Das Dignitas-Motto

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Thanatos
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Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Thanatos »

Deadly Snowflake hat geschrieben:...
Benatar dürfte ... b) wohl über die meisten Gegenargumente informiert sein.
….eben das wäre eine "würdige" Herausforderung. :wink:
Deadly Snowflake

Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Deadly Snowflake »

Thanatos hat geschrieben:
Deadly Snowflake hat geschrieben:...
Benatar dürfte ... b) wohl über die meisten Gegenargumente informiert sein.
….eben das wäre eine "würdige" Herausforderung. :wink:
Das Problem ist, dass man nicht immer eine zwingende Argumentation aus dem Gesamt aller vorhandenen Argumente bilden kann. Das Asymmetrie-Argument z.B. wird auch von Philosophen unterschiedlich gewichtet (obwohl es sich um ein rein logisches Problem zu handeln scheint). Ob das nicht-mehr-Sein nach dem Leben als ein indifferenter Zustand zu werten ist (dass Übel/Gutes Erlebnisfähigkeit voraussetzt), ist ebenso umstritten (obwohl die Antwort prima facie wiederum völlig offensichtlich scheint). Dennoch glaube ich, dass Benatars Position nicht haltbar ist (dies mit guten wenn auch nicht unbedingt zwingenden Gründen).
Ein interessantes Problem an sich: warum werden dieselben Argumente von unterschiedlichen Personen unterschiedlich gewichtet? (Und: gibt es Fortschritt in der Philosophie?). U.a. wohl weil viele der problematisierten Begriffe Wertimplikationen zumindest nicht ausschliessen.
Oder auch der Würdebegriff...was ist Würde (oder, wie ich finde, besser: was soll darunter verstanden werden: Würde als Gestaltungsauftrag) und welchen Status hat sie (objektiv/subjektiv)?
Chron
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Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Chron »

Thanatos hat geschrieben:Damit ich endlich mal wieder auf das Thema zurückkomme...,
gestern lief mir folgender Satz in Sachen "Würde" über den Weg:
Alle äußeren Werte haben einen Preis und sind durch anderes ersetzbar, „was dagegen über allen Preis erhaben ist....das hat Würde“ (Kant).
Das finde ich sehr schön (und ich bin kein Kant-Fan, sondern "Nietzsche, Kant usw." sind für mich so der Inbegriff von unverständlicher, unlogischer, abstrakter und unpraktischer Universitäts-Philosophie, mit einem Glauben an das, was irgendwer irgendwann mal geschrieben hat, und was schon religiöse, gar sektenhafte Züge hat, bei manchen Anhängern davon).
Ein Wert, der keinen Preis hat.
Ja.
Oder auch, weil er "alle äußeren Werte" betont: "Innere Werte". Das aber wird als Ausdruck eher zu oft missbraucht (angeblich spiele das körperliche Äußere bei Paar-Beziehungen bzw. beim Sich-Verlieben keine Rolle usw.).
Also vielleicht so:
Viele Werte haben einen Preis und sind durch anderes ersetzbar, "was dagegen ...".
Ich kann dabei z. B. an eine Blume ("Unkraut") am Wegesrand denken. Mit speziell MENSCHEN-würdig habe ich nach wie vor Mühe.

Deadly Snowflake hat geschrieben:Oder auch der Würdebegriff...was ist Würde (oder, wie ich finde, besser: was soll darunter verstanden werden: Würde als Gestaltungsauftrag) und welchen Status hat sie (objektiv/subjektiv)?
Ja, ich denke, im Motto ist es als "Gestaltungsauftrag" gemeint.
Was aber wiederum dem widerspricht, dass (Menschen-)Würde sowieso vorhanden, und, gemäß deutschem Grundgesetz, sowieso "unantastbar" (= unveränderlich?) sei.
Deadly Snowflake

Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Deadly Snowflake »

Chron hat geschrieben:
Deadly Snowflake hat geschrieben:Oder auch der Würdebegriff...was ist Würde (oder, wie ich finde, besser: was soll darunter verstanden werden: Würde als Gestaltungsauftrag) und welchen Status hat sie (objektiv/subjektiv)?
Ja, ich denke, im Motto ist es als "Gestaltungsauftrag" gemeint.
Was aber wiederum dem widerspricht, dass (Menschen-)Würde sowieso vorhanden, und, gemäß deutschem Grundgesetz, sowieso "unantastbar" (= unveränderlich?) sei.
Menschenwürde existiert nicht so oder so. Erst Menschen können Würde als einen Wert setzen und dann auch dafür sorgen, dass er sich in einer Gesellschaft realisiert (=Gestaltungsauftrag), natürlich auch via Verankerung im Grundgesetz etc.(Ich verweise auf das Buch von F.-J. Wetz, der die Entwicklung des Begriffs auch im rechtlichen Bereich beschreibt).
Dass Würde nicht als von menschlichen Interessen unabhängige Entität existiert, wird schon daran ersichtlich, dass nicht zu jeder Zeit ein Würdebegriff existierte wie wir ihn hierzulande kennen. Weder die Inhalte brauchen dieselben zu sein noch die Träger der Würde noch ihre Herleitung (bei uns rein säkular, wenn auch der Gottesbegriff noch zum Teil bemüht wird).
Der Gestaltungsauftrag beinhaltet sowohl eine Arbeit an der Begriffsbestimmung (hierzu gehört dann auch die Diskussion um Sterbehilfe, selbstbestimmtes Sterben), wie auch deren faktische Umsetzung und Sicherung in einem politischen Gebilde.
Chron
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Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Chron »

Deadly Snowflake hat geschrieben:Menschenwürde existiert nicht so oder so.
Dazu gibt es wohl verschiedene Meinungen. Das deutsche Grundgesetz, und so viel ich erinnere auch manches in den CH-Verfassungen, geht eher davon aus, Würde gibt es sowieso und man soll sie nicht entwürdigen ("unantastbar" soll sie sein). Die Gegenmeinung ist, Würde muss man sich erst verdienen - und das entspricht eher dem, wie ich Würde als etwas Weises, Altes, für die Allgemeinheit Wertvolles (das längst nicht Alle, auch nicht alle alten Menschen, haben/darstellen) auffasse ("ein würdiger Mensch" = ein Baby? Passt für mich nicht. "Ein würdiger Mensch = z. B. Nelson Mandela"? Passt für mich).
Deadly Snowflake hat geschrieben:Erst Menschen können Würde als einen Wert setzen und dann auch dafür sorgen, dass er sich in einer Gesellschaft realisiert (=Gestaltungsauftrag), natürlich auch via Verankerung im Grundgesetz etc.(Ich verweise auf das Buch von F.-J. Wetz, der die Entwicklung des Begriffs auch im rechtlichen Bereich beschreibt).
Wenn man für ein Verständnis eines Wortes erst ein Buch lesen müsste, wäre es nur noch die Meinung/Wortschöpfung eines einzigen Buch-Autors oder einer einzigen Buch-Autorin.
Aber bei "menschenwürdig" beisst sich da das Ganze irgendwie in den Schwanz. Menschen sollen einen Wert, eine Würde definieren ("setzen") - womit es aber dann nur noch die von ihnen definierte "Würde" ist, die man beliebig umdefinieren könnte und die also gar keinen Wert mehr hat.
Deadly Snowflake hat geschrieben:Der Gestaltungsauftrag beinhaltet sowohl eine Arbeit an der Begriffsbestimmung (hierzu gehört dann auch die Diskussion um Sterbehilfe, selbstbestimmtes Sterben), wie auch deren faktische Umsetzung und Sicherung in einem politischen Gebilde.
Das meint vermutlich das Dignitas-Motto, von Dignitas(-Gründern oder so) her gesehen.
Mir aber ist das zu kompliziert.
Ich lese ja erstmal nur, was eben so steht, bei dem Motto. Und kann mit "menschenwürdig leben" weiterhin nichts anfangen (weil ja erst definiert werden müsste, was welche Menschen wie unter "Würde" verstehen), und mit "menschenwürdig sterben" noch viel weniger (dazu fällt mir immer wieder ein: Lieber tierwürdig - einschläfern lassen).
Deadly Snowflake

Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Deadly Snowflake »

Chron hat geschrieben: 1) Dazu gibt es wohl verschiedene Meinungen. Das deutsche Grundgesetz, und so viel ich erinnere auch manches in den CH-Verfassungen, geht eher davon aus, Würde gibt es sowieso und man soll sie nicht entwürdigen ("unantastbar" soll sie sein). Die Gegenmeinung ist, Würde muss man sich erst verdienen - und das entspricht eher dem, wie ich Würde als etwas Weises, Altes, für die Allgemeinheit Wertvolles (das längst nicht Alle, auch nicht alle alten Menschen, haben/darstellen) auffasse ("ein würdiger Mensch" = ein Baby? Passt für mich nicht. "Ein würdiger Mensch = z. B. Nelson Mandela"? Passt für mich).
2) Wenn man für ein Verständnis eines Wortes erst ein Buch lesen müsste, wäre es nur noch die Meinung/Wortschöpfung eines einzigen Buch-Autors oder einer einzigen Buch-Autorin.
Aber bei "menschenwürdig" beisst sich da das Ganze irgendwie in den Schwanz. Menschen sollen einen Wert, eine Würde definieren ("setzen") - womit es aber dann nur noch die von ihnen definierte "Würde" ist, die man beliebig umdefinieren könnte und die also gar keinen Wert mehr hat.
3) Das meint vermutlich das Dignitas-Motto, von Dignitas(-Gründern oder so) her gesehen.
Mir aber ist das zu kompliziert.
Ich lese ja erstmal nur, was eben so steht, bei dem Motto. Und kann mit "menschenwürdig leben" weiterhin nichts anfangen (weil ja erst definiert werden müsste, was welche Menschen wie unter "Würde" verstehen), und mit "menschenwürdig sterben" noch viel weniger (dazu fällt mir immer wieder ein: Lieber tierwürdig - einschläfern lassen).
Zu 1) Würde als schlicht für alle Menschen naturgegeben zu bezeichnen, wäre entweder naturrechtlich zu begründen oder müsste von Gott abgeleitet werden (faktisch hat es mehr mit "Gesellschaftsvertragstheorien" zu tun). Warum hat der Mensch Würde? Weil er Bedürfnisse hat und daraus hervorgegangene Werte kennt/sich setzt, wäre dem anders würde kein Hahn nach diesem Begriff schreien.
Wenn aber Würde nur auf der Basis von Wünschen (und darauf beruhenden Werten) etc. sinnvoll existieren kann, dann ist er von solchen abhängig und kann kein Wert an sich sein. Er ist Mittel zum Zweck (genauer: eine Mystifikation menschlicher Rechte und Pflichten auf der Basis von natürlichen und sozio-kulturellen Bedürfnissen).
Natürlich wird Würde definiert...dummerweise wird er sehr schnell inhaltsleer wenn man ihn loskoppelt von anderen Grundrechten (welche ihrerseits auf gewachsenen Grundbedürfnissen ruhen). Weshalb manche den Würdebegriff als schlichte Verdoppelung der Grundrechtsidee interpretieren um damit seine Überflüssigkeit (Redundanz) aufzuzeigen. Der Würdebegriff existiert auch in heutiger Zeit mehrdeutig und kann sich auf Verdienste oder auch Ämter beziehen.
Willst du dich gründlich damit befassen...ein drittes Mal empfehle ich das Buch nicht. Es wird darin u.a. detailliert die Entstehung des deutschen Grundrechtes beschrieben inkl. dem Problem mit dem sehr diffusen Würdebegriff.
Zu 2) Wer glaubst du hat die Verfassung, die Grundrechte - der Würdebegriff existiert dort mehr als zu füllende Worthülse - formuliert ? Menschen natürlich, in Deutschland nach dem Krieg (1948) von den Besatzungsmächten als kompetent erachtete Kommissionen (Politiker, Rechtswissenschaftler, Ethiker etc.). Und natürlich kann man faktisch in westlichen Demokratien den Würdebegriff nicht willkürlich umdefinieren, dazu haben Demokratien entsprechende Vorkehrungen getroffen (Verfassungsgericht, nicht verhandelbare Grundrechte, Gewaltenteilung etc....wohl weil man irgendwann begriffen hatte wie brüchig und unselbstverständlich alle Wertsetzungen sind/sein können). Aber nichts garantiert, dass dies ewig so sein muss...ein an die Macht kommendes Terrorregime würde solches mir nichts dir nichts abschaffen und hätte ein müdes Lächeln übrig für eine angeblich naturgegebene Menschenwürde. Wobei jedes Terrorregime natürlich auch auf tönernen Füssen steht... (Warum überhaupt ein Begriff universeller Menschenwürde entstehen konnte, ist komplex, aber ein Grund dominierte immer: dass ein alle zukommender Würdebegriff erhebliche Vorteile für alle mit sich bringt). Bezüglich dem sich in den Schwanz beissen, siehe: Paradoxien der Demokratie.
Zu 3) Das Motto ist die Formulierung eines moralisch-rechtlichen Ideals/Zieles (basierend worauf?...natürlich: Bedürfnisse die erst mit der Hightech-Medizin und der zunehmenden Unmassgeblichkeit religiöser Dogmen und damit einhergehenden Autonomieansprüchen erwachten) und zugleich dessen Anspruch auf gesellschaftlich-politische Anerkennung. Angedeutet wird (durch die Voranstellung von "menschenwürdig leben") die noch nicht voll realisierte Umsetzung menschlicher Würde, die nebst Lebensrechten auch Sterberechte beinhaltet bzw. Sterberechte als Teil von Lebensrechten einfordert. (So sehe ich das zumindest...wie ich auch sehe, dass ich auf dem Forum zu viel Zeit mit Schreiben zubringe. Da ist Kürzertreten angesagt).
Chron
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Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Chron »

Vorhin bei Vox, Sendung "hundkatzemaus", zu Stadt-Tauben, deren Vergiftung usw.; das vor der Klammer wörtlich, das in Klammern so ungefähr aus der Erinnerung:
"Sie mit Respekt und Würde zu behandeln, das (macht wahren Tierschutz aus)."

Also Würde nicht auf der Seite der Lebenden/Sterbenden bei "menschenwürdig leben, menschenwürdig sterben", sondern auf der Seite der (andern, gesunden, länger lebenden usw.) Menschen in der Art, wie sie mit den andern (allenfalls bald sterbenden, als Stadttauben zu vergiftenden usw.) Lebewesen umgehen.

Ich habe das Dignitas-Motto zuerst als "ich/wir wollen ... menschenwürdig leben, menschenwürdig sterben" aufgefasst.
Mittlerweile aber denke ich, "menschen-..." bezieht sich auf ANDERE Menschen: Menschen sollen als für andere Menschen (gemäß deren Auffassungen) menschen-würdig leben und sterben. Da mag Jeder so seine eigenen Vorstellungen haben, z. B. beim Sterben sollten Kerzen oder "Angehörige" dabei sein oder oder - was mit der Realität und mit den Wünschen der Sterbenden nicht unbedingt etwas zu tun haben muss. Auch die Bewertung eines "menschenwürdigen" (= für welche Menschen würdigen?) Lebens oder menschenunwürdigen Lebens mag von Kultur zu Kultur unterschiedlich sein, wenn sie über andere Menschen (anderer Kulturen) urteilen.

Schwierig mit Wörtern, wenn es um die "einen" und die "andern" Menschen geht, welche was sind oder gerade gemeint sind ... (Und was mit Kurzformen wie "Motti" oder Mottos verschleiert werden kann ...)
Chron
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Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Chron »

Im Zusammenhang mit der mir kürzlich begegneten CH-Abtreibungs-Initiative, s. Thread, habe ich noch weiter gegooglet, um herauszufinden, ob die Initiative zustande gekommen ist, es also eine Abstimmung darüber geben wird, oder ob sie noch am Unterschriften Sammeln sind oder was und wie.

Dabei ist mir noch eine andere Anti-Abtreibungs-Initiative begegnet:
http://www.blick.ch/news/politik/neue-initiative-will-abtreibung-verbieten-id2209110.html hat geschrieben:
Die umstrittene Abtreibungsfinanzierungs-Initiative ist noch nicht mal durchs Parlament – und schon wird eine neue radikale Abtreibungsverbot-Initiative gestartet.

Am 26. Februar beginnt die Unterschriftensammlung für die eidgenössische Volksinitiative «Lebensschutz stopft unzulässiges Wort». Lanciert von einem neunköpfigen Komitee aus dem Umfeld Glarner «Ja zum Leben»-Sektion.

Deren Präsident Heinz Hürzeler (68) sagt zu BLICK: «Wir verlangen einen umfassenden Schutz des menschlichen Lebens – in all seiner Vielfalt.» Hürzeler ist Vater eines Sohnes und gehört der sozialliberalen Bewegung an.

Der Initiativtext ist kurz gefasst: «Menschliches Leben ist geschützt. Die Würde des Menschen ist zu achten und zu schützen.»
Auch so kann man also "Menschenwürde" auffassen ...
Thanatos
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Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Thanatos »

Chron hat geschrieben:...
Auch so kann man also "Menschenwürde" auffassen ...
Ich denke, man sollte einmal folgende Frage klären: „Was ist der (bzw. ein) Mensch?“ Vielleicht kommt man dadurch auch einer Antwort zur Frage nach dem Dignitas-Motto näher.
Es grüßt,
Thanatos
Chron
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Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Chron »

Das verstehe ich jetzt nicht ...
Thanatos
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Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Thanatos »

Da wir bei der Frage nach „Würde“ oder „würdig“ auf keinen grünen Zweig kamen, könnte es doch zum Erfolg führen, wenn wir nach dem anderen Teil von „menschenwürdig“ fragten, nämlich nach „mensch“. Wer oder was ist es denn, das würdig leben bzw. sterben darf oder soll? Was macht es aus, ein Mensch zu sein? Was macht den Menschen zum Menschen? Ab wann ist ein Mensch ein Mensch?....
Ich hoffe, jetzt ist es etwas klarer.
Deadly Snowflake

Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Deadly Snowflake »

Thanatos hat geschrieben:Da wir bei der Frage nach „Würde“ oder „würdig“ auf keinen grünen Zweig kamen, könnte es doch zum Erfolg führen, wenn wir nach dem anderen Teil von „menschenwürdig“ fragten, nämlich nach „mensch“. Wer oder was ist es denn, das würdig leben bzw. sterben darf oder soll? Was macht es aus, ein Mensch zu sein? Was macht den Menschen zum Menschen? Ab wann ist ein Mensch ein Mensch?....
Ich hoffe, jetzt ist es etwas klarer.
"Auf keinen grünen Zweig kommen"...da hast du meine Ausführungen wohl ignoriert, falls nein: inwiefern sind meine Erklärungen nicht aufklärend? Ich denke ich habe klar genug angedeutet, dass der Würde-Begriff ein menschliches Konstrukt im Dienste des Menschen (oder bestimmter Klassen solcher) ist. Was willst du mehr an Klärung? Deine Frage nach dem Menschen zielt darauf ab wer den Status eines moralischen Subjektes besitzt und weshalb...alle Menschen (also auch "nur" potentielle Personen) oder nur Personen, auch höhere Tiere (Menschenaffen) oder alle empfindenden Lebewesen, oder alles Leben, gar alles Sein...
Oder aber du fragst (im Kontext/als Präzisierung des obigen) nach dem Menschen, insofern du nach dessen "wesenhaften" und/oder notwendig vorhanden sein müssenden Eigenschaften fragst (genetisch humaner Organismus, vorhandenes Bewusstsein, Bedürfnisse, Wünsche, Interessen etc. und nach einer Ausgestaltung der Inhalte (an Rechten/Pflichten) eines entsprechenden Würdebegriffs).
Das sind aber (theoretisch gesehen nicht praktisch!) sekundäre Fragen welche meine obige Antwort zum WESEN der Würde (als Konstrukt) impliziert: denn jede Antwort auf das wer und weshalb, ist natürlich immer nur ein konkretisiertes Konstrukt, eine ausformulierte Setzung (welche natürlich mehr oder weniger plausibel sein kann...gemessen an intuitiven (=konstruierten?) oder tradierten Gewohnheiten/Annahmen). Weigerst du dich Würde als menschliches Konstrukt aufzufassen, bleibt dir (wie schon dargelegt) ein naturrechtlicher oder religiös-theologischer Begründungsansatz.
Chron
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Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Chron »

Thanatos hat geschrieben:Da wir bei der Frage nach „Würde“ oder „würdig“ auf keinen grünen Zweig kamen, könnte es doch zum Erfolg führen, wenn wir nach dem anderen Teil von „menschenwürdig“ fragten, nämlich nach „mensch“. Wer oder was ist es denn, das würdig leben bzw. sterben darf oder soll? Was macht es aus, ein Mensch zu sein? Was macht den Menschen zum Menschen? Ab wann ist ein Mensch ein Mensch?....
Ich hoffe, jetzt ist es etwas klarer.
Die Frage danach, was ein Mensch sei, ist mir nach wie vor unverständlich. Denn was ein Mensch ist, ist für mich vom allgemeinen Sprachgebrauch her klar: Das von der Form und Art her so Definierte bzw. so Benannte, im Gegensatz z. B. zu Tier, Pflanze, Stern, Haus, Stuhl usw., und ausserdem ist für mich nur Mensch, was (schon/noch) lebt; eine Leiche ist quasi ein Ex-Mensch, und ein Zellklümpchen ab der Zeugung ist für mich ein (werdender) Mensch; da kann es unterschiedliche Abgrenzungen geben bei unterschiedlichen Leuten oder in unterschiedlichen Sprachen (oder fremdsprachlichen Begriffen; z. B. den Unterschied zwischen Embryo und Fötus werde ich wohl nie verstehen [wollen]), aber darum ging es dir ja offenbar nicht und ich sehe im Moment auch nicht ein, was das mit "würdig" oder ""Würde" zu tun haben könnte.

Unklar ist jedoch, was "menschen..." in "menschenwürdig" bedeuten soll/kann. Nicht wegen dem (für mich nach wie vor klaren) Begriff "mensch", sondern im Sinne von: Für welchen oder welche Menschen würdig? Wer definiert diese Würde? Der Lebende/Sterbende selber ("menschenwürdig leben, menschenwürdig leben" - man könnte fortsetzen "will ich"), oder andere Leute, ob es für SIE würdig sei, wie ANDERE leben/sterben ("menschenwürdig" in diesem Sinn kann auch heissen tierwürdig, also wie sollen Tiere leben, damit manche Menschen es als für Menschen [= menschliche Beobachter] würdig zuordnen)?
Deadly Snowflake

Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Deadly Snowflake »

Chron hat geschrieben: Die Frage danach, was ein Mensch sei, ist mir nach wie vor unverständlich. Denn was ein Mensch ist, ist für mich vom allgemeinen Sprachgebrauch her klar: Das von der Form und Art her so Definierte bzw. so Benannte, im Gegensatz z. B. zu Tier, Pflanze, Stern, Haus, Stuhl usw., und ausserdem ist für mich nur Mensch, was (schon/noch) lebt; eine Leiche ist quasi ein Ex-Mensch, und ein Zellklümpchen ab der Zeugung ist für mich ein (werdender) Mensch; da kann es unterschiedliche Abgrenzungen geben bei unterschiedlichen Leuten oder in unterschiedlichen Sprachen (oder fremdsprachlichen Begriffen; z. B. den Unterschied zwischen Embryo und Fötus werde ich wohl nie verstehen [wollen]), aber darum ging es dir ja offenbar nicht und ich sehe im Moment auch nicht ein, was das mit "würdig" oder ""Würde" zu tun haben könnte.

Unklar ist jedoch, was "menschen..." in "menschenwürdig" bedeuten soll/kann. Nicht wegen dem (für mich nach wie vor klaren) Begriff "mensch", sondern im Sinne von: Für welchen oder welche Menschen würdig? Wer definiert diese Würde? Der Lebende/Sterbende selber ("menschenwürdig leben, menschenwürdig leben" - man könnte fortsetzen "will ich"), oder andere Leute, ob es für SIE würdig sei, wie ANDERE leben/sterben ("menschenwürdig" in diesem Sinn kann auch heissen tierwürdig, also wie sollen Tiere leben, damit manche Menschen es als für Menschen [= menschliche Beobachter] würdig zuordnen)?
Die Definition ist ja faktisch nicht klar: ist eine Zygote schon ein Mensch, ist ein Hirntoter noch ein Mensch? Lebt eine Zygote nicht? Ist ein Hirntoter nicht ein lebender Organismus? Da gibt es überhaupt keinen (philosophisch-theoretischen) Konsens.
Jeder Mensch kann natürlich seine Würde definieren wie er will: mit Rechten welcher Art auch immer (auch das Recht zu Morden z.B.). In einer Gesellschaft zusammenlebender Menschen aber ist der Würdebegriff (mit entsprechenden Rechte/Pflichten) auf eine gewisse Form des Zusammenleben hin definiert/gesetzt (und macht nur innerhalb eines solchen wirklich Sinn). Die Rechte welcher der Würdebegriff stütz/beinhaltet, müssen kompatibel sein mit einem funktionierendem Zusammenleben (weil in einer Demokratie die Demokratie das höchste Gut ist), dies ist nicht verhandelbar (verhandelbar sind Rechte/Pflichten...oder sollten es zumindest sein... die zwar das friedliche Zusammenleben nicht direkt tangieren, aber durch andere Instanzen (Intuitionen, Gewohnheiten, Traditionen, Autoritäten, Religion, Menschenbild...eine mehr oder weniger weitgehenden Autonomie desselben implizierend, welche wiederum an zu erfüllende Kriterien gebunden sein kann ) bestimmt werden (dies wiederum nur für Demokratien geltend).
Konkret: inwiefern könnten Sterberechte ein Zusammenleben tangieren (Missbrauch-Argumente, Unterminierung einer Sozialmoral: Dammbruchargument). Andererseits spielen auch Aspekte eine Rolle die mit einem funktionierenden Zusammenleben schlecht zu begründen sind (seien diese religiös, ideologisch, machtpolitisch, ökonomisch oder wie auch motiviert...wenn auch nicht notwendig explizit genannt). Auf alle Fälle gibt es in einer Demokratie nur gewisse Weisen wie Rechte etc. modifiziert werden können (Abstimmung, Demonstrationen...aber auch illegale Aktionen mit entsprechenden Konsequenzen).
Chron
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Re: Das Dignitas-Motto

Beitrag von Chron »

"Zygote" musste ich nachsehen;
http://de.wikipedia.org/wiki/Zygote hat geschrieben: Eine Zygote ist eine Zelle (diploid), die durch Verschmelzung zweier haploider Geschlechtszellen (Gameten) entsteht – meistens aus einer Eizelle (weiblich) und einem Spermium (männlich). Diese Verschmelzung findet beim Menschen normalerweise in der Tuba uterina (Eileiter) statt.
Also das, was ich "Zellklümpchen" genannt hatte (von einer Zelle zu zwei, vier, acht, ... und bis dann menschliche Formen erkennbar - z. B. mit Ultraschall - werden).

Auch wenn eine solche Zelle bzw. ein Zellklümpchen meiner Meinung nach schon ein Mensch ist (wenn es die Vorstufe zu Menschen und nicht z. B. zu Tieren ist - und ich bin übrigens KEIN Abtreibungsgegner, d. h. dennoch gilt für mich für Frauen "mein Bauch gehört mir", das Zell-Zeug/Menschlein ist noch im Körper eines andern Menschen, nicht unabhängig davon lebensfähig, und hat deshalb kein eigenes Lebensrecht unabhängig von der [Gebär-]Mutter, sondern ist von der Mutter vollkommen abhängig), so denke ich doch, dass so etwas/jemand (also das "Zellklümpchen") mit "menschenwürdig" als Begriffsdefinition nichts zu tun hat, denn das ist ist in einem solchen Frühstadium Mensch noch Jahre von (seinem) Bewusstsein, Denken, und Wörtern wie "würdig" entfernt.
Deadly Snowflake hat geschrieben:Die Definition ist ja faktisch nicht klar: ist eine Zygote schon ein Mensch, ist ein Hirntoter noch ein Mensch? Lebt eine Zygote nicht? Ist ein Hirntoter nicht ein lebender Organismus? Da gibt es überhaupt keinen (philosophisch-theoretischen) Konsens.
Für mich weniger eine Frage von (Universitäts-)Philosophie, sondern von schlichten Wort-Definitionen und -Zuordnungen. Weil wir uns ja über Sprache verständigen - und also gleiche Wörter (auch z. B. im Dignitas-Motto) gleich auffassen (können) sollten, sonst funktioniert dieses Prinzip/System nicht.

Ich meine, ein Hirntoter (worunter ich verstehe: Im Gegensatz zu "Toter" ist das jemand/etwas, bei dem Herz/Atmung noch funktionieren, und sei es mit Maschinen, bei dem aber keine Hirnströme mehr gemessen werden können) ist noch ein lebender Organismus, und kenne keine Gegenmeinung dazu. Ob das aber noch ein MENSCH ist, ist wohl eher umstritten.

"Leben" bzw. Lebewesen wurde mir in der Schule (Biologie) definiert als "etwas mit einem eigenen Stoffwechsel". Was hiess, Viren sind so eine Art "Halblebewesen" (kein eigener Stoffwechsel, sondern brauchen dazu den ihres "Wirtes"). Über "Zygoten" wurde nicht geredet ...
Deadly Snowflake hat geschrieben:Jeder Mensch kann natürlich seine Würde definieren wie er will: mit Rechten welcher Art auch immer (auch das Recht zu Morden z.B.).
Das finde ich eine wichtige Ergänzung. Todesstrafe z. B. (USA und andere Länder): Dient der Würde der weiter Lebenden, und deklassiert den/die Mörder/-in als lebensunwürdig/gesellschaftsunwürdig. Islamische "Ehrenmorde": Ehre der einen Menschen höher als Würde/Lebendigkeit der anderen Menschen? Damit bin ich dann wiederum nicht einverstanden. Aber eben: Da gibt es sehr verschiedene Definitionen.
Deadly Snowflake hat geschrieben:weil in einer Demokratie die Demokratie das höchste Gut ist
Ist es das? Oder ist nicht vielmehr eben "(Menschen-)Würde" die höchstgestellte Definition?
Ausserdem ordne ich "Würde" nicht ausschliesslich Demokratien zu. Auch wenn es ein deutsches Wort ist und ich die Übersetzung in andere Sprachen (arabisch, chinesisch, ...) nicht kenne, so gehe ich doch davon aus, dass es etwas allgemein-Menschliches (unabhängig von Religion und Politik-Systemen) benennen soll.

Der Rest war mir zu abstrakt/allgemein/unverständlich.
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