objektive Wahrheit

Themenbezogene Diskussionen, die sich nicht nur auf eine Person beziehen; Ursachen und Auslöser für Depressionen und Daseins-Ängste; Bewältigungsstrategien bei Lebensmüdigkeit; psychische Krankheitsformen; Suchtkrankheiten; Alkohol-, Drogen- und Medikamenten-Abhängigkeit; Beziehungsprobleme

Moderatoren: Ludwig A. Minelli, Mediator

Chron
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Re: objektive Wahrheit

Beitrag von Chron »

Deadly Snowflake hat geschrieben:In unserem Kontext ist das Gegenteil von wahr falsch. Gelogen/Lüge gehört in den Kontext von Wahrhaftigkeit, wahrheitsgemäss etc.
Das kann ich nicht so sehen/denken. Was heute wahr ist oder erscheint, kann morgen sich als falsch entpuppen. Dabei geht es dann nur noch um Theorien, nicht um Tatsachen/Realität/Wahrheit. Oder auch: Wahrheit = Ehrlichkeit (die auch subjektiv, teilwissend, sein kann).
Deadly Snowflake hat geschrieben:Es gibt sehr viele Aussagen die intersubjektiv wahr sind (zu sagen es gebe unendlich viele Wahrheiten ist problematisch. Auch könnte man argumentieren, dass es nur unsere Art von Sinnesorganen sind welche so etwas Tag/Nacht hervorbringen, desshalb intersubjektiv und nicht objektiv). Dein Beispiel ist im Grunde nur eine einzige Aussage, denn wenn es irgendwo Nacht ist, muss es anderswo Tag sein...insofern kann es da prinzipiell keinen Widerspruch geben (da a b notwendig impliziert).
Widersprüche, und scheinbare Lügen/Unwahrheiten, entstehen dann, wenn verallgemeinert wird: Was für mich hier so ist, muss für alle Andern anderswo ebenso sein.
Jede Wahrheit/Tatsache ist letztlich subjektiv, wie man etwas genau hier und jetzt im eigenen Leben erlebt, oder in seinem Leben erlebt hat bzw. aus einem Leben erinnert. Ich finde aber, dass man diese subjektiven Wahrheiten (A: hier ist Tag; B: hier ist Nacht) zu objektiven Wahrheiten, dem Weltwissen, verknüpfen (Und-Verbindung) kann und soll. Womit es dann auch keine Widersprüche (die gibt es nur bei allgemein gültig sein sollenden Theorien) mehr gibt, sondern eine Vielfalt unterschiedlicher Leben und Erfahrungen (die allesamt wahr und objektiv sind).
Deadly Snowflake hat geschrieben:Ob der Ausdruck objektiv wahre Aussagen ein Pleonasmus ist? Nicht unbedingt: im kritischen Rationalismus wird der Begriff Wahrheit nicht verworfen auch wenn zugegeben wird, dass Gewissheit nicht zu erlangen ist. Das sind letztlich Definitionsfragen und wenig interessant.
Eine Aussage kann auch eine Lüge sein.
Hegesias
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Re: objektive Wahrheit

Beitrag von Hegesias »

Chron hat geschrieben: Das kann ich nicht so sehen/denken. Was heute wahr ist oder erscheint, kann morgen sich als falsch entpuppen.
Was heute wahr erscheint, kann sich morgen als falsch erweisen, aber in dem Fall wäre es auch heute bereits unwahr. Wahrheit ist nicht dasselbe wie "für wahr halten".

Außerdem ist Lüge noch mal etwas anderes als Irrtum.
Sadness
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Re: objektive Wahrheit

Beitrag von Sadness »

Ich habe nicht alle Beiträge gelesen. Aber ich für mich bin mir sicher, dass es die "objektive Wahrheit" nicht gibt. Warum? Weil Wahrnehmung individuell ist. Eine einzige Situation wird von verschiedenen beteiligten Menschen oder Individuen unterschiedlich wahrgenommen und interpretiert.
Der Satz "Ich habe Dich lieb" kann zum Beispiel wahrgenommen werden als Wahrheit, als ?, als einfach dahin gesagt...
Ein Schaf, dass gerade zur Tränke geht.....was ist wahr? Hat das Schaf Durst? Langweilt sich das Schaf und geht zufällig zur Tränke? Findet das Schaf die Waserflöhe in der Tränke toll und geht deswegen dahin? Wer kann wissen, was im Kopf des Schafs vorgeht?
Es stellt sich auch die Frage, was ist Wahrheit überhaupt? Sie steht doch irgendwie immer im Kontext zu einer Person....und der individuellen Interpretation einer Situation/Beobachtung....
Chron
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Re: objektive Wahrheit

Beitrag von Chron »

Hegesias hat geschrieben:
Chron hat geschrieben: Das kann ich nicht so sehen/denken. Was heute wahr ist oder erscheint, kann morgen sich als falsch entpuppen.
Was heute wahr erscheint, kann sich morgen als falsch erweisen, aber in dem Fall wäre es auch heute bereits unwahr.
Nein, für mich nicht; man kann heute ja noch nicht in die Zukunft sehen und es kann sich auch immer etwas verändern; das ändert an dem, was früher/jetzt wahr war/ist, nichts (es bleibt damals wahr gewesen - aber heute ist es anders; heute wäre das Vergangene, in die Jetzt-Zeit übertragen, falsch bzw. eine Lüge; z. B. gab es Eiszeiten [wahr], derzeit ist aber gerade keine [wahr]; damit ist die frühere Wahrheit der Eiszeiten noch keine Lüge geworden, sondern man muss es auch zeitlich richtig zuteilen). Ich plädiere immer noch für die Und-Verbindung; die Addition aller Wahrheiten/Tatsachen (auch in verschiedenen Zeiten, an verschiedenen Orten usw.) macht das (derzeit erhältliche - morgen kommt noch mehr dazu -, Zeiten übergreifende) Weltwissen bzw. das allgemeine Erfahrungswissen als quasi "objektive" Wahrheit. Aber weil auch das Einzelwissen in einer bestimmten Zeit (z. B.: Ich schreibe jetzt gerade an einem Beitrag - das weiss ausser mir aber [noch] niemand) Wahrheit ist, ist die Unterscheidung subjektiv/objektiv für mich zu "Wahrheit" sinnlos. Anders ist es dann bei Interpretationen, Meinungen, Theorien usw..
Hegesias hat geschrieben:Wahrheit ist nicht dasselbe wie "für wahr halten".
Nein, ist es sicherlich nicht. Wahrheit sind für mich die Tatsachen, wie sie geschehen sind und erlebt wurden. Ob man etwas glaubt (für wahr hält) oder nicht, gehört eher ins Fantasiereich der Religionen und Wissenschaftstheorien.
Hegesias hat geschrieben:Außerdem ist Lüge noch mal etwas anderes als Irrtum.
Ja, meine ich auch - weiss aber nicht, worauf sich das beziehen soll. Dass Wahrheit ein Irrtum sein könnte, oder so etwas? Kann es nicht, meiner Meinung nach. Höchstens die Zuordnung, die Extrapolationen auf Zukunft oder Allgemeinheit (womit ich wieder bei allgemein gültig sein sollenden bzw. verallgemeindern Theorien und Glauben gelandet bin), können falsch/irrtümlich sein. Auch wenn sie keine bewussten Lügen waren, Ja, klar. Aber mit Wahrem (= Tatsächlichem, Geschehenem, "Objektiven") hat es dann so oder so nichts mehr zu tun.
Chron
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Re: objektive Wahrheit

Beitrag von Chron »

Sadness hat geschrieben:Ich habe nicht alle Beiträge gelesen. Aber ich für mich bin mir sicher, dass es die "objektive Wahrheit" nicht gibt. Warum? Weil Wahrnehmung individuell ist. Eine einzige Situation wird von verschiedenen beteiligten Menschen oder Individuen unterschiedlich wahrgenommen und interpretiert.
Ich plädiere weiterhin für die Und-Verbindung vieler/aller Wahrheiten.
Die Behauptung einer "subjektiven Wahrheit" klingt für mich immer wie "das bildest du dir ja nur ein; das ist nicht wirklich wahr". Weiter zu Verrücktheit, Wahn etc. - im "Psychozeitalter", in dem wir leben, und wo wohl zuletzt schon die normale Wahrnehmung, Empfindung usw. eine "Störung" sein soll ...
Sadness hat geschrieben:Der Satz "Ich habe Dich lieb" kann zum Beispiel wahrgenommen werden als Wahrheit, als ?, als einfach dahin gesagt...
Von jemand Anderem, der das glauben will/kann oder nicht. Ob es wahr oder gelogen war, weiss letztlich nur der/die Sagende/Schreibende selber. Und ich finde es unzuläßig, Empfindungen/Wahrheiten verschiedener Menschen gleichzusetzen. Der/die Sagende kann es Ernst meinen, der/die Hörende es nicht glauben - beides ist dann wahr; zwei Empfindungen zweier Menschen. Der/die Sagende kann lügen, der/die Hörende es glauben - dann gibt es nirgendwo mehr eine Wahrheit (nur noch Lüge/Glauben). Aber meistens kann man ja aus Tonfall (mündlich) oder Kontext (schriftlich) und allen vergangenen Erfahrungen mit einem Menschen schon erkennen, was wirklich gemeint (= wahr) war. Dieses - als Beispiel - "ich hab dich lieb" glt dann aber eben nicht automatisch auch für den andern Menschen (den zuhörenden/lesenden) auch. Muss es auch nicht. Objektiv und wahr ist: Er/sie hat das gesagt/geschrieben. Ebenso wahr ist, aus der Sicht des/der Sagenden/Schreibenden, das war so oder so gemeint (womit die lustige Kombination entstehen kann, dass es tatsächlich gelogen war, also es in Wahrheit eine Lüge war), und aus der Sicht des/der Hörenden/Lesenden, er/sie hat es so oder so aufgefasst (was nicht mit den Absichten, Wahrheit/Lüge des/der Sendenden zusammenstimmen muss).
Sadness hat geschrieben:Ein Schaf, dass gerade zur Tränke geht.....was ist wahr?
Dass das Schaf zur Tränke geht, bzw. gegangen ist.
Und dass sich dabei oder anschliessend verschiedene Menschen verschiedene Gedanken dazu gemacht haben.
Hegesias
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Re: objektive Wahrheit

Beitrag von Hegesias »

Nein, für mich nicht; man kann heute ja noch nicht in die Zukunft sehen und es kann sich auch immer etwas verändern; das ändert an dem, was früher/jetzt wahr war/ist, nichts (es bleibt damals wahr gewesen - aber heute ist es anders; heute wäre das Vergangene, in die Jetzt-Zeit übertragen, falsch bzw. eine Lüge; z. B. gab es Eiszeiten [wahr], derzeit ist aber gerade keine [wahr]; damit ist die frühere Wahrheit der Eiszeiten noch keine Lüge geworden, sondern man muss es auch zeitlich richtig zuteilen).
Ich verstehe nicht, worauf du hinauswillst. Natürlich kann der Satz "Heute regnet es" an einem Tag wahr und an einem anderen falsch sein, aber das liegt nur daran, dass mit diesem Satz ganz unterschiedliche Propositionen ausgesprochen werden, weil "heute" auf einen jeweils anderen Tag referiert.

Hingegen der Satz "Mensch und Schimpanse haben gemeinsame Vorfahren" hatte vor 200 Jahren schon den gleichen Sinn wie heute, und er war auch schon vor 200 Jahren wahr, obwohl die Menschen das damals noch nicht gewusst haben.
Seelenschmerz
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Re: objektive Wahrheit

Beitrag von Seelenschmerz »

Mir ist das viel zu verkopft hier.
Nach dem Motto, vielleicht brennt das Licht im Kühlschrank ja auch, wenn er geschlossen ist.


Es gibt so viele Welten, wie es Menschen gibt, weil ein jeder anders wahrnimmt und anders wertet und anders reagiert.
Mehr muss und kann ich nicht wissen.
Dazu kommt selektive Wahrnehmung, verfälschte Erinnerung, Heisenbergsche Unschärferelation,..
Also der Mensch hat jedenfalls eine geringe Schnittmenge mit objektiver Wahrheit.

Der Mensch erfindet solche Begriffe wie "objektive Wahrheit", und zermartert sich anschließend das Hirn darüber..
Ohne den Menschen gäbe es also weder Wahrheit noch das Gegenteil, weil es nur eine Erfindung vom Verstand ist.
Deadly Snowflake

Re: objektive Wahrheit

Beitrag von Deadly Snowflake »

Seelenschmerz hat geschrieben:Mir ist das viel zu verkopft hier.
Nach dem Motto, vielleicht brennt das Licht im Kühlschrank ja auch, wenn er geschlossen ist.


Es gibt so viele Welten, wie es Menschen gibt, weil ein jeder anders wahrnimmt und anders wertet und anders reagiert.
Mehr muss und kann ich nicht wissen.
Dazu kommt selektive Wahrnehmung, verfälschte Erinnerung, Heisenbergsche Unschärferelation,..
Also der Mensch hat jedenfalls eine geringe Schnittmenge mit objektiver Wahrheit.

Der Mensch erfindet solche Begriffe wie "objektive Wahrheit", und zermartert sich anschließend das Hirn darüber..
Ohne den Menschen gäbe es also weder Wahrheit noch das Gegenteil, weil es nur eine Erfindung vom Verstand ist.
Wen willst du veräppeln? Zuerst monierst du, dass das alles (für dich...genau für dich und nur für dich wurde es ja geschrieben!) zu verkopft sei um dann im selben Stile deinen Senf beizusteuern...einziger Unterschied: weniger ausführlich und pauschaler und damit auch schlechter. Auf eine inhaltliche Kommentierung verzichte ich (was durchaus in deinem Sinn sein dürfte).
Seelenschmerz
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Re: objektive Wahrheit

Beitrag von Seelenschmerz »

Weniger ausführlich muss nicht generell schlechter sein :wink:
Und wenn sich unsere subjektiven Meinungen hier nicht genau decken, will ich dich doch deswegen nicht veräppeln?
Und natürlich "für mich", für wen könnte ich denn sonst reden?
Hegesias
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Re: objektive Wahrheit

Beitrag von Hegesias »

Seelenschmerz hat geschrieben:Mir ist das viel zu verkopft hier.

Der Mensch erfindet solche Begriffe wie "objektive Wahrheit", und zermartert sich anschließend das Hirn darüber..
Ohne den Menschen gäbe es also weder Wahrheit noch das Gegenteil, weil es nur eine Erfindung vom Verstand ist.
Wenn alles nur eine Erfindung des Verstandes ist, dann erfinde dir doch einfach ein anderes Leben ;)
Seelenschmerz
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Re: objektive Wahrheit

Beitrag von Seelenschmerz »

Ich bin ja nicht mein Verstand.
Hast du etwa Kontrolle darüber? Kannst du z. B. eine Stunde lang an gar nichts denken?
Hegesias
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Re: objektive Wahrheit

Beitrag von Hegesias »

Selbst wenn ich das könnte, würde mir das keine Kontrolle über die von meinem Verstand unabhängige Realität geben.
Seelenschmerz
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Re: objektive Wahrheit

Beitrag von Seelenschmerz »

Erinnert mich an die Eingangsfrage, gibt es DIE Realität?

Wo der eine noch zufrieden oder glücklich leben kann, begeht der Nachbar schon Suizid oder bekommt starke Depressionen.
So gibt es glückliche Rollstuhlfahrer und unglückliche Gesunde.
Glückliche Arme und unglückliche Reiche.
Manche sind gern allein und manche gehen daran kaputt.
Manche sterben friedlich, für manche ist es die Hölle.
Selbst das Schmerzempfinden ist völlig unterschiedlich stark ausgeprägt.
Es werden auch heutzutage unzählige Kinder in die Welt gesetzt ohne jegliches schlechtes Gewissen.
Chron
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Re: objektive Wahrheit

Beitrag von Chron »

Hegesias hat geschrieben:
Nein, für mich nicht; man kann heute ja noch nicht in die Zukunft sehen und es kann sich auch immer etwas verändern; das ändert an dem, was früher/jetzt wahr war/ist, nichts (es bleibt damals wahr gewesen - aber heute ist es anders; heute wäre das Vergangene, in die Jetzt-Zeit übertragen, falsch bzw. eine Lüge; z. B. gab es Eiszeiten [wahr], derzeit ist aber gerade keine [wahr]; damit ist die frühere Wahrheit der Eiszeiten noch keine Lüge geworden, sondern man muss es auch zeitlich richtig zuteilen).
Ich verstehe nicht, worauf du hinauswillst.
Darauf, dass es keine zeitübergreifende nur eine Wahrheit gibt oder geben soll (= Theorien), sondern ganz viele verschiedene Wahrheiten/Tatsachen über ganz viele verschiedene Zeiten. Und wozu es kein "objektiv" oder "subjektiv" gibt, bzw. das ist dann dasselbe.
Chron
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Re: objektive Wahrheit

Beitrag von Chron »

Seelenschmerz hat geschrieben:Es gibt so viele Welten, wie es Menschen gibt, weil ein jeder anders wahrnimmt und anders wertet und anders reagiert.
Dem widerschreibe ich. Ein Mensch ist noch keine Welt, sondern er hat allenfalls ein (Denk-)Welt-Bild.
Welt ist das Gesamte. In einer bestimmten Zeit, und je nach Definition alles Irdische, oder der ganze Weltraum.
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