glycerine hat geschrieben: ↑Dienstag 26. Mai 2020, 20:00
du willst hier eine extragroße Show abliefern und irgendwie beweisen, dass du irgendwie mehr wert bist als jemand anderes, weil du anscheinend eine Hochschulbildung hast, wow, echt großes Kino mit dir, ich hoffe ich kann noch lange über solche Dinge mich aufregen und insgeheim lachen, auf welchem Trip manche drauf sind.
Anlässlich dieser Aussagen an mich
@ glycerine:
1. Du hast mutmaßlich ein ziemlich großes Minderwertigkeitsproblem (für das ich nicht verantwortlich bin).
2. Du hast offenbar eine Wertwaage für Menschen.
3. Du hast hoffentlich noch viel Spaß im Dignitasforum, das jedenfalls wünsche ich Dir herzlich!
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1. Ich entspreche nicht Deiner
Projektion (= psychischer Abwehrmechanismus), denn ich bin kein Showstar und habe auch kein Talent zur Dramaqueen (wie es psychisch Gestörte oft haben; ich habe auch eine psychische Störung, aber wie gesagt kein Talent zur Dramaqueen).
2. Ich habe keine Wertwaage für Menschen, mit denen ich in meiner Lebenswelt zu tun habe (dazu zählst übrigens auch du, wenn ich dich lese).
3. Ich bin
summa-promovierte (davon gab's zu meiner Zeit nicht so viele) mediävistische Germanistin, habe 15 Jahre lang an der Uni gelehrt und geforscht, viele Bücher gelesen, zwei herausgegeben, eins und viele Aufsätze geschrieben und war am Ende meines Lebens #1 fast am Ende des Weges zu einer Professur - nicht mehr, nicht weniger.
(
Dass all mein hartes akademisches Arbeiten
- erst im Studium, in dem ich bereits mehrere Jahre als Mini-Lehrkraft für jüngere StudentInnen an der Uni arbeitete ["studentische Hilfskraft mit Lehraufgaben" nannte sich das], um mich finanzieren zu können {meine Eltern konnten mir mein Studium nicht finanzieren}, und danach in den 15 Jahren auf dem sogenannten Qualifikationsweg zur Professur -
am Ende nichts "wert" war, weil aus mir "nichts" geworden ist, das hat viele Gründe:
Tod des Lebensmenschen; gleichzeitige Abwicklung meines damaligen Uni-Instituts [an dem ich also nicht mehr hätte habilitieren können, selbst wenn ich es psychisch in dieser Situation vermocht hätte, was nicht der Fall war]; das damals übliche Berufsverbot nach 12 Arbeitsjahren auf dem akademischen Qualifikationsweg; Abbruch des Familienkontakts; Verlust fast sämtlicher Freunde durch die Krankheit des Lebensmenschen und die Todeserfahrung; Depression > also:ich; und noch ein paar andere Gründe.)
Mir hat einmal ein Prof. gesagt (da war ich 21): "Talent verpflichtet! Sie sind der Gesellschaft etwas schuldig." Und dann hat er mich für ein Stipendium vorgeschlagen, das mir allerdings erst Jahre später nach einem neuerlichen Vorschlag zuteil wurde.
Ich habe dann 20 Jahre lang versucht, der Gesellschaft gegenüber meine Schulden abzutragen.
Es hat nicht gereicht.
Die Gesellschaft hat mich als mangel- und fehlerhaft gewertet und aussortiert (zu einer Zeit, da ich keine Kraft hatte, etwas dagegen zu tun - und das kann man durchaus als mein Versagen bezeichnen, je nach Perspektive).
Statt einer Professorin bin ich mit knapp 43 Jahren Witwe geworden und aus meinem "Luxusleben" gefallen: Aus der Liebe und der Partnerschaft, aus dem Beruf und der Berufstätigkeit, aus der Blutsfamilie und aus fast allen Freundschaften.
Dennoch
bin ich eine summa-promovierte Altgermanistin; weiß, dass es von denen zu meiner Zeit nicht sehr viele gab; weiß, welche irrsinnige Arbeit die fast sechs Jahre, die ich an meiner Doktorarbeit geschrieben habe, waren; weiß, welche irrsinnige Arbeit die rund 25 Aufsätze danach waren (und alles drumrum: Lehre, Verwaltung, Vorträge, Herausgeberschaften, Kampf ums Institut etc.); und weiß: das war die beste Zeit meines Lebens, denn von den 15 Berufsjahren teilte ich fast 14 mit meinem Lebensmenschen und war da erst- und letztmals in meinem Leben
in Liebe und sicher.
~ ~ ~
Dass Du, glycerine, vier Minuten nach deinem von mir hier zitierten posting über ein altes posting von mir schreibst (nachdem du es lang und breit zitiert hast), dass du mir da "nicht ganz unrecht" geben müsstest, das hat mich wirklich überrascht.
Manchmal bin ich sehr naiv.
Vermutlich habe ich Deinen Zynismus einfach nicht erkannt, sorry.