Was haltet ihr vom "ewigen Leben"?

[Thanatos]

Um zu großer Wirrnis vorzubeugen, erlaube ich mir, mit dem andernorts angeschnittenen Thema einen eigenen Thread zu eröffnen.
Bevor ich jedoch meinen Kommentar kundtue, bin ich auf eure Gedanken gespannt.
Beste Grüße,
Thanatos

[Lena-Marie]

Ich komm mir langsam vor wie in der Schule

Erst dieser Beitrag http://www.dignitas.ch/for/viewtopic.php?f=9&t=4730 , jetzt dieser.

Schreib doch selber mal was zu deinen Themen. Wir sind bestimmt genauso gespannt -wie du auf unsere Antworten- auf deine!

Nun:

Ist (dein) Leben freiwillig?

Was hältst* du vom ewigen Leben?


LG Lena


Apropo "Schule" ...

Heut muss es einfach mal raus: Hier wird so eloquent gelabert und philosopiert ( ) und hochtrabend sich ausgetauscht, aber dass das Wort *"hältst" von dem Wort "Halten" und nicht von dem Wort "Hals" abstammt, hat anscheinend wenige Derjenigen erreicht und so lese ich immer wieder "was hälst du davon...." und dergleichen und kriege leichten Augenkrebs dabei.

Nachtrag: Den krieg ich nicht, wenn ich sehe/lese/weiss, dass ein Legastheniker schreibt, dafür hab ich vollstes Verständnis.

[Thanatos]

Ich komm mir langsam vor wie in der Schule

...

Schreib doch selber mal was zu deinen Themen. Wir sind bestimmt genauso gespannt -wie du auf unsere Antworten- auf deine!

Nun:

Ist (dein) Leben freiwillig?

Was hältst* du vom ewigen Leben?


...

Ich entbinde dich hiermit von der Schulpflicht.
Gut, zur Freiwilligkeit des Lebens: Nein, meiner Meinung nach ist das Leben nicht frei, weder die Geburt noch alles Folgende – genausowenig wie der Wille frei ist (letzteres Thema wurde ja schon bis zum Überdruss im Forum diskutiert).
Meine Meinung zum „ewigen Leben“ werde ich noch nicht preisgeben, weil außer dir noch niemand etwas zu „meinem“ Thread zu sagen geruhte.
Wie ich aber irgendwo schrieb, interessiert mich, wie die Leute hier so ticken – wobei ich mich jeglicher Wertung zu enthalten versuche -, was sich wiederum durch solche Fragen wie diese des Threads eruieren lässt.
Schönen Tag,
wünscht der Thanatos

[Seelenschmerz]

Lena-Marie,

da kann ich dich irgendwie verstehen. Ein Austausch ist bei solchen Gesprächen angenehmer als das Gefühl, von einem Wissenschaftler seziert und analysiert zu werden..

[so-lebt-der-lurch]

Hallo Thanatos,

bisher ist mir zu deiner Frage eingefallen:

Unsterblichkeit, die ein Weiterführen meiner/unser aller jetzigen Daseinsform impliziert, würde ich als Gipfel der dreistesten aller Unzumutbarkeiten empört ablehnen, sollte ein solches Angebot jemals an mich herangetragen werden (was ja glücklicherweise recht unwahrscheinlich ist).

Über ein unsterbliches Dasein in anderer Form, als ein in jeder Hinsicht freies und ungebundenes geistiges Wesen, müsste ich hingegen etwas länger nachdenken.

Die Vorstellung ohne irgendwelche körperlichen Bedürfnisse einfach nur vor mich hin existieren zu können und die ganze Welt und die Zeit beobachten zu können, hat schon einen Reiz. Vor allem die Zeit, die würde ich schon gerne noch ein paar 1000 Jahre im Auge behalten, was alles passiert und entdeckt wird, wie sich die Welt entwickelt und verändert. Aber ein paar andere geistige Existenzen, mit denen ich mich austauschen kann, sollte es auch noch geben, sonst wäre es mir auf Dauer auch zu öde.
Allerdings, ganz sicher bin ich mir nicht ob nicht sogar dieser Zustand in unendlich vielen Jahren mir evtl. auch einmal unerträglich werden könnte und ich doch lieber für immer schlafen würde. Kann mich da nicht festlegen, wenn es nicht doch auch für diesen Daseins-Zustand eine Möglichkeit gäbe, ihn zu beenden. Also - auch in diesem Fall lieber nicht unsterblich sein.

Eine andere Möglichkeit wäre so zu leben/tot zu sein wie die Bärtierchen. Wenn sie auf dem Trockenen liegen sind sie lange Jahre „tot“, können aber durch bestimmte äußere Einflüsse wieder lebendig werden. Man würde quasi immer nach einer Weile des tot seins mal einen Blick in die Welt werfen können und dann weiter schlafen. So bliebe man immer auf dem Laufenden, hätte aber gleichzeitig seine Ruhe. Finde ich bisher die optimalste Möglichkeit.

[Thanatos]

...
Über ein unsterbliches Dasein in anderer Form, als ein in jeder Hinsicht freies und ungebundenes geistiges Wesen, müsste ich hingegen etwas länger nachdenken.

...

Genau über diesen Punkt dachte ich in meiner Zeit bei den charismatischen Christen lange nach. Ich kam zu der Ergebnis, dass ein „ewiges Leben“ nach dem irdischen Tod, wie es sich Christen herbeiwünschen, die wahre Hölle wäre.
Ich fragte einige von diesen Leuten, was sie denn eine Ewigkeit lang machen wollen. Es kamen die unterschiedlichsten Antworten, zum Beispiel: endlich Zeit zum Fußballspielen zu haben (ein erwachsener Mann sagte das) oder Wandern zu gehen oder was auch immer. Natürlich war es sinnlos, sie darauf aufmerksam zu machen, dass sie ihr Hobby und sämtliche anderen Interessen ja nur eine begrenzte Zeit ausüben können, bevor es langweilig wird.
Wie dem auch sei, selbst wenn man sämtlichen vorstellbaren und nicht vorstellbaren Tätigkeiten nachginge, um die Zeit seines „ewigen Lebens“ auszufüllen, würde es irgendwann langweilig – spätestens bei der x-ten Wiederholung. Selbst wenn man eine Million Jahre damit ausfüllen könnte – oder Milliarden oder wer weiß wie viele Jahre, die Ewigkeit würde davon kein Stück kürzer. Es bliebe immer Ewigkeit übrig, und unvermeidliche Langeweile.
Kurz gesagt, man würde sich früher oder später zu Tode langweilen, auch als "freies und ungebundenes geistiges Wesen", aber – und jetzt kommt das Höllische: man kann nicht sterben, weil man ja schon gestorben ist!
Beste Grüße,
Thanatos

[Seelenschmerz]

Fazit:

Leben = Hölle!
Ewiges Leben = Hölle, Hölle, Hölle!!!

Wer intelligent ist, der kennt das Leben bald.
Der Rest ist eine lange, entbehrliche Zeit der Überprüfung, wie Cioran schon so ähnlich feststellte.

[so-lebt-der-lurch]

zum Beispiel: endlich Zeit zum Fußballspielen zu haben (ein erwachsener Mann sagte das) oder Wandern zu gehen oder was auch immer.

Jetzt kann ich mir die Meteoriteneinschläge endlich plausibel erklären: es muss sich um Fußbälle handeln, die ins Aus geschossen wurden!
Nun, sollte ich einst als geistige Existenz durchs Universum ziehen, so hoffe ich auf einen universellen Funksender der auf freilaufende christliche Wandergruppen hinweist und wie man sie am besten großräumig umgeistern kann

Wie dem auch sei, selbst wenn man sämtlichen vorstellbaren und nicht vorstellbaren Tätigkeiten nachginge, um die Zeit seines „ewigen Lebens“ auszufüllen, würde es irgendwann langweilig – spätestens bei der x-ten Wiederholung. Selbst wenn man eine Million Jahre damit ausfüllen könnte – oder Milliarden oder wer weiß wie viele Jahre, die Ewigkeit würde davon kein Stück kürzer. Es bliebe immer Ewigkeit übrig, und unvermeidliche Langeweile.
Kurz gesagt, man würde sich früher oder später zu Tode langweilen, auch als "freies und ungebundenes geistiges Wesen", aber – und jetzt kommt das Höllische: man kann nicht sterben, weil man ja schon gestorben ist!

Naja, nach unserem jetzigen Verständnis von Ewigkeit kann ich das nachvollziehen.
Ich kann mir aber auch vorstellen, dass unser Ewigkeitsbegriff vom Bestehen des Universums abhängt.
Falls die Existenz des Universum per Big Rip, Big Chill oder Big Crunch oder sonstwie enden wird, denke ich dass damit gleichzeitig auch die meine als geistiges Wesen enden würde und damit eben doch endlich ist. Ich würde mir die Zeit als Geist dann damit vertreiben mir alle Planeten in allen Galaxien anzusehen, es gibt derer ja in Massen. Wer weiß, was man da alles findet und vielleicht ist es auf manchen dieser Bälle gar nicht langweilig. Vielleicht begegnet man auf der ein oder anderen Umlaufbahn dem alten Schoppi, der dort mit seinen Pudels Gassi geht. Dem würde ich dann ein paar Takte "über die Weiber" erzählen wollen

Es sei denn, es gibt noch andere Universen in die sich unseres dann nach dem Endknall hinein integrieren könnte (so wie die Galaxien das machen). Dann wäre die Ewigkeit wiederum tatsächlich ewig und könnte todlangweilig werden. Vielleicht sogar dermaßen, dass man sich aus purer Verzweiflung noch einer christlichen Wandergruppe anschließen würde weil das Fußballspielen als geistiges Wesen schwierig werden könnte

liebe Grüße,
Lurchi

[Thanatos]

Danke, Lurchi, für diesen Beitrag, der mir nach längerer Durststrecke wieder mal ein Schmunzeln entlockte.
Da ich mir just dieser Tage neue Wanderschuhe anschaffte, bin ich jetzt also bestens gerüstet, um mich bei eventueller Langeweile in der Ewigkeit auch dieser christlichen Wandergruppe anzuschließen.

[tchanavitka]

Lurchi, weil ich bei deinem Beitrag so schmunzeln musste bekommst du zu Weihnachten exklusiv von mir die Vertonung von "Über die Weiber" geschickt

Es bliebe immer Ewigkeit übrig, und unvermeidliche Langeweile.

Es sein denn man könnte in eine Daseinsform transzendieren die gar nicht zur Empfindung des Gefühls "Langeweile" imstände wäre.
Durch Wände gehen und durchs Weltall fliegen- da müsste das doch eigentlich auch drin sein?!^^

Außerdem ist es doch erwiesenermaßen so dass die meisten Menschen Tag ein Tag aus im Wesentlichen gleiche, ähnliche und wiederholte Tätigkeiten verrichten; das passt zum menschenlichen Wesen und kann bis zu einem Gewissen Grad auch ein Faktor zur Zufriedenheit darstellen.

Wenn es nach mir geht würde ich mir ein Jenseits wünschen in dem ich unendlich viele Wünsche frei hätte ... das schließt den Wunsch die eigene Existenz zu beeneden automatisch mit ein.

[so-lebt-der-lurch]

Wenn es nach mir geht würde ich mir ein Jenseits wünschen in dem ich unendlich viele Wünsche frei hätte ... das schließt den Wunsch die eigene Existenz zu beeneden automatisch mit ein.

Raffiniertes Weib, du!

[TheBest_Chan]

Wie soll das Paradies (in dem das ewige Leben dann wohl hoffentlich stattfinden wird) denn bitte aussehen? Wenn ich mich selbst hasse, dann wird mein Leben auch im Paradies nicht paradiesisch sein.
Ich lehne die Idee des "ewigen Lebens" ab, ich hoffe (und glaube fest daran), dass danach nur noch das Nichts kommt...

[Thanatos]

... ich hoffe (und glaube fest daran), dass danach nur noch das Nichts kommt...

Und das wird glücklicherweise mit höchster Wahrscheinlichkeit so sein.
Dass sich diese höchste Wahrscheinlichkeit in diesem Zusammenhang eigentlich nur darauf stützt, dass noch niemand das Gegenteil hätte plausibel beweisen können, sollte uns nicht beunruhigen.

[Seelenschmerz]

>>Die gränzenlose Anhänglichkeit an das Leben kann nun aber nicht aus der Erkenntniß und Ueberlegung entsprungen seyn: vor dieser erscheint sie vielmehr als thöricht; da es um den objektiven Werth des Lebens sehr mißlich steht, und wenigstens zweifelhaft bleibt, ob dasselbe dem Nichtseyn vorzuziehen sei, ja, wenn Erfahrung und Ueberlegung zum Worte kommen, das Nichtseyn wohl gewinnen muß.

Klopfte man an die Gräber und fragte die Todten, ob sie wieder aufstehen wollten; sie würden mit den Köpfen schütteln.<<

Arthur Schopenhauer

[tchanavitka]

Wie gesagt; also wenn es ein schönes Leben mit vielen Freiheiten und Wahlmöglichkeiten wäre und mir dennoch nicht die Möglichkeit genommen würde es im Notfall jederzeit problemlos zu beenden würd' ich nicht nein sagen.

Ich fand gerade eine Anekdote über Ludwig den XIV., der scheinbar viel vom ewigen Leben hielt:

Da soll einst ein gewisser Boileau am Hofe Ludwigs des XIV. gesagt haben das ja alle Menschen sterben müssten, als jedoch der Sonnenkönig ihn darauf hin scharf ansah, korrigierte sich Boileau sofort:
"Fast alle Menschen, Sire, fast alle!"