, welche im Bereich der Palliativmedizin schwerst Kranken Schmerzen lindern und dabei in Kauf nehmen, dass diese Massnahme das Leben verkürzen könne.

Ludwig A. Minelli, Gründer und Generalsekretär von DIGNITAS und Rechtsanwalt, ist überzeugt, dass aber auch andere Artikel des Grundgesetzes in viel höherem Masse verletzt werden. Dabei steht insbesondere Artikel 2 im Vordergrund; er hat folgenden Wortlaut:

Artikel 2
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.


Die freie Entfaltung der Persönlichkeit umfasst auch das Recht auf den eigenen Suizid. Wer sich dabei aber nicht beraten und helfen lassen darf, läuft in zahlreichen Fällen Gefahr, dass sich eine der Risiken verwirklicht, mit welchen jeder unbegleitete Suizidversuch behaftet ist.

Schliesslich kommt in Bezug auf die Vereine die Garantie der Vereinsfreiheit von Artikel 9 in Frage.

Falls Bundespräsident Gauck das vom Bundesrat diskussionslos abgesegnete Gesetz unterzeichnet, wird es veröffentlicht, und einen Tag später tritt es in Kraft. Für diesen Fall hat Dignitas vorgesehen, dafür besorgt zu sein, dass das Gesetz mit Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe angefochten wird.
Girlxxx

Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von Girlxxx »

Mediator hat geschrieben: Ludwig A. Minelli, Gründer und Generalsekretär von DIGNITAS und Rechtsanwalt, ist überzeugt, dass aber auch andere Artikel des Grundgesetzes in viel höherem Masse verletzt werden. Dabei steht insbesondere Artikel 2 im Vordergrund; er hat folgenden Wortlaut:
Meiner Ansicht nach ist das eben letztlich Auslegungssache bzw. Rechte implizieren inhaltlich das, was üblicherweise/bisher hinein interpretiert wird/wurde. Wie bei so vielen Gesetzen, muss erst die Praxis deren genaueren Bestimmungen entfalten und konkretisieren.
Artikel 2
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.


Die freie Entfaltung der Persönlichkeit umfasst auch das Recht auf den eigenen Suizid. Wer sich dabei aber nicht beraten und helfen lassen darf, läuft in zahlreichen Fällen Gefahr, dass sich eine der Risiken verwirklicht, mit welchen jeder unbegleitete Suizidversuch behaftet ist.
Hierzu: Mir scheinen die drei Rechte `Freiheit`, `Leben`, `körperliche Unversehrtheit` durchaus zunächst, d.h. plausibler Weise, in die gleiche Richtung zu zielen: autonom geführtes und erfülltes LEBEN.
Dies wird auch dadurch gestützt, dass Suizide ja oft gerade darum erfolgen weil das Recht auf `freie Entfaltung der Persönlichkeit` (zuweilen bedingt durch körperliche Versehrtheit) nicht (mehr) gegeben ist. Erst und nur dem Sterbewilligen, dem auf Grund des Fehlens solchen Rechtes `auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit` sein Leben unwert geworden ist, wird allenfalls das Recht auf Suizid als Teil `der freien Entfaltung der Persönlichkeit` betrachten, aber doch auch nur in zweideutig-ironischer oder zynischer Weise (die neutral-objektive Bezeichnung des Suizids als `Entfaltung der Persönlichkeit` hingegen ist schlicht falsch und kaum vom Zynismus frei zu sprechen. Freilich ist hier zu Differenzierung zwischen Suizid und den verschiedenen Formen von SH. Aber selbst bei SH nach einem Leben welches eine weitgehende Entfaltung der Persönlichkeit ermöglichte, scheint die SH nicht Teil dieser Verwirklichung zu sein...Heidegger sah das zumindest in seinem Buch `Sein und Zeit` anders: erst der Tod könne das Leben zu einem Ganzen machen, aber auch hier: durchaus nicht jedes. Aber: Sartres Auslegung des Todes war grundsätzlich eine konträre: der Tod als Verunmöglichung des Möglichen = Freiheit des Menschen sich zu entwerfen). Der Suizid wird von der Mehrzahl der Betroffenen gerade nicht als `freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit` gedeutet, sondern genau gegenteilig: weil ihnen die Ausübung dieses Rechtes verunmöglicht ist, sind sie genötigt Hand an sich zu legen. Zumindest wenn man das Recht auf `Freiheit` als `Freiheit zur Entfaltung der Persönlichkeit` interpretiert, scheint die Folgerung also falsch zu sein, dass eine so verstandene Freiheit ein Recht auf Suizid/SH impliziert (es sei denn, wo in seltensten Fällen eine Person eine Neigung zum Nichts (oder Jenseits) hat, unbesehen seiner faktisch gegebenen Möglichkeiten seine Persönlichkeit im Leben frei zu entfalten. D.h. der Prüfstein wäre hier, ob der Betreffende (im Rahmen des real menschlich Möglichen, nicht aber notwendig seines konkret gearteten Lebens) sich ein lebenswertes Leben vorstellen könnte. Ist ihm ein solches, diesseits psychischen gesund Seins, nicht möglich, und ist ihm das Nichts also nicht bloss negative Freiheit von (unwertem Leben), scheint `das Nichts` (evtl. auch ein imaginiertes Jenseits) deutbar als positive Freiheit seiner `Persönlichkeitsentfaltung`. Oder ein anderes Argument: dass der Zwang zu leben (nach einem Leben mit gelungener Entfaltung der Persönlichkeit) einen Schatten auf dieses gelungene Leben werfen würde und somit auch das (ausgeschöpfte) Recht auf `freie Entfaltung der Persönlichkeit` tangieren würde (hier wäre das Recht auf den Suizid nicht Teil der `Entfaltung der Persönlichkeit`, aber dessen Fehlen oder Verunmöglichung hätte quasi als Kollateralschaden die psychische Wirkung das gelebt-gelungene Leben zu entwerten, seines Glanzes zu berauben (und somit das entsprechende Recht)...im Sinne von: alles was schlecht endet, ist mehr oder minder schlecht).
Im Kontext der Beihilfe zum Suizid bewirkt das Wissen um einen zugesicherten Zugang zu NaP, dass im Einzelfall Betreffende dann ihr Leben wieder erträglicher leben können (weil es seinen Zwangscharakter einbüsst). Dies könnte man nun als eine erworbene `Freiheit` verstehen, die gerade durch die Möglichkeit zum Suizid erst konstituiert wird. Hier könnte man also argumentieren, dass die Freiheit zum Suizid auch eine Freiheit zum (Weiter)leben wäre (allerdings kaum als eine hinreichende Bedingung um eine `Entfaltung der Persönlichkeit` wieder zu ermöglichen). Ganz grundsätzlich könnte argumentiert werden, dass niemand verpflichtet ist seine Rechte auch in Anspruch zu nehmen. Dies scheint sein vorgängiges Freiheitsrecht zu sein (so er denn urteilsfähig ist etc., denn der Verzicht auf Rechte legt schnell den Verdacht nahe, dass da etwas nicht ganz stimmen kann. Auch gibt es die Idee, dass es Pflichten sich selber gegenüber gäbe, was aber philosophisch kaum zu begründen sein dürfte). Dann ist zu fragen, ob die fehlende Möglichkeit ein Recht ausüben zu können, nicht impliziert, dass dann ein Ersatzrecht wirksam werden müsste um für diesen Mangel einen bestmöglichen Ausgleich zu ermöglichen (oder anders: dass Pflichten von der Fähigkeit seine Rechte praktizieren zu können abhängig sind...dies auch dann, wenn es keine kodifizierte Pflicht (lebensunwert) zu leben gibt, faktisch läuft die Praxis aber im Einzelfall darauf hinaus bei Verbot von SH).

Schliesslich kommt in Bezug auf die Vereine die Garantie der Vereinsfreiheit von Artikel 9 in Frage.
Aber solche Freiheit hat doch nichts damit zu tun, ob Vereine tun und lassen können was sie wollen (jenseits allen Rechts).
Falls Bundespräsident Gauck das vom Bundesrat diskussionslos abgesegnete Gesetz unterzeichnet, wird es veröffentlicht, und einen Tag später tritt es in Kraft. Für diesen Fall hat Dignitas vorgesehen, dafür besorgt zu sein, dass das Gesetz mit Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe angefochten wird.
Was nicht mehr als das Recht von Dignitas ist (und wodurch u.a. Gesetze oder Begriffe die darin eingehen einen neuen Gehalt bzw. neue Interpretation erhalten können). Wobei mir der Rekurs auf das Recht zur `freien Entfaltung der Persönlichkeit` dazu nicht geeignet erscheint (zumindest bei einer common sense und/oder gängig praktizierter Auslegung). Als rein theoretische Überlegung: In der Amerikanischen Verfassung gibt es das Recht auf `pursuit of happiness` (Streben nach Glück). Diese Formulierung scheint mir z.B. geeigneter (wenn auch hier eine direkte Implikation nicht gegeben ist) um daraus ein Recht auf Suizid/SH zu folgern (u.a. vermittels der Theorie des neg. Utilitarismus).

Im übrigen sind obiges nur Anmerkungen (hermeneutische Übungen) eines Laien und nicht eines Juristen (und durchaus von einem grundsätzlichen pro SH Standpunkt) und sollen mehr illustrieren, wie auslegungsfähig Rechte sein können (und im Einzelfall von der Definition einzelner Begriffe abhängig sein können).
(Ergänzende Überlegungen: dass das Recht auf Leben allenfalls eine bessere Argumentationsbasis bietet, dann wenn hier der Tod als zum Leben dazugehörig betrachtet würde. Auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit könnte indirekt als ein Argument dienen, dann wenn durch Verbot von SH Menschen gezwungen wären Methoden anzuwenden, die ihren Körper nicht unversehrt lassen (sei dies als Überlebender oder Toter, im letzteren Fall wäre ein `intakter` Leichnam allerdings als im Interesse des Gestorbenen aufzuweisen).
Zuletzt geändert von Girlxxx am Samstag 28. November 2015, 16:26, insgesamt 1-mal geändert.
Thanatos
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Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von Thanatos »

Vielen Dank an den Mediator für die erhellende Antwort.
Lesetipp: Das aktuelle „Philosophie-Magazin“. Im Leitartikel „Gibt es einen guten Tod?“ findet sich auch ein interessanter Beitrag von Reinhard Merkel, Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie, mit der klaren Aussage: „Das Recht auf Suizid gehört zu unserer Würde.“
Schönes Wochenende allerseits,
wünscht Thanatos
Girlxxx

Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von Girlxxx »

Thanatos hat geschrieben:Vielen Dank an den Mediator für die erhellende Antwort.
Das ist das Problem wenn man jemanden aus Prinzip ignoriert, dass einem Erhellendes zum Thema Erhellung entgeht (denn die Antwort des Med. war erhellend als Darlegung eines gegebenen Sachverhaltes, aber völlig unerhellend betreffs der Frage, wie zu begründen ist, dass ein Verbot von SH gegen Menschenrechte verstosse).
Girlxxx

Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von Girlxxx »

Thanatos hat geschrieben:
Lesetipp: Das aktuelle „Philosophie-Magazin“. Im Leitartikel „Gibt es einen guten Tod?“ findet sich auch ein interessanter Beitrag von Reinhard Merkel, Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie, mit der klaren Aussage: „Das Recht auf Suizid gehört zu unserer Würde.“
Es wird doch kaum jemand hier das Magazin kaufen, aber: du könntest den entsprechenden Artikel doch problemlos in seiner argumentativen Grundstruktur darlegen (d.h. die Hauptargumente nennen, das wäre wahrscheinlich in 10 Zeilen zu machen). Denn die Aussage: "Das Recht auf Suizid gehört zu unserer Würde", ist allenfalls grammatisch klar, ansonsten eine reine Behauptung ohne irgend einen argumentativen Wert, d.h. Erhellungskoeffizient = 0

Der Würdebegriff eignet sich aber scheinbar doch besser um SH rechtfertigen zu können als die oben genannten Menschenrechte (Leben, Freiheit, Unversehrtheit) nicht nur weil er so schwammig ist und im Grunde fast beliebig interpretierbar ist, sondern weil er auch in der Sache mehr einleuchtet: grundsätzlich dann, wenn jeder selber definieren darf/muss (dies ist Teil des Würdebegriffs: dass keiner einem anderen vorschreiben kann, was er für sich als würdig zu erachten hat ) was für ihn seine (nicht aber jene anderer!) Würde impliziert (hier kann es aber Grenzen geben, wenn es Pflichten sich selber gegenüber gibt) und weil betreffs gewisser würdeloser Zustände auch intersubjektiv ein gewisser Konsens besteht (das Bild eines an Schläuchen Hängenden und so am Leben Erhaltenen wirkt auf viele `unwürdig`, weil viele ihre eigene Würde unter solchen Umständen als tangiert erachten würden).
And
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Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von And »

bzgl. der Diskussion in http://forum.dignitas.ch/viewtopic.php? ... &start=135

@ Girl - von der Logik des gesunden Verstandes gebe ich Dir recht. Nur geht es hier rein um das strafrechtliche Dogma, laut dem keine Mittäterschaft strafbar sein kann, wenn die Haupttat nicht strafbar ist (Ausnahme: der Haupttäter ist schuldunfähig, der Helfer schuldfähig & dies war vor der Tat nachweisbar bekannt).
Manipulation & Erpressung ist ja in den meisten Fällen nicht nachweisbar, darum stimme ich Dir hinsichtlich des Missbrauchsarguments auch völlig zu, was die Absurdität des Ganzen anbelangt.

Psychiatrische "Kriminalisierung" meine ich natürlich im übertragenen Sinn. Bei Vereitelung oder Scheitern erfolgt (meines Wissens) immer eine Einweisung, wobei letztlich (v.A. bei Renitenz / "fehlender Krankheitseinsicht" o.ä.) unbegrenzter Freiheitsentzug, Medikationszwang & totale Entmündigung via Betreuungsanordnung möglich ist. Dies kommt m.E. einer Bestrafung bzw. Abschreckung durch Angst vor Bestrafung gleich - mit dem Unterschied, dass der Betroffene nicht einmal sein "Strafmass" kennt, welches weitgehend der Willkür von Ärzten, Gutachtern etc. unterliegt. Jeder, der einmal gegen seinen Willen hospitalisiert & medikalisiert wurde, wird dem wohl zustimmen.
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