Gescheiterte Suizidversuche

Meinungs- und Erfahrungsaustausch zum Thema Suizid; Berichte über gescheiterte Suizidversuche; suizidales Verhalten; Leben mit Suizidgedanken; Hilfestellungen

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Thanatos
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Re: Gescheiterte Suizidversuche

Beitrag von Thanatos »

Thorsten3210 hat geschrieben:
Peterchen hat geschrieben:Aber man hat eben nie die Befriedigung, es geschafft zu haben
Die Frage ist, ob es überhaupt eine große Befriedigung wäre. Man hätte zwar sein Vorhaben erfolgreich umgesetzt, allerdings bleibt der Fakt, dass man am Leben gescheitert ist, und in den natürlichen Verlauf des Lebens eingreifen musste, um es zu beenden. ...
Also ich kann auf solch eine (vermeintliche?) Befriedigung verzichten. Sobald ich den Mut zum Sprung hatte und den Talgrund oder das Wasser auf mich zurasen sehe, wäre es für mich genug Befriedigung zu wissen, dass ich in wenigen Sekunden alles hinter mir haben werde.
Natürlich kann ich nicht völlig ausschließen, dass ich beim Fall die „Tat“ doch bereue. Ich denke aber eher nicht, dass das so sein wird, eben weil ich im Laufe meines Lebens öfter die Gelegenheit zum Sprung hatte, es nicht wagte – und jedes Mal schon bald danach bereute, nicht gesprungen zu sein.
Übrigens sollte man Aussagen von Überlebenden, die die Tat bereuen, nicht allzu ernst nehmen. Sie müssen das schließlich sagen, um schnell wieder aus der Psychiatrie rauszukommen bzw. erst gar nicht reinzukommen.
Dass ich das Gefühl haben könnte, „am Leben gescheitert“ zu sein, beunruhigt mich nicht. Wenn ich mir nämlich diejenigen Leute anschaue, die – von außen betrachtet - ein „gelingendes Leben“ führen, so kann ich gerne darauf verzichten.
Und wenn wir „gelingendes Leben“ durch „glückliches Leben“ ersetzen, so hängt meiner Meinung nach der Grad an Lebensglücksgefühl weniger von äußeren Umständen als davon ab, wie gut es einem gelingt, sich selbst ins Hemd zu lügen. Nach meiner Erfahrung gelingt das den Jesus-Freaks besonders gut. Für schöne Gefühle Verstand und Rückgrat an der Garderobe abgeben zu müssen, darauf verzichte ich nun auch gerne - zumal besonders mein Rückgrat mal eine ganze Weile dort hing, an der Garderobe, bevor ich es wieder abholte.... :mrgreen:
Schönen Rest vom Sonntag,
wünscht Thanatos
cabinas
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Re: Gescheiterte Suizidversuche

Beitrag von cabinas »

Thorsten3210 hat geschrieben:
Peterchen hat geschrieben:Aber man hat eben nie die Befriedigung, es geschafft zu haben
Die Frage ist, ob es überhaupt eine große Befriedigung wäre. Man hätte zwar sein Vorhaben erfolgreich umgesetzt, allerdings bleibt der Fakt, dass man am Leben gescheitert ist, und in den natürlichen Verlauf des Lebens eingreifen musste, um es zu beenden. Vermutlich wäre es eine größere Befriedigung, wenn man irgendwie doch noch die Kurve kriegen würde, zu einem einigemaßen zufriedenstellenden Leben zu kommen (was sicher schwer ist und nicht immer möglich), ohne auf den vorzeitigen Abbruch des Lebens angewiesen zu sein. Allerdings, wenn ich meine heutige morgentliche Stimmung betrachte, könnte auch die Befriedigung über einen erfolgreichen Suizdversuch größer sein :wink:
Interessant dass du das sagst. Ich habe "irgendwo" vor einiger Zeit gelesen, dass statistische gesehen die meisten "unzulässiges Wort" gar nicht wirklich sterben wollten, sondern im Grunde ein anderes Leben wuenschen.
cabinas
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Re: Gescheiterte Suizidversuche

Beitrag von cabinas »

Thanatos hat geschrieben:
Thorsten3210 hat geschrieben:
Peterchen hat geschrieben:Aber man hat eben nie die Befriedigung, es geschafft zu haben
Die Frage ist, ob es überhaupt eine große Befriedigung wäre. Man hätte zwar sein Vorhaben erfolgreich umgesetzt, allerdings bleibt der Fakt, dass man am Leben gescheitert ist, und in den natürlichen Verlauf des Lebens eingreifen musste, um es zu beenden. ...
Also ich kann auf solch eine (vermeintliche?) Befriedigung verzichten. Sobald ich den Mut zum Sprung hatte und den Talgrund oder das Wasser auf mich zurasen sehe, wäre es für mich genug Befriedigung zu wissen, dass ich in wenigen Sekunden alles hinter mir haben werde.
Natürlich kann ich nicht völlig ausschließen, dass ich beim Fall die „Tat“ doch bereue. Ich denke aber eher nicht, dass das so sein wird, eben weil ich im Laufe meines Lebens öfter die Gelegenheit zum Sprung hatte, es nicht wagte – und jedes Mal schon bald danach bereute, nicht gesprungen zu sein.
Übrigens sollte man Aussagen von Überlebenden, die die Tat bereuen, nicht allzu ernst nehmen. Sie müssen das schließlich sagen, um schnell wieder aus der Psychiatrie rauszukommen bzw. erst gar nicht reinzukommen.
Dass ich das Gefühl haben könnte, „am Leben gescheitert“ zu sein, beunruhigt mich nicht. Wenn ich mir nämlich diejenigen Leute anschaue, die – von außen betrachtet - ein „gelingendes Leben“ führen, so kann ich gerne darauf verzichten.
Und wenn wir „gelingendes Leben“ durch „glückliches Leben“ ersetzen, so hängt meiner Meinung nach der Grad an Lebensglücksgefühl weniger von äußeren Umständen als davon ab, wie gut es einem gelingt, sich selbst ins Hemd zu lügen. Nach meiner Erfahrung gelingt das den Jesus-Freaks besonders gut. Für schöne Gefühle Verstand und Rückgrat an der Garderobe abgeben zu müssen, darauf verzichte ich nun auch gerne - zumal besonders mein Rückgrat mal eine ganze Weile dort hing, an der Garderobe, bevor ich es wieder abholte.... :mrgreen:
Schönen Rest vom Sonntag,
wünscht Thanatos
Also. wenn dir Zufriedenheit nicht reicht, Glueck nicht reicht, du das alles als "ins Hemd luegen" siehst, du angeblich Verstand und Rueckgrat abgeben musst wenn du "Jesus-Freak" waerest - ja was willst du eigentlich sein im Leben?
Das ganze Leben besteht aus Widerspruechen und Kompromissen. Immer. Auch dein selbstgewaehlter Suicid ist ein Kompromiss.
Ja, was eigentlich erwartest du, dass das Leben DIR bietet - und nicht was DU erreichen koenntest?
So etwas wie Eigenverantwortung ueber unser Dasein haben wir ja alle - trotz schwerer Krankheit, Depression, Psychosen. Sie besteht in der Antwort auf die Frage, ob man "damit" weiter leben will oder nicht.
Daher: was erwartest du vom Leben, muss das Leben dir etwas geben?

Ich denke gerade nach einem gescheitertem Suicidversuch waere das doch ein Grund mehr, darauf eine Antwort zu finden. Es muss ja nicht lauten "Multimillionaer werden", sonden einfach Gefuehlsmaessig, Was bedarf es das ich sagen kann" Ja".

Kennst du den Faust von Goethe?
Der will sich ja auch umbringen, weil er des Lebens ueberdruessig ist, und da kommt der Teufel, Mephisto , und verspricht ihm alles dolle. Der Haken ist,wenn Faust sagt "hier will ich leben" dann kriegt der Teufel seine Seele.

Und, sagt er es? Nein.
Nicht im ersten Teil.
Aber im 2. Teil, als er blind ist und ein Greis und seinen Tod nahen fuehlt und bedauernd sagt:
"Verweile doch, du bist so schoen".
Weil Faust den Augenblick der Dauererfuellung seiner Sehnsucht wuenscht, zu leben, stirbt er, das Ende ist erreicht,

Wir sind immer dem Schmerz, dem Leid, den ganz wenigen gluecklichen Momenten unterworfen. Wer immer nur Happy sein will, wird es nie sein. Irgendwnan ist Schluss mit lustig. Wie beim essen. Irgendwann bist du satt, egal wie gut es schmeckt.

Also, was willst du? Interessiert mich echt.
Peterchen
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Re: Gescheiterte Suizidversuche

Beitrag von Peterchen »

Thorsten3210 hat geschrieben:
Peterchen hat geschrieben:Aber man hat eben nie die Befriedigung, es geschafft zu haben
Die Frage ist, ob es überhaupt eine große Befriedigung wäre. Man hätte zwar sein Vorhaben erfolgreich umgesetzt, allerdings bleibt der Fakt, dass man am Leben gescheitert ist
Was bereits eine Mikrosekunde nach dem Abgang keine Rolle mehr spielen wird.
und in den natürlichen Verlauf des Lebens eingreifen musste, um es zu beenden.
Warum sollte das ein Problem sein? Die wenigsten würden älter als 30 werden, wenn wir nicht ständig in den natürlichen Verlauf des Lebens eingreifen würden. Ich sehe nicht, warum der natürliche Verlauf des Lebens gut oder moralisch richtig sein sollte. Siehe dazu meine Ansichten über die Ausrottung von Erbkrankheiten und die genetische Verbesserung des Menschen.
Vermutlich wäre es eine größere Befriedigung, wenn man irgendwie doch noch die Kurve kriegen würde, zu einem einigemaßen zufriedenstellenden Leben zu kommen (was sicher schwer ist und nicht immer möglich), ohne auf den vorzeitigen Abbruch des Lebens angewiesen zu sein.
Das mag sein. Wobei ich inzwischen glaube, dass selbst die meisten Menschen mit einem "gelingenden Leben" bestenfalls eine ausgeglichene Glücks/Leid-Bilanz aufweisen und insofern unterm Strich nicht besser dran sind als jemand, der sich im Zustand dauerhafter Bewusstlosigkeit befindet.

Davon abgesehen: Selbst wenn ich ein tolles Leben hätte, würde ich es irgendwann beenden. Denn im Alter kommt für fast jeden irgendwann der Punkt, an dem die Lebensqualität kollabiert und man z.B. die letzten Jahre als dementes Wrack dahinsiecht.
Thanatos
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Re: Gescheiterte Suizidversuche

Beitrag von Thanatos »

cabinas hat geschrieben:...
Also, was willst du? Interessiert mich echt.
Wenn es dich echt interessiert: Bei der nächsten Gelegenheit zu springen, die Überwindung aufzubringen, es wirklich zu tun.
Thanatos
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Re: Gescheiterte Suizidversuche

Beitrag von Thanatos »

Peterchen hat geschrieben:... Denn im Alter kommt für fast jeden irgendwann der Punkt, an dem die Lebensqualität kollabiert und man z.B. die letzten Jahre als dementes Wrack dahinsiecht.
Eben, denn genau diese Beobachtung konnte ich im Leben oft genug machen, so dass es für mich persönlich ein weiterer Grund ist, es erst gar nicht so weit kommen zu lassen.
Damit es hier keine Missverständnisse gibt: Ich würde gewiss keine „Zwangseuthanasie“ befürworten, aber die Möglichkeit, dass jeder, der einfach keine Lust mehr hat, sicher, schnell und schmerzlos gehen kann, wann immer es ihm beliebt.
Und falls jetzt einer daherkommt und mir etwas von Verantwortung im Leben erzählt und dass man sich deshalb nicht einfach abschaffen darf: Die einzige Verantwortung, die ich in diesem Zusammenhang akzeptieren würde, wären Kinder, die man nicht einfach verlassen darf. Dieses Problem habe ich glücklicherweise nicht.... Ich könnte noch eine ganz bös nihilistische Bemerkung fallen lassen: „Wer Kinder liebt, setzt erst gar keine in die Welt.“ Das sage ich natürlich nicht. :wink:
Ich erwarte auch nicht, dass jemand diese meine Einstellung teilt. So bin ich eben, gezeugt und irgendwann in die Welt geworfen....
cabinas
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Re: Gescheiterte Suizidversuche

Beitrag von cabinas »

Thanatos hat geschrieben:
cabinas hat geschrieben:...
Also, was willst du? Interessiert mich echt.
Wenn es dich echt interessiert: Bei der nächsten Gelegenheit zu springen, die Überwindung aufzubringen, es wirklich zu tun.
Gibt es also rein gar nichts, nicht mal im Ansatz, was dich an dieses Leben in irgendeiner Form halten koennte,; gab es denn frueher etwas, was dich zufriedener machte?
Den Wunsch, nein, die Sehnsucht zu springen, ein Ende zu machen, die kenne ich gut, das ist aber nicht die Frage.
Die Frage ist: gibt es keinerlei Gegengewicht? Koennte es ueberhaupt ein Gegengewicht geben? (Ich frage nicht, um dann den Rat der alten weisen Maenner zu bringen, wie schoen doch das Leben ist!)
Thanatos
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Re: Gescheiterte Suizidversuche

Beitrag von Thanatos »

Finsternis hat geschrieben:.. Wenn der Druck richtig groß wird, dann ist jedes Gerede von Verantwortung sowas von egal, man will dann nur noch die Erlösung...
Schön formuliert.
Noch eine Zusatzbemerkung in Sachen Verantwortung: Im Weltbild der Antike, besonders bei den Stoikern, galt es – zumindest unter der intellektuellen Oberschicht - als selbstverständlich, sein Leben durch eigene Hand zu beenden, sobald es durch Alter und/oder Krankheit und/oder Armut und/oder Verlust der Ehre unerträglich wurde. Trotzdem weiterzuleben, hätte als feige und verantwortungslos gegolten. Nicht nur das, es hätte sogar als dumm gegolten, wenn jemand sein unerträgliches Leid nicht beenden würde.
Erst durch das aufkommende Christentum, besonders durch Augustinus, änderte sich jenes, meiner Meinung nach, sehr gesunde Weltbild.
Thanatos
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Re: Gescheiterte Suizidversuche

Beitrag von Thanatos »

cabinas hat geschrieben:...
Gibt es also rein gar nichts, nicht mal im Ansatz, was dich an dieses Leben in irgendeiner Form halten koennte,; gab es denn frueher etwas, was dich zufriedener machte?
...
Die Frage ist: gibt es keinerlei Gegengewicht? Koennte es ueberhaupt ein Gegengewicht geben? ...
Wieso bist du eigentlich so bemüht, mein Leben zu verlängern? :wink:
Ich darf dir jedenfalls versichern, dass das vorzeitige Ableben mein persönlicher Entschluss ist – und das schon so lange, dass es wirklich so sehr zu meinem Weltbild gehört, dass es gewiss nichts und niemand mehr ändern könnte.
Da du so gerne Dichter und Denker zitierst – übrigens kenne ich natürlich auch meinen Faust (und weiter?) -, so mal zwei Lesetipps für dich: Seneca und, wenn du besonders mutig bist, Cioran. Dort steht mein Weltbild klar beschrieben.
Es ist jetzt allerdings nicht so zu verstehen, dass mich diese beiden dazu gebracht hätten, so zu denken, wie ich denke; nein, ein stoisches Weltbild hatte ich schon, bevor ich noch wusste, was Stoizismus überhaupt bedeutet. Auch Cioran lernte ich erst viel später kennen, und war sehr überrascht, dass ich bei ihm meine eigenen Gedanken, die ich früher mit niemanden zu teilen gewagt hätte, wiederfand.
„Gegengewicht“? Das könnte es nicht nur geben, das gibt es ja dummerweise. Man nennt es Selbsterhaltungstrieb.
cabinas
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Re: Gescheiterte Suizidversuche

Beitrag von cabinas »

Thanatos hat geschrieben:
cabinas hat geschrieben:...
Gibt es also rein gar nichts, nicht mal im Ansatz, was dich an dieses Leben in irgendeiner Form halten koennte,; gab es denn frueher etwas, was dich zufriedener machte?
...
Die Frage ist: gibt es keinerlei Gegengewicht? Koennte es ueberhaupt ein Gegengewicht geben? ...
Wieso bist du eigentlich so bemüht, mein Leben zu verlängern? :wink:
.
Du liegst absolut daneben, ich glaubte es deutlich gesagt zu haben.
Welches Interesse sollte ich haben, dein Leben zu verlaengern und ausdruecklich auch noch deines?
Habe ich durch irgendeine Bemerkung zu Ausdruck gebracht, ich wolle in irgendeiner Form dich zu irgendwas bewegen?
Nicht den Hauch.
Es ist deine Unterstellung, weil du eventuell mit der Frage nicht umgehen kannst.
Ich kenne dich nicht, es geht mir also hinten vorbei, was du mit dir machst.
Ich habe ein rein intellektuelles Interesse. Wie ich las, sollen bei Suicidanten nicht so sehr der Suicid der eigentliche Wunsch sein, sondern ein anderes Leben.
Das war der Hintergrund meiner Frage.
Ich habs nicht genannt um nicht "Gefahr" zu laufen, eine eventuelle Antwort in eine bestimmte Richtung zu lenken. Doch das ist nun erledigt.
Ich sehe, du scheinst mit solchen Nachfragen ueberfordert zu sein.
Thanatos
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Re: Gescheiterte Suizidversuche

Beitrag von Thanatos »

cabinas hat geschrieben:...
Ich sehe, du scheinst mit solchen Nachfragen ueberfordert zu sein.
Diesen Satz betrachte ich als Projektion. Ähnliches hat ja wohl schon Peterchen bemerkt....
Peterchen
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Re: Gescheiterte Suizidversuche

Beitrag von Peterchen »

Finsternis hat geschrieben:Selbst bei einer Demenz wird einem doch noch eingeredet, wie schön das Leben doch sei.
Das Dogma vom absoluten Wert des Lebens wird eben bis über die Grenze der Absurdität hinaus durchgefochten.
cabinas
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Re: Gescheiterte Suizidversuche

Beitrag von cabinas »

Thanatos hat geschrieben:
cabinas hat geschrieben:...
Ich sehe, du scheinst mit solchen Nachfragen ueberfordert zu sein.
Diesen Satz betrachte ich als Projektion. Ähnliches hat ja wohl schon Peterchen bemerkt....
Ja, erst unterstellst du mir, ich wolle dich abhalten von deinem "kill-my-self", nun unterstellst du, da dies nicht funktionierte, was anderes.

Und ausgerechnet Peterchen ist die adaequate Person, ein Urteil faellen zu koennen? Oder seid ihr beide nicht willens zu reflektieren, was euch wirklich, naemlich tief im innern, bewegt?
Dass jemand des Weltbildes wegen in den Tod gehen moechte, habe ich noch nie gehoert.
Hm. Dann koennte ich ja auch sagen, ich gehe in den Suicid, weil die CDU regiert. Liegt auf der gleichen Ebene.
Wie aber laesst sich dein Todeswunsch mit der Philosophie der Stoiker in Einklang bringen?
Nur zur Erinnerung:

Zitat: " Für den Stoiker als Individuum gilt es, seinen Platz in dieser Ordnung zu erkennen und auszufüllen, indem er durch die Einübung emotionaler Selbstbeherrschung sein Los zu akzeptieren lernt und mit Hilfe von Gelassenheit und Seelenruhe zur Weisheit strebt."

Die einprägsamste Kurzformel für das stoische Weltbild hat – wie in manch anderer Hinsicht noch – Kaiser Mark Aurel als letzter der überlieferten bedeutenden Stoiker hinterlassen (Selbstbetrachtungen VII, 9):
„Alles ist wie durch ein heiliges Band miteinander verflochten. Nahezu nichts ist sich fremd. Alles Geschaffene ist einander beigeordnet und zielt auf die Harmonie derselben Welt. Aus allem zusammengesetzt ist eine Welt vorhanden, ein Gott, alles durchdringend, ein Körperstoff, ein Gesetz, eineVernunft, allen vernünftigen Wesen gemein, und eine Wahrheit, so wie es auch eine Vollkommenheit für all diese verwandten, derselben Vernunft teilhaftigen Wesen gibt.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Stoa

Ich lese da nichts von Suicid, im Gegenteil.
Entweder habe ich es nicht verstanden, oder du?
Oder Wikipedia (die man nicht allzu Ernst nehmen sollte)

Ich war ja frueher schon hier im Forum, eine ganze Zeit lang, da gab es wenigstens noch Diskussionen, auch auf einem bestimmten guten Niveau, aber jetzt sehe ich nur das trotzige Verhalten zweier "Jungs", die sich strikt weigern, ihr Weltbild auch nur im Ansatz zu ueberpruefen. Als haetten sie Angst dass etwas zerstoert werden koennte.
Peterchen
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Re: Gescheiterte Suizidversuche

Beitrag von Peterchen »

Seneca ist ein Hauptvertreter der stoischen Philosophie. Lassen wir ihn zu Wort kommen:

Man findet auch Vertreter der Philosophie, die es ablehnen, ihrem Leben mit Gewalt ein Ende zu machen, und es für eine Sünde erklären, sein eigener Mörder zu werden : man habe das Lebensende abzuwarten, das die Natur bestimmt habe. Wer das sagt, verkennt, daß er sich damit den Weg der freien Entscheidung versperrt. Nichts Besseres hat uns das ewige Gesetz geschenkt, als daß es uns einen einzigen Eingang ins Leben gab, doch viele Ausgänge. Soll ich wirklich auf die Grausamkeit einer Krankheit oder eines Menschen warten, wenn ich die Macht habe, mitten aus allen Folterqualen ins Freie zu gelangen und alle Widerwärtigkeiten loszuwerden ? Das ist ja das einzige, worin wir über das Leben nicht klagen können : es hält niemanden. In dem Punkt steht es gut um alle menschlichen Belange : wer unglücklich ist, ist selber schuld. Gefällt dir das Leben, so lebe ! Gefällt's dir nicht, so hast du die Freiheit, wieder dort hinzugehen, von wo du kamst. Um Kopfschmerzen zu lindern, hast du dir schon oft Blut abnehmen lassen. Um das Körpergewicht herabzusetzen, läßt man dich zur Ader. Es ist nicht vonnöten, der Brust eine klaffende Wunde zuzufügen : mit einem kleinen Messerchen öffnet man sich den Weg zur großen, ewigen Freiheit — die Sorgenfreiheit und Ruhe kostet nur einen Stich.


Nichts steht dem im Wege, der sich seiner Umgebung entziehen will. Die Natur hält uns in ihrer Obhut, lässt uns aber reichliche Freiheit. Wem seine bedrängte Lage es noch erlaubt, der suche einnen leicht erträglichen Ausgang; wem mehrere Mittel zur Hand sind, sich in Freiheit zu setzen, der treffe eine Auswahl und erwäge, welches das beste ist, um zur Freiheit zu gelangen; Für wen sich aber nur schwer eine Gelegenheit finden will, der greife zu dem ersten besten, mag es auch ungewöhnlich, mag es auch unerhört sein.
cabinas
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Re: Gescheiterte Suizidversuche

Beitrag von cabinas »

Es gibt einige Foren fuer, na, ich sage mal "Autoren", Leute die gerne schreiben. Und viele berufen sich dann auf irgendwelche arrivierte Autoren, ob tot oder lebendig ist egal, und sagen, der Boell, die Drewitz, die haben aber gesagt....
Die nehmen also diese Autoren als Vorbild, wie man schreiben sollte, als Lehrkoerper quasi, und das ist erst mal nichts falsches.
Aber irgendwann gehoert zur Entwicklung, dass man sich aus den Vorbildern hinaus entwickelt, zur eigenen Struktur, zum eigenem Stil, also zur persoenlichen Identitaet findet.
Alles andere ist ein Nachahmen, ein Nachaeffen.

Wenn das alles ist, was du an inhaltlicher Argumentationsbasis besitzt, eine Zitatensammlung, dann fehlt dir eine Menge an Persoenlichkeit.
Die Absurditaet, sich einer Weltanschauung wegen umbringen zu wollen, uebertrifft sogar m.E. die absurditaet der unzulässiges Wort nach Erscheinen des Buches "Leiden des jungen Werther".

Ich verstehe ganz und gar wenn mir einer sagt "du ich leide unter dem und dem und bin am ende", das ist wenigstens personenlich. Ich kaeme nie auf den Gedanken, ihm sein Leiden wegreden zu wollen, und somit seine Entscheidung.
Wer sich aber hinstellt und sagt "jener philosoph sagte dies und dieser philosoph sagt das und ich finde mich darin wieder, darum bringe ich mich um". dem spreche ich jede Art von seelisch-intellektueller (also persoenlicher) Entwicklung ab.
Das ist wie der selbstgemachte Schreiberling, der eine Geschichte von Boell nachschreibt und nun denkt, er habe das Gelbe vom Ei in die Welt gesetzt.

Ich erwarte nicht, dass du oder sonstwer mir in irgendeiner Form Rechenschaft schuldig bist, worunter er leidet.
Aber bitte, ein Leiden zu rationalisieren und auf eine pseudophilosophische Ebene heben zu wollen, das ist mir zu schwach (pseudophilosophisch, weil du dich nicht selber als Person und Mensch einbringst).

Mir ist jemand lieber, der oder die sagt, sie leide unter Psychose etwa, das ist wenigstens ehrlich, und davor habe ich jede Menge Respekt, denn es gehoert M;ut dazu sich seelisch zu oeffnen, als wenn jemand kommt und irgendeine Wissenschaft oder sogenannte Autoritaet vorschiebt, um sich vor dem eigenem Ich, der eigenen Gefuehlswelt zu druecken.
Nichts fuer Ungut!

Bei euch in Deutschland wird Sommer las ich. Dann geniesst mal schoen.
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