Das Dignitas-Motto

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Thanatos
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Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Thanatos »

Chron hat geschrieben:...

Ich frage mich, ob diese Einteilung Leben/Sterben nicht vor allem mit den Sterbehilfevereinen aufkam. Wie war es davor? "Sterben" waren vermutlich nur die letzten Stunden oder wenigen Tage, in denen der/die Sterbende auf dem "Totenbett" lag, wusste dass das Leben nicht mehr lange dauern wird, ...
Zwar konnte bei bestimmten Krankheiten, zum Beispiel bei der einst weit verbreiteten Tuberkulose, das Sterben auch früher schon lange dauern, aber heute dauert es dank moderner Medizin in der Tat oft noch viel länger. Glücklicherweise gibt es allerdings Wege, die Letzteres verhindern können, wenn jemand langes Dahinsiechen für sich ablehnt.... Selbst ist der Mann bzw. die Frau, wenn sonst niemand hilft.....
Um dein Leben-Sterben-Einteilungsproblem endgültig zu lösen, lassen wir das Sterben einfach mit der Zeugung beginnen. Folglich würde „Leben“ nicht existieren, sondern nur „Sterben“. Somit ließe sich nichts einteilen. Ergo: Problem gelöst! :wink:
Noch einmal zum Thema „Würde“: Gestern entdeckte ich ein Buch, das dich interessieren könnte: „Eine Art zu leben: Über die Vielfalt menschlicher Würde“ von Peter Bieri.
Du kannst es dir ja mal anschauen, wenn du magst; dort zum Beispiel
http://www.amazon.de/Eine-Art-leben-Vie ... eter+bieri
Gruß,
Thanatos
Deadly Snowflake

Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Deadly Snowflake »

Thanatos hat geschrieben:
Chron hat geschrieben:...
Macht die Einteilung Leben/Sterben Sinn?
...
Fragen kannst du stellen! :wink:
Diese brachte mich wirklich ins Grübeln.
Ob Leben Sinn macht, darüber wurde im Forum schon ausgiebig diskutiert. Ob Sterben Sinn macht? Auf alle Fälle, denn ich empfände es als unüberbietbare Grausamkeit, wenn das Leben ewig währte.
Tja, aber macht nun die Einteilung Sinn? Wenn man das Sterben als mit der Zeugung beginnend betrachtet, macht die Einteilung wohl keinen Sinn. Wenn man es aber der üblichen Definition gemäß anschaut, dass also der Sterbeprozess – trotz nicht eindeutiger Bestimmbarkeit des Beginns – irgendwann eintritt, üblicherweise lange nach Zeugung und Geburt... , dann macht die Einteilung Sinn, denke ich. Verlass dich aber nicht darauf, was ich denke. :)
Gruß,
Thanatos
Du tendierst zumindest sprachlich deine für dich geltenden Wertungen zu verallgemeinern: Dein Sterben macht für dich Sinn, da du dein Leben als ewiges nicht wollen kannst . Ich weiss, du wirst das als Nörgeln um des Nörgeln willen klassifizieren, aber Denken ohne sich eines reflektierten Sprachgebrauchs zu bedienen, ist schwerlich möglich. Was solche subjektive Bewertungen betrifft, gibt es fast jede denkbare Position, sogar jene, dass auch ein ewiges irdisches Leben nie langweilig werden würde, auch keine Relativierung jeglichen Wertes implizieren müsste.

Um die Frage nach Abgrenzungen/Unterscheidungen beantworten zu können, muss zuerst geklärt werden was man (evtl. auch der je Einzelne) unter Leben (und damit indirekt, vermittelt durch ein entsprechendes Todesverständnis, auch Sterben) versteht. Was macht das Leben des Menschen aus? Lebt der Mensch solange er mentale Phänomene hat (und fängt er mit solchem an zu leben?), ist er mit diesen identisch (begründen mentale Phänomene irgendwelcher Art oder doch erst jene "höheren" mentalen Eigenschaften die sein Person-Sein ausmachen sein Leben? Bin ich als Dementer oder als Alzheimer-Kranker noch Ich?). Oder ist der Mensch mit seinem Körper als funktionierendem Organismus zu identifizieren? Oder hat der Mensch zwei Leben, ein mentales und ein organismisches (so dass ein Hirntoter noch als funktionierender Organismus ein (sterbender) Lebender ist ?) Oder soll Leben lebensphilosophisch verstanden werden, als Gefühl des lebendig-Seins oder existenziell als eigentliches Sein, ein Sein welches auch verfehlt werden kann? Kann man als lebender Mensch ein gestorbener sein und als sterbender ein lebender?
Dies ist nur eine skizzenhafte Aufzählung...deutet aber die Richtung zur Beantwortung der Frage an (bzw. zum Verstehen des Problems überhaupt...die Kunst besteht auch darin die richtigen Fragen zu stellen).
Zuletzt geändert von Deadly Snowflake am Samstag 26. Oktober 2013, 00:56, insgesamt 1-mal geändert.
Chron
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Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Chron »

Orgeluse hat geschrieben:Lieber Chron,

vermutlich geht das, was ich Dir nun gern sagen würde (zumindest "gern sagen würde", denn ob ich mich Dir verständlich machen kann, ist - wie immer bei solchen kommunikativen Akten - sehr fraglich),
vermutlich also geht das, was ich Dir nun zumindest gern sagen würde, vollkommen daneben.
Schön, dass du noch "da" (beim Forum) bist!
Mich beschleicht vor dem Lesen deiner Texte immer schon ein Lächeln - weil ich deinen Stil ja mittlerweile kenne (schreibst du eigentlich auch Bücher?). Mag sein, ich komme nicht immer zu den Wurzeln deiner dann so amüsant-schmunzelnd-witzelnd-weise formulierten Schlussfolgerungen und Vergleiche, aber wieso dieser ("vollkommene") Pessimismus?

Orgeluse hat geschrieben: Du fragst nach dem Wort "Würde".
Das ist nicht nur ein Wort (wie "Smartphone", "KFZ", "Taschentuch"), sondern ein Begriff (= ein Konzept).
Ja, das vermute ich (mittlerweile) auch. Wobei auch Smartphone ja ein Konzept sein kann ... Aber das Wort ist gebräuchlicher.
"Würde" allein ginge ja noch einigermaßen, aber "menschenwürdig"? Das will mir einfach nicht "rein", wenn ich es direkt und nur kurz sehe/lese (und nicht "auseinandernehme", diskutiere, analysiere, wobei, wie hier auch, das Dignitas-Motto dann automatisch verändert wird; wohl kein Zufall).
Orgeluse hat geschrieben:"Die Würde des Menschen ist unantastbar". So lautet der 1. Satz des 1. Absatzes des 1. Artikels des Grundgesetzes der BRD. (Und ähnlich findet er sich in vielen anderen, meist europäischen, Verfassungen.)
So viel ich weiss steht in der CH-Bundesverfassung nichts von Würde (aber sicher bin ich mir nicht), dafür eingangs was von einem übermächtigen Herrn (was der angeblichen Religions-/[Un-]Glaubensfreiheit später im Text widerspricht). Und dass sich ein Volk daran messen lassen muss, wie es mit den Schwächsten umgeht, oder so ähnlich (das hingegen fand ich sehr schön). Ich hab's mal hervorgesucht:
http://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19995395/201303030000/101.pdf hat geschrieben:
Präambel
Im Namen Gottes des Allmächtigen!
Das Schweizervolk und die Kantone,
in der Verantwortung gegenüber der Schöpfung,
im Bestreben, den Bund zu erneuern, um Freiheit und Demokratie, Unabhängigkeit und Frieden in Solidarität und Offenheit gegenüber der Welt zu stärken,
im Willen, in gegenseitiger Rücksichtnahme und Achtung ihre Vielfalt in der Einheit zu leben,
im Bewusstsein der gemeinsamen Errungenschaften und der Verantwortung gegenüber den künftigen Generationen,
gewiss, dass frei nur ist, wer seine Freiheit gebraucht, und dass die Stärke des Volkes sich misst am Wohl der Schwachen,
geben sich folgende Verfassung:
Und darin auf "Würde" gesucht:
http://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19995395/201303030000/101.pdf hat geschrieben: 2. Titel: Grundrechte, Bürgerrechte und Sozialziele
1. Kapitel: Grundrechte
Art. 7 Menschenwürde
Die Würde des Menschen ist zu achten und zu schützen.
...
Art. 118b Forschung am Menschen
1 Der Bund erlässt Vorschriften über die Forschung am Menschen, soweit der Schutz seiner Würde und seiner Persönlichkeit es erfordert. Er wahrt dabei die Forschungsfreiheit und trägt der Bedeutung der Forschung für Gesundheit und Gesellschaft Rechnung.
...
Art. 119 Fortpflanzungsmedizin und Gentechnologie im Humanbereich
1 Der Mensch ist vor Missbräuchen der Fortpflanzungsmedizin und der Gentechnologie geschützt.
2 Der Bund erlässt Vorschriften über den Umgang mit menschlichem Keim- und Erbgut. Er sorgt dabei für den Schutz der Menschenwürde, der Persönlichkeit und der Familie und beachtet insbesondere folgende Grundsätze:
a. Alle Arten des Klonens und Eingriffe in das Erbgut menschlicher Keimzellen und Embryonen sind unzulässig.
b. Nichtmenschliches Keim- und Erbgut darf nicht in menschliches Keimgut eingebracht oder mit ihm verschmolzen werden.
c. Die Verfahren der medizinisch unterstützten Fortpflanzung dürfen nur angewendet werden, wenn die Unfruchtbarkeit oder die Gefahr der Übertragung einer schweren Krankheit nicht anders behoben werden kann, nicht aber um beim Kind bestimmte Eigenschaften herbeizuführen oder um Forschung zu betreiben; die Befruchtung menschlicher Eizellen ausserhalb des Körpers der Frau ist nur unter den vom Gesetz festgelegten Bedingungen erlaubt; es dürfen nur so viele menschliche Eizellen ausserhalb des Körpers der Frau zu Embryonen entwickelt werden, als ihr sofort eingepflanzt werden können.
d. Die Embryonenspende und alle Arten von Leihmutterschaft sind unzulässig.
e. Mit menschlichem Keimgut und mit Erzeugnissen aus Embryonen darf kein Handel getrieben werden.
f. Das Erbgut einer Person darf nur untersucht, registriert oder offenbart werden, wenn die betroffene Person zustimmt oder das Gesetz es vorschreibt.
g. Jede Person hat Zugang zu den Daten über ihre Abstammung
...
Art. 119a Transplantationsmedizin
1 Der Bund erlässt Vorschriften auf dem Gebiet der Transplantation von Organen, Geweben und Zellen. Er sorgt dabei für den Schutz der Menschenwürde, der Persönlichkeit und der Gesundheit.
2 Er legt insbesondere Kriterien für eine gerechte Zuteilung von Organen fest.
3 Die Spende von menschlichen Organen, Geweben und Zellen ist unentgeltlich. Der Handel mit menschlichen Organen ist verboten.
...
Art. 120 Gentechnologie im Ausserhumanbereich
1 Der Mensch und seine Umwelt sind vor Missbräuchen der Gentechnologie geschützt.
2 Der Bund erlässt Vorschriften über den Umgang mit Keim- und Erbgut von Tieren, Pflanzen und anderen Organismen. Er trägt dabei der Würde der Kreatur sowie der Sicherheit von Mensch, Tier und Umwelt Rechnung und schützt die genetische Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten.
Hm... Also Würde eher beim Entstehen als beim Vergehen ... obwohl sie dann wiederum von Anfang an als gegeben angenommen wird ... oder irgendwie sowie ...

Das Deutsche ist klarer: Die "Würde des Menschen" (= menschenwürdig) wird als gegeben angenommen.
Allerdings vermute ich da dann später mancherlei Widersprüche, z. B. scheint mir Abtreibung dem zu widersprechen (wobei ich kein Abtreibungsgegner bin!).
Auch "unantastbar" ("IST unantastbar") ist allerhöchstens ein "frommer" (wenn auch nicht religiös formulierter) Wunsch: Was ist mit Morden, Zwangseinweisungen in Psychiatrien, Zwangsbehandlungen, ja überhaupt im Wortsinne jeglichem unerwünschtem Tasten an Körpern (durch Eltern, Schulsportlehrer, Polizisten oder was noch alles)? "... sollte sein" oder "... hätten wir gern ..." wäre da ehrlicher.

Was mich zu Grundfragen nach "Rechtsstaat" bringt (gehört die Verfassung als reine Meinungsäusserung/Wunsch dazu? Was ist, wenn Unrecht geschieht? "Recht haben und Recht bekommen ist zweierlei" - wobei mir hierzu Deutschland rechtsstaatlicher erscheint als die Schweiz [mit div. Klagen gegen sie vor dem Europa-Gerichtshof ...]).
Orgeluse hat geschrieben:Das ist heutzutage in der BRD (einem sogen. säkularisierten Staat) keine religiöse, sondern eine rein weltlich-staatliche Fest-Stellung: "Die Würde des Menschen ist unantastbar".
Und diese konstruierte Seins-Beschreibung (also Fest-Stellung eines historisch und aktuell gewollten Sach-Verhaltes) steht in jenem Grundgesetz an allererster Stelle einer staatlichen Selbstbeschreibung und Selbstverpflichtung (so könnte man eine "Verfassung" vielleicht ein wenig salopp beschreiben).
Nun heisst das Dignitas-Motto aber ja nicht "Würde", sondern "menschenwürdig", also noch auf "würdig" gesucht in der CH-Verfassung:
http://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19995395/201303030000/101.pdf hat geschrieben: Art. 12 Recht auf Hilfe in Notlagen
Wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen, hat Anspruch auf Hilfe und Betreuung und auf die Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind.
Sieht ja schön aus - aber in den Kantonsverfassungen ist das weit weniger, als man meinen könnte, z. B. in der Zürcher (Sitz von Dignitas):
http://www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2005/5243.pdf hat geschrieben: Art. 111
1 Kanton und Gemeinden sorgen dafür, dass Menschen in einer Notlage, die sie nicht aus eigener Kraft bewältigen können, ein Obdach und existenzsichernde Mittel erhalten.
2 Sie fördern die berufliche Umschulung und Weiterbildung erwerbsloser Personen und ihre Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess.
3 Sie fördern zur Bekämpfung von sozialer Not und Armut die Hilfe zur Selbsthilfe.
"Obdach" (buchstäblich ein Dach über/ob dem Kopf; keine Wohnung oder so) ist für meine Begriffe von "Würde" zu wenig, jedenfalls in einem solchen Land (in einem Tropenland mag das anders sein). Und "Hilfe zur Selbsthilfe" ist eben keine Hilfe (und sprachlicher Blödsinn), sondern heisst so viel wie "mach gefälligst selber" (Pech für dich, wenn du nicht [mehr] kannst und Hilfe bräuchtest). Und für die nicht Arbeitenden (Kranken, Behinderten, Alten, Kinder - die nicht arbeiten DÜRFEN -, Flüchtlinge - dürfen auch nicht) wird da gar nichts getan oder "vorgefasst(e Meinungen)" ( :idea: - passt zu "Verfassung"!).

So viel zum "CH-Grundgesetz", oder eben kein Gesetz, sondern eine "Verfassung" (auch so ein Wort, das normal ganz anders benutzt wird; man kann in schlechter oder guter Verfassung sein z. B. - aber es hat ja wohl Methode, dass man es nicht einfach so verstehen soll ... So kann man viele Wörter aneinanderreihen ohne einen Sinn zu produzieren ...).

Orgeluse hat geschrieben:Doch bei Begriffen, also nicht nur Wörtern, sondern bei Worten, an die im Laufe der Jahrtausende der Mensch komplexe Konzepte (= Vorstellungen vom Sein) angehängt hat (solche Begriffe wie "Würde", "Wahrheit", "Schönheit", "Qualität", "Kunst", "Wissenschaft", "Menschlichkeit", "Gerechtigkeit", "Schuld", "Verantwortung" etc.), - bei denen ist es nicht so einfach mit der "Erklärung".
Je nach dem - manche Wörter "sagen" mir spontan etwas, andere finde ich höchst dubios (z. B. "Menschlichkeit" - das ist ja einfach alles, was Menschen tun, egal ob man das gut oder schlecht findet).
Wobei ich allgemein Substantive abstrakter finde als Verben (Tätigkeitswörter). Jemanden würdigen z. B. - das wäre wohl eine Lobrede (wer sie verdient oder erkauft hat). Zwar ist "menschenwürdig" weder noch, aber doch wohl kein Zufall, hast du "Dingwörter" aufgezählt (wobei z. B. "schulden", jemandem etwas schulden, viel klarer ist als der abstrakte Begriff Schuld, oder sinnieren klarer als Sinn, usw.).

Orgeluse hat geschrieben:Denn an diese Worte, die über lange Zeit, z.T. über Jahrtausende hinweg, zu "Begriffen" geworden sind, hat sich all ihre begriffsbildende Geschichte angelagert.
Solche Worte sind Gebirge. Eine Bedeutungssedimentschicht lagert über der nächsten. Tausende von Zeitmetern hoch.
Also ist die Frage, sollte man mal das Gold in der Tiefe ausgraben - oder eher die sichtbare oberste Schicht wichtig finden? Ich denke letzteres (jedenfalls bei Sprachlichem wie Mottos [Motti? Grins - Ich denk gerade an Motten ... Und mag nicht nachsehen, wie die Mehrzahl "richtig" wäre]).
Orgeluse hat geschrieben:"Würde".
Das ist ein Wort aus einem der ethischen Gebirge. Die sind am höchsten und (interessanterweise) am ältesten: Dort sind die meisten Bedeutungsschichten zu finden.
Die "religiöse", die Du, lieber Chron, so prominent erwähnt hast (noch dazu nur die "katholische") ist eine ganz dünne Schicht innerhalb dieses Gebirges.
Wie viel älter ist denn das Wort "Würde" als die ca. 2000 Jahre des Christentums? (Damit dein Vergleich der ganz dünnen Schicht aufgeht.)
Und in welcher Sprache, müsste man dann auch noch fragen ... Dann aber verläuft es sich endgültig.
Orgeluse hat geschrieben:Doch selbst, wenn Du Dich daran machst, dieses Begriffsgebirge zu erklimmen: In diesen Bergen des menschlichen Herzens, in denen des Menschen Hirn schon so lange Bedeutungsschicht auf Bedeutungsschicht schiebt, wirst Du irgendwann verloren gehen. Oder Du wirst dessen gewahr, was ein "Begriff" auch sein kann:
Eine plötzlich aufflammende Erkenntnis.
Ich kann nicht erinnern, das Wort bzw. eines der Wörter (Würde, Menschenwürde, menschenwürdig) als Kind gehört und begriffen zu haben. Es gehört also nicht zum normalen, verbreiteten Sprachgebrauch. Wozu auf den höchsten Berg kraxeln? Wo es keine andern Menschen mehr gibt?
Orgeluse hat geschrieben:Eine, die nicht vermittelbar ist, keinem anderen Menschen mitteilbar.
Müsste es aber sein, wenn es ein Motto sein soll.

Aber ich finde es interessant, was mit einem solchen Wort ("menschenwürdig") und dessen Zusammenhang (leben/sterben) hier alles hervorkommt - für mich noch nicht gerade Erkenntnisse, aber das Ganze bekommt so wie ein Gewand.
Orgeluse hat geschrieben:- Der Witz: Diesen Moment, dieses plötzliche Aufflammen der Bedeutung eines Begriffes UND gleichzeitig seiner Unmitteilbarkeit - diesen Moment kennen viele Menschen.

Gruß in die lang schon zerstobene Runde (sie noch einmal beschwörend: Schattenwurf jener Flammen dort an dieser Wand! Und pf fort - - -)
Orgeluse
Den Witz habe ich zwar nicht verstanden, aber so allgemein, beim ersten Durchlesen, wieder ein
;-)
Zuletzt geändert von Chron am Samstag 26. Oktober 2013, 20:21, insgesamt 3-mal geändert.
Deadly Snowflake

Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Deadly Snowflake »

Zum Würdebegriff und deren geschichtlichen Wandlungen zwei Empfehlungen (da selber gelesen): von Franz-Josef Wetz "Illusion Menschenwürde" und von Norbert Hörster "Haben Tiere eine Würde?".
Chron
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Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Chron »

Deadly Snowflake hat geschrieben:Zum Würdebegriff und deren geschichtlichen Wandlungen zwei Empfehlungen (da selber gelesen): von Franz-Josef Wetz "Illusion Menschenwürde" und von Norbert Hörster "Haben Tiere eine Würde?".
Das spricht mich spontan an: Ersteres ist derzeit auch so ungefähr meine Meinung und gäbe mir vielleicht mehr Worte/Argumente dazu, und bei letzterem finde ich, haben Tiere (die man einschläfert, wenn sie nur noch oder zu sehr leiden - wobei das leider auch abnimmt) mehr Würde als Menschen, aus menschlicher Sicht - wobei ich jetzt an Haustiere dachte; bei Massentierhaltung, "Nutztieren", oder Gesetzen in denen Tiere "Sachen" sind, ist es umgekehrt. Wobei ich da eigentlich gar nicht so Unterschiede sehe - wir sind ja auch nur "nackte Affen" (aber angeblich die "Krone der Schöpfung" - mit spitzen Stacheln, oder so ...).

Mal googlen, ob es Textmuster gibt (nicht jeden Schreibstil mag ich lesen), was es kostet, ob es bestellbar ist ...
Chron
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Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Chron »

Puuh, das war wieder eine Arbeit ... Manche Buch-Web-Shops haben nur das eine Buch, andere zu lange Lieferzeiten und/oder kaum Lagerbestände (dafür billiger: Ausverkauf?), oder keine Inhaltsangaben/Textmuster, oder ein Buch erreicht den Mindestbestellwert nicht (sind beide nicht teuer, wobei es bei einem aber noch eine mehrfach teurere Ausgabe gibt, worin auch immer der Unterschied bestehe, da auch die billigere "gebunden" ist) ... Irgendwie war es doch früher einfacher, in der Bücherei wirklich hinein zu blättern (und nicht zu klicken, Popup-Warnungen wegzuklicken und und), aber da käme ich nicht mehr hin und könnte nicht mehr länger an Gestellen herumstehen (und gesünder werde ich nicht mehr). Also muss es so gehen, aber dabei bekomme ich immer wieder ein Durcheinander im Kopf und muss Pausen machen (das wäre vermutlich früher/gesünder auch besser gegangen, aber da habe ich keinen direkten Vergleich, weil ich da noch kein Internet hatte). Und zuweilen lasse ich mich dann auch noch von anderem ablenken, was bei der Suche nach genau so einem Buch fälschlich auch noch angezeigt wird, über Google-Treffer (eines der Bücher scheint bei Freimaurern diskutiert worden zu sein o. ä.) oder bei den Shops. Vom 100. ins 1000. und ... worum ging es eigentlich? Gut kann man auch das noch nachlesen, nach einer Weile, hier ...

Also:

Franz-Josef Wetz "Illusion Menschenwürde"
books.ch hat geschrieben:
Inhalt / Autor / Produktdetails

Hartz IV, Großer Lauschangriff, Guantánamo, Luftsicherheitsgesetz - Würdeverletzungen? Die Menschenwürde hat Hochkonjunktur: Inzwischen gilt sie als der höchste Grundwert - bei den Vereinten Nationen, in der Europäischen Union und in unserer Gesellschaft.
Heute berufen sich Personen, Politiker und Parteien, Sekten, Weltanschauungen und Religionen, Staaten, Weltorganisationen und Verfassungen auf die Würde: Sie grenzen die Biotechnik ein, stecken ethische Ziele ab, fordern Gesetze und verwerfen Staatssysteme im Namen der Würde. Doch wurde die jüngste Geschichte mit der Tinte der Menschenverachtung geschrieben: Die Weltkriege, der Holocaust und die Diktaturen des 20. Jahrhunderts sprechen die Sprache von Terror und Tod. Die Geschichte der Würde war und ist eine anmaßende Illusion.
Menschen sind verletzlich, schutzbedürftig und sterblich. Gerade deshalb können sie auf Ehr- und Schamgefühl ebenso wenig verzichten wie auf Selbstachtung. Die Menschenwürde ist uns nicht angeboren. Wir müssen erst lernen, uns gegenseitig zu achten, damit jeder seine Würde entfalten kann.
Also mal heisst es irgendwo, Menschenwürde habe sowieso jeder Mensch (und die sei unantastbar - bleibt also bestehen, egal was man Menschen antut?), hier heisst es, die müsste man sich erst erwerben (und davor das Wort lernen ...): Uneinigkeit allenthalben.
(Was doch so hinter einem kleinen Motto oben links so alles stehen kann - oder hervorkommen kann? Echt erstaunlich ...)

Aber das Inhaltsverzeichnis ergibt mir nichts Interessantes, ausser "Die Würde des Verbrechers" (die oft mehr geachtet wird als die von dessen Opfern ...).

Und die Textmuster sind zwar für mich stilistisch gut zu lesen, beschreiben aber längst Bekanntes (was es so alles Schlimmes in der Welt gab und gibt usw.), reklamieren mehr als Lösungen zu liefern, und zu oft "wir" (aber Manche scheuen sich ja, "ich" zu schreiben; wollen lieber gleich alles verallgemeinern; sich eine illusionäre Wir-Lesergruppe schaffen - dürfen sie, aber dieses dauernde Hin- und Hergerissensein zwischen spontaner Auffassung von "wir" und dem wieder mich fragen, ja wie ist es denn bei mir, und unzähligen "aber ich nicht", führt bei mir erfahrungsgemäß dazu, dass sowas nach wenigen Seiten in den Müll geschmissen - und ich meine geschmissen [verärgert], nicht gelegt - wird. Vorteil der Online-Textmuster also! War übrigens noch lustig, wie ich auf dieses falsche "Wir" kam: Ein Brüderpaar als Autoren. Wobei ich "wir" natürlich als sie beide aufgefasst habe. Bis ich dann ein Buch von einem der beiden las - in dem auch immer wieder "wir" vorkam! Das Ganze erschien mir je länger desto mehr sektenhaft. Und in einem seiner letzten Bücher vor seinem relativ frühzeitigen Krebstod hat der Autor dann zugegeben, dass er ein Problem von seiner christlichen Religion her hat - aber dem wollte er wohl nicht mehr auf die Spur kommen. Was mir zur Erkenntnis verhalf: Autoren sind auch Menschen! Ich lese vor allem Sachbücher. Und jene Bücher erschienen als solche. Enthielten aber mehr die persönlichen Meinungen der Autoren. Aus ihrer persönlichen - in solchen Büchern aber nicht dargelegten - Erfahrung/Kindheit, bewusst oder unbewusst bei ihnen.)

Also: nicht bestellt.

Und, letztlich, wenn man vom Titel aus denkt: "menschenwürdig" ist also eine Illusion (den Titel finde ich gut - der "sagt" eigentlich alles, zu dem Buch, und das Buch will vielleicht einfach noch quasi Beweise dafür liefern). Oder ist allenfalls ein Ziel. Illusion also bezüglich Vergangenheit (die sowieso nicht mehr zu ändern ist). Ziel beim Dignitas-Motto? Vielleicht. Mag dann mal für die Nachfolgegenerationen gelten oder so, vielleicht ...


Norbert Hörster "Haben Tiere eine Würde?"
weltbild.ch gab da einen guten Einblick: zwar z. T. viel zu kompliziert-abstrakt formuliert, aber es hat interessante Zitate/Verbindungen zur Bibel darin und hat mir schon mit dem Textmuster eine Erkenntnis beschert: Aha, DEShalb (weil ich kein Christ bin) ist es für mich so selbstverständlich, dass Tiere und Menschen gleichwertig sind (in meinem Gefühl jedenfalls, und das auch allgemein und rechtlich/gesetzlich sein sollten, meiner Meinung nach), für Andere aber nicht ("Krone der Schöpfung" blabla ...)!
Also was zum teilweisen Lesen und teilweisen Überblättern (und sehr sinnvoll zusammengestellte Textbeispiele, wow; nach dem Anfang hätte ich es nicht bestellt; hätte es eher zu dir gepasst; aber es zeigt gut die verschiedenen Bereiche/Unterthemen). Dieser Autor hat auch sonst noch interessante Titel - aber wird wohl kaum zu meinem Lieblingsautor, vom Stil her.

Nun noch einen Shop suchen, bei dem das nicht unter dem Mindestbestellwert (zumindest für Portofreiheit) ist und möglichst schnell geliefert wird.

Beim ersten gescheitert: Fast auf der letzten Seite des vielseitigen Bestellungsablaufs wollen die plötzlich noch eine völlig unübliche Rechnungsgebühr. Sowas mag ich überhaupt nicht. Wie war das noch mit Würde? Ich denke, Würde heisst, den Andern Ernst zu nehmen. Und nicht zu versuchen, ihm etwas unterzujubeln, ihn zu betrügen, ihn auszunehmen, ihn zu übervorteilen (ganz egal wie es rechtlich ist - ich hatte immerhin noch die Möglichkeit, die Bestellung nicht abzuschliessen, aber solchen Leuten möchte ich auch keine Mail-Adresse angeben und das hatte ich schon getan - unseriös sowas; hinterlässt ein schlechtes Gefühl. Ein würdeloses Gefühl? Nicht ganz. Habe mich ja noch ein wenig dagegen gewehrt, zuletzt).

So, geschafft. Manchmal sind die ersten Google-Treffer eben nicht die besten - und so bekommt ein mir bisher ganz unbekannter Shop eine Chance, neue Kunden zu gewinnen. Das macht mir jetzt ein gutes Gefühl. Würdig? Ja, doch, irgendwie schon. Partnerschaftlich. Zum beiderseitigen Besten (wenn es denn kommt - "man soll den Tag nicht vor dem Abend loben" oder die Nacht nicht vor dem Morgen :-D ...). Und wenn es immer so ist/wäre, bräuchte es solche Wörter wie "menschenwürdig" gar nicht ...
Chron
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Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Chron »

Thanatos hat geschrieben:Zwar konnte bei bestimmten Krankheiten, zum Beispiel bei der einst weit verbreiteten Tuberkulose, das Sterben auch früher schon lange dauern, aber heute dauert es dank moderner Medizin in der Tat oft noch viel länger. Glücklicherweise gibt es allerdings Wege, die Letzteres verhindern können, wenn jemand langes Dahinsiechen für sich ablehnt.... Selbst ist der Mann bzw. die Frau, wenn sonst niemand hilft.....
Scheint's, oder meint "man", oder wird behauptet oder propagiert/beworben - aber es gibt vielfach mehr gescheiterte Selbsttötungsversuche als gelungene Selbsttötungen. Und es gibt die, die sich "dank" ( :evil:) moderner "Medizin", Technik usw. nicht mal mehr selber umbringen können. Und es gibt die, die vor gescheiterten Versuchen (mit nachfolgendem noch schlimmerem oder längerem Dahinsiechen) Angst haben. "Glücklicherweise gibt es allerdings Wege" wäre schön - und wenn es sie für Alle gäbe! Aber ob das unter "menschenwürdig" verstanden wird? Wohl eher nicht.
Thanatos hat geschrieben:Um dein Leben-Sterben-Einteilungsproblem endgültig zu lösen, lassen wir das Sterben einfach mit der Zeugung beginnen. Folglich würde „Leben“ nicht existieren, sondern nur „Sterben“. Somit ließe sich nichts einteilen. Ergo: Problem gelöst! :wink:
Man kann also frei definieren, ob man ein Leben lang lebt oder ein Leben lang stirbt. Leben = Sterben. Ja!
Wobei mir die Zuordnung "ein Kind fängt schon an zu sterben" bzw. "ein Kind stirbt" (wenn es gesund ist und noch über 100 Jahre alt werden kann) doch ziemlich fremd ist, so spontan, und ich da doch eher zu Leben = Leben neige. Obwohl ja stimmt, dass das Sterben mit der Zeugung beginnt; jede Zeugung ein weiteres Sterben produziert. Also ist die Grenze, ob man die Zukunftssicht auf (noch mehr) Leben hat, oder auf (möglichst baldiges) Sterben? Und meine Einteilung, ab jetzt sei ich ein Sterbender, war doch richtig? Nein, denn "sterbend" ist man ja eben von Zeugung an. Oder nie (sondern nur lebend, bis zum Ende des Lebens).

Irgendwie kommt es darauf an, in welchem Zusammenhang oder in welcher Wortform (Sterben, sterben, sterbend / Leben, leben, lebend) die Wörter benützt werden. Das Einteilungsproblem ist also doch nicht endgültig gelöst. NOCH nicht.

Ich neige eher dazu, "sterben" als Wort zu verbannen. Leben bis zum Schluss/Lebensende/Tod. Wobei es viele Phasen des Leidens gibt (dazu genügt eine Grippe). Und ob die letzte Phase ein Leiden ist oder nicht, hängt von der Todesart ab; ist also nicht generell definiert als Sterben = letzte Leidensphase.

Thanatos hat geschrieben:Noch einmal zum Thema „Würde“: Gestern entdeckte ich ein Buch, das dich interessieren könnte: „Eine Art zu leben: Über die Vielfalt menschlicher Würde“ von Peter Bieri.
Du kannst es dir ja mal anschauen, wenn du magst; dort zum Beispiel
http://www.amazon.de/Eine-Art-leben-Vie ... eter+bieri
Danke für den Tipp (mitsamt Link :-)) - aber ehrlich geschrieben: Nein, interessiert mich nicht. Denn eine Vielfalt der Begriffsdefinition passt ja eben gerade nicht zu einem allgemeinen, oder allgemein sein sollenden (oben lnks auf jeder Webseite hier) Motto.

Aber dass man den Begriff verschieden/subjektiv auffassen kann (gemäß dem Buch-Titel), zeigt ja irgendwie auch schon wieder, dass dieser Begriff wohl kaum (allgemein) brauchbar ist. Oder eben weiter führt - nicht einfach so "nackt" dastehen kann/soll.
Chron
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Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Chron »

Deadly Snowflake hat geschrieben:
Thanatos hat geschrieben:
Chron hat geschrieben:...
Macht die Einteilung Leben/Sterben Sinn?
...
Fragen kannst du stellen! :wink:
Diese brachte mich wirklich ins Grübeln.
Ob Leben Sinn macht, darüber wurde im Forum schon ausgiebig diskutiert. Ob Sterben Sinn macht? Auf alle Fälle, denn ich empfände es als unüberbietbare Grausamkeit, wenn das Leben ewig währte.
Tja, aber macht nun die Einteilung Sinn? Wenn man das Sterben als mit der Zeugung beginnend betrachtet, macht die Einteilung wohl keinen Sinn. Wenn man es aber der üblichen Definition gemäß anschaut, dass also der Sterbeprozess – trotz nicht eindeutiger Bestimmbarkeit des Beginns – irgendwann eintritt, üblicherweise lange nach Zeugung und Geburt... , dann macht die Einteilung Sinn, denke ich. Verlass dich aber nicht darauf, was ich denke. :)
Gruß,
Thanatos
Du tendierst zumindest sprachlich deine für dich geltenden Wertungen zu verallgemeinern: Dein Sterben macht für dich Sinn, da du dein Leben als ewiges nicht wollen kannst . Ich weiss, du wirst das als Nörgeln um des Nörgeln willen klassifizieren, aber Denken ohne sich eines reflektierten Sprachgebrauchs zu bedienen, ist schwerlich möglich. Was solche subjektive Bewertungen betrifft, gibt es fast jede denkbare Position, sogar jene, dass auch ein ewiges irdisches Leben nie langweilig werden würde, auch keine Relativierung jeglichen Wertes implizieren müsste.
Auch ich neige dazu, zu verallgemeinern, dass niemand ein ewiges Leben will. Allerdings beinhaltet das, dass man immer (unabhängig von "vorzeitigen" Leiden) älter, gebrechlicher, unfähiger (zu Vielem, was man einst mochte/tat) wird. Gäbe es die "ewige Jugend" (nicht nur in Kosmetik-Werbung) - wie wäre das dann? Jedenfalls wäre dann die Erde schnell überbevölkert, würden die zu Vielen verhungern ... Angenommen, auch dieses Problem gäbe es nicht, sondern man würde Nahrungsmittel(-Produktionen), Reise-/Wege-Möglichkeiten usw. finden, die auch -zig und hunderte von Milliarden Menschen auf der Erde ermöglichen würden, in einem friedlichen Miteinander (auch das eine Annahme bzw. Verallgemeinerung: Niemand will Krieg! Aber doch, ich weiss, Manche wollen sowas!): Dann wäre ich (gesund geblieben) gerne ca. 500 Jahre alt geworden. Aber "ewig"? Das würde unser gesamtes Denken umstrukturieren, alle Erfahrungen müsste man als wie nicht existent ablegen, ... Oder auf die Zeugung weiterer Mitbewohner (auf dieser mehr-oder-weniger Kugel) verzichten? Und wenn es sie trotzdem gibt? Sex abschaffen?
Nein, so einfach ist es nicht, mit dieser angeblich nur subjektiven Meinung, niemand möchte ewig leben ... Bzw. wenn man sich das ausdenkt, würde das reichlich kompliziert, vielfältig, undenkbar (in allen seinen Folgen und "wenn dann muss aber" ...).
Chron
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Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Chron »

Noch zu dem, was mir bei der Suche nach einem der beiden Bücher von Deadly Snowflake begegnet ist, von Freimaurern (ich weiss nicht so genau, was das ist, und habe auch keinen Grund, das genauer herauszufinden - aber "frei" ist für mich ein schönes Wort, und eine Zeit lang bin ich im Haus einer Behindertenhilfsstelle an so einer "Loge" vorbei gegangen und habe mich immer gefragt, was machen die eigentlich, aber bis ich wieder daheim war, hatte ich die Frage dann wieder vergessen):
http://www.freimaurerei.ch/d/alpina/artikel/artikel-2009-03-01.php hat geschrieben:
Thema

Vom Wert des Menschen

Leben heisst: Wir müssen aus mannigfaltigen Möglichkeiten wählen. Dieses sich Entscheiden-Müssen ist nicht konfliktfrei. Dies fordert uns unmissverständlich auf, Situationen, Ereignisse, Dinge und Mitmenschen zu bewerten! Die Zuversicht entspringt der Ethik als Suche nach der Tiefe des Menschseins, – als Bindung an die Mitmenschlichkeit.


Louis Ribaux – Humanitas in Libertate, St. Gallen (Schweizer Freimaurer-Rundschau: März 2009)

Leben ist das Wertvollste, was ich mit auf den Weg bekommen habe. Ich bin Teil der Schöpfung, damit Teilnehmer an einem Prozess, der stetigen Wandel bedeutet. Meine Existenz ist eine doppelte: Einerseits bin ich als Individuum auf mich selbst gestellt, anderseits Mitglied der Menschheit.

Einige grundsätzliche Ueberlegungen

Wenn ich über die Wunder der Schöpfung meditiere, wird mir klar, dass jede Kreatur, ob Pflanze, Tier oder Mensch, das Recht auf Leben hat. Namentlich hat jeder Mensch das Recht, Mensch zu sein. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Leben heisst auch: Wir müssen aus seinen mannigfaltigen Möglichkeiten wählen. [...]

[...]

Dem stimmt auch der Amerikaner Thomas L. Friedman („Was zu tun ist, eine Agenda für das 2. Jahrhundert“) zu; er hofft indessen, dass dank der uns allen bewusst gewordenen Krise „ein Aufbruch eines neuen Zeitalters“ möglich wird - Fürwahr: ein weites Feld – gerade für uns Freimaurer.
Also eine christliche Vereinigung.

Ich bin mir noch nicht sicher, inwiefern "Würde / menschenwürdig" mit Christentum zu tun hat(te, bzw. daraus entstanden ist) und inwiefern nicht (auch wenn es eher ein politisches Wort [geworden] ist als ein "handelsübliches").

Interessant finde ich aber die (fast?) Gleichsetzung von Würde mit Wert. Stimmt das so?
Jeder Mensch ist gleich viel Wert? Der Wert von Menschen ist "unantastbar"?
Vermutlich je nach Land/Kultur. In Ländern mit Todesstrafe z. B. werden ja wohl klar manche Verbrecher als lebensunwert, unwürdig, wertlos deklassiert (und umgebracht). Weiter zu versuchten Volksausrottungen - bei dem Werte (Würden?) auch unterschiedlich vergeben werden, von den jeweiligen Gegnern/Kriegsparteien/Völkern. Oder im Hinduismus mit den Kasten, den niedrigen und höheren, den "Unberührbaren" (= "unantastbare" Menschenwürde? Nein, ist wohl eher gegenteilig gemeint: "Unterhalb der vier Hauptkasten sind die Dalits [früher als „Unberührbare“ bezeichnet], die für minderwertige Arbeiten wie Toilettenreinigen und Straßenkehren zuständig sind. [aus http://de.wikipedia.org/wiki/Hinduismus#Kastensystem]).

Getrennt für Leben und Sterben: Wertvolles/wertloses Leben/Sterben? Der Wert des Sterbens/Leidens? Es gibt ja tatsächlich Leute, die meinen, das müsste man unbedingt durchmachen ... Leiden als wertvoll, als würdevoll (wer das für sich will, bitte, aber wer es von Anderen verlangt, nein danke!). Oder: Nur wenn es schwierig ist, hat es einen Wert - und ergibt Würde (für manche würdevollen Menschen wie z. B. Nelson Mandela träfe das meiner Ansicht/Sprachauffassung nach durchaus zu)? Der Wert des Leidens/Sterbens (oder die "Menschenwürde" des Leidens/Sterbens) - das ergibt den für mich Unsinn, dass gerade das, was ich als nicht mehr würdevoll/wertvoll erachte (das jämmerliche Verrecken), besonders würdevoll/wertvoll oder "unantastbar" sein solle (statt denen zu helfen, Leiden zu beenden, wenn sie es wollen und als nicht wertvoll/würdevoll empfinden).
Thanatos
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Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Thanatos »

Deadly Snowflake hat geschrieben:... Ich weiss, du wirst das als Nörgeln um des Nörgeln willen klassifizieren, aber Denken ohne sich eines reflektierten Sprachgebrauchs zu bedienen, ist schwerlich möglich......
Schön, dass du das „weißt“. :wink:
Ist dir eigentlich klar, was das Wort „Wissen“ respektive „wissen“ bedeutet? Du solltest das zunächst für dich klären, bevor du dieses Wort so unbedacht verwendest; desgleichen gilt für „Denken“. Soweit zum Thema „reflektierter Sprachgebrauch“.
Natürlich war das jetzt nur eine ironische Spitze gegen deine „Nörgelei um des Nörgeln willens“. Mir fiel auf, dass diese allerdings meist nur dann erscheint, wenn ich von Tod und Sterben rede, worüber ich eine vom „Normalen“ recht abweichende Einstellung habe. - Zu deiner Information: Es gibt keine falschen Einstellungen, nur falsche Meinungen. Einstellungen sind „Geschmackssache“, um es mal etwas volkstümlich auszudrücken.
Dass du der „normalen“ Einstellung in Sachen Tod und Sterben anhängst, ist mir klar, und das ist für mich völlig in Ordnung. Ich werde es also in Zukunft einfach akzeptieren müssen, wenn du wieder zu „nörgeln“ anfängst, sobald ich mich „unreflektiert“ zu diesem für dich unangenehmen Thema äußere. Aber sei mir dann bitte nicht böse, wenn ich dazu nichts mehr sage.
Chron
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Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Chron »

Zur Auffassung der/eines Freimaurer(s), (Menschen-)Würde sei = (Menschen-)Wert, fiel mir noch ein:
"werschätzen" bzw. "Wertschätzung".

Den Wert eines Menschen schätzen = seine (Menschen-)Würde achten?

Aber Mensch ist man ja wohl nur, so lange man lebt (danach ist man eine bald stinkende Leiche), und/oder erst ab der Geburt, wenn man "offiziell" (mit Namen und Formularen usw.) da ist (was für mein Gefühl so überhaupt nicht stimmt).

Also bedeutet Wertschätzung von Menschen, Menschen"würde", dass Menschen NICHT sterben sollen?? Ganz egal wie mies es ihnen geht und wie sehr sie sterben bzw. tot "sein" bzw. nicht mehr sein möchten?

Die Würde eines Menschen endet mit seinem Tod (und beginnt mit ...?).
Wenn man also den Tod will (für sich oder leidende Andere), will man auch die "Menschenwürde" töten/beseitigen (in dem konkreten Fall).

Ich vermute, so Zeug wie "Menschenwürde" ist eher ein Argument der Sterbehilfe-GEGNER ...
Orgeluse
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Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Orgeluse »

Lieber Chron,

die Mühe, die Du hier für Dich aufwendest, um dem Begriff der Menschenwürdigkeit nachzuspüren, die nötigt mir allen Respekt ab. Und ich habe den Eindruck, es hat Dir ein wenig Spaß und Erkenntnis gebracht, der schweizer Verfassung auf den "würdigen" Zahn zu fühlen.
Dein Bohren, Dein Recherchieren, Dein Nachfragen - Chapeaux! So soll Bildung bestenfalls funktionieren, glaub ich.


Sei mir aber bitte nicht böse: Ich kann das nicht mehr. Solche begriffsklärerische Mühe aufbringen. Und jedes dazugehörige Posting lesen. - Sorry, ich kann das nicht mehr.
Ich hab so oft erfahren, dass man sich - selbst bei äußerster begrifflicher Anstrengung - nicht versteht.

Und ich habe so oft erlebt, dass diese "hehren" Begriffe wie 'Würde' etc. (Gerechtigkeit, Humanität, Freiheit ...) sowas von kleingekocht wurden. (Wie kann man ein Gebirge kleinkochen? - Aber viele Menschen können das irgendwie kleinkochen zu einem Suppengemüse.)
Mittlerweile glaube ich: So lautet eine Formel für Glück.
"Koche deine Begriffsgebirge zu Suppengemüse klein!"

(Vielleicht, lieber Chron, verstehst Du jetzt, was ich mit meinem Grundsatz-Verstehenkönnenszweifel meinte ...)

Einen liebe Gruß an Dich und alle, die ihn haben wollen

Orgeluse
Chron
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Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Chron »

Orgeluse hat geschrieben:Und ich habe den Eindruck, es hat Dir ein wenig Spaß und Erkenntnis gebracht
Hat es - sonst hätte ich es wohl nicht getan ;-).
Orgeluse hat geschrieben:Sei mir aber bitte nicht böse: Ich kann das nicht mehr. Solche begriffsklärerische Mühe aufbringen. Und jedes dazugehörige Posting lesen. - Sorry, ich kann das nicht mehr.
Bin ich nicht. Und musst du nicht. Dein Beitrag hat mich jedenfalls bereichert und wieder auf einiges gebracht - was ich dem für mich kalt-unverständlich oben links hockenden Motto vorher und allein nicht hatte entnehmen oder zuordnen können. :-)
Orgeluse hat geschrieben:Und ich habe so oft erlebt, dass diese "hehren" Begriffe wie 'Würde' etc. (Gerechtigkeit, Humanität, Freiheit ...) sowas von kleingekocht wurden. (Wie kann man ein Gebirge kleinkochen? - Aber viele Menschen können das irgendwie kleinkochen zu einem Suppengemüse.)
Kleinkochen ... hmm... Vielleicht "gut leben"? Aber dann nicht noch "gut sterben" hintendran.
Orgeluse hat geschrieben:Mittlerweile glaube ich: So lautet eine Formel für Glück.
Suppengemüse essen :mrgreen:
Äh, nein, du meintest ;-):
Orgeluse hat geschrieben:"Koche deine Begriffsgebirge zu Suppengemüse klein!"
Es ist aber nicht mein Begriffsgebirge (Bergspitze, wie passend zu "oben links" :-D).
Orgeluse hat geschrieben:(Vielleicht, lieber Chron, verstehst Du jetzt, was ich mit meinem Grundsatz-Verstehenkönnenszweifel meinte ...)
Eigentlich nicht. Ich meine, ich hätte dich durchaus verstanden. Nur kann (oder will) ich dem allzu hehren und allzu gebirgigen nicht beipflichten - weil ich etwas, was ich lese (und ich meine jetzt das oben links), ohne längere Grübeleien verstehen können möchte (sonst wird's dann mir zu viel - bis auf seltene Momente, in denen ich mich dann wohl doch mal an so ein Gebirge mache. Aber eher im Abwärtsgang als beim Hochsteigen).

Aber vielleicht meintest du ja doch etwas anderes. Auch okay!
Thanatos
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Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Thanatos »

Mir wird das jetzt auch zu viel, weiterhin meinen Senf zum Thema Würde beizusteuern. Wie Orgeluse komme ich auch kaum mit dem Lesen der Postings nach.
Allerdings fand ich einen netten Spruch, in dem das Wort „lebenswert“ auftaucht. "Wert" und "Würde" scheint mir irgendwie zusammenzuhängen.
„Es sind die Begegnungen mit Menschen, die das Leben lebenswert machen.“ (Guy de Maupassant)
Dabei kommt es aber wohl auf die Art des jeweiligen Menschen an. :mrgreen:
Chron
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Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Chron »

Thanatos hat geschrieben:Allerdings fand ich einen netten Spruch, in dem das Wort „lebenswert“ auftaucht. "Wert" und "Würde" scheint mir irgendwie zusammenzuhängen.
„Es sind die Begegnungen mit Menschen, die das Leben lebenswert machen.“ (Guy de Maupassant)
Dabei kommt es aber wohl auf die Art des jeweiligen Menschen an. :mrgreen:
Ja, sehr :lol: 8)
Und manchmal genügen auch die besten Begegnungen mit den besten Menschen nicht mehr, um das Leben lebenswert zu machen. :-(

Ich bin soeben spontan auf "wertvoll" gekommen.
"wertvoll leben, wertvoll sterben". Ausser dass ich diese Zweiteilung leben/sterben nicht mehr mag, finde ich das leichter und schneller verständlich - aber ist es auch dasselbe, auch für Andere?

(Und du hast ja doch noch weiteren "Senf" beigesteuert ;-) - danke!)
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