Auffinden nach Freitod

Meinungs- und Erfahrungsaustausch zum Thema Suizid; Berichte über gescheiterte Suizidversuche; suizidales Verhalten; Leben mit Suizidgedanken; Hilfestellungen

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Incantator

Auffinden nach Freitod

Beitrag von Incantator »

Habt ihr euch schon mal Gedanken darüber gemacht, wie man euch auffinden würde ? Wäre es euch wichtig, dass ihr den Menschen die euch finden möglichst keinen unschönen Anblick bereitet ? Oder wäre es euch egal in welchem Zustand man euch findet ?
enough
Beiträge: 594
Registriert: Sonntag 7. November 2021, 00:15

Re: Auffinden nach Freitod

Beitrag von enough »

Hallo,

ja hab ich schon oft...und ich möchte am liebsten von der Polizei oder Rettungswagen gefunden werden. Allerdings leblos, die sind sowas gewohnt...leider.

Ich weiß dass meine Mutter das nicht verarbeiten könnte....manchmal ist es mir schon fast egal...aber schön ist das nicht....ein anderer hat keinen Schlüssel für meine Wohnung....also müsste ich es irgendwo anders durchziehen... wie ich dann aussehe und was mit mir ist, ist mir egal, ich möchte nur nicht, dass meine Mutter mich findet...

Ich denke sie würde auch gar nicht einfach in meine Wohnung gehen, weil sie was ahnen würde...ich kann mir vorstellen sie verdrängt es, bis meine ambulante Hilfsfrau aufmerksam werden würde...

ansonsten hab ich hier ja keine Kontakte, nur über whattsapp und ein paar Bekannte vom sehen her...unbewusst habe ich schon seit 3 Jahren immer wieder die Kontakte reduziert...bis jetzt fast auf 0

Also müsste ich es doch im Wald machen, dort hab ich auch schon einen Platz. dann würden mich vielleicht Jäger finden...nicht schön...aber mich auflösen kann ich ja nicht :| :roll:
Igel

Re: Auffinden nach Freitod

Beitrag von Igel »

Hallo,

du könntest auch einen Brief an deine Wohnungstür hängen, wo drin steht was los ist und mit der Bitte, nicht die Wohnung zu betreten und die Polizei zu informieren.


Gruß
Igel
enough
Beiträge: 594
Registriert: Sonntag 7. November 2021, 00:15

Re: Auffinden nach Freitod

Beitrag von enough »

ja...hmm ich glaube selbst das wäre schon too much für meine mum und aus reflex würde sie bestimmt die wohnzimmertür öffnen.

und wenn ich das Schild an die Wohnungstür von außen hänge, wird von den Nachbarn eher die Polizei gerufen, bis ich es durchgezogen hätte😬 leider

lg
Scotti
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Re: Auffinden nach Freitod

Beitrag von Scotti »

Das Thema kommt natürlich früher oder später auf jeden Fall auf den Tisch, bleibt ja auch nicht aus, wenn man sich damit beschäftigt.
Für mich ist es primär wichtig, dass mein Körper nicht so entstellt ist, dass man sich nicht "verabschieden" könnte von meiner Hülle, allerdings wäre dies bei den Methoden, die ich im Kopf, bzw. zur Verfügung habe, auch gut möglich, da es keine massive Gewalteinwirkung geben wird.

Beispielsweise habe ich vor Jahren von einem Fall aus Österreich gehört, wo sich der 20 jährige Sohn mit der Schrotflinte erlöst hat. Nun ja, da war die Situation natürlich deutlich belastender, wenn man das so sagen kann.

Ich würde zumindest an die Schlafzimmertür oder eben die Tür, hinter der sich meine Hülle befindet, einen Zettel machen, damit ggf. die erste Person, die in die Wohnung kommt zumindest noch die Chance hat, die Polizei, Rettungsdienst wen auch immer zu rufen, um evtl. nicht selber in die Auffindesituation zu geraten.
Incantator

Re: Auffinden nach Freitod

Beitrag von Incantator »

@Igel: "wo drin steht was los ist" Das animiert ja richtig die Rettung oder Polizei zu rufen. Die meisten Menschen würden es sogar als Pflicht sehen. So ein Hinweis macht nur Sinn, wenn eine Fremdgefährdung besteht, z.B. beim Grill. Bei allen anderen Methoden sehe ich keinen Sinn einen Warnhinweis anzubringen. Und denkt dran, wird man bei seiner letzten Reise gestört, landet man mit großer Wahrscheinlichkeit in der geschlossenen Psychiatrie. Wird die letzte Reise bei Methoden unterbrochen, die die Sauerstoffzufuhr zum Gehirn behindern, behält man zusätzlich noch bleibende Schäden zurück. Also besser dafür sorgen, dass man nicht gestört wird. Und was den Anblick allgemein betrifft, hängt es ja auch davon ab, wielange man schon tot ist und natürlich welche Methode es ist.

@Scotti: Erschießen ist in Österreich eine häufige Methode. Grund ist das lockere Waffengesetz in Österreich. Jeder Bürger mit Hauptwohnsitz, also auch EU/EWR-Bürger, darf hier eine echte Waffe besitzen. Aktuell sind im 8,9 Mio.Staat 1,5 Mio. Waffen registriert + die vielen illegalen, also ohne Waffenbesitzkarte. Für eine Schrotflinte braucht man gar keine Waffenbesitzkarte.
Tornado
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Re: Auffinden nach Freitod

Beitrag von Tornado »

Wäre mir langsam egal, ob ich nach 3-4 Wochen verwest gefunden werden würde. Kann da nicht mehr rational denken.
Miu
Beiträge: 383
Registriert: Montag 4. Mai 2020, 02:50

Re: Auffinden nach Freitod

Beitrag von Miu »

Über sowas hab ich mir noch keine Gedanken gemacht und ganz ehrlich, das ist mir auch ziemlich egal. Ein Toter ist nie ein schöner Anblick und nach einem Suizid sowieso nicht.
Ich kann immer nur den Kopf schütteln, wenn die Leute sich über Suizidenten aufregen, die vor den Zug gelaufen sind und diese Art, sich umzubringen, verurteilen wegen den Zugführern.....
Hurlinger
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Re: Auffinden nach Freitod

Beitrag von Hurlinger »

Hallo Miu.
Das verstehe ich aber jetzt nicht. Wenn man einen Toten auffindet ist das noch mal eine andere Sache, und je nach dem wer dich findet auch schon schlimm genug!
Viele hier beklagen sich über fehlende Empathie und Menschlichkeit in der Welt. Das sollte man das selbst aber auch nicht aus den Augen verlieren.
Einige Lokführer machen sich oft Vorwürfe: Ich hätte das kommen sehen müssen und früher eine Bremsung einleiten müssen.
Sie sind oft heftigst traumatisiert, weil sie nichts machen konnten und unter Umständen hat man mit seinem Tun ein Leben ruiniert, was eigentlich gelebt werden wollte.
Dafür habe ich kein Verständnis, dass man andere Mensche da mit reinzieht. Ganz zu vermeiden wird es sicher nicht sein, Aber so?
Gruß
Hurlinger

Ps. Das ist ja m.E. genau der Ansatz, dass man Suizidhilfe vereinfachen sollte, damit es eben nicht zu solchen Szenen kommen muss.
Miu
Beiträge: 383
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Re: Auffinden nach Freitod

Beitrag von Miu »

Hallo Hurlinger

Hm ich finds gemein, dass man selbst dann noch auf die armen Lokführer schaut und keiner sich überlegt, wie zutiefst verzweifelt man sein muss, um so eine Tat zu begehen.
Die Traumatisierung des Lokführers kann ich wohl emotional nicht nachvollziehen. Es war mitnichten sein Fehler. Punkt. Wenn jemand vor den Zug laufen will, dann tut er das. Da kann man noch so früh bremsen und es bringt nichts. Sich deshalb sein ganzes Leben zerstören lassen kann ich nicht verstehen. Es ist so gesehen ein Berufsrisiko. Wie beim Chirurgen oder Psychiater etc.

Bin da wohl ziemlich pragmatisch. Der Mensch wollte sterben. Punkt. Und davon gibt es sehr viele.

Ich bin mit dir einig, dass die Sterbehilfe genau aus solchen Gründen Sinn macht.
Incantator

Re: Auffinden nach Freitod

Beitrag von Incantator »

Ich stimme Miu zu. Fahre ich mit dem Auto und mir läuft ein Reh oder Mensch ins Fahrzeug, ist das etwas mit dem ich rechnen muss. Deshalb soll man ja auch vorausschauend fahren, wie man es ja schon in der Fahrschule lernt. Genauso muss jeder andere Fahrzeugführer, wozu auch Lokführer gehören, damit rechnen, dass ihnen ein Mensch oder Tier auf die Schienen läuft. Und beides kann gewollt, also Suizid, oder ungewollt sein. Ich glaube, dass jeder Mensch, der eine Ausbildung zum Lokführer macht, vorher schon mal von solchen Geschehnissen gehört hat.

Es gibt Menschen die von einem Gebäude springen und auch da besteht die Gefahr, dass man unten auf einen anderen Menschen trifft. Obwohl man vor dem Sprung nach unten geschaut hat um sich zu vergewissern, dass da niemand ist, kann doch nach dem Sprung plötzlich eine Person unten sein. Genauso kann einem aber auch ein Teil des Daches auf den Kopf fallen, wenn man unter Gebäuden vorbei geht.

Damit will ich diese Suizidmethoden nicht verharmlosen. Aber Risiken gibt es überall.
enough
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Re: Auffinden nach Freitod

Beitrag von enough »

ich versteh beide Seiten, aber für den Lokführer ist das wirklich nicht schön...ja Berufsrisiko, aber viele sind wirklich traumatisiert...ich habe mal eine Doku bei Youtube darüber gesehen, nicht schön sowas... :|

klar kann sowas überall passieren, aber trotzdem ist das schlimm....ich habe aber auch schon oft darüber nachgedacht, also über die Methode zu meiner Schande...aber dann überwiegt doch das Verantwortungsbewusstsein gegenüber dem Fahrer
Hurlinger
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Re: Auffinden nach Freitod

Beitrag von Hurlinger »

@Miu.
Bei einer solchen Geschichte denkt niemand nur an den Lokführer.
Irgendetwas hat den Suizidenten ja auf die Schiene getrieben. Und das ist schon eigentlich schlimm genug.
Hier sind bestimmt eine ganze Menge traumatisierter Menschen, die auf Grund Ihres Traumas überlegen sich zu suizidieren.
Wenn man das mitunter so lange plant, sollte man meines Erachtens aber trotzdem versuchen da niemanden sonst mit reinzuziehen.
U.U. findest du den dann auch irgendwann hier wieder, weil er das nicht verarbeiten kann.
Und es sich so einfach zu machen, dass man sagt: "Das passiert halt im Leben! Er hätte ja einen anderen Job annehmen sollen." finde ich nicht OK und hat mit Pragmatismus m.E. auch nichts zu tun.
Das könnte man ja bis auf die Spitze treiben: z.B. Wenn ich nie geboren worden wäre könnte mir auch niemand vor den Zug springen!
(Mal abgesehen davon würde ich mir das manchmal wünschen, um das alles nicht ertragen zu müssen)

@Incantator
Incantator hat geschrieben: Sonntag 6. Februar 2022, 20:00 ....... Fahre ich mit dem Auto und mir läuft ein Reh oder Mensch ins Fahrzeug, ist das etwas mit dem ich rechnen muss. Deshalb soll man ja auch vorausschauend fahren, wie man es ja schon in der Fahrschule lernt. Genauso muss jeder andere Fahrzeugführer, wozu auch Lokführer gehören, damit rechnen, dass ihnen ein Mensch oder Tier auf die Schienen läuft. Und beides kann gewollt, also Suizid, oder ungewollt sein. Ich glaube, dass jeder Mensch, der eine Ausbildung zum Lokführer macht, vorher schon mal von solchen Geschehnissen gehört hat.
Es gibt Menschen die von einem Gebäude springen und auch da besteht die Gefahr, dass man unten auf einen anderen Menschen trifft. Obwohl man vor dem Sprung nach unten geschaut hat um sich zu vergewissern, dass da niemand ist, kann doch nach dem Sprung plötzlich eine Person unten sein. Genauso kann einem aber auch ein Teil des Daches auf den Kopf fallen, wenn man unter Gebäuden vorbei geht.

Damit will ich diese Suizidmethoden nicht verharmlosen. Aber Risiken gibt es überall.
Hmm, Vorrausschauend fahren könnte man das auch nennen.
Deine aufgeführten Risiken sind aber mehr oder weniger Unfälle, Zufälle und nicht vorsätzlich herbeigeführt.
Ein Lokführer kann nicht vorausschauend fahren, zumindest nicht in den Dimensionen wie beim Auto. Der hat keine Chance! Das bitte ich zu beachten.
Ich reagiere vielleicht etwas empfindlich, aber in meiner Familie hat es jemanden gegeben, der sich den Zug ausgesucht hat.
Am Ende macht es ja jeder so wie er meint, Aber ich habe meine Bedenken mitgeteilt und hoffe dem ein oder anderen einen Denkanstoß mitgegeben zu haben.
Und zum Streiten habe ich einfach keine Energie.
Gruß
Hurlinger
Miu
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Re: Auffinden nach Freitod

Beitrag von Miu »

Stimmt, Tiere können auch auf der Fahrbahn sein und Risiken gibt es immer. Oder Menschen, die in Mitleidenschaft gezogen werden.

Ich frag mal provokativ, ist es denn weniger schlimm, ein Tier tot zu fahren? Eines, dass noch leben wollte? Das möglicherweise nur auf Futtersuche war um die Jungen zu füttern? Traumatisiert das weniger?

@Hurlinger
Deine Meinung.
Ich hab eben eine andere.
Ich denke, es funktioniert nicht, andere Menschen von deiner Meinung überzeugen zu wollen. Du kannst lediglich die deinige kundtun. Ganz allgemein gesprochen.

Du willst dich umbringen, hast aber Frau und Kinder. Ist auch nicht gerade schmerzlos für die und für Kinder zu 100% traumatisch..... Schlimmer als der Zugführer..
Weisst du, wie ich meine?
Hurlinger
Beiträge: 412
Registriert: Donnerstag 19. Oktober 2017, 19:41

Re: Auffinden nach Freitod

Beitrag von Hurlinger »

Ich kann und möchte niemandem meine Meinung aufzwängen, ich möchte nur, dass man, wenn man noch ein wenig Mitgefühl für seine Mitmenschen aufbringen kann, halt vorher darüber nachdenkt.
Du wirst es nicht glauben, aber mit meiner Frau und meinen Kindern, die übrigens schon erwachsen sind, habe ich dieses Thema besprochen.
Es liegt immer in der Betrachtungsweise jedes einzelnen ob das Leben für ihn noch lebenswert erscheint.
Mir schwebt auch eher eine Freitodbegleitung vor, als einen brutaler Suizid.
Aber das ist vielleicht eine etwas zu romantische Vorstellung zu dem Ganzen.
Organisch wird es auch nicht mehr ewig dauern bis da etwas heftiges passiert.
Gruß
Hurlinger
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