Sterbehilfe in Deutschland

Themenbezogene Diskussionen, die sich nicht nur auf eine Person beziehen; Ursachen und Auslöser für Depressionen und Daseins-Ängste; Bewältigungsstrategien bei Lebensmüdigkeit; psychische Krankheitsformen; Suchtkrankheiten; Alkohol-, Drogen- und Medikamenten-Abhängigkeit; Beziehungsprobleme

Moderatoren: Ludwig A. Minelli, Mediator

avira
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Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von avira »

Hallo an alle
zur Zeit beschäftigen sich die Politiker wieder mit der Sterbehilfe in Deutschland. Der begleitete Suizid gegen Geld steht auch wieder zur Debatte.
grüsse von a v i r a
Mediator
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Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von Mediator »

Soll es Sterbehilfe in Deutschland geben? Und falls ja, wie sollte sie aussehen? Im Zuge eines Gesetzesentwurfs wird darüber teils drastisch debattiert. Nachdem monatelang alle erdenklichen Experten, Bedenkenträger und Betroffenen ihre Meinungen über die Sterbehilfe ausgetauscht haben, müssen sich die Bundestagsabgeordneten nun festlegen. Wie soll die Suizidhilfe, also die Assistenz bei der freiverantwortlichen Selbsttötung durch Bereitstellung tödlich wirkender Medikamente, in Deutschland geregelt werden? In diesen Tagen stellen dazu vier Abgeordnetengruppen ihre unterschiedlichen Gesetzentwürfe vor, über die der Bundestag im November in einer Abstimmung ohne Fraktionszwang entscheiden soll. Drei Gruppen haben ihre Entwürfe schon fertig; das Spektrum reicht vom Totalverbot bis zur regulierten Zulassung auch von Sterbehilfevereinen.
SkYm243
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Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von SkYm243 »

Wenn das Thema schon angesprochen wird, möchte ich diesen Thread nutzen, um meine eigene. persönliche Meinung dazu zu äußern.

Was beudetet "Leben"?
Die Definition von "Leben" ist für jeden individuell, jeder Mensch hat seine eigene Ansicht und Einstellung, was für ihn persönlich ein lebenswertes Leben ausmacht.
Genauso ist auch die "Schwelle" des erträglichen Leids bei jedem unterschiedlich und kann nicht allgemein "festgelegt" werden.
Deshalb finde ich es falsch und letztendlich auch unmöglich als außenstehende Person zu beurteilen, ob ein Leben nun zumutbar und lebenswert ist oder nicht.
Manch einer kann sein Dasein aufgrund seiner idividuellen Situation nämlich garnicht mehr als "Leben" bezeichnen.

Allgemein
Allgemein stell ich mir die Frage, warum das Thema "Freitod" so intensiv kritisiert, abgelehnt, unterdrückt und als "falsch" dargestellt wird.
Welche nachvollziehbare Rechtfertigung gibt es, das GRUNDRECHT eines Menschen (nämlich das Recht auf Selbstbestimmung)in diesem Fall außer Kraft zu setzen?
Das Sterben ist ein Teil des Lebens und in meinen Augen hat jeder Mensch, der das Recht auf Leben erhalten hat, im Zuge dessen auch das Recht zum Sterben erhalten.
Religiöse Gründe dürfen als Argument dagegen meiner Meinung nach nicht verwendet werden, da erstens nicht jeder Mensch gläubig ist und zweitens nicht jede Religion die selben Ansichten teilt.
Häufig liest man, man dürfe nicht "Gott spielen".
Wenn man diesem Argument überhaupt Gehör schenken möchte, dann fallen mir dazu folgende Fragen ein:
1.Bei Frühgeburten, die ohne die heutigen, medizinischen Mögllichkeiten möglicherweise gar nicht das Tageslicht erblickt hätten; bei schweren Krankheiten etc. spielen wir in solchen Fällen nicht Gott?
2.Spielen wir nicht auch Gott wenn wir über das Leben/das nicht Leben einer anderen Person entscheiden, indem wir den Freitod verbieten?
Die Angst, dass einige den Weg zu "Gehen" im Affekt wählen, scheint mir auch unbegründet, da jeder Mensch (auch ein verzweifelter) einen Selbsterhaltungstrieb besitzt.
Deshalb ist der Weg von Suizidgedanken bis zur Durchführung ein sehr langer Prozess, weshalb es auch bei einigen bei den Gedanken bleibt.
Und jemandem der nach diesem langen Prozess immernoch der Meinung ist, dass der richtige Weg der Freitod ist, dem kann vermutlich auch niemand mehr helfen, da er mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Hilfe FÜR das Leben garnicht mehr annehmen würde. (falls denn überhaupt eine sinnvolle Möglichkeit existiert demjenigen zu helfen)

Sterbehilfe in Deutschland
Grundsätzlich bin ich für Sterbehilfe in Deutschland.
1.aus oben genannten Gründen
2.weil es für viele Betroffene "befreiend" sein kann und neue Kraft FÜR das Leben geben kann, einen "Notausgang" zu kennen und auch sicher zu wissen, diesen jederzeit gehen zu können.
3.wäre das denk ich auch ein Beitrag zur öffentlichen Sicherheit, wenn dadurch Suizidversuche "auf eigene Faust" und möglicherweise daraus resutierend, eine Gefährdung anderer, ausgeschlossen oder zumindest reduziert werden kann.

Als Vorbild finde ich hierbei die Handhabung von Sterbehilfe in der Schweiz nicht verkehrt.
Lediglich die Einschränkung, dass Sterbehilfe Personen mit einer zum Tod führenden Krankheit vorbehalten ist, sollte man Überdenken.

Lg
Danielx82
Beiträge: 1
Registriert: Freitag 10. Juli 2015, 10:03

Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von Danielx82 »

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Zuletzt geändert von Danielx82 am Samstag 26. September 2015, 11:42, insgesamt 1-mal geändert.
Peterchen
Beiträge: 742
Registriert: Freitag 30. Januar 2015, 13:02

Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von Peterchen »

Was derzeit in Deutschland passiert, ist schon sehr krass. Obwohl ich auf eine Liberalisierung gehofft hatte, wird es nun vermutlich auf eine deutliche Verschärfung der Gesetzeslage hinauslaufen. Wenn sich der Entwurf von Brand und Griese durchsetzt, dann wird in Zukunft nicht nur die gewerbsmäßige, sondern jede wiederholte Suizidassistenz strafbar. Deutschland wird damit in puncto Selbstbestimmung hinter das wilhelminische Zeitalter zurückfallen. Denn seit dem 19. Jahrhundert war die Beihilfe zum Suizid in Deutschland legal.

Praktische heißt das: Eine flächendeckende Sterbehilfe und Selbstbestimmung am Lebensende wird von der deutschen Politik systematisch unmöglich gemacht. Hinter Phrasen wie "Sterben darf kein Geschäft werden" (arbeiten Palliativmediziner für Gotteslohn?) verbirgt sich einer der größten konservativen rollbacks der letzten Jahre.

Bei dieser Entscheidung haben die Politiker nicht nur alle ethischen Argumenten, sondern eine große Mehrheit der Bevölkerung gegen sich. Ein Ruhmesblatt der parlamentarischen Demokratie.

Wenn ich einen Titel für den Thread vorschlagen darf: Stirb langsam, jetzt erst recht :lol:
chris84

Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von chris84 »

Es gibt durchaus den einen oder anderen Fall wo Sterbehilfe für psychich Kranke gewährt wurde. So wie bei diesen Mann hier: https://www.youtube.com/watch?v=DE_9fBN08O0

Und er hat fast alles probiert schon, war austherapiert und in jahrelanger Behandlung. Allerdings musste auch er extra dafür in die Schweiz reisen. In Deutschland Sterbehilfe...Fehlanzeige, egal wie stark der Mensch leidet.

Ich hab vor einigen Jahren mal einen Bus gesehen auf dem ein Filmplakat von Stirb langsam angebracht war. Und oben auf der Anzeigetafel stand Endstation: Altersheim (also die Bushaltestelle hieß wirklich so)
Zuletzt geändert von chris84 am Freitag 10. Juli 2015, 12:28, insgesamt 1-mal geändert.
Peterchen
Beiträge: 742
Registriert: Freitag 30. Januar 2015, 13:02

Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von Peterchen »

Übrigens ist es ja doch lustig, was einem bei google angezeigt wird, wenn man "Sterbehilfe" eingibt: "Sterbehilfe günstiger. Sterbehilfe 75% Rabatt. Heute bestellen, versandkostenfrei!" :mrgreen:
chris84

Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von chris84 »

Dass unsere Politiker den Willen des Volkes ignorieren ist ja nichts Neues. Obwohl ja ein Großteil der Bevölkerung für Sterbehilfe ist.
In einem anderen Thread wurde ja schon beschrieben, wer so alles auch an alte und kranke Menschen (von denen einige gerne sterben würden) verdient. Speziell die Pharmaindustrie nimmt dabei großen Einfluss auf die Politik.
Ich könnte mir aber durchaus vorstellen, dass es in ein paar Jahren ein Umdenken geben könnte. Früher oder später werden unsere Sozialsysteme kollabieren und spätestens wenn unser Rentensystem am bersten ist, könnte Sterbehilfe wieder ein Thema werden. Aber nicht um den betroffenen Menschen damit zu helfen, sondern eher um das „sozialverträgliche Frühableben“ zu fördern und damit wiederum Kosten zu sparen.

Sterbehilfe 75% Rabatt hört sich gut an. Das Non plus ultra wäre natürlich Sterbehilfe zum Nulltarif. OK, genug von meiner Seite rumgewitzelt.
Zuletzt geändert von chris84 am Donnerstag 29. September 2016, 13:23, insgesamt 1-mal geändert.
Hasskind
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Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von Hasskind »

Verstehe eh nicht, wieso es das noch nicht gibt! Jeder Mensch sollte das Recht haben, gehen zu dürfen, wenn ER das will. Finde es absolut ekelerregend das ANDERE Menschen, die sich eh nicht in die Lage des Betroffenen versetzen können, darüber entscheiden. Wenn jemand sagt, dass er nach jahrelangen Depressionen einfach kein Bock mehr hat, sollte man nicht sagen, dass Depressionen "nicht schlimm genug sind". Was ich ebenso nicht nachvollziehen kann, weshalb körperliche Defizite schlimmer sein sollen als psychische? Ich persönlich leide unter psychischen Dingen mehr als unter körperlichen.
C.M.L
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Registriert: Mittwoch 22. Juli 2015, 10:21

Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von C.M.L »

Wie schön, hier auf Menschen mit ähnlichen Gedanken zu stoßen.
Balduin
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Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von Balduin »

Ein Bericht über Sterbehilfe in Deutschland, der Sohn erfüllt den Wunsch des Vaters gegen alle Widerstände

http://www.zeit.de/2015/31/sterbehilfe- ... rd-schnell
Peterchen
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Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von Peterchen »

Balduin hat geschrieben:Ein Bericht über Sterbehilfe in Deutschland, der Sohn erfüllt den Wunsch des Vaters gegen alle Widerstände

http://www.zeit.de/2015/31/sterbehilfe- ... rd-schnell
Den Leuten vom Pflegeheim würde ich gerne ins Gesicht spucken.
Lebensmüde

Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von Lebensmüde »

...
Zuletzt geändert von Lebensmüde am Sonntag 21. Februar 2016, 12:25, insgesamt 2-mal geändert.
Peterchen
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Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von Peterchen »

Dann solltet ihr euch beeilen. Nach der absehbaren Gesetzesänderung wird auch Arnold seiner Tätigkeit als Sterbehelfer nicht mehr nachgehen können.
Balduin
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Re: Sterbehilfe in Deutschland

Beitrag von Balduin »

In dem Artikel steht auch, dass es in Deutschland Sterbehelfer gibt, die zu den Sterbewilligen kommen und in aller Stille agieren. Vermutlich in einer rechtlichen Grauzone, weder die Polizei noch der Ärzteverband dürfen davon wissen. Ähnliches las ich über die USA, wo Sterbehelfer mit dem Heliumcontainer ins Haus kämen und alles wegräumten, ehe der (oft eingeweihte) Arzt den Totenschein ausstellt. Helium sei schon nach zwei Stunden oder so im Körper nicht mehr nachweisbar.

Wie sieht es sonst aus, in Belgien oder in den Niederlanden? Ich weiß es nicht, aber wenn Sterbehelfer dort für ihre eigenen Staatsbürger legal agieren, könnte sich durchaus eine Grauzone für Ausländer entwickelt haben, dann allerdings außerhalb des gesetzlich Zulässigen.
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