Was hält euch im Leben?

Themenbezogene Diskussionen, die sich nicht nur auf eine Person beziehen; Ursachen und Auslöser für Depressionen und Daseins-Ängste; Bewältigungsstrategien bei Lebensmüdigkeit; psychische Krankheitsformen; Suchtkrankheiten; Alkohol-, Drogen- und Medikamenten-Abhängigkeit; Beziehungsprobleme

Moderatoren: Ludwig A. Minelli, Mediator

SkYm243
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Re: Was hält euch im Leben?

Beitrag von SkYm243 »

Was mich noch am Leben hält?
Einzig und allein die Angst dass der Versuch scheitert.
Dazu villeicht erstmal zu meiner Situation:
Ich bin anfang 20 und leide von Geburt an an einer Augenerkrakung die mich früher oder später erblinden lässt.
Das bringt mit sich dass ich nahezu alles was ich gerne tun würde (früher als ich noch mehr gesehen habe, teilweise auch gemacht habe) nichtmehr tun kann, sozial bin ich recht isoliert, da man mit einem "fast blinden" nunmal schlecht Nachts in die Disco gehen kann (nur ein Beisppiel).
Deshalb ist mir bewusst, dass ich das Leben das ich gerne führen würde niemals haben werde, egal wie sehr ich mich dafür einsetzen würde. Egal ob aus beruflicher Sicht, Freizeit etc. .
Ich hatte dann vor etwa 2 Jahren eine schwere Lungenentzündung, bei der die Ärtze wirklich Zitat von einem "Wunder" gesprochen haben dass ich das noch überlebt habe.
Seitdem dachte ich mir "wenn da oben jemand gewollt hätte dass ich sterbe, dann wär es damals passiert". Inzwischen denke ich folgendermaßen drüber "warum verdammt nochmal konnte ich damals nicht sterben, das wär dank der Medikamente ein wirklich angenehmer Tod gewesen!"
Da seitdem nahezu ausschließlich weitere Teifschläge passiert sind, gibt es außer der Angst, bei dem Versuch zu Scheitern, nichts mehr was mich am Leben hält.
Zu lange darf ich aber nichtmehr warten, sonst hab ich die Entscheidung dank der Erkrankung nichtmehr in der Hand. Blind stell ich mir das nicht einfacher vor erfolgreich zu sein :D

Entschuldigt den langen Text!
Lg
And
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Re: Was hält euch im Leben?

Beitrag von And »

sry, das soll nicht abgedroschen klingen - aber gibt es mit blindheit & entsprechend guter unterstützung (blindenheim, technische mittel o.ä) nicht mglw. eine chance, damit klarzukommen?
mir fallen nur die beispiele ein, wo blinde oder taube menschen trotzdem von guter lebensqualität sprechen, weil dafür andere sinne weitaus sensibler werden & eine art ausgleich in den empfindungen schaffen... musik oder berührung ganz anders wahrnehmen, whatever - das weisst du sicher besser als ich.
SkYm243
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Re: Was hält euch im Leben?

Beitrag von SkYm243 »

Quatsch, das klingt nicht "abgedroschen", absolut berechtigter Einwand.
In solch einer Situation Hilfe oder Unterstützung zu bekommen, ist aber leider garnicht so leicht, wobei "nicht leicht" noch stark untertrieben ist.
Unsere Gesellschaft trampelt gerne auf dem Rücken der "Schwachen" rum.
Das jetz im Detail auszuführen würde zu lange dauern, ich will damit im Endeffekt nur ausdrücken, dass du als Mensch mit Behinderung überwiegend deutlich zu verstehen bekommst, dass für dich hier kein Platz ist (egal ob beruflich oder privat).
Damit dann klar zu kommen vor dem Hintergrund, dass man ohnehin schon viele Hobbys und Leidenschaften aufgeben musste, einfachste, alltägliche Dinge zur "Herausforderung" werden... das braucht SEHR viel psychische Kraft.
Ich kann und will das so nicht akzeptieren, weil ich mir die Frage stell "Was soll das Ganze noch wenn ich alles was ich gerne machen würde eh nicht tun kann??".
Abgesehen davon hab ich sehr große Angst davor, wenns mal soweit ist dass ich die Entscheidung ob ich das so noch länger möchte oder nicht, nichtmehr selbst in der Hand hab.
Dann MUSS ich damit leben.
Bisher kann ich nur dabei zusehen (im wahrsten Sinne des Wortes), wie mein Augenlicht von Tag zu Tag schlechter wird (und das is nicht wirklich übertrieben, es wird wirklich sehr rasant schlechter).
Ich hab wirklich größten Respekt vor den Menschen die dann trotzdem ihren Weg gehen und zumindest scheinbar nach Außen hin auch noch trotzdem glücklich sein können.
Aber mir gelingt das nicht, so sehr ichs auch versuch.
And
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Re: Was hält euch im Leben?

Beitrag von And »

SkYm243 hat geschrieben: In solch einer Situation Hilfe oder Unterstützung zu bekommen, ist aber leider garnicht so leicht, wobei "nicht leicht" noch stark untertrieben ist.
Damit dann klar zu kommen vor dem Hintergrund, dass man ohnehin schon viele Hobbys und Leidenschaften aufgeben musste, einfachste, alltägliche Dinge zur "Herausforderung" werden... das braucht SEHR viel psychische Kraft.
ja, das kann ich leider täglich selbst erlebend unterschreiben. ich habe (medikamentös-bedingt) ´nen völlig unberechenbaren schlafrhythmus. am besten ginge es mir, wenn ich mich jederzeit zu ruhe betten oder eben wach sein kann - dann, wenn der körper es verlangt. ist in meinem & fast jedem umfeld illusion - so wird´s zum teufelskreis, denn das wissen um den lärm & meine ohnmacht produzieren schon daueranspannung per se. ich vermute, an nem optimalen ort hätte ich 60% weniger schmerzen - nur ist in unserer welt nicht vorgesehen, dass ein kranker einen sehr stillen platz braucht. ergo i.a. nur den begüterten vorbehalten.
fühlt sich im grunde so an, als ob man jeden tag nem gelähmten auf halber strecke den rollstuhl nimmt.

schade, ich hätte gedacht / gehofft, dass dies bei "üblichen" behinderungen mttlw. positiver aussieht. aber...je nachdem, was für dich in frage käme, kannst du dich nicht jetzt schon vorbereiten & das nötige besorgen (stickstoff / helium, whatever) ? oder du rennst regelmässig zum psychiater, so dass "bei bedarf" eine lange chronische depression aktenkundig ist (wird in der CH anerkannt, v.a. bei mehrfachbehinderung) ?
Sternenwesen
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Re: Was hält euch im Leben?

Beitrag von Sternenwesen »

Dass ich noch nicht wirklich den Weg raus gefunden habe; ich muss wohl auf den Winter warten. :(
Sternenwesen
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Re: Was hält euch im Leben?

Beitrag von Sternenwesen »

Nichts mehr. Da sind doch nur Anfeindungen, nur Aversionen, nur - ach, egal..... Es ist alles nur noch egal, ich will nicht mehr.
Grenzwelten2
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Re: Was hält euch im Leben?

Beitrag von Grenzwelten2 »

mich hält am leben;
musik lyrik
kampfgeist
eine mission
ein traum; seelsorgerin werden und leben retten
und momentan mein freund
durch seinen suizid oder untreue kann sich aber alles schlagartig ändern...
Rasiel
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Re: Was hält euch im Leben?

Beitrag von Rasiel »

SkYm243 hat geschrieben:Was mich noch am Leben hält?
Einzig und allein die Angst dass der Versuch scheitert.
Dazu villeicht erstmal zu meiner Situation:
Ich bin anfang 20 und leide von Geburt an an einer Augenerkrakung die mich früher oder später erblinden lässt.
Das bringt mit sich dass ich nahezu alles was ich gerne tun würde (früher als ich noch mehr gesehen habe, teilweise auch gemacht habe) nichtmehr tun kann, sozial bin ich recht isoliert, da man mit einem "fast blinden" nunmal schlecht Nachts in die Disco gehen kann (nur ein Beisppiel).
Deshalb ist mir bewusst, dass ich das Leben das ich gerne führen würde niemals haben werde, egal wie sehr ich mich dafür einsetzen würde. Egal ob aus beruflicher Sicht, Freizeit etc. .
Ich hatte dann vor etwa 2 Jahren eine schwere Lungenentzündung, bei der die Ärtze wirklich Zitat von einem "Wunder" gesprochen haben dass ich das noch überlebt habe.
Seitdem dachte ich mir "wenn da oben jemand gewollt hätte dass ich sterbe, dann wär es damals passiert". Inzwischen denke ich folgendermaßen drüber "warum verdammt nochmal konnte ich damals nicht sterben, das wär dank der Medikamente ein wirklich angenehmer Tod gewesen!"
Da seitdem nahezu ausschließlich weitere Teifschläge passiert sind, gibt es außer der Angst, bei dem Versuch zu Scheitern, nichts mehr was mich am Leben hält.
Zu lange darf ich aber nichtmehr warten, sonst hab ich die Entscheidung dank der Erkrankung nichtmehr in der Hand. Blind stell ich mir das nicht einfacher vor erfolgreich zu sein :D

Entschuldigt den langen Text!
Lg

Immer wieder interessant wie unterschiedlich die Menschen mit ihrer Behinderung umgehen, oder damit umgehen können.
Meine Nichte und mein Neffe haben beide eine Augenerkrankung die im zarten Alter von ca. 6 Jahren ausbricht und auch nicht immer gleich erkannt wird, aber im laufe der Jahre zur Erblindung führt.
Behandelt wird in Heidelberg.
Heute ist mein Neffe 42 Jahre, er hat in Marburg Jura studiert und ist heute in Frankfurt Anwalt einer Bank.
Seine Frau hat er an der Uni kennengelernt, heute haben sie 2 gesunde Kinder, mein Neffe ist fast blind.
Vor Jahren nahm er an der Olympiade für Behinderte teil glaube in Atlanta.
Meine Nicht heute 40 Jahre verheiratet arbeitet bei der LVA, sie hat die normale Blindenschule gemacht ohne Studium, beide habe als Kinder bereits Blindenschrift gelernt.
Vor Jahren noch gab es auch viele Hilfsmittel die wirst du auch kennen.

Beide sind glücklich.

Das muss bei dir nicht sein, jeder Mensch ist anders.

Meinst du nicht das Leben könnte sich noch positiv für dich ändern.
And
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Re: Was hält euch im Leben?

Beitrag von And »

"Das muss bei dir nicht sein, jeder Mensch ist anders."

ja, leider - & irgendwie kann das schicksal unergründlich sein... da gibt´s leute, die stecken jahrelangen terror & gewalt relativ gut weg, andere zerbrechen an einem einzelnen erlebnis. & niemand sagt "uns", welchen sinn das ganze haben soll.
C.M.L
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Re: Was hält euch im Leben?

Beitrag von C.M.L »

Die Angst zum Pflegefall zu werden und Leute die es einem schwer machen (durch Überwachung) gehen zu können.
Lebensmüde

Re: Was hält euch im Leben?

Beitrag von Lebensmüde »

...
Zuletzt geändert von Lebensmüde am Sonntag 21. Februar 2016, 12:23, insgesamt 1-mal geändert.
And
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Re: Was hält euch im Leben?

Beitrag von And »

Lebensmüde hat geschrieben: Diese Angst ist für mich eher ein Grund einen geplanten Abgang hinzulegen.
Denn mit jedem Lebensjahr steigt das Risiko dafür.
diese gedanken kenn´ ich... es ist hochgradig absurd, über den suizid nachzudenken, weil es irgendwann zu spät sein könnte. & straft das scheinhumane gelaber vom angeblichen "sterbedruck" bei liberalisierung die lügen, die es sind.
Lebensmüde

Re: Was hält euch im Leben?

Beitrag von Lebensmüde »

...
Zuletzt geändert von Lebensmüde am Sonntag 21. Februar 2016, 12:23, insgesamt 1-mal geändert.
Tornado

Re: Was hält euch im Leben?

Beitrag von Tornado »

Meine Dummheit dass ich es nich richtig oder "fachgerecht" durchziehen kann und noch die 0.00233 Promille Hoffnung, dass es doch irgendwann besser wird :roll:
Manuela Maria
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Re: Was hält euch im Leben?

Beitrag von Manuela Maria »

Dumm lebt es sich doch bekanntlich besser, also so dumm kannst du dann wohl nicht sein :wink:
Und deine 0.00233% Hoffnung, damit kann man doch gut leben :P
Weiß nicht was du hast, mir geht es da schon etwas bescheidener. Denn meine Hoffnungslosigkeit ist zu 99,99% gestiegen. Nein- ganz so ist es nicht, aber wird leider nicht besser, zur Zeit.

Meine Mutter, meine Schwester und mein Kätzchen halten mich am Leben. Und jetzt nicht zurückschreiben „machst du dir da nichts vor?“ Auch wenn es sein kann, will ich´s nicht lesen.

Liebe Grüße

Manuela Maria
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