Nicht darüber schweigen!

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Peterchen
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Nicht darüber schweigen!

Beitrag von Peterchen »

hallo zusammen,

ich suche sozialen Kontakt zu anderen Menschen. Es geht mir nicht um eine Verabredung zum Suizid (das werde ich, wenn es so weit ist, alleine durchziehen) oder um Methodendiskussion, sondern um den offenen Austausch mit anderen Menschen, die an ihrem Dasein leiden und für die Weiterleben nicht alternativlos ist.

Schließlich ist man in unserer Gesellschaft mit diesem Wunsch weitgehend isoliert und zum Schweigen verurteilt. Würde ich mich an "normale" Mitmenschen wenden, dann wäre ihr Umgang mit mir nur noch von Manipulationsversuchen bestimmt. Über den eigenen Suizidwunsch zu reden ist in unserer Gesellschaft fast so heikel wie regierungskritische Äußerungen in einer Diktatur. Also muss ich über das Thema schweigen, das mich am meisten beschäftigt und mir gewissermaßen auch den größten Trost spendet. Ich fände es schön, aus dieser geistigen Isolation auszubrechen und vielleicht geht es dem einen oder anderen hier genauso.
Thorsten3210
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Re: Nicht darüber schweigen!

Beitrag von Thorsten3210 »

Du meinst persönlichen Kontakt, also kein Selbsthilfe - Forum ? Da fallen mir erstmal örtliche Selbsthilfegruppen ein, beispielweise für Psychische Erkrankungen bzw. Depression. Dort kann man Menschen mit ähnlichen Schicksalen finden. Dort sind auch Suizidgedanken nicht fremd, und man könnte sich austauschen. Auch in manchen Psychiatrien, Tageskliniken oder psychiatr. Ambulanzen werden Gesprächskreise angeboten (auch für externe), bei denen man Leute kennenlernen kann.

Menschen, denen solche Suizid-Gedanken fremd sind (auch vielen Ärzten), kann man mit sowas nicht kommen, ohne Gefahr zu laufen, dass man als akut suizidgefährdeter in der Psychiatrie landet. Das geht schneller als man denkt.
Taylu
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Re: Nicht darüber schweigen!

Beitrag von Taylu »

Das Problem, was ich hierbei sehe ist (falls ich es richtig verstanden habe) dass bei ihr/ihm schon der Suizidversuch fest steht, man allerdings
jmd zum Austausch brauch, um vllt seine Gedanken etwas sortierter zu bekommen.

Gesetzt des Falls, dass ich das jetzt richtig interpretiert habe, dann ist es schwierig, sich mit solchen Gedanken an eine "öffentliche" Einrichtungen zu wenden.
Sie würde, wie du schon sagtest Thorsten, ? direkt in die Psychiatrie übermittelt. Deswegen glaube ich, dass er/sie "anonym" nach Gesprächspartnern sucht, die sie hier nicht verurteilen und versuchen umzustimmen. Tut mir leid, falls ich es missverstanden habe.
Pusteblume44
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Re: Nicht darüber schweigen!

Beitrag von Pusteblume44 »

@Taylu denke, mit deinem zweiten Absatz dürftest du richtig liegen. Es ist in unserer Gesellschaft doch schon problematisch ganz allgemein über den Tod zu reden, ohne das Hysterie ausbricht, nach dem Motto "darüber redet man nicht"! Ich kann es auch nicht verstehen, wieso man dazu gezwungen wird, dass Leben unbedingt als etwas wunderbares zu empfinden. Vielleicht will der User @peterchen, wenn ich seinen / ihren Text richtig interpretiere nur so im Allgemeinen reden. Allein darüber zu fabulieren, dass man sich vorstellen könnte, sich notfalls auch ein Ende zu setzen, dürfte wohl in der Psychiatrie enden.
Taylu
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Re: Nicht darüber schweigen!

Beitrag von Taylu »

Traurig aber wahr.
Ich wäre froh, wenn weniger Suizidale sich Gedanken machen müssen, was die Gesellschaft von ihnen (bzw. uns) denkt.
Weil es einfach ein tierischer Stressfaktor ist, der zu dem ganzen anderen Kladeradatsch kommt, den wir mit uns rumschleppen.
Peterchen
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Re: Nicht darüber schweigen!

Beitrag von Peterchen »

Taylu hat geschrieben: Gesetzt des Falls, dass ich das jetzt richtig interpretiert habe, dann ist es schwierig, sich mit solchen Gedanken an eine "öffentliche" Einrichtungen zu wenden.
Sie würde, wie du schon sagtest Thorsten, ? direkt in die Psychiatrie übermittelt. Deswegen glaube ich, dass er/sie "anonym" nach Gesprächspartnern sucht, die sie hier nicht verurteilen und versuchen umzustimmen. Tut mir leid, falls ich es missverstanden habe.
So ist es. Dieses Forum ist einer der wenigen Anlaufpunkte, wo man halbwegs sicher sein kann, an Menschen zu geraten, die den Suizid für eine vertretbare Option halten, und nicht den üblichen "bias" teilen

@Pusteblume:
Ich kann es auch nicht verstehen, wieso man dazu gezwungen wird, dass Leben unbedingt als etwas wunderbares zu empfinden.
Ich auch nicht, aber das ist eben das offizielle Dogma.

Ich habe das nie verstanden, vor allem nicht, warum der Tod ein Übel sein soll. Ein Zustand, in dem man von allen Schmerzen und Bedürfnissen befreit ist, ist doch sozusagen das Nicht-Übel schlechthin.

Klar ist ein Leben, das vollgepackt ist mit Lust und Freude, noch ein bisschen besser. Aber gleichzeitig kann der Tod unendlich besser sein als ein Leben, das qualvoll oder auch nur langweilig ist.
Pusteblume44
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Re: Nicht darüber schweigen!

Beitrag von Pusteblume44 »

In dem Zusammenhang fällt mir noch ein Zitat aus einer Dokumentation ein, die mal vor Jahren auf ARTE lief und über das Sterben / Verzicht auf einer Behandlung von Krebserkrankungen handelte. "Jeder hat das Recht aufs Leben - aber es ist keine Pflicht". Nur leider ist es so, dass einem genau dieser Eindruck vermittelt wird, man wird in die Welt gesetzt und hat dann bitteschön sich darüber zu freuen. Ich bin verpflichtet am Leben teilzunehmen, oder zumindest so zu tun als ob, obwohl ich es mir weder ausgesucht habe noch will ich damit was zu tun haben. @peterchen ich finde es gut und mutig von dir, das Thema anzusprechen, ich hätte es mir selbst hier nicht getraut, das mal offen kundzutun.
Thanatos
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Re: Nicht darüber schweigen!

Beitrag von Thanatos »

Peterchen hat geschrieben:...
Ich habe das nie verstanden, vor allem nicht, warum der Tod ein Übel sein soll.....
Es ist genetisch und kulturell bedingt, dass Leben als gut und Tod als schlecht betrachtet wird. Religionen und Regierungen wirkten an diesem Weltbild fleißig mit.
Überdies hat der Mensch die grandiose Gabe, sich etwas vorzumachen, so dass selbst eine noch so aussichtslose und leidvolle Situation noch als besser als der Tod betrachtet werden kann. Funktioniert das nicht mehr so gut, gibt es Therapeuten, die einem bei der Stärkung des Selbsttäuschungsmechanismus behilflich sind.
Zu diesem Thema gäbe es sehr viel mehr zu sagen. Das Erwähnte sollte nur eine kleine Anregung sein.
Es grüßt,
Thanatos
Pusteblume44
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Re: Nicht darüber schweigen!

Beitrag von Pusteblume44 »

Beitrag von Thanatos » So 8. Feb 2015, 17:16

Funktioniert das nicht mehr so gut, gibt es Therapeuten, die einem bei der Stärkung des Selbsttäuschungsmechanismus behilflich sind.
Zu diesem Thema gäbe es sehr viel mehr zu sagen. Das Erwähnte sollte nur eine kleine Anregung sein.


Was dem einen oder anderen sicherlich helfen kann, nur es gibt auch welche, die sich nicht täuschen lassen. Sehr oft sagen Therapeuten, alles wird wieder besser, 5 Jahre später stellt man eventuell für sich fest, dass dem eben nicht so ist oder das ganze ist sogar schlimmer geworden. Im Grunde wird man ja gezwungen sich eine andere Anschauung der Dinge anzueignen, dass ist richtig kräftezehrend, wenn du verstehst, was ich meine. Soll es also wirklich Sinn der Sache sein, sich ständig einzureden, alles ist nur halb so wild? Ganz ehrlich, ich habe diesen Kraftakt aufgegeben und rede mir das nicht mehr ein.
@peterchen darf ich dich fragen, seid wann du dich mit dieser Thematik beschäftigst?
Thanatos
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Re: Nicht darüber schweigen!

Beitrag von Thanatos »

Pusteblume44 hat geschrieben:.... Soll es also wirklich Sinn der Sache sein, sich ständig einzureden, alles ist nur halb so wild? ...
Aus Sicht der Therapeuten sollte das wohl Sinn machen, sonst könnten sie das Gefühl bekommen, ihren Beruf verfehlt zu haben – und brauchten selbst eine Therapie. :wink:
Du hast sicher verstanden, dass ich mit der Selbstbetrügerei nicht einverstanden bin. Für viele Leute scheint das aber die einzige Möglichkeit zu sein, ihr Leben zu ertragen. Das beste Beispiel für kollektive Selbsttäuschung sind Religionen. Aber viele Leute haben eben nichts anderes als ihre Religion als Lebens- und Angstbewältigungsstrategie. Jeder wie er möchte....
Thanatos
Deadly Snowflake

Re: Nicht darüber schweigen!

Beitrag von Deadly Snowflake »

Thanatos hat geschrieben:
Du hast sicher verstanden, dass ich mit der Selbstbetrügerei nicht einverstanden bin. Für viele Leute scheint das aber die einzige Möglichkeit zu sein, ihr Leben zu ertragen. Das beste Beispiel für kollektive Selbsttäuschung sind Religionen. Aber viele Leute haben eben nichts anderes als ihre Religion als Lebens- und Angstbewältigungsstrategie. Jeder wie er möchte....
Thanatos
Gott, du bist selbst über beide Ohren dogmatisch. Wer glaubt heute noch ernsthaft an einen `freien Willen`? Jene die es nötig haben um (sich oder) andere damit kleinzumachen bzw. sich selber (oder andere) grösser und/oder jene die der jahrhundertelangen Indoktrination erlegen sind, die diesbezüglich nicht zuletzt von Augustinus initiiert wurde...ist das nicht zum atheistisch-ironischen (Tot-)Lachen? Begründe einen solchen einmal bitte sehr! Die Atheisten die ihr humanistisch-moralisches Fähnlein noch selbstentrückt hochhalten...
Dann, dass man sich selbst betrügen kann...wie geht das? Ich rate da mal zur eingehenderen (weniger entrückten) Selbstbeobachtung...welche Angstbewältigungsstrategien hast du denn auf Lager oder meinst du gänzlich `authentisch` zu sein (dass solche Strategien immer Ego-dienlich und recht `betrügerisch` realitätsinterpretierend sind, dürfte klar sein)? Allenfalls kannst du dich brüsten eine mehr individuelle Selbsttäuschungsstrategie zu besitzen (gilt natürlich nicht für die pandemische Verbreitung der Willensfreiheit-Doktrin unter nicht Philosophen...letztere versuchen es natürlich ebenso `intellektuell unredlich`, sprich: pragmatisch angezeigt, mittels Umdefination des Freiheitsbegriffes zu retten). Sich brüsten (und sei es nur schon vor sich selbst) fällt sehr schnell (na ja, eben gerade nicht, die Indoktrination ist zu unserer Natur geworden...aber es wird doch nur `intellektuelle Redlichkeit` verlangt!) in sich zusammen wenn das Determinierte bzw. bestenfalls Zufällige des Ganzen erkannt wird (von der Möglichkeit eines reinen Epiphänomenalismus ganz zu schweigen).

PS: Ergänzend etwas Konstruktives: Bei Schopenhauer nachlesen zum Thema Willens(un)freiheit (nicht auf dem heutigen Stand der Argumentation, aber inhaltlich zutreffend). Zudem: selbst wenn man sich bewusst betrügen könnte (also in seiner Person zugleich Lügner und Angelogener sein könnte...etwas was eben schwer vorstellbar ist, da das angelogen werden ja das Wissen um die Wahrheit, welches der Lügner besitzt, ausschliesst), würde der fehlende freie Wille jede moralische Wertung verunmöglichen, ja, absurd erscheinen lassen.
Thanatos
Beiträge: 1580
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Re: Nicht darüber schweigen!

Beitrag von Thanatos »

Manche Leute verstehen offenbar nie etwas – oder sie haben ein erhebliches Kommunikationsproblem. Nun gut, keine weitere Zeit verschwenden....
Deadly Snowflake

Re: Nicht darüber schweigen!

Beitrag von Deadly Snowflake »

Thanatos hat geschrieben:Manche Leute verstehen offenbar nie etwas – oder sie haben ein erhebliches Kommunikationsproblem. Nun gut, keine weitere Zeit verschwenden....
Ich verstehe sehr wohl, dass du nicht bereit bist zu argumentieren...da sitzt du mit den Gläubigen im selben Boot. Inhaltlich verstehe ich auch was du sagst, es sei denn deine Wortwahl und Ausdrucksweise ist dermassen `schlampig`, dass ein Verstehen nicht möglich ist (in welchem Fall du dich wohl selbst auch nicht recht verstehst).
Zuletzt geändert von Deadly Snowflake am Montag 9. Februar 2015, 13:09, insgesamt 1-mal geändert.
Deadly Snowflake

Re: Nicht darüber schweigen!

Beitrag von Deadly Snowflake »

@Thanatos: Deine gelöschte Antwort war primitivste Schublade. Sich hinter dem Rücken anderer verstecken, schlechtes Gewissen machen wollen (ich füge den Usern Leid zu...haben dir das User so mitgeteilt?)...das gläubige Arsenal an Herdentrieb und Sündenbewusstsein `erwecken` ging da kurzzeitig mit dir durch, wie mir scheint (oder doch das was du zuinnerst denkst?).

Im übrigen hast du recht: manchmal schiesse ich übers Ziel hinaus (von manchen erwartet man einfach mehr: man misst sie an ihren eigenen `nihilistischen` Ansprüchen, nimmt sie beim Wort...natürlich wie sich zeigt manchmal zu unrecht, das kennst du ja auch bezüglich einer dir bekannten Christin). Auch sollte ich mich wohl tatsächlich vom Forum verabschieden...jeder Abschied fällt schwer (aber ich bemühe mich).
Sollte ich dir `Leid` zugefügt haben durch meine Kommentare zu deinen Beiträgen (immerhin nicht ganz auszuschliessen da ich sie regelmässig kritisierte), dann würde ich um `Entschuldigung` bitten, auch wenn ich an solche Kategorien nicht glaube...aber es gehört nun mal zum Kommunikations-Spiel dazu, wenn du darauf Wert legst würde ich also das Spiel mitspielen. Denn solcherart ist Nihilismus (aus meiner Sicht): dorthin weiterdenken wo es wirklich weh tut und anfängt ans Eingemachte zu gehen und nicht sich selbstgerecht als irgendwie redlicher oder `weiser` zu betrachten.
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