Was haltet ihr vom Leben?

Themenbezogene Diskussionen, die sich nicht nur auf eine Person beziehen; Ursachen und Auslöser für Depressionen und Daseins-Ängste; Bewältigungsstrategien bei Lebensmüdigkeit; psychische Krankheitsformen; Suchtkrankheiten; Alkohol-, Drogen- und Medikamenten-Abhängigkeit; Beziehungsprobleme

Moderatoren: Ludwig A. Minelli, Mediator

Seelenschmerz
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Registriert: Montag 28. Dezember 2009, 16:35

Re: Was haltet ihr vom Leben?

Beitrag von Seelenschmerz »

Und dieses Wunder, dieses einmalige Geschenk ist um so höher einzustufen, wenn man jahrzehntelang besonders schlimm gedemütigt, abgewertet und misshandelt wurde???
Wenn man sich all die Jahre als minderwertiges, hässliches Monster erlebt hat??? Voller Angst und Schuldgefühle und Verzweiflung, jahrzehntelang.. Und man hält es erst für nötig, mich aufzuklären, wenn es zu spät ist.. Kein beschissener Lehrer, Pfarrer, Arzt, Nachbar, Verwandter hat mir je geholfen..
Und dann soll ich besonders viel Liebe und Dankbarkeit entwickeln, weil ich zur Bewusstheit gezwungen werde???

Ich habe aber doch nicht um so ein krankes Geschenk gebeten, da bin ich wohl vertauscht worden in der Klinik..
Ich hätte die neueste Playstation genommen oder 77 Jungfrauen oder Döner Spezial mit viel scharf :evil:
Deadly Snowflake

Re: Was haltet ihr vom Leben?

Beitrag von Deadly Snowflake »

berlinichbins hat geschrieben:lieber deadly snowflake, ich ahne, was du meinen könntest. ich komme selbst nicht aus der Esoterik-ecke. und klar, jeder kann, keiner muss, darin liegt Freiheit, aber auch Verantwortung. zu diesem Satz gibt es innerlich bei mir eine Geschichte, die ich hier nicht gepostet habe. das macht mehr plattheit wet. das was ich hier schreibe, sind keine nicht erlebten zitate aus irgendeinem ratgeberbuch. früher habe ich die gelesen und dachte immer: wie doof ist das denn?!
es sind mittlerweile eigene erfahrungen von denen ich schreibe. weniger das bücherwissen, auch im philosophischen sinne.das erafhrungswissen und erleben ist mein größtes Gut.

es geht hier mehr um Kapitulation der eigenen ansichten, wie "böse" die welt sei. daran hing ich lang genug. aber man kann erst das verstehen, wenn man fühlen kann, dass es auch anderes gibt. und einen knopf dafür gibts leider auch nicht.

das universum ist wie es ist, aber wir können darin leben, wie wir es möchten. viele menschen machen das sehr rabiat und unzufrieden und nicht in übereinstimmung mit dem "Universum" aber es geht auch anders.
und ja, es ist leider ein stück weit so, dass jeder erwachsene mensch eine eigene verantwortlichkeit hat, auch wenn ihm grausames passiert ist. nur er kann sich daraus bringen, was allerdings nicht im alleingang geschehen muss.
schuld - ist kein sache, die in meiner Weltanschauung eine große rolle spielt. es geht mehr ums erkennen und verstehen, aber das ist auch der schmerzhaftere weg, weshalb er oft abgelehnt wird.
Ob eigene Erfahrung oder nicht: du widerlegst meine Vermutung, dass es weniger platt gemeint ist als befürchtet.
Was soll z.B. "in Übereinstimmung mit dem Universum" bedeuten? Das ist doch selbst als Metapher für ein erlebtesGefühl aus der untersten Esoterik-Schublade geholt (die Gefahr wenn man eigene Erfahrungen gemäss irgendwelchen Ratgeber-Blödheiten interpretiert. Denn: die nackte Erfahrung enthält solche Interpretationen keineswegs wie man vielleicht anzunehmen geneigt ist). Oder kannst du das auch konkretisieren anhand eines anschaulichen Beispiels?
Was du schreibst hat zudem als eisernes Fundament die unreflektierte Annahme eines freien Willens (was wiederum die Gefahr ist wenn man die alltäglichen Sprachgewohnheiten beim Wort nimmt oder eigene Erfahrungen zu wenig kritisch auf ihre Bedingungen hin reflektiert ). Ohne diese nicht zu begründende Annahme, zerfällt dein Menschenbild doch in sich zusammen (oder irre ich da? Könntest du deine Sicht auch ohne solch metaphysischen Irrlichter darlegen und plausibel machen?). Dein letzter Satz belegt ja deine Position: von Schuld magst du nicht sprechen (warum nicht?), aber jeder kann deiner Sicht gemäss dann doch wählen, auch entgegen einem Handlungsprinzip der Lustmaximierung/Unlustminimierung (oder soll der Hinweis auf das Meiden des Schmerzhaften eine naheliegende Determiniertheit nahelegen...wohl kaum).
Na, wie auch immer...
tchanavitka
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Registriert: Donnerstag 24. Mai 2012, 10:58

Re: Was haltet ihr vom Leben?

Beitrag von tchanavitka »

Seelenschmerz hat geschrieben:Und dieses Wunder, dieses einmalige Geschenk ist um so höher einzustufen, wenn man jahrzehntelang besonders schlimm gedemütigt, abgewertet und misshandelt wurde???
Wenn man sich all die Jahre als minderwertiges, hässliches Monster erlebt hat??? Voller Angst und Schuldgefühle und Verzweiflung, jahrzehntelang.. Und man hält es erst für nötig, mich aufzuklären, wenn es zu spät ist.. Kein beschissener Lehrer, Pfarrer, Arzt, Nachbar, Verwandter hat mir je geholfen..
Und dann soll ich besonders viel Liebe und Dankbarkeit entwickeln, weil ich zur Bewusstheit gezwungen werde???
Nein, nein, nein! Ich finde man hat das gottverdammte ( :mrgreen: ) Recht auf ein NEIN, auf ein letztes Fünkchen Menschlichkeit und Würde. Im Extremfall sollte man sich das Recht nehmen auf eine mal wieder so verquere öffentliche/halböffentliche Meinung zu pfeifen.

Gerade sich (vom Leben und der teils grausamen Willkür dieser hübschen Welt) nicht alles gefallen zu lassen hat für mich unglaublich viel mit Liebe und Respekt dem Selbst gegenüber zu tun.
berlinichbins
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Registriert: Dienstag 25. September 2012, 11:37

Re: Was haltet ihr vom Leben?

Beitrag von berlinichbins »

ach je, deadly snowflake. ich möchte weder was belegen, noch widerlegen. das was ich hier schreibe ist MEINE sicht der dinge.
und ja, es gibt in mir gefühle, die entstehen, wenn ich mich ganz verbunden fühle.ein reales Beispiel: ich gehe wandern und sehe einen vogelschwarm an mir vorüberfliegen. was mit mir passiert: mir kommen die tränen. die tränen, weil ich sehe, dass diese vögel hier mit mir auf der Welt leben und sie leben mit einer selbstverständlichen Lebendigkeit. diese lebendigkeit fühle ich in dem moment auch, wenn ich vor Rührung weine, wo andere nichts fühlen. ich sehe dann den baum, die wiesen, den himmel, den mond usw. und dann denke ich: was ist das nur für ein wunder, dass all diese dinge genau so existieren, wie sie existieren und dass ich ein gehirn habe und gefühle und ich mich bewegen kann usw. dieses gefühl sich verbunden zu fühlen, egal ob mit anderen menschen(Weil ich mit ihnen etwas teile) oder Tieren(weil ich kontakt mit ihnen habe) oder der Natur(weil ich in ihr mich geborgen fühle, die sonne warm scheint, der winter schöne bilder schafft) entsteht einfach in mir und ist schön. ich kannte es lange gar nicht. und wenn ich das dann weiterspinne, dann kommt eben das wort universum, d.h. vom kleinen ins große usw.
und wenn ich dann lebe und so mich in dem ganzen gut fühle und hingebe/genieße, dann bin ich sozusagen eingebettet in einem großen ganzen und es fühlt sich dann wie in übereinstimmung an, was mich dazu bringt, die dinge meiner welt mir respekt zu behandeln. eben nicht die schnecken tot zu treten oder am "Penner" rührungslos vorbeizugehen, oder fleisch mit bedacht zu essen und hinzusehen, woher es eigentlich kommt. ich kann es noch weiter ausführen, aber das ist für mich "übereinstimmung".

ich reflektiere - nur anders als du. und deshalb verstehe ich anders und das was ich da mache, ist leben, anstatt leben in meinem hirn hin-und herzubewegen. erfahrung am eigenen leibe ist für mich wichtiger geworden. denn das bloße nachdenken darüber bringt mich nicht weiter, das habe ich zu lang getan mit dem Ergebnis: die welt ist unzulässiges Wort, alles nichts wofür es lohnt zu leben usw. was aber nicht heißt, dass ich nicht auch nachdenke.

ich spreche nicht von schuld, weil schuld nur einen "Bösewicht" sucht, um sich nicht mit sich selbst und dem eigenen anteil im Jetzt auseinandersetzen zu müssen. wenn ich andere für schuldig erkläre, dann schiebt es meine Eigenverantwortung weg und auch die möglichkeit etwas an der eigenen situation zu ändern. menschen, die sich in schuldzuweisungen verstricken, kommen oft nicht innerlich weiter damit, außer, dass sie unzufrieden sind und dann nichts ändern können, weil es immer am gegenüberliegt. das DU kann man nicht ändern. nur ein ICH.
aber ich sage auch: das was menschen geschieht, ist schmerzhaft und es ist auch gut zu wissen, dass man nichts dafür kann, wenn man mies als kind behandelt wurde und man auch ein recht darauf hat, wut zu haben usw. es ist sogar sehr wichtig.
dennoch habe ich für mich erkannt, auch wenn meine Umwelt (inkl.eltern) so auf mich wirkten, dass es mir letztendlich ziemlich schlecht ging, dann nehme ich "schuld" für mich weg, weil sie letztenendes auch nur das leben konnten, was ihnen angetan wurde. und dafür können auch sie nichts. also, wer ist dann schuld?

nachdem ich das hier geschrieben habe, kann ich schon für mich sagen, dass mein Menschenbild erhalten bleibt.

wem das wort "man" zu allgemein gehalten scheint, kann gerne ein "ich" einsetzen. denn das alles ist meine sicht. etwas anderes gibt es nicht. womit wir bei der diskussion nach allgemeiner objektivität wären, die hier zu weit führen würde.

was tschanavitka schreibt, empfinde ich genauso.
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