Aussichtslos

Für alle, die ihre Lebensprobleme und Schickale mit anderen teilen möchten

Moderatoren: Ludwig A. Minelli, Mediator

Inka
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Aussichtslos

Beitrag von Inka »

Hallo, ich habe einfach keine Kraft mehr!
Seit einem Jahr empfinde ich kaum mehr Freude am Leben.
Ich habe schon eine lange medizinische Vorgeschichte hinter mir :| von Geburt an habe ich CF , eine Erkrankung, die das Lungengewebe zerstört. Seit ich zehn Jahre bin, hatte ich immer wieder lange Krankenhausaufenthalte, Jugendliche Unbeschwertheit kannte ich nie. So ging es, bis ich 28 war, da wurde ich lungentransplantiert. Die ersten Jahre waren wunderschön, bis ich letztes Jahr einen bösartigen Tumor bekam. Er wurde entfernt, aber mit ihm auch ein Teil vom Lungengewebe und fünf Rippen. Seither vergeht kaum ein Tag ohne Schmerzen, und auch mein geliebtes Hobby, dass ich mir nach der Transplantation aufgebaut habe, nämlich das Wandern, kann ich nicht mehr machen, ohne total aus der Puste zu kommen.
Meinen Kinderwunsch kann ich mir abschminken und ich lebe seither in ständiger Angst, dass der Tumor bei der nächsten Kontrolle wieder da sein könnte.
Kurz gesagt: ich hasse mein Leben nur noch, so wie es jetzt ist. Meine Freundinnen und Kolleginnen bekommen Kinder, bauen sich ihre Zukunft auf...all das werde ich nie tun können und es tut jeden Tag von neuem weh. Manchmal denke ich, ich hätte mich niemals transplantieren lassen sollen, ich habe mir nur etwas vorgemacht, dass das Leben danach besser ist.

Bei dignitas bin ich schon seit letztem Jahr Mitglied. Der Wunsch, den Freitod dort in Anspruch zu nehmen, wird immer stärker. Befindet sich jemand in einer ähnlichen Situation?
suchender
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Re: Aussichtslos

Beitrag von suchender »

Dass du überhaupt soviel Kraft hattest, dieses Leben soweit durchzustehen ... das braucht schon eine riesige Energie, Willen und Durchhaltevermögen.

Mir geht's im Prinzip ähnlich, wie du es beschreibst, auch wenn ich nicht die gleiche Krankheits- und Leidensgeschichte hinter mir habe, mache mir schon seit Jahren Gedanken um das Thema Sterbehilfe, bzw. wie ich das im Notfall selbst tun könnte. Ich halte es so, dass ich nichts überstürze und nicht im Affekt handeln will, obwohl die Sehnsucht nach Befreiung von allen Leiden manchmal groß ist. Es ist etwas beruhigend zu wissen, dass es diese Möglichkeit gibt, freiwillig aus dem Leben zu gehen, wenn es einfach nicht mehr zu ertragen ist.

Bezüglich Sterbehilfe bei einem entsprechenden Verein, kann ich nichts Genaues sagen. Die Rechtslage hat sich ja geändert, so dass Sterbehilfe auch in Deutschland erlaubt ist. Die organisatorischen und bürokratischen Hürden sind aber recht hoch, in den Niederlanden scheint der "legale Zugang" zu Sterbehilfe noch am "leichtesten" bzw. am wenigsten schwierig zu sein.
Angel
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Re: Aussichtslos

Beitrag von Angel »

Mir geht es wie dir Suchender.

Naja mit meiner Diagnose würde mich kein Sterbeverein aufnehmen. Da muss doch die Lage komplett aussichtslos sein oder? Gibt es keine Hoffnung mehr bei dir Inka ? Vllt kannst du schwimmen oder was anderes machen, wenn wandern nicht mehr geht. Und eine Familie gründen ist doch nicht ausgeschlossen wenn deine Lunge sich vllt stabilisiert. Aber ich weiß wie du dich fühlst... meine Freundinnen haben auch fast alle Kinder und ich habe nichts. Wobei einige Stars haben auch keine Kinder, dann denke ich ist vielleicht auch besser so. Mit Kind müsste ich mich verpflichtet fühlen, zu bleiben.

Ich wäre froh, wenn ich die Möglichkeit hätte mit einem Verein gehen zu können, wenn es soweit ist.
Aber andererseits wenn ich nen Tumor hätte, würde ich gar nicht zum Verein gehen. Ich würde denken, dass ich sowieso nicht ewig leben würde. Somit bräuchte ich weder Verein noch ne Methode.
Aber vllt denke ich falsch. Entschuldigung ich kenne mich mit Tumoren nicht aus.
Aber in den Filmen heisst es ja immer, " Wenn sie sich nicht in Behandlung begeben, haben sie noch maximal ein paar Monate zu leben".
Angel
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Re: Aussichtslos

Beitrag von Angel »

Liebe Inka ich hoffe, dass deine Lunge sich bessert und deine Schmerzen vergehen.
Es ist wirklich schade, da du ja ein paar schöne Jahre hattest....
Angel
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Re: Aussichtslos

Beitrag von Angel »

In Hannover gibt es oder gab es eine Dignitasstelle.
Da war ich vor 4 Jahren.
Die haben mich gefragt ob ich eine schwere unheilbare Krankheit hätte.
Da ich das nicht hatte , wurde mir gesagt ist es nicht möglich.
Zuletzt geändert von Angel am Montag 11. Januar 2021, 23:00, insgesamt 1-mal geändert.
Angel
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Re: Aussichtslos

Beitrag von Angel »

Wie heißen die Vereine die das erlauben?
Balduin
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Re: Aussichtslos

Beitrag von Balduin »

Aber wird bei Sterbehilfevereinen Depression auch als eine schwere, unheilbare Krankheit akzeptiert, die die Lebensqualität nimmt?
Hurlinger
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Re: Aussichtslos

Beitrag von Hurlinger »

Hallo Balduin. Da liegt die Latte ziemlich hoch. Das Problem bei der ganzen Geschichte ist die berühmte "Urteilsfähigkeit". Da kämpfen die auch in der Schweiz mit der Definition.
Wenn ich das richtig in Erinnerung habe kämpft eine Fr. Dr. Preisner in der Schweiz gegen Anzeigen, wo bei einer FTB nach Ansicht des Staates nicht sorfältig genug die Urteilssfähigkeit geprüft worden sei.
Ich glaube man muss von 2 unabhängigen Psychiatern ein Gutachten haben. Das isz ziemlich schwer.
In D ist da im Moment kein Denken dran. Da schafft es die Regierung ja noch nicht einmal in adäquater Zeit ein vom Bundesverfassungsgericht gekipptes Gesetz im Sinne der Menschen zu verabschieden.
Gruß
Hurlinger
Angel
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Re: Aussichtslos

Beitrag von Angel »

Ja genau es gibt meiner Ansicht nach schlimmere Krankheiten als Krebs. Natürlich je nach Krebsart.
Für mich ist alles schlimm was Schmerzen verursacht .
Bei Krebs hat man nicht immer Schmerzen.
Und Krebs ist auch in manchen Fällen" heilbar."
Kann natürlich wiederkommen. Muss aber nicht zwingend. Laut Baba Wanga soll ja der Krebs 2021 heilbar werden :D .
Ich finde diese Autoimmunkrankheiten schlimm.
Da immer Angst zu haben, wie lange hat man noch, bis ich das nicht kann oder jenes nicht kann.
Beispielsweise war ein Ehepaar bei Günter Jauch. Das Thema war Sterbehilfe. Die Frau hatte eine schlimme Autoimmunkrankheit ( habe den Namen vergessen) und sagte, wenn eines Tages die Symptome kommen wo sie nicht mal schlucken kann, dann könnte sie nicht die Sterbehilfe selber ausführen( die sie als schwerkranke ausführen darf). Es bleibt dann nur vorher das zu tun. Aber das wollte sie verständlicherweise nicht, da sie die Jahre mit den Symptomen die sie jetzt hatte ,noch ertragen konnte.
Und das Schlimme an dieser Diskussion mit Politikern u/od. Ärzten , die dabei waren...Kaum einer hatte da Verständnis.
Da habe ich nur gedacht, diese Menschen sollen mal selber in diese Lage kommen. Das war ja nun wirklich aussichtslos. Die Frau konnte schon vieles gar nicht.
Das zeigt mir einfach, dass die Menschen es selbst erfahren müssen bis sich Gesetze ändern.
Am besten die Menschen, die die Gesetze machen.
Ich überlege ich kenne keine Politiker mit schlimmen Krankheiten, die sich vllt für die Sterbehilfe mehr Verständnis engagieren könnten. Die gibts ja, aber mir fällt keiner ein.
Wobei ich immer denke, dass die Geschichte des Krieges und der kirchliche Aspekt auch eine Rolle spielen. Genauso wie Religionsunterricht in den Schulen mit Bewertung.
In 20 Jahren kann ich mir nicht vorstellen, dass es den noch geben wird. Zumindest nicht in dieser Form.
Und das Thema Sterbehilfe bzw. Suizid auch mehr oder weniger noch tabu ist, wird es auch sich entwickeln müssen.
Wenn der durchschnittliche Mensch in DE statt 80 , 90 wird... dann werden viele Menschen sich ganz bestimmt nicht quälen wollen in Heimen oder sonst wo.
Angel
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Re: Aussichtslos

Beitrag von Angel »

Nun ja wenn es diese Vereine gibt, dann ist es ja gut.

Ich denke aber, dass Menschen oft keine Kraft haben, sich darum zu kümmern.

Bis man dir Papiere bekommen hat und es bewiesen hat.
Das ist auch eine große Last.

Aber wie gesagt , ich finde es besser, als wenn die Menschen sich vor die Züge werfen.

Züge finde ich das allerschlimmste. Habe mich mit einem Lokführer unterhalten. Er hatte schon 9 Menschen erwischt gehabt. Und das war sehr schlimm für ihn.
Miu
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Re: Aussichtslos

Beitrag von Miu »

Hallo Inka

Ich kann verstehen wie weh es tut andere voll im Leben stehen zu sehen während man selbst kämpft und kämpft.

Ich bin auch seit einem Jahr bei einer SHO (Sterbehilfsorganisation).

Hattest du schon Gespräche in Richtung Freitod?
Wie geht es dir mittlerweile?

Liebe Grüsse
Miu
Durm1970
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Re: Aussichtslos

Beitrag von Durm1970 »

Angel hat geschrieben: Dienstag 12. Januar 2021, 12:35 Nun ja wenn es diese Vereine gibt, dann ist es ja gut.

Ich denke aber, dass Menschen oft keine Kraft haben, sich darum zu kümmern.

Bis man dir Papiere bekommen hat und es bewiesen hat.
Das ist auch eine große Last.

Aber wie gesagt , ich finde es besser, als wenn die Menschen sich vor die Züge werfen.

Züge finde ich das allerschlimmste. Habe mich mit einem Lokführer unterhalten. Er hatte schon 9 Menschen erwischt gehabt. Und das war sehr schlimm für ihn.

Nun ja, das ist genau meine Sichtweise. Warum verwehrt man Menschen, den nur irgend einfach möglichen Freitod. Dadurch das man alles erschwert und etliche Steine in den Weg legt.

Und dann sind solche Menschen dafurch gezwungen, sich vor einen Zug zu schmeißen. Auf die Gefahr hin, daß man vielleicht dann doch überlebt znd lebenslang zum Pflegefall wird. Ganz zu schweigen von dem Schock, den man dem Zugfuhren und den Fahrgästen hinterläßt.
Durm1970
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Re: Aussichtslos

Beitrag von Durm1970 »

Hallo Miu,

Wie kommt man zu dieser Sterbehilfeorganisation.
Und wie können die einem so helfen?
Miu
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Re: Aussichtslos

Beitrag von Miu »

Ich bin Schweizerin.
Also einfach anrufen und Termin vereinbaren.
Ärztliche "Überweisung" braucht man allerdings.
Durm1970
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Re: Aussichtslos

Beitrag von Durm1970 »

Miu hat geschrieben: Montag 22. Februar 2021, 20:12 Ich bin Schweizerin.
Also einfach anrufen und Termin vereinbaren.
Ärztliche "Überweisung" braucht man allerdings.
Du bist in dieser glücklichen Lage, daß freut mich für dich.
Was sollen den nur Menschen aus Deutschland tun?

Kannst du diese Sache, die du eventuell in Erwägung ziehst, auch von Zuhause aus tun oder geht das auschließlich direkt bei der Organisation?
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