Um Klarheit reinzubringen, die "Kämpferin" ist meine 34 jährige Schwester, die unsere Nachbarin ist. Ich habe ihr mal den Link zum Threat geschickt, weil ich wollte, dass sie mitliest. Hätte nicht gedacht, dass sie gleich mitdiskutiert, aber auch gut
Dass ich nicht die Wahrheit geschrieben habe, stimmt nicht. Ich habe nur einige Infos weggelassen, die für den jetzigen Zustand und den Wunsch nicht relevant sind, zB wie es zur Psychose kam. Das ist nochmal ein Thema für sich.
Dass der psychische Zustand nach dem Absetzen der Benzodiazepine sich wieder normalisiert, ist nicht sicher. Ich habe genauso von Neuroleptika Opfern gehört, die nach mehreren Jahren des Absetzens immernoch Gefühlsleer sind, was den Verdacht bestätigen kann, dass es irreversible Schäden sein könnten. Aber darüber kann man ewig spekulieren. Es gibt dafür keinen chemischen oder bildlichen Beweis. Man ist da immer auf die Aussage des Betroffenen angewiesen und kann somit immer behaupten es wäre nur Einbildungssache.
Ich habe 2 Punkte meines Zustandes vergessen.
Durch die Querschnittslähmung bin ich anal inkontinent. Das Problem haben so gut wie alle QS Betroffene und es gibt sicher irgendwie einen Weg damit umzugehen und zu leben, mit Analtampons oder Windeln oder so und wie gesagt, großen Respekt an diejenigen, die damit klarkommen, aber wie schon erwähnt, für mich ist das eben nichts, erst Recht nicht mit Ende 20.
Wenn ich mich mal aus irgendwelchen Gründen aufraffe, um in den Rollstuhl zu sitzen, dann habe ich durch die Knochenverletzungen und Verschiebungen schon nach wenigen Minuten Schmerzen. Ich habe es mal probiert und bin letztes jahr mit einem Kumpel ins Kino gegangen. Der Weg in den Kinosaal war schon umständlich genug und ging nur mit einem extra Fahrstuhl und Personal (trotzdem großen Dank, dass die Kinos sowas ermöglichen), doch den Film zu überstehen war wegen den Schmerzen die reinste Qual.
Ich kann demnach, selbst wenn ich wollte, auch MIT der Behinderung kein soziales Leben führen.
Meine Schwester wird das damit begründen, dass ich die Schmerzen habe, weil ich zu lange im Bett liege und das im Rollstuhl sitzen mehr üben muss, um sich dran zu gewöhnen. Ich darf sie jedoch an den mehrmonatigen Krankenhausaufenthalt erinnern, bei dem ich mich jeden Tag mehrfach in den Stuhl gesetzt habe und trotzdem höllische Schmerzen hatte. Vielleicht kann ein anderer betroffener Schmerzpatient ihr klarmachen, dass es trotz Behandlungen auch chronische Schmerzen gibt, denn sowas glaubt sie schon vom Grundprinzip her nicht.
Außerdem stimmt ihre Aussage, dass ich "alles bewegen" könne nicht. Ich habe Lähmungen in der rechten Gesäßhälfte (kann das Bein also nicht nach hinten bewegen, was für eine Lauf/Schrittbewegung aber notwendig wäre) und auch eine Lähmung in der rechten Wade. Den rechten Fuß kann ich so gut wie gar nicht bewegen, der aber auch für das Abstoßen am Boden notwendig wäre. Das heißt hier gibt es ein Wahrnehmungsproblem. Wenn ich meine Beine im Bett anwinkeln kann, dann sieht das von Außen anscheinend so aus, als könne ich "alles bewegen".
Dass ich durch die Lähmung auch impotent geworden bin, habe ich auch noch nicht erwähnt. Ich bin männlich und Ende 20...nur nochmal nebenbei.
Ich kann meine Angehörigen aus emotionaler Sicht natürlich verstehen. Niemand verliert gerne einen Angehörigen. Trotzdem habt ihr deswegen kein Anspruch auf mich. Und es ist genau so wie hier schon erwähnt wurde. Das Leid kann nicht von anderen eingeschätzt oder bemessen werden und ein Vergleichen bringt auch nichts. Jeder hat seinen eigenen Standard von Lebensqualität. Deine Angabe von 90 % Wiederherstellung wäre selbst mit intensivster Physiotherapie sehr sehr sehr unrealistisch. Ich könnte hier auch Bilder von meinen deformierten Knochen und Gelenken anbieten, aber das lasse ich mal.
Du hast die SH mit der Nazi Euthanasie verglichen. Du beachtest dabei jedoch nicht, dass diese GEGEN DEN WILLEN der Opfer geschehen ist. Das sollte man nicht verwechseln. Jetzt vergleich es mal mit meiner Situation, HIER geschieht nämlich auch viel GEGEN MEINEN WILLEN, also kann man das eher mit den Nazi Handlungen vergleichen, nicht aber die Arbeit von Dignitas.
Dass der Wunsch des Ablebens als feige und bequeme Weicheiaktion bewertet wird....dazu sage ich mal nichts, das überlasse ich den anderen....ich sage nur soviel - diese Bezeichnungen könnten nicht weiter von der Realität entfernt sein.
Erstmal genug geschrieben, ich verspüre einen leichten Druck im Bauchraum. Ich glaube ich muss vielleicht meinen Vater wecken, damit er mir beim Stuhlgang hilft.....