Peterchen hat geschrieben:Das muss nicht der Fall sein. Man kann auch in anderen Dingen Sinn finden. Oder sich damit abfinden, dass es keinen Sinn gibt.
Stimmt bedingt. Sich abfinden mit dem Fehlen eines Sinnes wenn man das echte Bedürfnis danach hatte, ist sehr schwer und ohne grossen Anteil an Resignation oder gar Zynismus kaum zu erreichen.
Das Wort "Theorie" hat nichts mit dem Grad der Bestätigung zu tun. Die Evolutionstheorie beruht auf Millionen empirischen Belegen und ist damit so gut bestätigt, wie man es sich in der Wissenschaft nur wünschen kann.
Zunächst eine Richtigstellung: es gibt deduktive und empirische Theorien. Letztere basieren per definitionem auf gut bestätigten Gesetzeshypothesen.
Zum Inhaltlichen: was ist aber gut bestätigt? Du sagst die Evolutionstheorie. Ich sage: primär die Tatsache der Evolution! Welche Evolutionstheorie ist denn gut bestätigt? Der Neodarwinismus? Nein! Sie ist in der oftmals implizierten Annahme ihrer Vollständigkeit eindeutig ein dogmatisches Gebilde. Bestenfalls ist sie unvollständig (die Erklärungslücken sind immens und stecken wie so oft auch im Detail, weshalb Bücher wie jene von Dawkins diesbezüglich wohl recht unnütz sind, sie bewegen sich oftmals grenzwertig im Bereich unzulässiger Vereinfachung). Aber nicht einmal solche MÖGLICHE Unvollständigkeit würden ihre Hardcore-Vertreter eingestehen: es braucht nur Zeit und es wird sich alles im Sinne unserer reduktiven Annahmen erklären lassen (ein Wahlspruch der Evolutionstheoretiker wenn sie in Unwahrscheinlichkeits-Erklärungsnöte kommen: die Zeit gegen die Unwahrscheinlichkeit. Im von mir empfohlenen Buch zeigt der Autor mit detaillierten Berechnungen, dass auch diese Behauptungen wohl ziemlich in der Luft hängen).
Andererseits weiß ich nicht, was dich zu der Aussage führt, die "Christenlehre" (lehren kann man alles mögliche) sei "in einem gewissen Umfang bewiesen". Ich würde sagen, da ist gar nichts bewiesen. Vielmehr ist offensichtlich, dass die Bibel mit all ihren Widersprüchen und ihrem jähzornigen Gott reines Menschenwerk ist.
Was auch nicht abgestritten wird in modernen Exegesen (dass es Menschenwerk ist). Aber basierend auf existentiellen Erfahrungen und deren zeitgebundenen Deutungen (die dann kanonisiert und dogmatisiert wurden). Wer aber die Bibel mehr oder weniger wörtlich als wahr behauptet, hat ein gröberes Problem. Natürlich auch der, der selektiv oder interpretierend damit umgeht, da ist man schnell mal auf einem `slippery slope`. Ein Problem welches Fundamentalisten wohl besser sehen, als `Entmythologisierer`.
Du solltest Ursachen und Zwecke, also Kausalität und Finalität, nicht durcheinander bringen. Unsere Existenz hat selbstverständlich Ursachen. Die Evolution und die Entstehung des Menschen ist ein kausaler Prozess, den wir immer genauer verstehen.
Richtig. Ein Dogma aller Erfahrungswissenschaften (parallel mit der darwinschen Evolutionstheorie verstärkt dogmatisiert) ist, dass finale Ursachen als Erklärungsansätze ausgeschlossen werden (und damit natürlich auch ein Zwecke setzender Gott). Selbst dort wo Finalität unbestreitbar ist (im menschlichen Geist) ist man bemüht es auf materielle Wirkmechanismen zu reduzieren. Dies hat gewisse Vorteile, darauf beruht sogar der Erfolg der Wissenschaften. Aber er setzt auch Scheuklappen auf, genau dann wenn die Realität mehr ist als rein durch Wirkursachen erklärt werden könnte. Und Indizien in diese Richtung werden dann oftmals gerne ignoriert etc.
Dagegen gibt es keinen Grund zu der Annahme, dass mit unserem Dasein irgendein Sinn oder Zweck verbunden wäre. Es gibt auch keinen Grund zu der Annahme, dass alles, was passiert, auf einer Absicht beruht. Wenn du Krebs bekommst, dann steht dahinter keine Absicht, sondern nur blinde Kausalität.
Na ja, das ist eine blosse Behauptung und stützt sich u.a. auch auf oben genanntem methodischen Ausschluss aller finalen Ursachen. Gründe könnte es durchaus geben. Ich empfehle: Holm Tetens `Gott denken. Ein Versuch über rationale Theologie`. Ich glaube auch nicht an einen Gesamtsinn, aber dass es keine Gründe gibt solchen anzunehmen, würde ich negieren. Der Rahmen methodologischer Prämissen, die unter der Hand als ontologische Sachverhalte verkauft werden, ist bestimmt der falsche um darüber nachzudenken.
Das Tolle an der Evolutionstheorie ist ja gerade, dass sie die Existenz von scheinbar sinnvollen Strukturen auf einen bloßen Kausalprozess zurückführt.
WAS SOLL DARAN SO TOLL SEIN??? Was ist toll daran, dass du nur ein komplexer neuronaler Mechanismus bist (der nur scheinbare oder gar wirkliche mentale Finalität generieren kann...frage mich eben welche Variante toller bzw. tollkühner wäre
).
Dann aber: die Evolution beruht auf guter empirischer Bestätigung, aber eben nicht die Neodarwinistische Theorie (da müsste man sehr spezifisch die einzelnen Bestandteile der Theorie anschauen). Wer solchen Sachverhalt a priori negiert, wird sich auch nie die Mühe machen, Gegenindizien zu suchen oder nur schon zur Kenntnis zu nehmen. Aber meine Buchempfehlung zielt gerade auf die Schwachstellen der auf Wirkmechanismen reduzierten Theorie der Evolution. Lesen und prüfen.
Auch parapsychologische Phänomene werden von der Mainstream-Wissenschaft wie das Weihwasser gefürchtet und ignoriert. Dabei gibt es unbezweifelbare Bestätigungen dafür und zwar in einer wahren Fülle welche unter methodischen Bedingungen zustande kamen, an denen noch die dogmatischsten (!) Skeptiker nichts Fehlerhaftes finden konnten. Im bereits empfohlenen Buch nennt der Autor x Studien und auch Metaanalysen, die nur jemand ignorieren wird, der von dogmatischen Vorannahmen gesteuert wird (das umfänglichste mir bekannte diesbezügliche Buch ist jenes von Dean Radin). In der Evolution gibt es Problemkomplexe die ebenso wie die parapsychologischen Phänomene eine Form von finaler Ursachen als Erklärung nahe legen (zumindest solange die Wissenschaftler mit ihren Wirkursachen dermassen im Dunkeln tappen und es Phänomene gibt, die scheinbar prinzipiell wirkmechanistischen Erklärungen unzugänglich scheinen). Finalität übrigens, die durchaus im Rahmen naturalistischer Annahmen verbleiben könnte (nicht notwendig verbleiben muss).
Wie gesagt: Es gibt kein "wozu". Wir wurden geboren, weil unsere Eltern sich für Kinder entschieden (oder nicht aufgepasst) haben. Nach ein paar Jahren sterben wir wieder. Damit hat sich die Sache.
Vielleicht. Wer würde das aber mit Gewissheit behaupten können. Ob ein allfälliges objektives `Wozu` Sinn machen würde (für jeden), wäre eine noch ganz andere Frage.
Solange man Freude am Leben hat, kann man sich das Leben, trotz seiner Sinnlosigkeit und obwohl man nicht darum gebeten hat, gefallen lassen. Wenn es aber wegen Krankheit oder aus anderen Gründen ungenießbar wird, kann der Freitod eine vernünftige Entscheidung sein.
Freude am Leben haben trotz seiner Sinnlosigkeit klingt für mich fast identisch mit der Aussage wie toll es doch sei, dass reine Wirkursachen scheinbar Sinnvolles generieren kann. Dass Menschen im Einzelfall so leben können ist gewiss der Fall. Toll finde ich das nicht, auch wenn ich jedem grundsätzlich ein glückliches Leben wünsche.
PS: Da ich Dawkins kritisiert habe, hier zwei Zitate von M. Nahm über dessen Bücher:
- "Die in der besprochenen Publikation (bezüglich Fischauge, die Dawkins nur referiert bzw. darlegt) aufgestellten Behauptungen sind derartig ungeheuerlich, dass man sich fragen muss, wie ein renommiertes Fachjournal überhaupt dazu kommen konnte, sie überhaupt abzudrucken."
- "Besonders in den Büchern von R. Dawkins schwingt auf nahezu jeder Seite unter seiner siegesgewiss vorgetragenen Überzeugungsarbeit fahrlässige Simplifizierung komplexer Sachverhalte mit."
Solche Aussagen kann man ignorieren. Wer sich aber ernsthaft für die Evolution und ihre Wirkweisen interessiert MUSS sich geradezu aufgefordert oder gedrängt fühlen, solchen Einwänden im Detail nachzugehen, d.h. zu schauen inwiefern der Autor sie belegen kann (dies auch dann, wenn er weiss, dass er nie zu einer wirklich tragfähigen eigenen Einschätzung kommen kann, da man doch als Laie nur glauben oder nicht glauben kann...aber zumindest weiss man, falls man sich definitiv festlegt, dass man Dogmatiker ist). Wer es aber nicht tut, hat es sich in seiner (möglicherweise auch pseudo-nihilistischen) dogmatischen Weltanschauung bequem gemacht und ist insofern auch nicht ernst zu nehmen als jemand, den wirkliche Sachverhalte interessieren.