Wie ist es in der Psychatrie?

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Hans
Beiträge: 247
Registriert: Mittwoch 6. Juli 2011, 18:57

Re: Wie ist es in der Psychatrie?

Beitrag von Hans »

Ich kann da inzwischen etwas aus dem Nähkästchen plaudern, wobei ich eine Menge Leute traf, die sich den Aufenthalt trotz suizidaler Absichten auf einer geschlossenen Station ganz und gar nicht vorstellen können.

Jedes mal, wenn ich in eine Psychiatrie kam, egal wo und unter welchen Umständen, ging es mir dort und auch danach ein Stück weit besser. Ich habe selbst zwei mal die Feuerwehr gerufen, weil ich die Situationen einfach nicht mehr ausgehalten habe.

Letztlich habe ich in einer Tagesklinik noch am meisten über mich und den Umgang mit mir selbst gelernt. Dort gibts Morgenrunde und Feierabendrunde. Jeden Morgen und jeden Nachmittag erzählt dort jeder Patient, was er für den Abend geplant hat und was daraus geworden ist. Wenn da schwammige Aussagen kamen, hat das Therapeutenteam sofort nachgehakt. Man soll liebevoll mit sich selbst umgehen erlernen. Wenn dann bspw. eine Mutter-Hausfrau sagte, ich mach heute Abend das das das das und das, hat direkt ein Therapeut nachgehakt: " Und meinen Sie, das dieses Funktionsprogramm dazu geeignet ist was für sich selbst zu tun ? - Wieso gehen sie nicht ins Kino ? - Wenn sie dieses Programm weiterhin fahren, hat bald niemand mehr was von Ihnen, weil sie dann zerstört sind. Auf morgen früh bin ich gespannt, wie es ihnen bei dem Programm ergangen ist."

Wer in die Psychiatrie geht, um sich helfen zu lassen, ist stark. Was Angehörige davon halten ist einem egal.
Ungewollt
Beiträge: 7
Registriert: Samstag 24. August 2013, 16:49

Re: Wie ist es in der Psychatrie?

Beitrag von Ungewollt »

Mir haben mehrere Aufenthalten in Psychiatrien überhaupt nichts gebracht. Die Therapiegruppen waren doch ein Witz und sämtliche Antidepressiva komplett wirkungslos.
glycerine

Re: Wie ist es in der Psychatrie?

Beitrag von glycerine »

Mir hat die Psychiatrie schon was gebracht, ich habe Antidepressiva bekommen die mir helfen. immer noch
aber da jedes monat durch die drehtür zu gehen halte ich für nicht sinnvoll
suffered
Beiträge: 30
Registriert: Samstag 19. Juli 2014, 15:00

Re: Wie ist es in der Psychatrie?

Beitrag von suffered »

Ungewollt hat geschrieben:Mir haben mehrere Aufenthalten in Psychiatrien überhaupt nichts gebracht. Die Therapiegruppen waren doch ein Witz und sämtliche Antidepressiva komplett wirkungslos.
Bin leider auch so ein Leidensgenosse. Ich ging nur in die Psychiatrie wenn es anders überhaupt nicht mehr ging (starke Psychosen). Die Psychose bin ich nun los, dafür habe ich jetzt eine deftige Depression und die Antidepressiva ich wüsste nicht wie die helfen...
Thomas11
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Registriert: Donnerstag 26. Februar 2015, 14:15

Re: Wie ist es in der Psychatrie?

Beitrag von Thomas11 »

Es ist die Angst vor dem Ausgliefertsein, die bei mir sowas wie Panik auslöst-wenn ich an ne Psychiatrie denke. Haste Pech wird es noch schlimmer und Du kannst nix dagegen machen, dieses zusammengepferchtsein auf engstem Raum belastet mich extrem, deswegen wil ich da nicht hin....obwohl es einen kotzübel geht muss man sich noch zusammenreissen....
Lebensmüde

Re: Wie ist es in der Psychatrie?

Beitrag von Lebensmüde »

Also eure Erfahrungsberichte machen einem wirklich Angst :shock:
Da kann man nur beten, das der erste Versuch auch sitzt.
MajorDepression
Beiträge: 68
Registriert: Freitag 27. Februar 2015, 19:48

Re: Wie ist es in der Psychatrie?

Beitrag von MajorDepression »

Der erste Versuch der Fremdsteuerung. Vergiss das besser mit den Kliniken. Das ist die Hoffnung an den Heiler. Nur Du selbst kannst Dein Heiler sein.

Das Prinzip ist vollkommen simpel. Tu Dir selbst wann immer es Deine Zeit und Dein Geld es erlauben, was für Dich, für Dich selbst. Rituale sind beispielsweise jeden Samstag beim Konditor ein Stück Kuchen kaufen, den Du dann genüsslich Sonntag nachmittags frisst mit einem leckeren Kaffee aus Deiner Lieblingstasse. Plane regelmäßig Sport ein, ob Du dabei über Hecken springst oder Liegestütze machst, wenn es Dir danach besser geht, ist es Dein Ritual. Wenn Du gerne Filme schaust, geh in die Videothek oder ins Kino etc. pp.

Wenn Du das Alles eine Zeit lang zusammen krachen lässt, weil Du antriebslos bist, glaube mir, Dir wird es so dreckig gehen, wie Du dir in Deinen kühnsten Träumen gar nicht vorstellen magst. Dann reiss nochmal das Ruder rum. Das hat dann was mit Disziplin zu tun. Dann gehts um Leben und Tod auf Razor's Edge! Der Mensch ist ein Gewohnheitstier! Unterschätze das Gehirn nicht!

Ich rate Dir nicht von Kliniken ab. Wenn Du sehr im Eimer bist, empfehle ich sogar die Geschlossene, weil Du dort Deine Ruhe hast und dort auch allerhand "witzige" Sachen passieren, über die man als "Aussenstehender" schmunzeln kann. Wenn Du Dir sagst, ich muss das und das erreichen, setzt Du dich selbst unter Druck. Wenn Du sagst, ich möchte dieses oder jenes gerne erreichen, weil Du dir das zutraust aus einer inneren Ruhe heraus, dann wird ein Schuh draus.
Thorsten3210
Beiträge: 1140
Registriert: Dienstag 29. September 2009, 17:27
Wohnort: Niedersachsen

Re: Wie ist es in der Psychatrie?

Beitrag von Thorsten3210 »

MajorDepression hat geschrieben:Tu Dir selbst wann immer es Deine Zeit und Dein Geld es erlauben, was für Dich
Stimme Dir zu. Man kann das noch verfeinern, um Struktur und etwas Freude in den Tag zu bringen, das wird gerade bei Antriebschwäche empfohlen: Abends einen Plan machen, was man sich für den nächsten Tag vornimmt. Es können kleine Sachen sein wie Wohnung aufräumen, Auto waschen, Fahrrad Putzen etc... Diese kleinen Aufgaben werden so gut es geht dann abgehakt und - ganz wichtig - es gibt eine kleine Belohnung, wenn man es gut gemacht hat. Der Sinn ist der, dass man kleine Erfolgserlebnisse hat und der lange Tag etwas Struktur bekommt. Die Erledigung kleinerer (zu schaffender) Aufgaben gibt Selbstbewusstsein, und man kann sich mit der Zeit grösseren Sachen zutrauen.
Lebensmüse hat geschrieben:Da kann man nur beten, das der erste Versuch auch sitzt.
Wäre eigentlich ein Grund, auf eine "harte Methode" zu setzen, wenn es soweit ist , das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass es klappt. Ein Horror, nach einem gescheiterten Versuch in der Klapse oder als Gemüse aufzuwachen.
Pegggy
Beiträge: 79
Registriert: Samstag 13. Oktober 2012, 14:19

Re: Wie ist es in der Psychatrie?

Beitrag von Pegggy »

Die Blutproben werden leider nicht entnommen, um eure Gesundheit zu retten. Es wird der Medikamentenspiegel im Blut gemessen. So kann man herausfinden, ob die Patienten die Tabletten ausspucken.

Patienten, die die Tabletten ausspucken bekommen Spritzen oder EKT's. Tut mir leid, wenn ich euch den Tag verdorben habe, aber das ist die Wahrheit.
MajorDepression
Beiträge: 68
Registriert: Freitag 27. Februar 2015, 19:48

Re: Wie ist es in der Psychatrie?

Beitrag von MajorDepression »

Um es nochmal auf den Punkt zu bringen. EIne Psychiatrie ist echt nicht schlecht, wenn man völlig aus dem Ruder ist. Man könnte nach Entlassung die Weichen im eigenen Leben etwas positiver stellen, und genau das ist die Kunst, das zu tun, trotz oder gerade wegen einer psychischen Erkrankung. Ich kriege das auch nur zu einem geringen Prozentsatz hin. Ich war fünf mal auf Geschlossenen und unzählige Male auf offenen Stationen. Seit September 2013 war ich wegen der Psyche in keiner Klinik mehr. Meine wenigen Rituale und vor allem der Sport lassen es mir so gut gehen, dass ich im Glauben bin, keine Klinik mehr zu brauchen. Der Weg ist steinig, im Nachhinein, aber auch witzig.
Bullmastif
Beiträge: 30
Registriert: Samstag 14. Mai 2011, 13:47

Re: Wie ist es in der Psychatrie?

Beitrag von Bullmastif »

Ich habe auch große Angst vor Spitälern und solchen Anstalten. Hoffentlich sterbe ich bald, das ich mit diese Anstalten
erspare.
SkYm243
Beiträge: 19
Registriert: Dienstag 26. Mai 2015, 18:45

Re: Wie ist es in der Psychatrie?

Beitrag von SkYm243 »

Ich denke das ist nicht überall gleich und hängt von der Einrichtung ab in der man landet.
Aber ich kann mal von meinem Aufenthalt dort berichten.
Ich war 6 Wochen auf der Akutstation (geschlossene) nach meinem ersten Suizidversuch.
Bei mir war es so dass mir die "Ärzte" dort eigentlich nur ständig eingeredet haben, dass ich eine Gefahr für die Außenwelt bin und total bescheuert bin. Wobei ich das Gefühl hatte dass die mir garnicht wirklich zugehört haben. Damit ich keine Probleme mache wurde ich wirklich mit Medikamenten vollgepumpt und als ich geäußert habe dass ich hier raus will und ich den Grund nicht sehe warum ich hier bin, weil ich bei meinem Versuch ja niemanden gefährdet habe und das auch niemals tun würde (ich habe Tabletten genommen), wurde mir damit gedroht mich zu fixieren wenn ich versuchen würde abzuhauen.
Durch die Medikamente war ich nahezu komplett Handlungsunfähig, ich hab den ganzen Tag geschlafen und konnte mich kaum auf den Beinen halten.
Meine Verzweiflung wurde da drin nur noch deutlich stärker und sicher kein Stück besser. So stark, dass ich auf die Idee kam Seife zu trinken, in der Hoffnung dass ich daran entweder sterbe oder ich zumindest in ein Krankenhaus muss und dabei eine Möglichkeit zur Flucht finde. Auch dieser Versuch scheiterte aber leider. Als letzte Option fiel mir dann auch ein das Essen und Trinken zu verweigern, worauf mir wieder gedroht wurde mich Zwangs zu Ernähren.
Ich hatte dann das Glück dass ein Gutachter von Draußen in einem Gespräch mit mir merkte, dass ich keine Gefahr für andere darstelle und im Grunde genommen kein "dummer" Mensch bin.
Nur deshalb bin ich nach 6 Wochen dort wieder rausgekommen, ansonsten wär ich sicher sehr viel länger dort geblieben, weil man sobald man so eine Einrichtung betritt offenbar absolut keinerlei Rechte mehr hat.
Deshalb ist es für mich auch unerlässlich, dass der nächste Versuch wirklich sicher ist, weil ich um keinen Preis riskieren will nochmal dort zu landen.
Ich hoffe ich konnte dir helfen.
lg
glycerine

Re: Wie ist es in der Psychatrie?

Beitrag von glycerine »

Ich war nie gezwungen dort hinzugehen, und ich sagte nichts von Suizidgedanken, wenn man gezwungen wird dann ist es schon meistens schlimmer als man geht dort freiwillig hin und darf dort jederzeit ins Freie wenn man will.
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