Kennt ihr dieses Gefühl?

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Scotti
Beiträge: 913
Registriert: Donnerstag 3. Juni 2010, 10:34

Kennt ihr dieses Gefühl?

Beitrag von Scotti »

Hallo liebe Gemeinde....
Ich habe lange nix von mir hören lassen, denn ich dachte, ich wäre auf dem Weg der Besserung, jedenfalls... dachte ich das, wie gesagt.
Um eine lange Geschichte kurz zu fassen: Meine Cousine wollte ihre 4jahre alte Hündin abgeben, weil ihr die Zeit und die Möglichkeit fehlt, sich um dieses Energiebündel zu kümmern.
Da ich ein totaler Hundenarr bin und schon ewig wieder mal einen Hund haben wollte, bot ich mich an, sie zu nehmen, allerdings erstmal zur Probe um zu schauen, wie ich darauf reagiere, bzw. wie der Hund mit mir zurecht kommt.

Gestern mittag hab ich die Maus also geholt und kurz vor meiner Autobahnausfahrt wurde mir schlecht, mein Brustkorb wurde eng und ich bekam eine Art Panikattacke.
Dann habe ich mich liebevoll um die kleine Maus gekümmert, war viel mit ihr draußen, hab mit ihr gespielt, gekuschelt usw. doch dieses Engegefühl, bzw. das Gefühl Weinen zu müssen, ging einfach nicht weg.
Die Nacht habe ich kaum geschlafen, weil ich immer wieder lauschte, ob sie sich meldet, ob alles gut ist usw.
Dann heut morgen kam ich ins Wohnzimmer und sie wedelte mich fröhlich an und meine Ängste waren umsonst.. es war alles super gelaufen und nix war passiert.
Das erleichterte meinen Druck ein wenig... bis ich vom Morgengang nach hause kam.
Da setzte diese Beklemmung, diese Angst dem Hund nicht gerecht werden zu können, so massiv zu, dass ich in Tränen ausbrach und kaum noch atmen konnte und mein einziger Gedanke war " Das schaffst du nicht.. das geht nicht.. das ist nicht richtig... du kannst dem Hund nicht das geben, was er braucht!" und das lief immer im Kreis.

Daraufhin rief ich meine Cousine an und habe den Hund eben wieder zurück gebracht und oh Wunder... die Enge ist weg, ich merke, dass ich langsam runter fahre und dass ich mich etwas entspannen kann.

Aufgrund dieser Erfahrung sehe ich aber auch, dass ich keineswegs wieder belastbar bin und das bei mir noch ganz, ganz gewaltig was im Argen liegt, doch stelle ich mir die Frage....WAS KANN DAS BLOß sein???
Ich bekomme 30mg Fluoxetin tgl. gegen meine Somatoforme Schmerzstörung und bei Bedarf kann ich auf Diazepam zurück greifen, nur ist das ja auch keine Dauerlösung.

Darum würde es mich mal interessieren, ob es hier evtl. noch andere gibt, die sowas erlebt haben und würde mich über einen Austausch freuen.

So long... euer

Scotti
Rasiel
Beiträge: 1380
Registriert: Freitag 26. November 2010, 14:23

Re: Kennt ihr dieses Gefühl?

Beitrag von Rasiel »

Hallo Scotti,

ich denke du hast Angst vor der Verantwortung und Verantwortung trägt man wenn man ein Tier hat.
Trotzdem glaube ich das du ein super Herrchen werden würdest und auch, das dir der Hund sehr gut tun würde.
Diese Enge und diese innere Panik verschwindet erst, wenn Routine in euer Leben kommen würde, also nach 2-4 Wochen.
Wenn ihr euch richtig kennt und jeder weiss was der andere will, du den Umgang gewöhnt bist, verschwindet das Gefühl.
Mir ging es nicht anderes, als ich meinen Hund vom Flughafen abholte und ich hatte schon viele Hunde... aber jeder ist etwas ganz besonderes,
somit ist man auch gespannt und macht sich ein bisschen verrückt.
Wärst du denn in der Lage den Hund über Jahre zu versorgen, darfst du Hunde halten usw. ?
Würde mich sehr freuen wenn das klappen würde, muss aber wirklich überlegt werden, nicht das du nach einem Jahr doch den Abflug machen willst und die Maus dann wieder alleine dasteht.
so-lebt-der-lurch
Beiträge: 247
Registriert: Freitag 22. Juli 2011, 18:34

Re: Kennt ihr dieses Gefühl?

Beitrag von so-lebt-der-lurch »

Rasiel hat geschrieben: ... muss aber wirklich überlegt werden, nicht das du nach einem Jahr doch den Abflug machen willst und die Maus dann wieder alleine dasteht.
ich glaube, genau da liegt der Hund begraben.
Wenn du, Scotti ja hundeerfahren bist und du und die Maus euch gut versteht, kann es ja sonst an nichts liegen.
Du müsstest dich halt "nur" festlegen, dich die nächsten ca. 10 Jahre nicht vom Acker zu machen :)
Kann mir gut vorstellen, dass da Panik aufkommen kann.
Sadness
Beiträge: 209
Registriert: Donnerstag 29. April 2010, 10:26

Re: Kennt ihr dieses Gefühl?

Beitrag von Sadness »

Hallo Scotti,
ich erinnere mich doch richtig, dass Du eine PTBS hast?
Ich weiß sehr wenig über Dich, deswegen kann es sein dass ich komplett falsch liege. Sollte das der Fall sein möchte ich mich schon jetzt entschuldigen. :oops:Denn ich hab da ganz andere Ideen als meine Vorschreiber/innen. :oops:
Letztendlich weiß ich nicht, welches Selbstbild Du hast und wie weit oder nah an Dienen Gefühlen Du dran bist. Tiere, und ich finde Hunde ganz besonders, bringen einen seinen eigenen Emotionen nahe. Sie lösen Gefühle aus, in verschiedenster Form. Und wenn aufgrund Trauma oder anderer Ursachen gar kein Bezug mehr da ist zu den eigenen Gefühlen...oder vielleicht auch nie da war....da kann das ne mega Überforderung sein, wenn plötzlich Gefühle über einen hereinbrechen. Selbst Freude oder ein anderes, eigentlich positiv besetztes Gefühl, kann dann viel zu viel sein und Panik/Druck auslösen. Alte und eigene Ängste werden aktiviert. Falls Du selbst Dir nicht gerade freundlich gegenüberstehst oder Dich vielleicht sogar hast, Schuldgefühle, Schamgefühle....als das kann mit einem Schlag über einen kommen. Wenns zu viel ist passiert das schon mal, dass das gar nicht bewußt wahrnehmbar ist, sondern der Körper mit Symptomen reagiert, Panikattaken auftreten o.ä.
...ich kenne ähnliche Reaktionen....wenn auch aus anderen Situationen heraus. :(

Liebe Grüße
Sadness
Sadness
Beiträge: 209
Registriert: Donnerstag 29. April 2010, 10:26

Re: Kennt ihr dieses Gefühl?

Beitrag von Sadness »

Noch sagen wollte....
es kann so verdammt weh tun wenn was schön ist oder ein Lebewesen einen annimmt...
so sehr, dass es einen fast umbringt.

Sadness
tchanavitka
Beiträge: 222
Registriert: Donnerstag 24. Mai 2012, 10:58

Re: Kennt ihr dieses Gefühl?

Beitrag von tchanavitka »

Sadness hat geschrieben:Noch sagen wollte....
es kann so verdammt weh tun wenn was schön ist oder ein Lebewesen einen annimmt...
so sehr, dass es einen fast umbringt.

Sadness
Ohja, die schönen Dinge sind jene, welche am extremsten schmerzen, meintest du das?
Das war bei mir schon als Kind so ... Allerdings hat sich seit damals meine Leidensfähigkeit um ein Vielfaches potenziert...
Dem Schlimmen weint man nicht hinterher. Ich denke ich leide -ua.- auch an einer sogenannten PTBS... aber halt so heftig, dass damit kein Leben erträglich ist, außerdem kommt dazu noch der ganze lebensumständliche Rest....
Sorry, dass ich jetzt nur von mir geredet habe Scotti :( Sorry dass ich quasi in deinen Thread gespammt habe...
Orgeluse
Beiträge: 864
Registriert: Dienstag 23. November 2010, 00:04

Re: Kennt ihr dieses Gefühl?

Beitrag von Orgeluse »

Lieber Scotti,

es tut mir sehr leid, was für einen emotionalen Geisterbahnritt dieser Hund bzw. Deine Entscheidung, ihn zu nehmen, bei Dir ausgelöst hat!

Doch ich musste auch lachen und ich musste auch den Kopf schütteln.

Beides würde ich gern erklären.
Du (und jede/r) hier kann jederzeit gern wegklicken!

1. Das Lachen:
"Schaffen Sie sich doch einen Hund an!", das waren die letzten Worte des letzten, "mich betrachtenden" Psychiaters, mit dem ich keineswegs freiwillig Kontakt hatte, sondern zu dem ich verbracht worden war, und der (denhimmelnseidank!!!) nichts tat, als mal kurz sein Basedow-Auge auf mich zu saugen und nach meiner Selbstvorstellung mich mit eben jenem Ratschlag hastigst aus der Psychiatrie zu entlassen, auf meinen eigenen zwei Beinen.
"Schaffen Sie sich doch einen Hund an!". Dieser Satz, aus dem müsste eigentlich irgendwann mal was werden: Er ist so hilflos wie oberflächlich, so jegliche Kreatur (Tier und Mensch) verachtend wie fern von allem depressiven Gefühl, so billig und dumm wie jener Psychiater aussah, so ein Pegelstandsmelder für psychiatrisch-psychotherapeutische Kompetenz wie ein lang in der See versunkenes, weißes Taschentuch.

"Hund" also. Ja.
Seither sehe ich beim Joggen die alten Damen und Herren mit ihren Hundis im Park (und nur die Alten sind allein mit ihren Hundis; jüngere Leute, auch die in den Vierzigern, Fünfzigern sind meist zu zweit - auch hundisch) mit andern Augen an: Ein bissl mit denen jenes Psychiaters. Und mich beschleicht ein irres Lachen (das ich, bin ja Orgel, freilich an der ersten Wimper packe und fortpuste).

2. Das Kopfschütteln:
Lieber Scotti:
Da setzte diese Beklemmung, diese Angst dem Hund nicht gerecht werden zu können, so massiv zu, dass ich in Tränen ausbrach und kaum noch atmen konnte und mein einziger Gedanke war " Das schaffst du nicht.. das geht nicht.. das ist nicht richtig... du kannst dem Hund nicht das geben, was er braucht!" und das lief immer im Kreis.
Hast Du nun oder hast Du noch nie erLEBT, dass du/dein liebster Mensch/jeder SOFORT TOT sein kann?! (In den Antworten an Dich hier war die Rede von PTBS etc.)
Leben ist nicht planbar. Es gibt keine Garantie - nicht für Hunde und nicht für Menschen, nicht für Stubenfliegen und nicht für Delfine, nicht für Baumsamen und nicht für Verkehrsprognosen.

Ich mag Dich.
Weißte was, ich würde mir wünschen, dass Du doch noch irgendwie wieder zu diesem Hund (und Hunde mag ich übrigens nicht, bin ja Katz') kommst! Bald.
Ihr wäret ein gutes Team, da bin ich mir relativ sicher. - Und es ist doch, nicht ganz, aber letztlich dann doch ziemlich egal, wie lang ... [Doch: Es ist EGAL! Du und niemand weiß irgendwas von Lebenslänge!]

Wie heißt denn der Köter? Oder hab ich das überlesen? (-- Ich mein' ja nur, will ja künftig dann wissen, von wem bei Dir die Rede ist - ja? ... KOMM! Offensichtlich mochte dieser Vierbeiner Dich auch ziemlich gern.)

Orgel, ganz offen Ohr für Gassigeh-Geschichten (doch stahlharte Wade für Gassigeh-Der-Will-Nur-Spielen-Hundebesitzermärchen!)
raggi
Beiträge: 159
Registriert: Donnerstag 30. Juli 2009, 15:57

Re: Kennt ihr dieses Gefühl?

Beitrag von raggi »

nunja ein hund verlangt um vieles mehr als z b eine katze oder ein kaninchen oder ----< ein hamster. also ich würde da klein anfangen. auch katzenmenschbin ;-)
ich mag hunde auch sehr, aber ich könnte keinen haben, dafür langts auch bei mir nicht. mehrmals täglich gassi gehn und mit dem hund draussen rumtollen. das will gut überlegt sein, ob jemand das wirklich täglich! schafft. ich jedenfalls nicht.
Scotti
Beiträge: 913
Registriert: Donnerstag 3. Juni 2010, 10:34

Re: Kennt ihr dieses Gefühl?

Beitrag von Scotti »

Erstmal super lieben, vielen Dank für eure Meinungen, ganz besonders für deinen, teils sehr humoristisch angehauchten Beitrag Orgelsuse!!!
Du schaffst es immer wieder, die richtigen Worte zu finden, vielen Dank dafür.

Nun ja, Amy, so heißt die Kleine, mag mich wirklich sehr und ich sie auch, daran lag es auch nicht.
Ich habe mit meiner Therapeutin gesprochen und sie vertrat die gleiche Meinung wie ihr auch und die ich mir schon dachte: alles rein psychisch und die Panikattacken kamen von der Verantwortung und dem Gefühl, dass ich ihr nicht gerecht werden kann.
Nach eingehenden Überlegungen und auch noch mal einem Testlauf mit ihr bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass die Mischung Jack Russel und Mini-Bull Mix nicht zu meinem Naturell eines eher ruhigen Vertreters passt und ich daher doch lieber eine andere, etwas weniger "Flummiartige" Rasse wählen sollte und vor allem, dass ich in jedem Fall mir selber keinen Druck machen sollte:)
And
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Registriert: Dienstag 24. November 2009, 19:11
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Re: Kennt ihr dieses Gefühl?

Beitrag von And »

ich muss sadness leider zustimmen (auch wenn es für scotti vielleicht nicht zutrifft). zuneigung kann die schlimmsten erinnerungen an nicht-zuneinung auslösen. ich hatte schon immer irgendwelche dauersymptome, aber zur ersten, mega-retraumatisierung kam es mit 26. ausgelöst durch die banale tatsache, dass mir ein mensch das gefühl gegeben hat, sich "um mich zu kümmern" (im emotionalen sinn) war ich vulkanartig binnen einiger stunden auf 24/7 panik/horrrorzuständen. plötzlich habe ich das bild meiner nie entwickelten identität im (inneren) spiegel gesehen - todesangst & die gewissheit, dass mir etwas entscheidendes, lebenswichtiges fehlt, das ich nie werde "nachholen" können. das erste mal schwer suizidal, das 1. mal klapsmühle. dann hatte ich mich wieder scheinbar erholt, bis vor 3,5 jahren, als mir ähnliches wieder "passierte", seither kann ich das gefühl nur noch sehr kurzlebig wegschieben, es begleitet jeden tag & wird nur durch opiate etwas gedämpft.

hunde mag ich sehr, aber ich würde mir keinen mehr anschaffen - in der gewissheit, dass das tierchen mich überleben wird. darum würde ich mir das an deiner (Scottis) stelle auch gut überlegen. wenn du sicher bist, wär´s ja umso schöner... :wink:
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