Angehörige vorbereiten und schonen

Meinungs- und Erfahrungsaustausch zum Thema Suizid; Berichte über gescheiterte Suizidversuche; suizidales Verhalten; Leben mit Suizidgedanken; Hilfestellungen

Moderatoren: Ludwig A. Minelli, Mediator

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Fin
Beiträge: 29
Registriert: Dienstag 31. Mai 2011, 22:36

Angehörige vorbereiten und schonen

Beitrag von Fin »

Hallo,

ich hatte vor Jahren schon einmal in diesem Forum geschrieben und habe phasenweise immer wieder unzulässiges Wort, die allerdings, wie ich nach diesen Jahren nun sagen kann, fast schon eine Art psychischer Schutzmechanismus sind, um schwierige Phasen zu überstehen - mit dem Tod vor Augen gibt es viel mehr Positives zu erfahren, weil man mit nichts Positiven mehr rechnet.

Wie auch immer, ich halte mich ganz gut, brauche aber die Vorbereitung und konkreten Pläne, um mich halten zu können. Ein Problem bei der Konkretisierung ist allerdings, dass ich mich so gut halte und meine Depressionen oft so gut im Griff habe, dass nach Außen nur noch wenig zu merken ist. Niemand würde jemals erwarten, dass ich unzulässiges Wort habe, da ich die auch in depressionsfreien Zeiten haben kann. Bzw. selbst wenn ich welche habe noch gut drauf sein kann.
Wenn ich also irgendwann mal tatsächlich einen Suizid konkreter in Angriff nehmen würde, käme es für alle meine Verwandten und Bekannten aus heiterem Himmel. Ich würde einen Suizid auch nicht mehr so vorbereiten, dass ich mir Wege verbaue und Zukunftspläne fallen lasse (eben weil ich doch immer wieder weiterlebe). Das heißt, ich lebe für alle sichtbar so, als ob es noch viele Morgen gäbe. Ich bringe beispielsweise Andenken für meine Familie (die ich sehr selten sehe) aus einem Urlaub mit, obwohl ich nicht weiß, ob ich sie nochmal sehen werde, also ob ich so lange noch lebe. Ich halte mir einfach alles immer offen. Und dadurch, aber vor allem weil man mir so wenig anmerkt, würde es für alle ein Schock werden.

Nun meine Frage - wie kann man denn Angehörige vorbereiten? Wie kann man ihnen Schuldgefühle nehmen, vor allem meinem Freund? Ist das überhaupt möglich? Sollte ich mich, wenn ich es konkretisiere, doch so machen, dass es erahnbar wird (wenigstens retrospektiv betrachtet)? Wenn ich mich einer Depression offen hingebe, würde ich mein Umfeld ja auch wieder belasten, was auch wieder Konsequenzen hätte, wenn ich am Ende doch weiterleben möchte. Ich hätte halt gerne so wenig wie möglich Konsequenzen in der Vorbereitung eines Suizids, und möchte trotzdem nicht, dass alle aus allen Wolken fallen, wenn ich es tu.

Und welche Methode haltet ihr für die sicherste und auch einfachste?

Viele Grüße & Danke schonmal für Antworten!
StilleNacht
Beiträge: 19
Registriert: Donnerstag 7. Januar 2016, 03:23

Re: Angehörige vorbereiten und schonen

Beitrag von StilleNacht »

Abend,

es gibt keine Möglichkeit, Schuldgefühle vollständig zu nehmen. Du kannst sicherlich einige Personen "überzeugen"(wobei das ja eigentlich falsch ist), aber für jede Person müsstest du dir viel Zeit nehmen.
Unter Umständen von wenigen Tagen bis mehrere Monate. Je nach Charakter, Beziehung zu dir und ob sie bereit sind, das Wissen tragen zu wollen.
Viele Leute würden nicht damit leben wollen, dass ihnen ein geliebter Mensch sagt "Hey hör mal, wenn ich (überspitzt) keine Lust/Kraft/Whatever mehr habe spring ich von der nächsten Brücke." Die tragische Ironie dabei ist sogar, dass Menschen mit diesem Wissen noch mehr und länger trauern, wenn sie es denn akzeptieren könnten. Einfach dadurch, dass du ihnen sagst "Ich sterbe vielleicht bald".
Zu den einzelnen Persönlichkeiten deines Umfeldes kann ich natürlich nichts sagen, vielleicht ist da eine goldene Gans dabei. Aber rechne halt nicht damit

Das beste was du machen kannst ist, ihnen einen Brief zu hinterlassen. Mag vielleicht etwas kalt klingen, aber so kannst du einigermaßen die Schuldgefühle dämpfen.
Wird meine bevorzugte Methode. Als ich einigen Vertrauenspersonen mal von meinen Absichten erzählte (und später in die Tat umsetzte) waren diese ganz und gar nicht begeistert. Mittlerweile vermuten selbige, dass ich "nur eine Phase hatte". Mein Seil sagt da was anderes.

Wie dem auch sei, bisher machst du alles richtig. Nie einen Weg schließen, sonst setzt du dich selbst unter Druck. Viel Zeit nehmen und eventuell mit einem Arzt darüber reden.

Zu den Methoden:

Selbst wenn du dich per Kopfschuss erschießen willst kannst du überleben. Nur, damit dir das Risiko bewusst ist; der Körper ist widerstandsfähiger als man denkt.
Ich werde da noch per PN ein wenig eingehen, aber erwarte nicht die Lösung aller Lösungen :mrgreen:

Gruß

StilleNacht
Fin
Beiträge: 29
Registriert: Dienstag 31. Mai 2011, 22:36

Re: Angehörige vorbereiten und schonen

Beitrag von Fin »

Ja, an ausführliche Briefe habe ich auch gedacht. Ich glaube, es gibt tatsächlich keinen Weg, es angenehm zu machen (es sei denn man schafft es einen Unfall zu imitieren, weiß jemand wie?). Anderen davon zu erzählen kommt absolut nicht in Frage, das würde alles nur noch schlimmer machen.

Bei meinem Freund ist das alles am kompliziertesten. Er hat nicht direkt Schluss gemacht, aber schon so in der Art klar gemacht, dass er mehr Distanz möchte und das auch nichts auf ewig ist. Aber eigentlich geht die Pseudo-Beziehung weiter wie bisher, eben lockerer. Er würde sich von allen die absolut größten Vorwürfe machen, weil es gerade auch nicht so gut läuft. Sollte ich in dem Fall selbst richtig Schluss machen und den Kontakt abbrechen? Würde das die Person wirklich entlasten? Es würde mir in dem Fall die Zukunft (mit ihm) verbauen. Was ich eigentlich nicht wollte, wenn ich mich umentscheide.
StilleNacht
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Re: Angehörige vorbereiten und schonen

Beitrag von StilleNacht »

Unfälle zu imitieren ist relativ schwer wenn man keine Hobbys hat, die gefährlich sein können (Bergsteigen etc.) Den Freund oder die Verwandten kriegt man zwar vergleichsweise leicht ausgetrickst, die Polizei jedoch nicht. Du kannst natürlich auf der Straße mit deinem Wagen hin und her schleudern, bei trockener Straße fragt man sich dann halt, wie es dazu kam. Zweifel bleiben immer.

Was deinen Freund angeht solltest du nicht Schluss machen. Da du dir nicht sicher bist kannst du auch noch 10 Jahre leben, daher wäre diese Entscheidung überhastet.
Wenn du natürlich andere Gründe hast nur zu, aber rein wegen deinem potenziellen Suizid würde ich es nicht machen.
Mal ein (zugegeben mittelmäßiges) Beispiel: Du kannst auch morgen im Lotto gewinnen, machst trotzdem nicht vorher unendlich schulden.
Aber wie gesagt, NUR solange du dir unsicher bist.

Gruß

StilleNacht
weedi
Beiträge: 30
Registriert: Montag 9. Januar 2012, 17:20

Re: Angehörige vorbereiten und schonen

Beitrag von weedi »

@stille nacht
schade, dass du alles weitere nur über pn diskutierst. möchtest du uns nicht alle dran teilhaben lassen?:)
StilleNacht
Beiträge: 19
Registriert: Donnerstag 7. Januar 2016, 03:23

Re: Angehörige vorbereiten und schonen

Beitrag von StilleNacht »

Abend,

ich würde es zwar schon gerne machen, allein schon weil ich auf die Reaktionen gespannt wär (falls überhaupt welche kämen). Aber mit dem eigentlichen Thema hat unsere Diskussion noch wenig zu tun.
Sicherlich überlege ich mir schon noch, wie man Angehörige und Freunde vorbereitet. Aber eigentlich ist es klar, dass das nur mit viel Zeit ginge und man Glück bezüglich der einzelnen Persönlichkeiten haben müsste.
Mal grob gesagt.

Zumal ich hauptsächlich auf die Methode einging, da es keine gesicherten, jedoch einige "relativ" sichere gibt.

Gruß

StilleNacht
Rasiel
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Re: Angehörige vorbereiten und schonen

Beitrag von Rasiel »

Fin hat geschrieben:Ja, an ausführliche Briefe habe ich auch gedacht. Ich glaube, es gibt tatsächlich keinen Weg, es angenehm zu machen (es sei denn man schafft es einen Unfall zu imitieren, weiß jemand wie?). Anderen davon zu erzählen kommt absolut nicht in Frage, das würde alles nur noch schlimmer machen.

Bei meinem Freund ist das alles am kompliziertesten. Er hat nicht direkt Schluss gemacht, aber schon so in der Art klar gemacht, dass er mehr Distanz möchte und das auch nichts auf ewig ist. Aber eigentlich geht die Pseudo-Beziehung weiter wie bisher, eben lockerer. Er würde sich von allen die absolut größten Vorwürfe machen, weil es gerade auch nicht so gut läuft. Sollte ich in dem Fall selbst richtig Schluss machen und den Kontakt abbrechen? Würde das die Person wirklich entlasten? Es würde mir in dem Fall die Zukunft (mit ihm) verbauen. Was ich eigentlich nicht wollte, wenn ich mich umentscheide.


Schlimmer machen als es ist kannst du eh nicht und angenehm machen schon gar nicht, manchmal bin ich wirklich verblüfft wie ihr die Sache für Angehörige Freunde hinstellt.
Was deine Beziehung betrifft wenn sie denn eine ist, was kannst du dir denn verbauen ?????? Eine Beziehung die eh nicht auf ewig ist ???? Eine Pseudo-Beziehung die würde ich auch ohne Suizidvorhaben an den Nagel hängen.
Wie alt bist du ?
weedi
Beiträge: 30
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Re: Angehörige vorbereiten und schonen

Beitrag von weedi »

@stille nacht. welches ist denn deine relativ sichere Methode?
StilleNacht
Beiträge: 19
Registriert: Donnerstag 7. Januar 2016, 03:23

Re: Angehörige vorbereiten und schonen

Beitrag von StilleNacht »

weedi hat geschrieben:@stille nacht. welches ist denn deine relativ sichere Methode?
Bevor ich genau sage welche weise ich nochmal darauf hin, dass es relativ ist. Viele Faktoren spielen eine Rolle, daher "nur" relativ sicher.

Aber für mich persönlich? Erhängen.
An Schusswaffen bzw. Gift komme ich nicht ran, andere Personen (Zug) beziehe ich da nicht mit ein, der "höchste" Punkt in der Umgebung wäre ein Berg - ohne steilen Abhang aka springen geht auch nicht.
Natürlich gibt es noch einige weitere, aber weder will ich Anleitung geben noch auf Ideen bringen. Für einige Sachen fehlt mir einfach auch ein Auto.

Von daher ja, Erhängen. Höchste Prozentuale Chance, wenig Aufwand und am schnellsten durchzuführen.

Gruß

StilleNacht
weedi
Beiträge: 30
Registriert: Montag 9. Januar 2012, 17:20

Re: Angehörige vorbereiten und schonen

Beitrag von weedi »

danke für deine antwort, stille nacht!:)
zum Thema erhängen hab ich mich bisher zu wenig eingelesen...höhe, knoten,...gibt's ja dann doch einiges zu bedenken.

denke aktuell sehr übers springen nach...mit einem ausflug an einen schönen ort verbinden. oder viel zu umständlich und das nächstgelegenste Hochhaus mit 13stockwerken nehmen?!
StilleNacht
Beiträge: 19
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Re: Angehörige vorbereiten und schonen

Beitrag von StilleNacht »

Immer doch. Wenn es im Rahmen des Erlaubten ist helfe ich gerne :wink:

Was das erhängen angeht gibt es 2 Arten, A-Typisch und "normal".

Springen soll übrigens ab dem 6. Stock + Beton tödlich sein.
Aber hey, selbst da hat es zum Bleistift ein Mann überlebt, der von oben sprang und durch den starken Wind 3 Stockwerke tiefer in (auf?) den Balkon fiel :!: Sehr seltsam die ganze Story.

Man denkt immer "Sterben kann doch nicht so schwer sein", aber nix is, eher wird man Akademiker als dass man den Löffel abgibt.

Gruß
StilleNacht
coldtime

Re: Angehörige vorbereiten und schonen

Beitrag von coldtime »

Nun meine Frage - wie kann man denn Angehörige vorbereiten? Wie kann man ihnen Schuldgefühle nehmen, vor allem meinem Freund? Ist das überhaupt möglich? Sollte ich mich, wenn ich es konkretisiere, doch so machen, dass es erahnbar wird (wenigstens retrospektiv betrachtet)?
Alles ganz einfach. Erst ist der Mut fürs sprechen erforderlich. Am besten mit einem Vorwort anfangen. Zb. ihr wisst das ich euch lieber aber..
Du teilst deine Gedanken mit, zb. ich will sterben weil..
Ohne große Umschweife, so wies eben ist, oder wie dus empfindest. Die böse fiese "Schuld" schiebst du entweder auf dich oder auf die Geselschafft. Meiner Erfahrung nach, nützt es nichts. Es wird nicht verstanden, es wird nicht toleriert, es kommen Vorwürfe..
Nützt alles nichts, gibst du beiläufig Kommentare ab, wie zb. Bald muss ich mir das nicht mehr tun. Damit bereitest du sie vor. Ein bereits vorbereiteter Abschiedsbrief könnte auch helfen, laut vorlesen und schaun wies ihnen gefällt. Natürlich alles nur rein Hypothetisch.
greenhope
Beiträge: 1
Registriert: Samstag 3. Februar 2018, 09:01

Re: Angehörige vorbereiten und schonen

Beitrag von greenhope »

Hallo ich bin neu hier und habe auch gleich eine Frage passend zum Thema Angehörige. Zuerst einmal ich glaube man kann seine Lieben nie ausreichend vorbereiten, natürlich man kann mit ihnen lange sprechen, etc. aber letztendlich wenn der "Akt ausgeführt ist", wird das alles meiner Meinung nach, erstmal nichts nützen, natürlich werden sie leiden und sich hinterfragen, aber vielleicht werden sie es auch irgendwann, wenn sie dafür bereit sind, verstehen. Ok aber jetzt meine Frage. Sollte man sich für eine Freitodbegleitung in der Schweiz entscheiden, gibt es da auch rechtliche Konsequenzen für die "Begleiter, dh Familie,Freunde,..." irgendein Strafverfahren,... haben sie mit irgendwelchen Problemen zu rechnen? Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen. Danke
OutofOrder
Beiträge: 101
Registriert: Donnerstag 14. Dezember 2017, 00:38

Re: Angehörige vorbereiten und schonen

Beitrag von OutofOrder »

Kurz gesagt: In der Schweiz ist Beihilfe zum Suizid (oder der assistierte Suizid) grundsätzlich nicht strafbar, sofern der Suizident den "letzten Akt" (die Einnahme des Medikaments) selbstbestimmt (also bei einigermaßen vollem Bewusstsein) vornimmt..also haben Angehörige, die unterstützend im Sinne einer Freitodbegleitung dabei sind, auch rechtlich nichts zu befürchten.
Vögelchen
Beiträge: 18
Registriert: Dienstag 7. November 2017, 13:17

Re: Angehörige vorbereiten und schonen

Beitrag von Vögelchen »

Hallo Fin,
ich kann Deine Lage sehr gut nachvollziehen, da ich mich in einer sehr ähnlichen Situation befinde. Zwar weiß man von mir, dass in meinem Leben seit einem Jahr alles schief läuft, aber jeder hält mich für stark und gesund. Und das, obwohl ich ihnen anderes berichtet habe. Ich glaube, Verwandte und Freunde wollen einfach nicht wahrhaben, dass es jemanden aus ihren Kreisen nicht gut geht. Sie verdrängen das.
Das geht in meinem Freundeskreis sogar soweit, dass sie meinen, eine Depression wäre lediglich die Folge vom Ausbleiben richtiger Entscheidungen.
Als Betroffener müsse man sich nur mal eben einen neuen Job besorgen (egal was man damit verdient, Hauptsache man tut was), mal eben eine schöne und bezahlbare Wohnung in der Stadt finden (klar, bei der Auswahl) und sich ganz nebenbei noch einen passenden Partner besorgen. Sie gehen dabei von ihrem eigenen Leben aus und sind davon überzeugt, dass sie ihr Glück verdient haben. Der böse Depressive geht aber hin und entscheidet sich einfach nicht. Das muss man sich mal vorstellen!!!

Bei einer körperlichen Erkrankung würde man vom Patienten wohl kaum verlangen, sich quasi gesund zu entscheiden. Aufgrund meiner Erfahrung mit Angehörigen und Freunden bezogen auf meine Depression, also ihrem Nichtverständnis und der mangelnden Empathiefähigkeit würde ich keinerlei Rücksicht auf irgendwen nehmen, falls ich mich suizidieren würde. Ich leide doch nicht, damit es anderen einigermaßen gut geht. Außerdem bin ich mir auch nicht sicher, ob es meinen Angehörigen und Freunden tatsächlich viel ausmachen würde, wenn ich nicht mehr da wäre. Ich würde jedoch einen Abschiedsbrief schreiben, in dem ich mein Handeln erklären und alle Personen von jeglicher Schuld freisprechen würde.
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