Suizidale Zwischenbilanzen

Es ist nur ein Lesezugriff möglich.

Moderatoren: Ludwig A. Minelli, Mediator

Gesperrt
Orgeluse
Beiträge: 864
Registriert: Dienstag 23. November 2010, 00:04

Suizidale Zwischenbilanzen

Beitrag von Orgeluse »

Hi, liebe mehr oder minder suizidale Runde!

Ich bin jetzt gut anderthalb Jahre hier "angemeldet" (neulich vor Monaten, so dacht' ich, käme mein Tod unangemeldet, doch allzeit willkommen, mir in meine offenen Arme gerannt, doch Witwenschädel, die von Fahrrädern stürzen, sind leider stabiler, als mal wieder gehofft, und so kam es zu keinem endgültigen Rendevous zwischen meinem Tod und mir).

Lange war ich schon nicht mehr hier. Das hat verschiedene Gründe (ich tippte gerade "verscheidende", ach wie hübsch!). Die meisten, die ich hier antraf vor über anderthalb Jahren, die sind nicht mehr hier, sind ihren Tod gestorben oder haben sich - wie ich - hier als müder, so müder, trauriger Ab-und-An-Lesender geparkt, die immer wieder gleichen Themen an- und wegklickend. --- Tja, suizidale Themen wiederholen sich, vermutlich seit nunmehr mindestens 50.000 Jahren.

Ich als ehedemige und unansteckende, da nur noch papierene, Protestantin frage mein Gewissen (also manchmal 99% von mir), was ich mich hier noch rumtreibe - auf Erden, in Foren und manchmal auch in effigie. Wo ich doch schon vor 85 Wochen & 3einhalb Tagen endgültig tot sein wollte - um genau zu sein und ohne allen Humor: damals bei ihm hätte sein müssen, da wo er war, auf ein einziges Mal ratzfatz (hatten wir doch 15 Monate Zeit, das zu bedenken)!

Es hilft nichts: Ich habe keine Antwort auf meine Frage (doch, ich hab' einige Antworten - und dass es mehrere sind, macht mich wach und wütend und wund durch meine ureigenste Verlogenheit), ich konstatiere einstweilen nur, dass ich immer noch hier rumkracksle und manchmal sogar in diesem Forum.

Meine nunmehr fast ein Jahr und acht Monate umfassende suizidale Zwischenbilanz lautet - ein wenig verknappt und vereinfacht, ich geb's zu :
Ich lebe noch.
Ich hasse mich dafür.
Ich lache darüber und über mich - laut und offen und --- ja: frei! So frei wie nie.

Langweilen möchte ich niemanden mehr. Drum hör ich hier auf, was mich anbelangt.
Und stelle meine Frage in die wertgeschätzte hiesige, mehr oder minder suizidale Runde: Die hier, die eine einstweilige Zwischenbilanz zu ziehen vermögen, weil sie nicht seit drei Wochen übers Sterben, das ganz eigene, nachdenken, sondern einen Tick länger, die frage ich: Wollt Ihr mal eine Zwischenbilanz ziehen?
Dergleichen kann mitunter klärend, erhellend wirken.

Einen herzlichen Gruß in unsere mehr oder minder suizidale Runde
Orgeluse
suizidal
Beiträge: 824
Registriert: Montag 10. Oktober 2011, 10:30

Re: Suizidale Zwischenbilanzen

Beitrag von suizidal »

Tja wo steh ich?
Ich hab weniger Hoffnung als vor einem Jahr, ich bin frustrierter und enttäuschter als vor einem Jahr.
Aber das ist eigentlich die einzige Veränderung. Die ursächlichen Probleme sind immer die Gleichen.
Lullaby
Beiträge: 63
Registriert: Samstag 5. Februar 2011, 11:53

Re: Suizidale Zwischenbilanzen

Beitrag von Lullaby »

Hallo Orgeluse,

ich habe eigentlich die meiste Zeit nur still mitgelesen, habe Deine Beiträge aber sehr gerne aufgenommen
(nicht immer, das geb ich zu :wink: ) Ich finde es schön, dass es dich noch gibt, auch wenn ich dich nicht kenne. Du hast vieles so schön benennen
können, Dein Schreiben hatte eine Tiefe und einen Humor, das es mich amüsierte, bewegte, schüttelte, beschämte, wütend machte...

Ich habe wohl immer noch zuviel Hoffnung - was ich nicht als schlimm empfinde. Schlimmer ist, dass ich immer wieder die gleichen "Fehler" zu machen scheine und mich
merklich in ein jammerndes Wrack verwandle, was all sein Potential, das es vielleicht mal gehabt hätte in die Wicken unzulässiges Wort. Das wiederum erhöht den suizidalen Druck,
lässt mich vergessen, dasss ich aber auch hier scheitern kann. Nicht so günstig.
Rasiel
Beiträge: 1380
Registriert: Freitag 26. November 2010, 14:23

Re: Suizidale Zwischenbilanzen

Beitrag von Rasiel »

Liebe Orgel,

sei ein wenig geduldiger mit dir selbst, dein Tag ist noch nicht gekommen.
In den 15 Monaten Bedenkzeit, hattest du doch ganz andere Probleme als an dein eigenes Ableben zu denken oder ?
Ratzfatz stirbt man nicht als gesunder Mensch, auch nicht wenn er es sich noch so wünscht.
Deine Billanz ist letztlich nur eine Zwischenbillanz, das Leben wird dir noch einiges abverlangen, aber mit jedem vergangenen Tag,
kommst du deinem Wunsch sowieso ein Stück näher.
Und solange du uns erhalten bleibst, freue ich mich über deine Beiträge, die eine Bereicherung sind.
Orgeluse
Beiträge: 864
Registriert: Dienstag 23. November 2010, 00:04

Re: Suizidale Zwischenbilanzen

Beitrag von Orgeluse »

Ach du liebe dünne Schellackschicht --- hey, Ihr lieben drei Antwortenden, thx!
Von denen indes, die - wie ich - längst schon zwischenbilanzfähig sind hier, hat sich sonst keine/r gemeldet. - Was ja auch kein Wunder ist: Tut dieses Zwischenbilanzieren, mit dem man eingesteht, noch zu sein, weh, tut peinlich weh ...

Dünn aber ist die Schicht, in die man, unsereins sich noch wickeln lässt und selbst wickelt, dünn und durchsichtig wie ein Schellackanstrich.

Ich überlege, ob ich wie eine Schellackplatte mich einstweilen hier abspielen soll. Dann wäre dieser Thread ein "Blog", oder wie das heißt. Dann würd' ich hier spielen, auch mich ab.
Musikalisches Thema: Suizidale Zwischen-undüberhaupt-Bilanz. Tonart: Moll. Schrille Tonhöhen aber wären keineswegs ausgeschlossen.
Und ebenfalls auf keinen Fall MitmusikantInnen.

Hm. (Und einen Gruß!)
Orgeluse
Chron
Beiträge: 642
Registriert: Samstag 10. Juli 2010, 20:56

Re: Suizidale Zwischenbilanzen

Beitrag von Chron »

"Zwischenbilanz" assoziert mir nichts: zwischen was und was? Zwischen Todesbeschluss und Tod, logisch klar, aber für mich dennoch nicht fühlbar/denkbar, denn: Wo ist der Tod und wann? Für ein "zwischen" müsste Anfang und Ende bekannt sein, und dessen ungefähre Mitte wäre dann das "zwischen". Das Ende aber fehlt. Schiebt sich immer weiter hinaus.

Status seit dem Anfang des "zwischen": Bei mir wurde es schlimmer, wie erwartet.
Weil das nüchtern nicht mehr erträglich ist, bin ich nur noch selten nüchtern (früher habe ich fast nie Alkoholisches getrunken). Allerdings auch nur selten komplett "zu".
Ich war in "starkes Untergewicht" und dachte an Verhungern als Todesmethode. Aber Alkoholisches hat Kalorien. Ich habe nur noch "leichtes Untergewicht".

Bezüglich "wie man den Tod endlich bewirken könnte" kam nichts Neues.
Orgeluse
Beiträge: 864
Registriert: Dienstag 23. November 2010, 00:04

Re: Suizidale Zwischenbilanzen

Beitrag von Orgeluse »

Das Zwischen, lieber Chron,
Chron hat geschrieben:zwischen was und was? Zwischen Todesbeschluss und Tod, logisch klar, aber für mich dennoch nicht fühlbar/denkbar, denn: Wo ist der Tod und wann? Für ein "zwischen" müsste Anfang und Ende bekannt sein, und dessen ungefähre Mitte wäre dann das "zwischen"
,
das, mein "Zwischen" in jener "Bilanz" bezeichnet genau dieses dumme, dämliche, schmerz- und peinliche Zwischen, das nicht wirklich "fühl/denkbar" ist und nicht irgendwo anzusiedeln, noch nicht einmal in der Sprachlogik.

Danke - ein Küßchen für Dich, danke! Hast es immerhin in ein paar Sätzen zu umzingeln vermocht. (Meine Sätze sind deutlich hypotaktischer. Doch verschone ich mit denen noch alle hier, solang mir niemand "GRÜN" sagt auf meine Anfrage nach dem zwischenbilanzierenden Blog.)
Chron hat geschrieben: Ich war in "starkes Untergewicht" und dachte an Verhungern als Todesmethode. Aber Alkoholisches hat Kalorien. Ich habe nur noch "leichtes Untergewicht"
Dürfte ich darauf zurückkommen, wenn ich soweit bin (dass Nahrungsverweigerung irgendwann ein schöner Tod sei, hörte ich gerade heute, also kalendarisch gestern, Abend wieder. Ich bin nicht dick und nicht dünn. Ich denke über die Unlust zu essen nach. Sie ist ja ohnehin so lang schon da)?

Hey, Chron, darf ich Dich mal kurz und hier und frei drücken?

Orgeluse
Chron
Beiträge: 642
Registriert: Samstag 10. Juli 2010, 20:56

Re: Suizidale Zwischenbilanzen

Beitrag von Chron »

Klar :mrgreen:

Unlust zum Essen ist bei mir übrigens (noch?) nicht da. Allerdings schaffe ich es kaum, bis zum Essen zu kommen bzw. das Essen zu mir zu bringen, und Phasen von Heisshunger (der aber schnell befriedigt ist), vielleicht ausgelöst durch Alkohol, wechseln sich ab mit Phasen, in denen ich zu erschöpft bin zum Essen, manchmal auch zum Trinken (Verdursten aber scheidet aus, weil ich noch Pillen schlucken können muss) oder zum Atmen (dann folgt überraschend ein tiefer Atemzug - und der Gedanke, wieso das nun wieder). Vielleicht ergibt es sich dann also letztendlich von selber, wer weiss ...
Gesperrt