Schwere Trauer bei Schwangeren

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Andi_88

Schwere Trauer bei Schwangeren

Beitrag von Andi_88 »

Hallo an alle,
es handelt sich hier um eine sehr spezielle Frage, aber vielleicht weiß ja jemand bescheid: kann sich schwere Trauer und Depression bei Schwangeren auf das Wohl des Kindes auswirken? Steigt die Wahrscheinlichkeit einer Fehlgeburt?
Anders gefragt: Ist es besser, dem noch nicht geborenen Kind eine trauernde und geschockte Mutter zuzumuten, oder ist es besser, wenn die Mutter erst nach der Geburt in eine psychische Ausnahmesituation gerät (wobei das Kind ja dann eine evtl. Überforderung der Mutter bewusst erleben würde)? Mich interessieren auch subjektive, wissenschaftlich nicht fundierte Ansichten sehr.
Viele Grüße
Andi
Chron
Beiträge: 642
Registriert: Samstag 10. Juli 2010, 20:56

Re: Schwere Trauer bei Schwangeren

Beitrag von Chron »

Aus meiner Erfahrung im Mutterleib: Ich habe mit einer Ausnahme nichts von den Gefühlen, Stimmungen oder Gedanken meiner (Gebär-)Mutter mitbekommen. Die Ausnahme war, als sie meinem Vater bzw. ihrem Mann von mir erzählte (also dass sie schwanger war) - und der gar nicht erfreut war. Auch seine Stimmung habe ich mitbekommen. Sonst hab ich nur ihren Herzschlag gehört, das Blut rauschen, und ihre Bewegungen oder Stille sowie ihre Haltungen/Stellungen (stehend, sitzend, liegend, gebückt usw.), so weit es mich mitbetraf. Staubsaugen (irgendein Lärm von draussen und immer wieder gebückt werden, dann richtete sie sich wieder auf usw.) fand ich besonders unangenehm, und wenn sie schlief, also nur ereignislos dalag, fand ich es langweilig (ich wäre gern raus und hätte was erlebt :D, sonst aber fand ich es herrlich bequem, rumgetragen zu werden, und wollte dann gar nicht raus; bis zur Geburt war ich ziemlich "übertragen", und quasi von Anfang an "zu spät" gekommen :D).

Danach interessierte mich, was ich bekommen und erleben konnte (Milch, etwas anschauen, etwas anfassen, die eigenen Zehen usw.) und was in meinem direkten Umfeld (keinen Meter entfernt) passierte. Eine Vorstellung einer Person ("wie ich", aber viel weiter oben mit dem Kopf, aus dem Geräusche kamen, und auch sonst ja gar nicht wie ich oder auf meiner Höhe/Tiefe) kam wohl erst ab frühestens dem Krabbelalter. Stimmen gab es angenehme und unangenehme, je nach Tonfall, Lautstärke, Tonhöhe usw..

Ich kann mir also nicht vorstellen, dass psychische Probleme bei einer Schwangeren zu einer Fehlgeburt führen, es sei denn natürlich, das wirkt sich körperlich aus, also sie ernährt sich nicht richtig/normal, säuft viel Alkohol, das Kind bekommt Nebenwirkungen irgendwelcher Medikamente o. Ä..

Das bewusste Erleben beginnt erst mit der Entwicklung des Bewusstseins/Denkens, frühestens mit etwa 2 Jahren bei extremen, einprägsamen Vorfällen; und so allgemeines den Alltag bewusst Mitbekommen, Sagen/Vernetzen/Denken usw. wohl etwa mit 4-5 (das Alter, bis zu dem man so die "normalen", bewussten, denkerischen Erinnerungen hat; das Frühere ist unbewusst, kann aber später bewusst gemacht werden, allerdings nicht z. B. Sprachliches, das noch gar nicht verstanden wurde; nur was da war, bekommt dann noch Worte).

Man bekommt aber natürlich mit, ob man zärtlich oder grob behandelt wird, angelächelt oder angefaucht wird, versorgt oder ignoriert (schreiend liegen gelassen) oder gar völlig allein gelassen wird, u. Ä., ab der Geburt.

Wobei es dazu nicht nur auf die Mutter ankommt (was "Mutter" ist, weiss das Kleinstkind noch gar nicht), sondern auf alle Menschen, mit denen man zu tun bekommt, ab Hebamme/Arzt/Ärztin und Pflegepersonal (Kinder"krankenschwestern" u. Ä.) bei der Geburt bis zum Zuhause (Vater, Geschwister, andere Verwandte oder Bekannte der andern) oder draussen (wenn Leute in den Kinderwagen schauen, mit den Fingern drin rumstochern zu wollen scheinen; hab mich nur gewundert was das soll ... Vermutlich meinten die das als "Spiel", vermute ich heute :twisted:).

Trauer halte ich für etwas Normales. Ob das früher oder später im Leben erstmals vorkommt, ist wohl eher Zufall - und wohl kaum ungesund.

Eine Schockreaktion hingegen bekommt das Baby sehr wahrscheinlich mit, sowohl im Mutterleib als auch danach. Es weiss dann aber nicht, was geschehen ist, und reagiert wohl eher verwirrt. Später kann es nicht mehr fragen, weil es nie bewusst war. Da fände ich es gut, ab Sprechalter solche Verluste (Trauer) dem Kind zu erklären.

Und auch Schock über plötzliche unerwartete Vorfälle ist normal, und also wohl kaum schädlich.

Bei Tieren z. B. kommt das doch wohl viel häufiger vor (Fressfeinde, Glück und Pech bei der Jagd, sonstige Angreifer die gern für sich Höhle/Nest hätten und was noch alles).

Eine depressive, völlig uninteressierte, mit sich und ihrem Elend beschäftigte Mutter als Hauptbezugsperson hingegen halte ich schon für schädlich. Wie soll das Kind (ab Geburt) da lernen, lachen, Beziehungen mit Menschen anfangen, mal rauskommen, spielen (lernen) usw.?

Wobei es egal ist, ob die Mutter depressiv ist oder z. B. Grippe hat. "Mutter nicht da - was nun??" Dass sie im andern Zimmer im Bett liegt, sah ich nicht. Ich bekam nur mit, ich bin allein. Und irgendwas ist da nicht gut. Ersatzpersonen gab es meistens nicht. Vater war im Büro. Und wenn er heimkam, waren die beiden irgendwas am Reden, weit weg von mir und unverständlich. Als wäre ich gar nicht da.

Natürlich und möglichst gesund, vor allem psychisch, wäre wohl nur die Großfamilie oder Dorfgemeinschaft, und viel draussen; nicht in einem Zimmer, gar noch einem Bett mit Gittern drum, eingesperrt.

Also werden wir wohl alle, die wir hier lesen und schreiben können, irgendwelche Zivilisationsschäden mit bekommen haben.
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