Cioran:
Wir alle haben sie geerbt, die Unfähigkeit, bei sich zu bleiben, von welcher der Schöpfer eine so bedauerliche Demonstration geboten hat:
Zeugen, das heißt, auf andere Weise, in anderer Größenordnung das Unternehmen fortsetzen, das seinen Namen trägt, es heißt,
aus beklagenswerter Nachäffung seiner „Schöpfung“ etwas hinzufügen. ... Die Lepra ist ungeduldig und gierig, sie liebt es, sich auszudehnen.
Es ist wichtig, die Fortpflanzung zu entmutigen, denn die Furcht, daß die Menschheit erlösche, hat keine Grundlage: was auch geschieht,
es wird immer genug Blöde geben, die nichts besseres wünschen, als sich fortzusetzen ... Die kriminelle Aufforderung der Genesis:
„Wachset und mehret euch“, konnte nicht aus dem Munde eines guten Gottes gekommen sein. Seid selten, hätte er vermutlich empfohlen,
wenn er mitzureden gehabt hätte. ... Die Welt ist nicht in Freude erschaffen worden. Doch zeugt man im Genuß.
Gewiß, aber der Genuß ist nicht die Freude, er ist dessen Trugbild. Seine Funktion ist, zu mogeln, uns vergessen zu lassen,
daß die Schöpfung bis in jede Einzelheit das Siegel jener ursprünglichen Trauer trägt, aus der sie entspringt. ...
Man kann nicht zugestehen, daß ein Gott, ja, nicht einmal daß ein Mensch aus einer Turnübung entspringt, die von einem Grunzen gekrönt wird.
Wie seltsam, daß in so langer Frist die „Evolution“ noch nicht imstande war, ein anderes Rezept zu entwickeln.
Aber warum hätte sie sich die Mühe gegeben, wo doch die existierende Methode auf vollen Touren läuft und jedem zusagt? ...
Wenn man weiß, was das Schicksal jedem zuweist, steht man verblüfft vor dem Missverhältnis zwischen einem Augenblick der Unachtsamkeit
und der ungeheuren Summe von Ungemach, die daraus entsteht. Je mehr man dieses Thema hin und her wendet, desto mehr kommt man zu dem Schluß,
daß nur jene es verstanden haben, die sich für die Orgie oder die Askese entschieden, die Lüstlinge oder die Kastrierten.
Mehr gibt es nicht zu sagen. Eine 100%ige Übereinstimmung mit meinen Gedanken.