Mein Mann will sterben

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kotsofana
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Registriert: Sonntag 4. Mai 2014, 13:47

Mein Mann will sterben

Beitrag von kotsofana »

Hallo, ich bin seit 18 Jahren verheiratet, mein Mann ist seit circa 2 Jahren an Leukämie erkrankt, er hatte 2 Stammzelltransplantationen, zur Zeit stösst er jedoch wieder ab, er äußert mir seit längeren den Wunsch gehen zu wollen. Hat jemand Erfahrung damit? Ich kann nicht so einfach loslassen.
Chron
Beiträge: 642
Registriert: Samstag 10. Juli 2010, 20:56

Re: Mein Mann will sterben

Beitrag von Chron »

Erfahrung nicht. Aber ich habe mir schon Gedanken darüber gemacht.

Einerseits: Wie würde ich reagieren, wenn ich von einem mir sehr wichtigen, nahestehenden Menschen (den ich für mich behalten möchte, mit dem ich zusammenlebe, von und mit dem ich viele Vorteile habe usw.) erfahren würde, er möchte sterben, will/wird sich umbringen? Sein Wunsch, zu "gehen", gegen meinen Wunsch, er solle mir erhalten bleiben?

Andererseits: Wie würde/könnte/sollte/müsste jemand reagieren, dem ich in ähnlicher Weise wichtig bin, wenn ich meinen Sterbewunsch äussere?

Ich kam in beiden Fällen zum Schluss: Wenn man jemanden liebt, will man, dass es ihm möglichst gut geht und er möglichst wenig leidet. Wenn sein Leben nur noch Leiden ist, ist sein Sterbewunsch verständlich, und wichtiger als mein eigener Wunsch, er solle mir (nur für mich, rein egoistisch) erhalten bleiben. Niemand kann oder soll "für" einen andern Menschen leben.

Es ist letztlich kein sterben Wollen, sondern ein sterben Müssen. Ist nur noch die Frage, wann und wie (am besten, für den Todkranken). Es ist eine Art Schuldverschiebung, den Sterbeentschluss dem sterben "wollenden" Menschen zuzuschieben, ihn dafür verantwortlich zu machen, mit ihm darüber diskutieren und verhandeln zu wollen.

Hätte dein Mann keine Leukämie, würde er wohl gar nicht übers Sterben nachdenken. Alles wäre wunderbar. Das würdet ihr BEIDE wollen!

Aber es ist anders. Er hat nur noch die Wahl, bald seinem Leiden ein Ende zu machen oder noch länger zu leiden. Keine Hoffnung mehr, es werde wieder alles gut, wie ihr es beide wolltet.

Es geht also ums Einsehen des sterben Müssens des Partners. Das Akzeptieren der/seiner Krankheit, die nicht mehr heilbar ist (und das ist extrem schwierig, man hadert mit dem Schicksal, versucht mit ihm was auzuhandeln, als wäre das eine Person, die davon beeinflussbar wäre; verlagert das auf den scheinbar "freiwilligen" Todeswunsch des Partners). Das Akzeptieren und Einsehen, Nachvollziehen, Nachfühlen seines Leidens, dem man bei jedem Tier bald ein Ende bereiten würde.

Der Abschied, und der Verlust, eines geliebten, gewohnten Partners. Ob das "natürlich" mit noch längerem Leiden geschieht oder im abgekürzten Verfahren durch seinen (notgedrungen!) gewollten Selbst-Tod, ist unwesentlich.

Ich würde von einer liebenden Partnerin erwarten, dass sie mich in meinem Bestreben, meinem Leiden ein Ende zu machen, unterstützt. Auch wenn ich sie ungern verlassen würde. Aber ich muss. "Die Wahl zwischen kalter und warmer Schei...". Und es wäre schön, die letzte Phase gemeinsam erleben und fühlen zu können. Im Hadern mit dem Schicksal, aber nicht in einem persönlichen Streit. Nicht, dass ich für sie noch weiter leiden sollte - wobei mir nicht einsichtig wird, wozu denn wirklich. Sie, also du, möchte(st) doch keinen leidenden, kranken Partner? Du möchtest den gesunden! Ich auch! Aber geht nicht mehr ...
Rasiel
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Registriert: Freitag 26. November 2010, 14:23

Re: Mein Mann will sterben

Beitrag von Rasiel »

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