Ursache für Depressionen?

Themenbezogene Diskussionen, die sich nicht nur auf eine Person beziehen; Ursachen und Auslöser für Depressionen und Daseins-Ängste; Bewältigungsstrategien bei Lebensmüdigkeit; psychische Krankheitsformen; Suchtkrankheiten; Alkohol-, Drogen- und Medikamenten-Abhängigkeit; Beziehungsprobleme

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Volvic
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Re: Ursache für Depressionen?

Beitrag von Volvic »

Ursachen für Depressionen? Schaut in eure Kindheit, zu eurer Mutter, auf euer Gefühl des Geliebtseins, euer Gefühl, was ihr wert seid, was euch an Wert zugesprochen wurde. Äußere Faktoren wird es immer geben, sie stacheln nur die inneren an, und man verwechselt sie. Multifaktoriell vielschichtig, lösbar jedoch allem voran durch den Kontakt zu sich selbst, unterstützt durch Jemanden.

Ungewollt: kein Mensch ist hier an psychischem Leid unterworfen an natürlicher Selektion. Falls du das so siehst, untermauert es nur den Verdacht des Hasses auf die Welt, den du vielleicht hegst, und wie du dich auch selbst nennst, ein Abgestoßener, nicht Akzeptierter, ein zu kurz Gekommener zu sein.
Deadly Snowflake

Re: Ursache für Depressionen?

Beitrag von Deadly Snowflake »

emptyheart hat geschrieben:
Falsch ist aber, das jemand, der z.B. Suizidgedanken hat, auch gleich Depressiv ist. Es wird, mal klartext gesagt, zwischen einer besonderen, akuten Lebenssituation und einer stetig, wiederkehrenden unterschieden.
Man könnte aber auch innerhalb des Begriffes Depression differenzieren: zwar geschieht jeder Suizid in depressiver Stimmung, aber nicht jede depressive Stimmung ist notwendigerweise eine Krankheit (diese Umschreibung stammt nicht von mir, sondern wird erwähnt in dem Buch "unzulässiges Wort und unzulässiges Wort" von H. Pohlmeier).
Der Sache nach hast du aber bestimmt recht...fragt sich lediglich ob jede suizidale akute Lebenssituation von depressiver Gestimmtheit begleitet ist (Ich vermute ja, da Suizid doch immer eine subjektiv erlebte Perspektivlosigkeit enthält, eine Zukunftslosigkeit).
Zuletzt geändert von Deadly Snowflake am Donnerstag 29. August 2013, 14:51, insgesamt 1-mal geändert.
Deadly Snowflake

Re: Ursache für Depressionen?

Beitrag von Deadly Snowflake »

Volvic hat geschrieben: Ungewollt: kein Mensch ist hier an psychischem Leid unterworfen an natürlicher Selektion. Falls du das so siehst, untermauert es nur den Verdacht des Hasses auf die Welt, den du vielleicht hegst, und wie du dich auch selbst nennst, ein Abgestoßener, nicht Akzeptierter, ein zu kurz Gekommener zu sein.
Du willst sagen, dass jede Depression heilbar ist?
Chron
Beiträge: 642
Registriert: Samstag 10. Juli 2010, 20:56

Re: Ursache für Depressionen?

Beitrag von Chron »

Deadly Snowflake hat geschrieben:Man könnte aber auch innerhalb des Begriffes Depression differenzieren: zwar geschieht jeder Suizid in depressiver Stimmung,
Nein, keineswegs geschieht jede Selbsttötung in depressiver Stimmung. Es kann auch z. B. eine sehr euphorische Stimmung sein, endlich sein Leben und Leiden beenden zu können (und damit meine ich nicht manisch-depressive Leute!), oder eine neutrale, weise, abgeklärte Stimmung "es ist gut/richtig so" (weil ... mit konkreten Gründen des davor liegenden Lebens/Leidens ohne Aussicht auf Verbesserung/Heilung).

Ausserdem ist eine depressive Stimmung oder eine depressive Verstimmung noch lange keine Depression. Depression ist nicht einfach das Fremdwort für Traurigkeit, vorübergehend miese Stimmung, Verarbeitungsphasen von Verlusten o. Ä..

Früher unterschied man "endogene" Depression (angeboren/anerzogen, seit Kindheit von sich her unabhängig von äusseren Ereignissen bestehende) und "reaktive" Depression (überlange oder übertriebene Trauerphasen, Verlustängste usw., nach z. B. gestorbenen Freunden, Jobverlust u. Ä.).

So viel ich weiss, ist derzeit die Unterscheidung allenfalls "Depression" und "depressive Episode".
Deadly Snowflake hat geschrieben:fragt sich lediglich ob jede suizidale akute Lebenssituation von depressiver Gestimmtheit begleitet ist (Ich vermute ja, da Suizid doch immer eine subjektiv erlebte Perspektivlosigkeit enthält, eine Zukunftslosigkeit).
Und was ist mit objektiver Perspektivlosigkeit bzw. der objektiven Unmöglichkeit einer Verbesserung der Lebensqualität??
Deadly Snowflake

Re: Ursache für Depressionen?

Beitrag von Deadly Snowflake »

Chron hat geschrieben: 1)Nein, keineswegs geschieht jede Selbsttötung in depressiver Stimmung. Es kann auch z. B. eine sehr euphorische Stimmung sein, endlich sein Leben und Leiden beenden zu können (und damit meine ich nicht manisch-depressive Leute!), oder eine neutrale, weise, abgeklärte Stimmung "es ist gut/richtig so" (weil ... mit konkreten Gründen des davor liegenden Lebens/Leidens ohne Aussicht auf Verbesserung/Heilung).
Ausserdem ist eine depressive Stimmung oder eine depressive Verstimmung noch lange keine Depression. Depression ist nicht einfach das Fremdwort für Traurigkeit, vorübergehend miese Stimmung, Verarbeitungsphasen von Verlusten o. Ä..
Früher unterschied man "endogene" Depression (angeboren/anerzogen, seit Kindheit von sich her unabhängig von äusseren Ereignissen bestehende) und "reaktive" Depression (überlange oder übertriebene Trauerphasen, Verlustängste usw., nach z. B. gestorbenen Freunden, Jobverlust u. Ä.).
So viel ich weiss, ist derzeit die Unterscheidung allenfalls "Depression" und "depressive Episode".

2)Und was ist mit objektiver Perspektivlosigkeit bzw. der objektiven Unmöglichkeit einer Verbesserung der Lebensqualität??
Zu 1) Wow...also vernünftig antworten kannst du auch, hätte ich nicht erwartet. Ich würde deinen Ausführungen grundsätzlich zustimmen. Wenn ich Depression auch in einem nicht pathologischen Sinn verwendet habe (bzw. eine solche Differenzierung als möglich vorschlug), so beziehe ich mich auf eine vergleichbare subjektive Erlebnisqualität und sonst nichts (also auch nicht auf eine geltende Fachterminologie welche ja auch seine Willkürlichkeiten enthalten kann, siehe neues ICD-10). Dass den allermeisten Suiziden zumindest eine depressive Phase irgendwann vorhergeht, würde ich nach wie vor vermuten. Dass die dem Suizid unmittelbar vorangehende Phase von Euphorie gekennzeichnet sein kann, würde ich nicht ausschliessen, denke aber, dass diese Phase eben nur die allerletzte Zeit kennzeichnet. Und auch eine von Gelassenheit geprägte Einstellung, dürfte den Abschluss eines längeren (auch u.a. depressiv gestimmten) Prozesses darstellen. Aber bezüglich der Tatzeit selber hast du recht: die kann auch in abgeklärterer Stimmung erfolgen (evtl. hilfreich das 5-Stadien Schema von Kübler-Ross?).
Zu 2) Da ich mit meiner Kennzeichnung subjektiv keineswegs die Möglichkeit objektiver Perspektivlosigkeit ausschloss (sondern logisch gesehen, diese - allenfalls -lediglich nicht als notwendig kennzeichnete), geht dein diesbezüglicher Einwand/Hinweis an meiner Aussage vorbei.
Man könnte haarspalterisch einwenden, dass subjektive Perspektivlosigkeit immer auch eine objektive sei, da Perspektive per definitionem immer an Subjektivität gebunden sei, also quasi objektiv gesehen subjektiv ist. Diese Feststellung ist je nach Kontext alles andere als haarspalterisch, Stichwort: David Benatar "Better never to have been". Aber auch in der Sterbehilfedebatte hört man zuweilen das Argument, dass jeder das Recht auf einen humanen und selbstbestimmten Tod haben sollte, und zwar bei expliziter Ablehnung des zu erfüllenden Kriteriums von Aufklärung im wohlverstandenen Eigeninteresse.
Chron
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Re: Ursache für Depressionen?

Beitrag von Chron »

Es gibt ein Buch zu Depressionen und/oder als "Berichte depressiver Patienten" (laut einem Google-Treffer):
"Ich kann nicht wollen", von Brigitte Woggon.
Ich habe es nicht gelesen, aber ich finde den Titel sinnig.

Das ist etwas ganz anderes als bewusst seinen Tod zu wollen (wollen! Also entscheiden, für sich "schauen", so weit möglich etwas für sich tun), allenfalls auch zu planen und durchzuführen.
Daraus könnte man sogar folgern: Wer bewusst (darunter verstehe ich: über längere Zeit, nicht als Kurzschlussreaktion in vorübergehender Krisenstimmung mit eher unbewusst-spontanen, teils auch unsinnigen und/oder nicht zielführenden Handlungen) sein Leben beenden will, ist nicht depressiv (denn im Gegensatz zu Depressiven kann er/sie durchaus noch wollen, und zwar das Beste für sich, wie es wohl eigentlich natürlich angelegt ist). Das stimmt so aber auch nicht, denn auch Depressive können einen (Bilanz-)Suizid wollen/durchführen.

Nicht-Depressive können auch in der Zeit ihres Sterbens/Sterbenwollens noch Freude oder Glück empfinden (wenn auch nur kurz, vorübergehend, und nicht in dem Ausmaß, dass es das - z. B. körperliche, als Krankheiten, Behinderungen, Schmerzen, sonstige Einschränkungen, Alter usw. - Leiden rechtfertigen würde), wenn es (objektive) Gründe/Ereignisse dafür gibt (wozu auch z. B. die Zusage, Sterbehilfe zu erhalten, gehören kann, und wie man es in unzähligen Berichten über letzte Lebensphasen nachlesen kann).

Depressive aber können das nicht/nie, egal wie "gut" es ihnen scheinbar von aussen gesehen gehen mag (Wohnen, Familie/Partnerschaft/Kinder, Geld, Beruf/Job, Talente/Möglichkeiten usw.). Sie können sich oft nicht einmal klar für den Tod entscheiden - zwar würden sie ihn für sich wollen, aber in ihrem Bewusstsein ist immer noch "aber die Anderen" (sind dagegen, also darf ich nicht, ...). Eine wie mir scheint absolut unerträgliche Situation, eine Patt-Situation - und damit viel mehr und schlimmer als nur fehlende Zukunftshoffnungen/-erwartungen/-interessen/-möglichkeiten, wie sie vermutlich - ja, aber das allein ist noch keine Depression - bei allen Sterbenden der Fall sind (wobei Zukunftsvorstellungen ohnehin immer Fantasie und subjektiv sind - und es kann auch [psychisch] krankhaft sein, Hoffnung auf etwas Unrealistisches zu hegen).
Deadly Snowflake hat geschrieben:Aber auch in der Sterbehilfedebatte hört man zuweilen das Argument, dass jeder das Recht auf einen humanen und selbstbestimmten Tod haben sollte, und zwar bei expliziter Ablehnung des zu erfüllenden Kriteriums von Aufklärung im wohlverstandenen Eigeninteresse.
Ziemlich schwammig bis unverständlich - wessen "Eigen"interesse nun genau? Bei SELBSTbestimmung (über sich, verstehe ich darunter, nicht über Andere)? Das Interesse von Psychiatern, Depressive weiter zu "behandeln" - oder so etwas?
Ablehnung ALLER Kriterien von ANDEREN, meine und habe ich. Wenn es denn wirklich Selbstbestimmung sein soll.

Aber Depressive bestimmen ja gerade eben nicht selber. Sie haben es nie gelernt und/oder haben es verlernt, schon lange. Und gerade das macht ja dann depressiv ... Zu deutsch: Heruntergedrückt (de-press-iv), oder so ähnlich ...
glycerine

Re: Ursache für Depressionen?

Beitrag von glycerine »

Bei mir hat alles auch mit Depressionen angefangen, da ich diese aber mit Drogen verdrängen wollte, ist eine Schizophrenie ausgebrochen, jetzt
mache ich beruflich garnichts mehr.
Und da ich so wenig belastbar bin und nicht mehr arbeiten kann bin ich noch mal viel depressiver geworden als vorher,
jetzt nehme ich drei Psychopharmaka in nicht geringer Dosis, mir geht es nicht mehr so schlecht.
Grenzwelten
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Registriert: Freitag 1. Juni 2012, 00:27
Wohnort: BW

Re: Ursache für Depressionen?

Beitrag von Grenzwelten »

vielleicht ist eine Depression eine nach innen gerichtete Aggression
Deadly Snowflake

Re: Ursache für Depressionen?

Beitrag von Deadly Snowflake »

Grenzwelten hat geschrieben:vielleicht ist eine Depression eine nach innen gerichtete Agression
Vielleicht auch nicht...
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