Townes hat geschrieben:Persönlich finde ich ja nicht, dass der technologische Fortschritt unserer Zeit den Kern des Problems darstellt, sondern vielmehr, dass unser sozialer, moralischer und ethischer Fortschritt immer ein paar Schritte hinterher hinkt.
Das Medium ist die Botschaft. Technik ist die demonstrierte Machbarkeit, Verfügbarkeit, Manipulierbarkeit...wenn du vom Zauber sprichst: dieser bedingt notwendig das Geheimnisvolle, das Rätselhafte, das Unverfügbare. Ob und inwiefern einer sich davon ganz konkret im Leben distanzieren kann ist dann wohl nicht unwesentlich...und selbst Naturen die quasi eine genetische Unempfänglichkeit dafür besitzen, könnte ich nicht ausschliessen.
Und sei das nicht genug, geht dieser je nach politischer Strömung (oder wer auch immer die Geschicke lenken mag) mal einen Schritt vorwärts und dann wieder zwei zurück.
Ich bin der festen Überzeugung, dass der nächste Schritt auf der Evolutionsleiter des Menschen nicht auf Basis neuer technischer Errungenschaften stattfinden kann.
Solange wir uns im Hamsterrad des Feudalismus die Hacken ablaufen bzw. an der Spitzte diese Systems nicht die geeignetsten sondern die skrupellosesten Menschen stehen, kann und wird sich nichts ändern.
Natürlich wird die Technik unsere Welt in einem Ausmass verändern wie es zwar nicht antizipierbar, aber sehr wohl mit plausiblen Argumenten vorweggedacht werden kann. Trans- und Posthumanismus sind die entsprechenden Schlagwörter. Mal schauen was geschieht wenn auf irgend eine Art eine Superintelligenz erschaffen wurde...dazu z.B. N. Bostrom `Superintelligenz`. Der Mensch wird ja alles machen was er machen kann technisch...undenkbar, dass die Menschheit in toto davon Abstand nehmen würde, oder aber es müsste eine mit Gewalt ausgestatte (mit welcher Legitimation?) Zensurbehörde solche Versuche weltweit unterbinden.
Und selbst wenn genug Menschen aufbegehren, wird das System, mit all seinen ihm zur Verfügung stehenden Mittel reagieren. Noch reicht der Würgegriff des vermeintlichen Terrorismus, Angstmache bezüglich des Verlustes des eigenen Arbeitsplatzes, angeblicher Schuldenkrise gewürzt mit alljährlicher Panikmache vor Epi- oder wahlweise Pandemieen, Lebensmittelskandalen und personenbezogene Politikskandale, uns zu kontrollieren (die Liste von Beispielen kann man beinahe endlos fortführen).
Ich sehe es eher auf Foucaultsche Art: dass die Zwänge bereits in grossen Teilen per Introjektion Teil unseres Selbst wurden (d.h. äussere Zwänge werden als internalisierte nicht mehr als solche wahrgenommen und sind zugleich umso wirksamer, auch deke ich an die künstlichen Bedürfnisse...jedes neue i-Phon ist unersetzlich etc. etc.). Ob man Thesen von Agamben zustimmen will, wäre eine weitergehende Frage: ob der Humanismus (der sogenannte) nicht in Wahrheit eine andere Form/oder Bereitmachung für einen Totalitarismus anderer Art ist: Biomacht, Biopolitik...auch im Kontext der SH nicht ohne Bedeutung.
Aber das System hat längst schon die Zeichen der Zeit erkannt. Das Volk beginnt teilweise aufzubegehren und schon werden die Säbel lauter gerasselt. Die bösen Muslime reichen nicht mehr, um uns zu beschäftigen. Na dann lässt man es einfach mal etwas näher krachen. Das alte Feindbild vom bösen Ivan wird wieder aus der Schublade geholt. Und ein Krieg in der Ukraine, das ist ja fast in Europa, fast bei uns. Angststarre setzt ein. Genauso wie es das System gerne hat.
Nein, der Mensch ist in sich gefangen, er wird nicht primär durch Politik gegängelt. Wie und wo siehst du das Aufbegehren?
Wie passend, dass da immer ein Feindbild irgendwo rumliegt. Und sei es noch so verstaubt. Einmal drüber gepustet und aufgehängt. Schaut doch gut aus, oder?
Ja, hatte eben gerade im Forum so ein Erlebnis: das ist der Menschennatur, nicht der Politik anzulasten, wenn auch diese es schon meisterlich zu handhaben wusste.
Der 3. Weltkrieg liegt schon längst auf dem Reißbrett der Reichen und Mächtigen. Unser Finanzsystem nähert sich unaufhaltsam seinem periodischem Kollaps, die ersten kleinen Infarkte haben das angedeutet. Schaut euch an, was den ersten beiden Weltkriegen vorausging, dann wisst Ihr was folgen wird. Und wenn das Finanzsystem so mächtig ist, dass es Weltkriege auslösen kann, was denkt ihr wer uns dann in Wahrheit regiert?
Dass die Wirtschaft das mächtigste Subsystem ist, ist offensichtlich. Na ja, und ein 3. WK würde immerhin eine endgültige Antwort auf die Frage geben: wohin gehen wir?
Doch solange der Krieg weit genug weg ist und wir genug zu konsumieren haben, gehts ja noch.
Yep...nochmals: die menschliche Natur, deren Mitfühlen meist sehr enge Grenzen gesetzt sind.
Mich überkommt gerade eine Traurigkeit die zwar immer latent vorhanden, doch manchmal so wie jetzt, schmerzlich zum Vorschein tritt. So viele Menschen leiden und sterben für unseren Lebensstil. Ich fühle mich jedesmal so schäbig, wenn ich darüber nachdenke. Und egal was ich mache. Ob vegan leben, kein Auto fahren oder auf mein Konsumverhalten zu achten. Nichts davon lässt mich dieses Gefühl abschütteln. Man könnte immer mehr tun, stimmts?
Stimmt. Es gab da eine Debatte über den philosophischeen Utilitarismus wo ein Autor (Ted Honderich, glaube ich) genau das verlangte:dass man alles weggebe was nicht lebensnotwendig sei...nur so würde die utilitaristische Prämisse erfüllt werden. Aber nochmals: die menschliche Natur. Ich habe keine Schuldgefühle weil ich nicht an Schuldfähigkeit glaube... dafür habe ich die Hoffnung zu 99,999% fahren lassen, dass mit dieser Species noch etwas Fruchtbares zustande zu bringen sein wird (allenfalls durch radikale genetische Keimbahn-Eingriffe....schöne neue Welt).
Bitte entschuldigt, der Abschnitt war so nicht geplant. Jedoch ärgerte ich mich über die Arroganz meiner eigenen Worte im vorigen Text. Als ob es nur wichtig sei, was in unserer Region los ist.
Menschen sterben, das ist der Lauf der Dinge. Aber Meschen sterben Tag für Tag nur deshalb, damit andere Menschen in Bequenlichkeit und Saus und Braus leben können. Dieses Wissen wiegt we Blei auf meinem Rücken.
Verstehe zwar solches Fühlen, aber es ist eben vielfach irrational. Konsequent müsstest du das Universum oder zumindest die ganze Einrichtung der Erde, sprich: Evolution verdammen, denn wie sieht es in der Tierwelt aus...nicht besser, wenn auch anders.
Zum Thema zurück: Tun wir wählen, so ändert sich nix. Die da zu wählen unterscheiden sich nur in ihren Farben und hängen an Fäden.
Tun wir protestieren und aufbegehren, werden Sie sich unserer mit Krieg erwehren.
Also tun wir nix und ertragen es stumm..."Ihr bringt mir all die Dinge um!"***
Und die Protestierenden hängen auch nur an Fäden (tiefere Menschennatur).
Technologischer Fortschritt ist per se nichts schlechtes. Früher war alles besser, oft nichts als trübe, verklärte Nostalgie. Doch ein wenig mehr Achtung und Ehrfurcht vor dem, das größer als wir. Uns begreifend als einen Teil dieses Größeren.
Es gibt nur eben keinen technologischen Fortschritt per se. Wer täglich damit beschäftigt ist, die Natur zu malträtieren (Experimentieren) oder ihre Errungenschaften zu benutzen der wird, nolens volens, ein verändertes Naturverhältnis bekommen. Zu glauben, dass die Wissenschaft/Technik etwas ist, was quasi en Passant von statten geht, ist Träumerei. Und wie bereits gesagt: nah allem was plausibler Weise gesagt antizipiert werden kann, werden ganz, ganz andere Wirkungen der Technik auf uns zu kommen, die unser Selbstverständnis als Mensch revolutionieren werden (zum Guten oder Schlechten lässt sich kaum sagen, da auch abhängig welches Kriterium man wählte).
Was ich mir für die Menschheit wünsche? Das wir zum technischen Fortschritt aufschließen.
Damit das Leben aller Lebewesen auf diesem Planeten den Stellenwert bekommt, den es verdient.
Für dich ist Technik einfach eine neutrale Handhabe, deren Verwendungsweise alleine seinen Wert bestimmt. Das ist aber eine aus meiner Sicht sehr verkürzte Sichtweise. Schon Heidegger nannte die Technik eine Denkweise, was sie ohne Zweifel auch ist. Wir werden vielleicht zur Technik aufschliessen, aber bestimmt nicht indem wir uns moralisch veredeln um so nur noch guten Gebrauch der Technik zu machen:viel eher wird uns die Technik Stück für Stück weiter einverleiben (ob zu unserem Besten oder Schlechtesten sei dahingestellt).
Technologie und Geld sollten den Menschen dienen, das Gegenteil ist jedoch der Fall. Das Wissen und die Information, alles ist da. Die Welt wird vielleicht nie ein Utopia, das muss sie auch nicht. Mehr Gerechtigkeit wäre jedoch schon ein guter Anfang für die Reise, deren Weg das Ziel sein möge.
Na ja, stimmt nicht ganz: die Technik beschenkt uns ja mit etlichen Annenehmlichkeiten. Wäre es anders, wäre die gesellschaftliche Akzeptanz gar nicht aufrecht zu erhalten für Forschung etc.
Ich befürchte du beschwörst die halbe Aufklärung eine ganze zu werden. Niemand ist allwissend, aber wenn man aus de letzten Jahrzehnten etwas postuliert, dann bestimmt keine Zunahme der Gerechtigkeit (menschliche Natur und Systemzwänge). Im übrigen wäre nicht nur ein hiesiges Utopia von Nöten sondern ein korrigierend rückwirkendes: denn wir Leben auch auf den Skelettbergen- und Leichen von unzählbaren vergangenen Generationen, die unseren Wohlstand in Dreck und Tod vorbereiten halfen (wie heute in anderen Teilen der Welt dieser durch solches aufrecht erhalten wird).